TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 C1 303179-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2008
beobachten
merken
Spruch

C1 303179-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Einzelrichterin über die Beschwerde der N.E., 00.00.1984 geb., StA. Albanien, vom 06.07.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.06.2006, FZ. 06 00.452-BAE, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Mit angefochtenem Bescheid wurde der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 10.01.2006 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Asylwerberin der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG wurde der Asylwerberin der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG wurde die Asylwerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Albanien ausgewiesen.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Asylwerberin vorgebracht, die Provinz Kosovo, wo sie seit ihrer Eheschließung am 00.00.2003 mit einem Kosovo-Albaner lebte, verlassen zu haben, da sich ihr Ehemann von Moslems bedroht gefühlt habe. Genaueres über die Probleme ihres Mannes könne sie nicht sagen. Einmal seien zwei bis drei unbekannte maskierte Männer in ihr Haus eingedrungen, hätten sie bedroht und versucht, ihre Tochter zu entführen. Sie habe ihre Eltern nicht um Erlaubnis zur Heirat gebeten und daher würden ihr diese bei einer Rückkehr nach Albanien nicht helfen.

 

Die Erstbehörde wertete dieses Vorbringen als nicht glaubwürdig und verwies bezüglich der vom Ehemann der Beschwerdeführerin behaupteten Verfolgungsgefahr auf die dementsprechenden Ausführungen in dessen Bescheid (BAA Zahl: 06 00.451-BAE) und zwar insbesondere darauf, dass es der Ehemann der Beschwerdeführerin mit seinem Vorbringen nicht vermochte, eine asylrechtsrelevante Verfolgungsgefahr zu begründen bzw. glaubhaft zu machen.

 

Hiegegen wurde Rechtsmittel wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes in allen Spruchteilen eingebracht.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 04.10.2007 gab die Beschwerdeführerin Folgendes zu Protokoll:

 

"VL: Wie geht es Ihnen heute?

 

BW: Gut.

 

VL: Aus der Heiratsurkunde geht hervor, dass Sie am 00.00.2003 geheiratet haben, stimmt das?

 

BW: Ja.

 

VL: Haben Sie ab diesem Zeitpunkt mit Ihrem Gatten zusammengelebt?

 

BW: Ja.

 

VL: Wo?

 

BW: Im Kosovo, im Dorf D. in der Gemeinde G..

 

VL: Haben Sie in einem Haus/ einer Wohnung gelebt?

 

BW: Wir hatten kein eigenes Haus. Mal in einem Haus, mal in einer Wohnung haben wir gelebt.

 

VL: Können Sie das etwas näher erklären?

 

BW: In D. hatten wir kein Haus, deshalb mussten wir in einer privaten Wohnung bei meinen Verwandten leben, dies ab der Hochzeit.

 

VL: D.h. Sie haben immer wieder an verschiedenen Orten in D. gewohnt?

 

BW: D. war das Heimatdorf meines Mannes, wo er geboren ist. Wir haben auch in G. gewohnt.

 

VL: Können Sie mir chronologisch darstellen, wo Sie ab der Hochzeit bis zur Ausreise gelebt haben?

 

BW: An das ganze kann ich mich jetzt nicht erinnern, an ein Datum kann ich mich nicht mehr erinnern.

 

VL: Wie lange haben Sie sich an den verschiedenen Orten aufgehalten?

 

BW: Nicht lange, weil man nirgends lange bleiben konnte, wenn man kein Geld hat.

 

VL: D.h. Sie haben die Orte verlassen, an denen Sie sich aufgehalten haben, weil Sie kein Geld hatten?

 

BW: Man musste diese Orte verlassen, weil Arbeit gab es keine. Man musste ja leben. Es gab nur ein bisschen Arbeit.

 

VL: Warum haben Sie dann im Jänner 2006 Ihre Heimat verlassen?

 

BW: Weil wir verfolgt wurden. Weil wir dort immer Probleme hatten. Ich bin Albanerin, ich stamme aus Albanien, nicht aus dem Kosovo.

 

VL: Welche Probleme hatten Sie?

 

BW: Probleme hat mein Mann gehabt und die Probleme hingen mit der Familie meines Mannes zusammen.

 

VL: Was kann ich mir darunter vorstellen?

 

BW: Sie wurden verfolgt. Ich war einmal in der Wohnung mit meiner Tochter, 4 Personen sind eingedrungen. Sie wollten mir die Tochter wegnehmen. Ich habe geweint. Ich war in der Küche und habe abgewaschen. Meine Tochter war in der Wiege. Ich habe geschrieen und geweint. Ein Nachbar hat das gehört, aber ich habe diese Leute nicht gekannt. Als die Männer merkten, dass sie von den Nachbarn entdeckt worden waren, sind sie geflüchtet.

 

VL: Wie hängt das jetzt mit der Familie Ihres Mannes zusammen?

 

BW: Ich weiß es nicht. Weil man mir davon nichts gesagt hat.

 

VL: Sie sagten, Ihr Mann hätte Probleme wegen seiner Familie, welche waren das?

 

BW: Ich weiß es nicht.

 

VL: Wann war dieser Vorfall mit den Männern?

 

BW: Das Datum weiß ich nicht mehr. Ich merke mir Daten nicht.

 

VL: Wie alt war Ihre Tochter damals?

 

BW: Sie ist am 00.00. geboren. Damals war sie ca. 3 oder 4 Monate alt.

 

VL: In welchem Jahr ist sie geboren?

 

BW: 2004.

 

VL: In meinen Akten wird Ihre Tochter mit dem Datum 00.00.2004 geführt.

 

BW: Entschuldigung, ich habe das vergessen, es ist der 00.00.

 

VL: Bis jetzt war es der November?

 

BW: Auf der Karte steht das Geburtsdatum, ich habe es vergessen.

 

VL: War der Vorfall ungefähr im März 2005?

 

BW: Ja. Sie war 3 oder 4 Monate.

 

VL: Wo hat dieser Vorfall stattgefunden?

 

BW: Momentan weiß ich das nicht. Da ich aus Albanien bin, kannte ich einige Namen der Ortschaften nicht.

 

VL: Sie müssen doch wissen, bei wem Sie waren?

 

BW: Manchmal wurden wir von den Verwandten meines Mannes aufgenommen.

 

VL: War das eine Wohnung, in der der Vorfall passierte?

 

BW: Ja.

 

VL: War diese im Erdgeschoss oder in einem oberen Stockwerk?

 

BW: Im 1. Stock.

 

VL: Wie viele Nachbarn hatten Sie im 1. Stock?

 

BW: In der Nähe war eine Nachbarin im 1. Stock.

 

VL: Wie haben die 4 Männer ausgesehen?

 

BW: Sie waren maskiert.

 

VL: Wie kamen sie in die Wohnung?

 

BW: Die Tür war nicht versperrt, ich war allein mit der Tochter zu Hause.

 

VL: Was haben die Männer gesagt?

 

BW: Mit mir haben sie nicht gesprochen. Sie haben sich untereinander unterhalten. Ich war in der Küche und merkte, dass sie mir die Tochter wegnehmen will. Da habe ich geschrieen.

 

VL: Wie haben Sie gemerkt, dass man die Tochter mitnehmen wollte.

 

BW: Sie wollten sie mitnehmen. Meine Tochter lag im Wohnzimmer. war

Die Küche und das Wohnzimmer waren offen, es gab keine Trennung.

 

VL: Diese Männer sagten nichts zu Ihnen?

 

BW: Nein.

 

VL: Diese sind nur auf Ihr Kind zugegangen und wollten es mitnehmen?

 

BW: Ja.

 

VL: Gab es noch so einen Vorfall?

 

BW: Was mich betrifft, nicht.

 

VL: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

 

BW: Weil wir Probleme hatten, sonst hätten wir die Heimat nicht verlassen. Ich habe meinen Mann ohne die Einwilligung meiner Eltern geheiratet. Mein Mann kam nach Albanien, wir lernten uns am Meer kennen. Ich bin sozusagen von meiner Familie geflüchtet, um meinen Mann zu heiraten.

 

VL: Welche Probleme hatten Sie denn wegen der Heirat?

 

BW: Meine Familie wollte nicht, dass ich im Kosovo heirate.

 

VL: Hatten Sie deswegen Probleme?

 

BW: Meine Familie wollte mich und meinen Mann umbringen. Mein Mann hat mich "entführt" und mich in den Kosovo gebracht.

 

VL: Hat sich das in irgendeiner Weise dargestellt, dass Ihre Familie Sie und Ihren Mann umbringen will?

 

BW: Sie haben uns verfolgt und haben uns ausrichten lassen, dass sie uns umbringen würden, falls sie uns irgendwo antreffen sollten.

 

VL: Hat es diesbezüglich einen Vorfall gegeben?

 

BW: Nein. Seit meiner Heirat habe ich meine Familie nicht mehr gesehen. Sie haben es nicht gewagt, zu uns zu kommen, da sie keine Reisepässe hatten.

 

VL: Welche Probleme hatten Sie dann im Kosovo, weswegen Sie dann ausreisten?

 

BW: Wir haben den Kosovo verlassen, weil mein Mann und die Familie meines Mannes Probleme hatten. Ich hatte das Problem, dass ich geschildert habe, mein Mann hatte seine Probleme. Das waren die Gründe, sonst wäre ich nicht ausgereist. Dazu kommt noch meine Familie, ich hatte Angst, dass sie aus Albanien kommen würden.

 

VL: Können Sie mir etwas über die Probleme Ihres Mannes erzählen?

 

BW: Nein.

 

VL: Warum haben Sie die Angst vor Ihrer eigenen Familie nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren angeführt?

 

BW: Ich habe das alles gesagt. Ich habe damals gesagt, dass ich aus Angst geflüchtet bin. Im Protokoll stand, dass ich im Kosovo keine Angst gehabt hätte.

 

VL: Im erstinstanzlichen Verfahren haben Sie angegeben, dass 2 bis 3 Männer eingedrungen wären, heute waren es 4 Männer?

 

BW: Ich habe 4 Personen gesagt, ich habe nicht vergessen, was ich gesagt habe. Ich konnte kein Deutsch. Die Dolmetscher in hat etwas anderes angegeben, im Protokoll waren nicht meine Worte, die ich gesagt habe. Mein Mann konnte Deutsch, seine Worte wurden nicht verwechselt.

 

VL: War es ein weiblicher oder männlicher Dolmetscher?

 

BW: Eine Dolmetscherin.

 

Die Einvernahme der BW wird unterbrochen zwecks Stillen des Neugeborenen.

 

VL: Haben Sie Ihrem Mann diesen Vorfall mit dem Entführungsversuch Ihrer Tochter erzählt?

 

BW: Nein.

 

VL: Warum nicht?

 

BW: Ich hatte Angst, dass er sie suchen würde und etwas passieren würde.

 

VL: Haben Sie das der Polizei gemeldet?

 

BW: Ich nicht.

 

VL: Haben Sie immer mit ihrem Mann, seit Ihrer Heirat, zusammengelebt?

 

BW: Ja.

 

VL: Gab es Zeiten, wo Ihr Mann nicht zu Hause war und auch nicht zu Hause übernachtet hat?

 

BW: Ja. Es ist vorgekommen, dass er die Nacht wo anders verbrachte.

 

VL: Wissen Sie, warum?

 

BW: Nein.

 

VL: Wo er die Nacht verbrachte wissen Sie?

 

BW: Nein.

 

VL: Die Person, die Ihnen geholfen hat, war das eine Frau oder ein Mann?

 

BW: Es war eine Frau. Sie haben die Frau gesehen. Sie kam und sie sind weggegangen. Aber ich war neu in der Umgebung und kannte niemanden.

 

VL: In welcher Sprache haben die Männer untereinander gesprochen?

 

BW: Ich hatte so Angst, dass ich nicht darauf geachtet habe. Ich weiß nicht, wie sie gesprochen haben.

 

VL: Möchten Sie noch etwas angeben?

 

BW: Ich habe nichts mehr hinzuzufügen."

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Albanien, albanischer Volksgruppenzugehörigkeit und Katholikin, war zuletzt gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem Kosovo-Albaner, aufhältig im Dorf D., Gemeinde G., Kosovo. Sie ist in Österreich illegal eingereist und hat am 10.01.2006 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In Österreich aufhältig sind ebenfalls als Asylwerber ihr Ehemann, mit dem sie seit 00.00.2003 verheiratet ist, sowie zwei minderjährige Kinder.

 

Die Familie der Beschwerdeführerin (Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern) hält sich in Albanien auf. Ein Schwager der Beschwerdeführerin (= Bruder ihres Ehemannes) ist in Österreich aufhältig und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet.

 

Der Antrag des Ehemannes der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.06.2006, Zahl:

06 00.451-BAE, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Ehemann der Beschwerdeführerin der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG wurde dem Ehemann der Beschwerdeführerin der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.10.2008, Zahl: C1 303177-1/2008/11E, gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG abgewiesen.

 

Es wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin wegen ihrer Glaubenszugehörigkeit einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war.

 

Es wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin wegen Bedrohungen durch ihre Herkunftsfamilie einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt war.

 

Die Beschwerdeführerin könnte im Fall des tatsächlichen Bestehens einer Bedrohung der dargestellten Art wirksam den Schutz der zuständigen Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen.

 

Zur Situation in Albanien wird auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben. Bis zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides sind der erkennenden Behörde keine entscheidungswesentlichen Änderungen der Situation in Albanien zur Kenntnis gelangt.

 

Es wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Albanien in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

 

Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann gemeinsam in die Republik Kosovo zurückkehrt, wird festgestellt, dass sie dort keine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hat und weder das Recht auf Leben gefährdet noch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

 

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, aufgrund der Probleme ihres Mannes hätten im März 2005 maskierte Männer versucht, ihre Tochter zu entführen, war als nicht glaubwürdig zu werten, da dieses in wesentlichen Punkten äußerst widersprüchlich und nicht nachvollziehbar war. Im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahme am 17.01.2006 gab sie an, dass zwei bis drei maskierte Männer in ihr Haus eingedrungen seien und versucht hätten, ihre Tochter zu entführen. Hingegen gab sie im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung an, vier Männer seien in ihre Wohnung, welche sich im ersten Stock befunden habe, eingedrungen und hätten ihre Tochter entführen wollen. Auf Vorhalt, sie habe im erstinstanzlichen Verfahren nur von zwei bis drei Männern gesprochen, gab die Beschwerdeführerin an, sie hätte auch da vier Männer gesagt und habe sicher nicht vergessen, was sie gesagt habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht einmal das Geburtsdatum ihrer Tochter nennen konnte, da sie - ihren eigenen Angaben zufolge - sich Daten nicht merke. Nicht nachvollziehbar ist sohin, dass sich die Beschwerdeführerin an ihre diesbezüglichen Angaben in der erstinstanzlichen Einvernahme erinnern kann, jedoch nicht an das Geburtsdatum ihrer Tochter. Ferner ist zu diesem Vorbringen anzuführen, dass es äußerst vage war. Beispielsweise konnte die Beschwerdeführerin in der Rechtsmittelverhandlung nicht angeben, wo dieser Vorfall stattgefunden hat. Auf die diesbezügliche Frage der Verhandlungsleiterin gab sie lediglich an, sie wisse es nicht; da sie aus Albanien sei, kenne sie einige Namen der Ortschaften nicht. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin zum Vorfallszeitpunkt (März 2005) bereits seit zwei Jahren (seit dem Zeitpunkt der Eheschließung am 00.00.2003) im Kosovo lebte. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass die Beschwerdeführerin weder ihrem Mann von diesem Vorfall erzählt haben will noch Anzeige an die Sicherheitsbehörden erstattet worden ist. So gab der Ehemann der Beschwerdeführerin im Rahmen seiner eigenen Berufungsverhandlung an, er habe nichts von der versuchten Entführung seiner Tochter gewusst; dies habe er erst vom Dolmetscher erfahren.

 

Betreffend die Probleme ihres Mannes gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahme am 27.04.2006 an, dass sich dieser von Moslems bedroht fühle. Hingegen konnte die Beschwerdeführerin diesbezüglich im Rahmen der Rechtsmittelverhandlung am 04.10.2007 trotz mehrfachen Nachfragens durch die Verhandlungsleiterin keine Angaben tätigen.

 

Erstmals in der Rechtsmittelverhandlung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihre Herkunftsfamilie sie und ihren Mann umbringen wolle, da sie ohne Einverständnis geheiratet habe. Ihre Familie hätte sie verfolgt und ausrichten lassen, dass sie die Beschwerdeführerin und ihren Mann umbringen würde, wenn sie sie irgendwo antreffen würde. Bei diesem Vorbringen handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Behörde um ein gesteigertes Vorbringen, da die Beschwerdeführerin im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt diesbezüglich lediglich angegeben hat, dass ihr ihre Eltern in Albanien nicht helfen würden, da sie die Heiratserlaubnis nicht erteilt hätten. Auch der Ehemann der Beschwerdeführerin hat betreffend die angeblichen Bedrohungen durch die Familie seiner Frau lediglich angegeben, dass sie ohne Einwilligung der Eltern geheiratet hätten. Er habe hierdurch jedoch keine Probleme gehabt. Es hätte zwar etwas passieren können, aber direkt hätte die Familie seiner Frau nichts gesagt.

 

Ungeachtet dessen, dass das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin als unglaubwürdig zu werten war, ist dennoch darauf hinzuweisen, dass diese Bedrohungen von Privatpersonen ausgegangen wären. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben bzw. hat die Beschwerdeführerin diesbezüglich auch nichts vorgebracht, dass der Staat nicht in der Lage bzw. nicht gewillt gewesen wäre, die Beschwerdeführerin vor den Übergriffen durch Privatpersonen zu schützen. So wäre es der Beschwerdeführerin durchaus möglich gewesen, entweder bei der Polizei oder anderen Einheiten Schutz und Hilfe zu suchen.

 

Rechtlich ist auszuführen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 06.12.1999, Zl. 99/01/0279).

 

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, eine asylrechtlich relevante Bedrohung glaubhaft zu machen, zumal sich zum einen zwischen den Angaben der Einvernahmen und der mündlichen Verhandlung Widersprüche ergeben haben und zum anderen auch die Angaben der Beschwerdeführerin durch ihren Ehemann nicht bestätigt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr erheblichen Beeinträchtigungen ihrer körperlichen und seelischen Unversehrtheit, ihrer Freiheit und ihres Lebens von staatlicher Seite ausgesetzt gewesen wäre, haben sich weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus den Länderfeststellungen ergeben.

 

Eine aus asylrelevanten Gründen gegebene mangelnde Bereitschaft der Behörden des Herkunftsstaates, erforderlichenfalls vor einer Bedrohung der behaupteten Art Schutz zu gewähren, ist nicht behauptet worden und ergibt sich eine solche auch nicht aus den erstinstanzlichen Länderfeststellungen zu Albanien. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann in die Republik Kosovo zurückkehrt, ist anzuführen, dass auch keine mangelnde Bereitschaft der kosovarischen Behörden vorliegt, die Beschwerdeführerin entsprechend zu schützen. Ferner ist hierzu auszuführen, dass soweit die im Kosovo bestehende wirtschaftliche Notlage nunmehr der eingerichteten UN-Verwaltung (UNMIK) wegen Unterlassung geeigneter Maßnahmen zur Beseitigung oder Linderung dieser Notlage zuzurechnen wäre, kann dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059) jedenfalls nicht ernsthaft vertretbar auf asylrelevante Gründe zurückgeführt werden.

 

Zur Non-refoulement-Prüfung und Ausweisung:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung, oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Z 1 Genfer Flüchtlingskonvention).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291; vom 17.07.1997, Zl. 97/18/0336 und vom 05.04.1995, Zl. 93/18/0289 ua). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen. Die bloße Möglichkeit einer die in Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenen Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

 

Wie bereits ausgeführt gelang es der Beschwerdeführerin nicht, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Auch hat sie nicht dargetan, dass sie im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Heimat der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde. Sie hat auch nicht vorgebracht, von der Todesstrafe bedroht zu sein.

 

Die konkrete individuelle Lebenssituation der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Albanien führt auch nicht dazu, dass eine allfällige Abschiebung die Beschwerdeführerin in eine "unmenschliche Lage" im Sinne von Artikel 3 EMRK bringen würde. Auf Grundlage der Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid sind keine existenziellen Probleme in Bezug auf die Versorgung mit Nahrung zu erkennen. Ferner ist darauf zu verweisen, dass Frauen in Albanien weder durch Gesetz noch in der Praxis von einer Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden. Die Beschwerdeführerin ist eine arbeitsfähige Frau, die keine persönlichen Umstände (beispielsweise schwere Erkrankung) vorgebracht hat. In Albanien lebt noch die Herkunftsfamilie der Berufungswerberin (Eltern und fünf Geschwister). Selbst wenn man den Behauptungen der Berufungswerberin Glauben schenken will, dass ihre Eltern sie nicht unterstützen würden, hat sie immer noch die Möglichkeit, sich an ihre fünf Geschwister zu wenden, um zumindest für die erste Zeit der Wohnungs- und/oder Arbeitssuche aufgenommen zu werden und ist ihr dies auch zumutbar, sodass sie keinesfalls in eine ausweglose Lage im Sinne des Artikel 3 EMRK geraten würde. Sollte die Berufungswerberin mit ihrem Ehemann in die Republik Kosovo zurückkehren, würde sie auch dort nicht in eine ausweglose Lage im Sinne des Artikel 3 EMRK geraten, da im Kosovo ein Sozialhilfesystem besteht und der Ehemann der Beschwerdeführerin, ein arbeitsfähiger und gesunder Mann, - seinen eigenen Angaben zufolge - auch vor seiner Ausreise nach Österreich immer wieder Unterkünfte für sich und seine Familie gefunden hat.

 

Hinsichtlich der Ausweisung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Mangels jedes anderswertigen Hinweises ist davon auszugehen, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, demnach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge ein hoher Stellenwert zukommt, nicht in den Hintergrund treten sollte. Die Verfügung der Ausweisung ist daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig, zumal für die Beschwerdeführerin in weiterer Folge keine Hindernisse dagegen bestehen, sich vom Ausland aus um einen Einreise- und Aufenthaltstitel für Österreich zu bemühen. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von einer Ausweisung der Beschwerdeführerin wiegen demgemäß schwerer als die Auswirkungen der Ausweisung auf deren Lebenssituation. Im Übrigen wird auf das Urteil des EGMR vom 8.4.2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, verwiesen.

 

Wie bereits angeführt ist die Beschwerdeführerin mit einem Kosovo-Albaner verheiratet und hat mit diesem seit der Eheschließung am 00.00.2003 bis zur Ausreise im Kosovo gelebt. Aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin aus Albanien einen Aufenthaltstitel für den Kosovo entsprechend den dort geltenden Bestimmungen beantragen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005, des § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 und der Bestimmung des § 23 Asylgerichtshofgesetz, BGBl I Nr. 4/2008, zu führen.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, Religion, soziale Verhältnisse, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten