TE AsylGH Bescheid 2008/10/20 C6 267821-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2008
beobachten
merken
Spruch

C6 267.821-0/2008/10E

 

M.M.; geb. 00.00.1986,

 

StA: Türkei

 

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG

 

DES VOM UNABHÄNGIGEN BUNDESASYLSENAT IN DER MÜNDLICHEN VERHANDLUNG

AM 18.6.2007 VERKÜNDETEN BESCHEIDS

 

SPRUCH

 

Der unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Mag. Judith PUTZER gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 38 Abs 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF entschieden.

 

Der Berufung von M.M. vom 31.1.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.1.2006, Zahl 05 00.080-BAW, wird stattgegeben und M.M. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg cit wird festgestellt, dass M.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

BEGRÜNDUNG

 

I. Bisheriger Verfahrensgang:

 

Der Berufungswerber, seinen Angaben zu Folge türkischer Staatsbürger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 30.12.2004 in Österreich einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.1.2006, Zahl 05 00.080-BAW, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG 1997 idgF abgewiesen. Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers in die Türkei zulässig ist. Das Bundesasylamt beurteilte das Vorbringen des Berufungswerbers nicht als glaubwürdig und begründete dies näher. Weiters verneinte das Bundesasylamt, dass der Berufungswerber iSd § 8 AsylG iVm § 57 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz 1997 BGBl. I 75 (in der Folge: FrG) bedroht oder gefährdet sei und in die Türkei ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung.

 

Die Berufungsbehörde erhob Beweis durch die Einsichtnahme in folgende Dokumente:

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei (Stand Jänner 2007);

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei (Stand September 2007);

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Türkei. Zur aktuellen Situation - Mai 2006;

 

Home Office, Operational Guidance Note Turkey, 11 July 2006;Schweizerisches Bundesamt für Migration, Focus Türkei - Folter und Misshandlung, 8. März 2007

 

Mehmet Öztürk, Gutachten über allfällige asyl- oder non-refoulement-relevante Sachverhalte iVm dem Wehrdienst beim türkischen Militär;

 

Mag. M. Akgün, Gutachten ursprünglich erstattet an den unabhängigen Bundesasylsenat zur Zahl 224.338 am 21.3.2006;

 

EGMR, Urteil im Fall ÜLKE gg Türkei (Requete n. 39437/98)

 

Schweizerisches Bundesamt für Migration, Focus Türkei - Folter und Misshandlung, 8. März 2007

 

und führte am 9.5.2007 und am 18.6.2007 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung gemäß § 67d AVG unter Beiziehung eines Sachverständigen für die aktuelle politische Lage in der Türkei durch, an der das Bundesasylamt nicht teilgenommen hat.

 

II. Der unabhängige Bundesasylsenat hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Berufungswerbers:

 

Der Berufungswerber ist türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er stammt aus B., Provinz U.. Er besuchte von 1993 bis 1998 die Grundschule in B. und arbeitete als Koch. Der Berufungswerber hat bis dato den Militärdienst in seiner Heimat nicht abgeleistet. Der Berufungswerber ist der Sohn von M.N. und M.E.. Dem Vater des Berufungswerbers wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18.6.2007, Zahl 228.032/0/8Z-X/28/02, Asyl gewährt; Grund hierfür war, dass er in der Türkei bereits in das Blickfeld der türkischen Behörden geraten ist, da er - angeblich - die PKK unterstützte. Auch wurde der Vater des Berufungswerbers mehrmals vom türkischen Geheimdienst mitgenommen, eingesperrt, misshandelt und gefoltert. Nachdem sein Vater die Heimat verlassen hatte wurden der Berufungswerber, seine Mutter und Geschwister mehrmals vom türkischen Geheimdienst aufgesucht. Auch kam es zu Übergriffen (Eingriffen in die körperliche Integrität) gegen die gesamte Familie.

 

1.2. Zur Lage in der Türkei:

 

1.2.1. Mit dem Wiedererstarken des PKK-Terrorismus wurde seit Mitte 2005 der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung lauter. Am 29.06.2006 hat das Parlament zahlreiche Verschärfungen im Anti-Terror-Gesetz verabschiedet (das Gesetz ist am 18.7.2006 in Kraft getreten). Die von Menschenrechts-Organisationen und den Medien stark kritisierten Änderungen sehen u.a. eine Wiedereinführung des abgeschafften Art. 8 Anti-Terror-Gesetz ("separatistische Propaganda"), eine wenig konkret gefasste Terror-Definition, eine Ausweitung von Straftatbeständen, die Schwächung der Rechte von Verhafteten und eine Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitskräfte vor. Das Anti-Terror-Gesetz in seiner veränderten Form droht die Meinungsfreiheit weiter zu beschneiden und ermöglicht für viele Handlungen, die nicht in Zusammenhang mit Gewaltakten stehen, die Verurteilung als Beteiligung an Terrordelikten. Das verschärfte Anti-Terrorgesetz, wird allgemein als Konzession an die türkischen Sicherheitskräfte angesehen. ...

 

(Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Stand: Dezember 2006, S.

16)

 

Man geht davon aus, dass ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei von 72 Millionen - also ca. 14 Millionen Menschen - (zumindest teilweise) kurdischstämmig ist. Im Westen der Türkei und an der Südküste leben die Hälfte bis annähernd zwei Drittel von ihnen: ca. 3 Mio. im Großraum Istanbul, 2-3 Mio. an der Südküste, 1 Mio. an der Ägäis-Küste und 1 Mio. in Zentralanatolien. Ca. 6 Mio. kurdischstämmige Kurden leben in der Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Kurden leben auch im Nord-Irak, Iran, in Syrien und Georgien. Nur ein Teil der kurdischstämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen Sprachen mächtig.

 

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit nie staatlichen Repressionen unterworfen. Auch über erhöhte Strafzumessung in Strafverfahren ist nichts bekannt. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden). Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus. Innenminister Aksu z.B. ist kurdischer Abstammung. Er hat Reden auf kurdisch gehalten, allerdings nicht bei offiziellen Anlässen.

 

Die Tatsache, dass "Separatismus" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande" kurdischstämmigen Türken weit öfter als anderen Türken vorgeworfen wurden, liegt daran, dass Verbindungen mit und Unterstützung der Terrororganisation PKK sich nahezu ausschließlich aus kurdischstämmigen Kreisen rekrutierte. ...

 

(Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Stand: Dezember 2006, S.

18)

 

1.2.2 Wehrdienst/Militärstrafrecht:

 

1.2.2.1. Artikel 24 Abs 1 der türkischen Verfassung sichert das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit. Art 24 Abs 1 türkVerf lautet: "Jedermann genießt das Recht auf Freiheit des Gewissens, der religiösen Anschauung und Überzeugung." Im Artikel 72 dieses Dokuments heißt es: "Der Vaterlandsdienst ist Recht und Pflicht jedes Türken. In welcher Weise dieser Dienst in den Streitkräften oder im öffentlichen Sektor erfüllt wird oder als erfüllt gilt, wird durch das Gesetz geregelt". Daraus ist zu entnehmen, dass auch Ersatzdienst in der Türkei möglich ist.

 

Artikel 1 des Militärgesetzes verpflichtet alle männlichen Bürger zum Wehrdienst und setzt die Pflicht gegenüber dem Vaterland und den Wehrdienst gleich. Damit bestehen Optionen für Personen, nachdem sie vierzig Tage ihre Grundausbildung geleistet haben, in ihrem zivilen Beruf den Militärdienst weiter zu erfüllen. Davon erfasst sind meistens Lehrer und Gesundheitspersonal im Osten der Türkei, wo bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der PKK und den türkischen Sicherheitskräften andauern. Auch Personen, deren Verwandtschaft zu gefallenen Soldaten nachgewiesen wird, (zB der jüngere Bruder) können von der Wehrpflicht befreit werden.

 

Die Wehrdienstpflichtigen werden bei ihrer Grundausbildung theoretisch und praktisch geschult. Im theoretischen Bereich müssen sie Unterrichtseinheiten besuchen, wobei sie zu einer Indoktrinierung und Assimilation, falls sie ethisch gesehen nicht Türken sind und die türkische Sprache nicht perfekt beherrschen, gezwungen werden. Der Unterricht wird nach vierzig Tagen fortgesetzt, sodass behauptet werden kann, dass ein ideologischer und kultureller Druck, insbesondere auf Wehrdienstpflichtige, die nicht Türken sind, bis zum Ende ihres Wehrdienstes andauert.

 

Eine Wehrdienstverweigerung, aus welchem Grund auch immer, wird strengstens abgelehnt und strafrechtlich verfolgt. Artikel 45 des türkischen MilStGb besagt: "Erachtet eine Person aus Gewissens-Glaubensgründen eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung für notwendig, so steht dies einer Verurteilung nicht entgegen."

Damit wird Wehrdienstverweigerung aus Gewissens- und Glaubensgründen unmissverständlich abgelehnt. Personen, die aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern, stehen regelmäßig vor einem Militärgericht und wurden auch verurteilt.

 

Grundsätzlich muss sich jeder türkische Staatsbürger nach Vollendung seines 20. Lebensjahres einer doppelten Musterung unterziehen und sich unweigerlich zu seiner Einheit begeben. Tut er dies nicht, wird er nach Art 63 des MilStGB bestraft. Diese Bestimmung lautet:

 

"Für die, die sich entziehen und dann innerhalb von 7 Tagen freiwillig zum Dienst erscheinen, einen Monat Gefängnisstrafe; für die, die sich bis zu 7 Tagen entziehen und innerhalb dieser Frist verhaftet werden, 3 Monate Gefängnis; für die, die sich entziehen und dann innerhalb von 3 Monaten freiwillig erscheinen, 3 Monate bis 1 Jahr Gefängnis; für die, die sich bis zu 3 Monaten entziehen und innerhalb dieser Frist verhaftet werden, 4 Monate bis 1 Jahr Gefängnis; für die, die sich entziehen und erst nach Ablauf von 3 Monaten freiwillig erscheinen, 4 Monate bis 2 Jahre Gefängnis; für die, die sich entziehen und erst nach Ablauf von 3 Monaten verhaftet werden, 6 Monate bis 3 Jahre Gefängnis".

 

Art 5 des Militärgesetzes verpflichtet alle Staatsbürger, ihre Wehrpflicht zu leisten. Diesbezügliche Vergehen unterliegen nicht der Verjährung (Art 49 MilStGB). Kommt es zu weiterer Verweigerung, wird die Person, wie aus dem Urteil des EGMR in der Sache Ülke gegen die Türkei hervorgeht, immer wieder verhaftet und verurteilt. Diesbezüglich sind auch die Artikel 87 und 88 desselben Strafgesetzbuches relevant, die "Beharren auf Ungehorsam" und "Ungehorsam vor versammelter Mannschaft" als Straftatbestand vorsehen.

 

1.2.2.2. Während der militärstrafrechtlichen Haft, die in eigenen Militärgefängnissen zu verbüßen ist, kommt es häufig zur unmenschlichen Behandlung der Inhaftierten. Dies ergibt sich beispielsweise aus einem Zeitungsbericht der türkischen Zeitung "Radikal" vom 22. März 2005, wonach ein Deserteur während der Haft umgebracht wurde.

 

1.2.2.3. Begründet der Wehrdienstpflichtige seine Verweigerung mit ethnischen Gründen, droht ihm eine Anklage wegen Unterstützung des Separatismus und Terrorismus und er wird nach Art 8 des türkischen Antiterrorgesetzes vor Gericht gestellt. In einem solchen Fall ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer unmenschlichen Behandlung des Inhaftierten auszugehen.

 

1.2.2.4. Weiters werden Kurden bei den andauernden militärischen Auseinandersetzungen der PKK mit den türkischen Sicherheitskräften auch tatsächlich eingesetzt. Widersetzt sich die Person, eine unmenschliche Handlung zu begehen oder Taten gegen die Menschlichkeit umzusetzen, wird dies als Befehlsverweigerung angesehen. Obwohl das Militär die andauernden Auseinandersetzungen mit der PKK aus völkerrechtlichen Gründen nicht als Krieg definiert, werden im türkischen Strafgesetzbuch bewaffnete Banden als "Feind" qualifiziert. Damit wird jede Weigerung, an militärischen Operationen oder an bewaffneten Auseinandersetzungen teilzunehmen, als Hochverrat bewertet. Bei diesen Auseinandersetzungen kommen öfters auch Kurden um, wobei von kurdischen Organisationen der Verdacht erhoben wird, dass Kurden gegen Kurden eingesetzt werden.

 

1.2.3. Sippenhaftung:

 

Auch in den letzten Monaten wurden Familienangehörige von staatskritischen AktivistInnen bedroht. In einem Fall wurden Verwandte von Führungskräften eines kurdischen Vereins festgenommen, in einem anderen Fall wurden die Söhne eines Klägers im Semdinli-Fall festgenommen und gefoltert. Ebenso wurde der Vater eines führenden PKK-Mitglieds vermutlich Opfer einer extra-legalen Hinrichtung; in einem weiteren Fall wurden die Eltern eines in Belgien lebenden kurdischen Aktivisten nach monatelangen Drohungen durch türkische Behörden von Dorfschützern umgebracht. Auch die Angehörigen eines Militärdienstverweigerers wurden Opfer von Drohungen und Demütigungen durch die Gendarmerie.

 

(Schweizerische Flüchtlingshilfe, Zur aktuellen Situation, Stand: Mai 2006)

 

1.2.4. Rückkehrproblematik:

 

Bei der Einreise in die Türkei hat sich jeder, auch Ab- und Zurückgeschobene sowie abgelehnte Asylbewerber, gleich welcher Volkszugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen. Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Dokument besitzen, können die Grenzkontrolle normalerweise ungehindert passieren. Wird der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird sie einer Routinekontrolle unterzogen, die eine Abgleichung des Fahndungsregisters nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhaltet (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes, 34).

 

1.2.4. Gutachten des SV Mehmet Öztürk im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.6.2007 zum gegenständlichen Fall zur Frage der Gefährdung des Berufungswerbers, dessen Inhalt als Sachverhalt festgestellt wird (vgl. Verhandlungsprotokoll):

 

"MIT bedeutet Milli Istihbarat Teskilati, dass ist die Abkürzung davon. MIT ist der größte türkische Geheimdienst. Außerdem gibt es auch einen Militärgeheimdienst, der sich Jitem nennt. Und diese beiden Geheimdienste arbeiten sehr eng zusammen. Wenn jemand vom MIT ins Visier genommen wird, bedeutet das Verfolgung für die ganzen Familienangehörigen, Folterungen, Festnahmen, Erniedrigungen bis zum sexuellen Missbrauch der weiblichen Familienangehörigen. Da die Leute die von MIT gesucht oder auf diese Art und Weise schikaniert werden, zeitmäßig keine Verjährung haben, kann sich über viele Jahre ausdehnen, sogar Jahrzehnte. Es hat auch dafür viele Beispiele gegeben. Kurdische Familien die politisch Tätig waren, Jahrzehnte Lang von MIT verfolgt, gefoltert und eingesperrt. Sogar der ehemalige türkische Parlamentspräsident, namens Kinyaz Kartal, wurde Jahrzehnte lang vom MIT verfolgt, auf eine Art und Weise abgestempelt, dass er und seine Familie, Familienangehörigen immer wieder eingesperrt waren, gefoltert und auch erniedrigt wurden. Durch die Immunität die er als Parlamentspräsident genossen hat, ist er zwar abgestempelt worden, aber man konnte ihm nicht festnehmen, er wurde aber immer wieder als Abgeordneter von Kurden gewählt, damit er die Immunität nicht verliert. Bis zur Machtübernahme des türkischen Militärs, ist er auf mysteriöse Art und Weise ums Leben gekommen. Die Familienangehörigen der Verfolgten werden auch teilweise wenn sie am Land leben von Jitem abgeholt und den MIT-Angehörigen überstellt, weil Jitem in diesem Fall viel effizienter und mobiler ist (Gendarmerie) und nicht sehr auffällig ist. MIT ist auch berühmt und berüchtigt, wegen Foltermethoden und der Art der Verfolgung und sexueller Belästigung der Familienangehörigen. Es gibt tausende Beispiele dafür, das Personen die eigentlich "harmlos" waren, so behandelt wurde, als wären sie gefährliche Gegner des türkischen Staates. Es gibt sogar Prämien für Mitarbeiter des Geheimdienstes die möglichst viele Leute quälen uns so zu Geständnissen bringen.

 

...

 

"Das bedeutet, dass er Militärdienst flüchtig ist und er wird jetzt bereits von den Militärbehörden mit einem landesweiten Haftbefehl gesucht. Die Militärdienstflüchtigen die mit einem Haftbefehl gesucht werden, werden als Militärdienstverweigerer vor Gericht gestellt. Bei einer Festnahme wird er auch zusätzlich als Verweigerer der Anerkennung des türkischen Staates qualifiziert, das bedeutet Landesverrat was bis zu 7 Jahre Haftstrafe bedeutet. Die Militärbehörde arbeitet mit dem Geheimdienst und Jitem zusammen und wird sicher vom familiären Hintergrund in Kenntnis gesetzte, dies bedeutet eine zusätzliche Belastung und psychischen Terror und Unglaubwürdigkeit bei Ableistung des Militärdienstes. Das heißt er darf keine Waffen bekommen, wird von anderen Soldaten als Verräter bezeichnet, weil er keine Waffe tragen darf, von den Offizieren bei dem Kampf mit den Kurden würde er als Köder benutzt werden oder in manchen Orten im Kurdengebiet, wo Minen verlegt sind, werden solche Leute vorher ins Feld geschickt, damit die Soldaten ihm dann erst folgen können. Bei einer Explosion verliert der Erste sein leben und die türkischen Soldaten werden dadurch gerettet."

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen zur Person und zu den Fluchtgründen des Berufungswerbers ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt des Berufungswerbers, den von ihm vorgelegten Beweismitteln sowie aus dem im Rahmen der Verhandlung erstatteten Gutachten des Sachverständigen für die politische und menschenrechtliche Lage in der Türkei. Vor diesem Hintergrund und angesichts der stimmigen, plausiblen und glaubwürdigen Aussagen des Berufungswerbers, seiner Eltern und seiner Schwester in Übereinstimmung mit dem erstatteten Gutachten geht der Unabhängige Bundesasylsenat davon aus, dass die Angaben des Berufungswerbers den Tatsachen entsprechen.

 

Vor dem Hintergrund der Länderberichte und des Sachverständigengutachtens besteht daher im Falle des Berufungswerbers im Fall seiner Rückkehr in die Türkei ein maßgebliches Misshandlungsrisiko, da er einerseits den Militärdienst nicht abgeleistet hat und andererseits der Sohn von M.N., dem terroristische Tätigkeiten vorgeworfen werden, ist. Im vorliegenden Fall besteht daher für den Berufungswerber eine erhebliche Gefährdung im Fall seiner Übernahme durch die türkischen Behörden Misshandlung oder Folter ausgesetzt zu sein. Aus den oben getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sind auch Familienangehörige von politischen Aktivisten gefährdet, Repressalien erleiden zu müssen. Im Übrigen erscheinen die vom Berufungswerber geschilderten Diskriminierungsmaßnahmen bzw. Übergriffe auch vor dem Hintergrund der zu Punkt 1.2. getroffenen Feststellungen als plausibel.

 

2.2. Die Feststellungen zur Lage in der Türkei stützen sich auf die angeführten Berichte und das Sachverständigengutachten, welche auch in der Verhandlung unwidersprochen geblieben sind. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen nicht entgegengetreten wurde, besteht für den Unabhängigen Bundesasylsenat kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

 

3. Rechtlich folgt:

 

3.1.1. Mit 1.7.2008 wurde der Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art 129c ff B-VG.

 

Gemäß Art 151 Abs 39 Z 1 B-VG wird mit 1.7.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Gemäß Z 4 leg cit sind am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof auch für die schriftliche Ausfertigung von mündlich verkündeten Bescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates zuständig ist. Da die ausfertigende Richterin des Asylgerichtshofes dieselbe Person wie das für das Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat zuständige Senatsmitglied ist, ergeben sich auch aus dem Grundsatz der richterlichen Unmittelbarkeit keine Bedenken. Im vorliegenden Fall wurde der Berufungsbescheid mit oa Spruch am 18.6.2007 und damit vor Einrichtung des Asylgerichtshofes beschlossen und öffentlich verkündet.

 

3.1.2. Gem § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Der verwiesene Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention lautet: Im Sinne dieses Abkommens findet der Ausdruck "Flüchtling" auf jede Person Anwendung, die ... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; ...

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH E vom 19.10.2000, Zl 98/20/0233).

 

Die Furcht des Berufungswerbers vor Verfolgung ist begründet:

 

Im Fall des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass er im Fall seiner Rückführung in die Türkei mit erheblicher Wahrscheinlichkeit dem Risiko ausgesetzt wäre, dass er verhaftet und militärstrafrechtlich wegen des Tatbestands der Fahnenflucht zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt würde. Bei der Bemessung des Strafrahmens wirkt sich für den Berufungswerber erschwerend aus, dass er der kurdischen Volksgruppe angehört. Bei Abbüßung der Strafe ist der Berufungswerber mit dem erheblichen Risiko konfrontiert, Opfer von unmenschlicher oder grausamer Behandlung zu werden. Darüber hinaus besteht für den Berufungswerber bei seiner Rückkehr in die Türkei ein maßgebliches Misshandlungsrisiko, da dem türkischen Staat die terroristische Aktivitäten seines Vaters, vor allem seine Sympathisierung mit der PKK, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bekannt geworden sind.

 

Der hier in seiner Intensität zweifellos erhebliche Eingriff - Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit - in die vom Staat schützende Sphäre des Einzelnen ist dann asylrelevant, wenn er an einem in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Nach der älteren Rechsprechung des VwGH war davon auszugehen, dass die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes - sei es durch Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls, sei es durch Desertion - für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling gerechtfertigt hat. Der VwGH ging allerdings von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe erfolgt, bei dem damit gerechnet werden müsste, dass ein Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 8.3.1999, Zahl 98/01/0371; VwGH 25.11.1999, Zahl 98/20/0523; VwGH 11.10.2000, Zahl 2000/01/0154).

 

Bereits nach diesen Kriterien ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die vom Berufungswerber im Fall seiner Rückführung in die Türkei zu erwartende Behandlung im kausalen Zusammenhang zu einem der in der GFK angeführten Gründe steht. Den Feststellungen zu Folge ist damit zu rechnen, dass dem Berufungswerber - da er Angehöriger der kurdischen Volksgruppe ist - eine "strengere Bestrafung" droht.

 

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber mit erheblicher Wahrscheinlichkeit bei Verbüßung der ihm drohenden Haftstrafe dem Risiko grausamer oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre. Nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH ist auch der Umstand einer solchen - unverhältnismäßigen Behandlung oder Strafe bei Wehrdienstverweigerung - bei der Beurteilung, ob der drohende Eingriff in Zusammenhang zu einem GFK-Grund steht, heranzuziehen: Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung ua dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt (vgl in diesem Zusammenhang Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [Nachdruck 1998], 58; in der Entscheidung des United Kingdom Court of Appeal, Fall Sepet und Bulbul, vom 11.5.2001, die Absätze 61, 63, 65 und 111). Ist Letzteres der Fall, so kann dies aber auch auf der - generellen - Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen, womit unabhängig von einer der Wehrdienstverweigerung bzw Desertion im konkreten Fall wirklich zugrunde liegenden religiösen oder politischen Überzeugung der erforderliche Zusammenhang zu einem Konventionsgrund gegeben wäre. Dies träfe, wie der Vollständigkeit halber anzumerken ist, unter dem Gesichtspunkt einer aus Konventionsgründen - wenngleich generell - "schwereren" Bestrafung auch nach den Kriterien des Erkenntnisses des verstärkten Senates zu. Insoweit die (zitierten) Vorerkenntnisse einer dem Asylwerber bloß unterstellten oppositionellen Gesinnung gerade im hier gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung beimessen wollen, ist an ihnen für das geltende Gesetz nicht festzuhalten (VwGH 21. 3. 2002, 99/20/0401; s auch VwGH 22. 10. 2002, Zahl 2001/01/0197; VwGH 12. 11. 2002, Zahl 2001/01/0019; VwGH 21.11.2002, Zahl 2000/20/0562;

VwGH 21.11.2002, Zahl 2000/20/0475; VwGH 8.4.2003, 2001/01/0435;

VwGH 15.5.2003, Zahl 2002/01/0376; VwGH 22.5.2003, Zahl 2000/20/0420). Im vorliegenden Fall besteht das Risiko einer in diesem Sinn jedenfalls "unverhältnismäßigen Behandlung oder Strafe".

 

Nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH kann also bereits im Umstand der Unverhältnismäßigkeit der Bestrafung eines Wehrdienstverweigerers die generelle Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung gegenüber der betroffenen Person zum Ausdruck kommen. Den Ausführungen des Sachverständigen zu Folge ist vom Vorliegen einer solchen Unterstellung mit Regelmäßigkeit in Bezug auf Wehrdienstverweigerer, die Angehörige der kurdischen Volksgruppe sind, auszugehen.

 

Die dem Berufungswerber wegen Wehrdienstentzuges drohende Behandlung oder Bestrafung steht daher sowohl auf Grund ihrer Unverhältnismäßigkeit als auch auf Grund des Umstandes, dass der Berufungswerber Angehöriger der kurdischen Volksgruppe im kausalen Zusammenhang zu seiner ethnischen Zugehörigkeit und zu seiner politischen Gesinnung.

 

Im gegenständlichen Fall ist bei der Beurteilung der Frage einer gegebenen begründeten Furcht vor Verfolgung weiters darauf abzustellen, dass sowohl der Vaters des Berufungswerbers als auch weitere Verwandte wegen ihrer politischen Gesinnung in das Blickfeld der türkischen Behörden geraten ist.

 

Dem Vater (und dessen Cousins) des Berufungswerbers wird - wie ausgeführt - vorgeworfen illegale terroristische Organisation zu unterstützen (siehe hierzu auch den Bescheid des erkennenden Gerichts vom heutigen Tag zu Zahl C6 228.032-0/2008/9E); weswegen ihn deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei eine Anklage nach dem Anti-Terror-Gesetz zu erwarten hätte.

 

Aus den oben getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sind auch Familienangehörige von politischen Aktivisten gefährdet, Repressalien erleiden zu müssen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 98/20/0312, zur Gefahr einer "Sippenhaftung" ausführte, entspräche diese Form der "stellvertretenden" (oder - in anderen Fällen - zusätzlichen) Inanspruchnahme eines Familienmitgliedes dem Modell des - oft als "Sippenhaftung" bezeichneten - "Durchschlagens" der Verfolgung eines Angehörigen auf den Asylwerber, wobei in den hier in der Praxis im Vordergrund stehenden Fällen eine Verfolgung des Angehörigen wegen politische Aktivitäten für die Asylrelevanz dieses "Durchschlagens" nicht gefordert wird, dass der potentielle Verfolger auch dem Asylwerber eine entsprechende politische Gesinnung unterstellt. Die Rechtsgrundlage für das Absehen vom Erfordernis einer dem Asylwerber selbst zumindest unterstellten politischen Gesinnung in den Fällen der "Sippenhaftung" ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in der Anerkennung des Familienverbandes als "soziale Gruppe" gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK in Verbindung mit § 7 AsylG zu sehen.

 

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ist festzuhalten, dass der Berufungswerber wegen den dem Vater unterstellten Aktivitäten, vor allem seine Sympathisierung mit der PKK, ebenso in das Blickfeld der türkischen Sicherheitskräfte geraten wird, sodass beim Berufungswerber auch eine als asylrelevant zu qualifizierende Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Familienverband als soziale Gruppe) vorliegt.

 

3.4 Eine inländische Fluchtalternative steht dem Berufungswerber aus folgenden Gründen nicht offen:

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trägt der Begriff "inländische Fluchtalternative" dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss. Steht dem Asylwerber die gefahrlose Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht (VwGH 08.09.1999, Zahl 98/01/0503; 25.11.1999, Zahl 98/20/0523). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät (VwGH 08.09.1999, Zahl 98/01/0614). Im konkreten Fall kann nicht angenommen werden, dass sich der Berufungswerber der dargestellten Bedrohung durch Ausweichen in einen anderen Teil seines Herkunftsstaates entziehen kann; dies schon deshalb, weil sich die Gebiets- und Hoheitsgewalt der türkischen Regierung auf das gesamte Gebiet erstreckt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es dem Berufungswerber möglich wäre, sich über einen längeren Zeitraum hindurch erfolgreich versteckt zu halten (vgl dazu auch Home Office, Operational Guidance Note Turkey, p. 3.10).

 

3.5. Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Schlagworte
Familienverband, Familienverfahren, gesamte Staatsgebiet, politische Gesinnung, Sippenhaftung, soziale Gruppe, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten