TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 A12 401841-1/2008

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Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

A12 401.841-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Vorsitzenden und den Richter Mag. A. Huber als Beisitzer über die Beschwerde des G.T., geb. 00.00.1989, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.09.2008, Zahl: 08 04.954-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und G.T. der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt.

 

2. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wird G.T. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt.

 

3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wird G.T. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der am 00.00.1989 geborene Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Nigeria, beantragte am 06.06.2008 vor der Erstbehörde die Gewährung internationalen Schutzes. Der Antragsteller wurde erstmalig vor der Polizeiinspektion Traiskirchen am 06.06.2008 sowie weiterhin am selben Tag sowie am 11.06.2008 und am 20.08.2008 vor der Erstbehörde niederschriftlich einvernommen.

 

Im Rahmen seiner Erstaussage vor der Polizeibehörde gab der Antragsteller auf Befragen, was er für den Fall seiner Rückkehr nach seiner Heimat befürchten würde, spontan zu Protokoll, dass ihn "der Hunger umbringen" würde.

 

Im Rahmen seiner erstniederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, vom 11.06.2008, gab der Antragsteller an, dass in Nigeria die Regierung nicht gut sei, im Land Hungersnot herrsche und man keine Arbeit habe. Er selbst habe nach der Möglichkeit Arbeit zu finden gesucht, um sich selbst und seine Schwester ernähren zu können. Er habe keine sonstigen Verwandten die ihm helfen könnten, weshalb er seine Heimat verlassen habe.

 

Das detaillierte Vorbringen des Beschwerdeführers wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.09.2008, Zahl 08 04.954-BAE, wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt der gegenständlichen Entscheidung erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG mit Bescheid vom 17.09.2008, Zahl 08 04.954-BAE, sowie gem. § 8 Abs. 1 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen sowie wurde der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

Im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes wurde zentral gerügt, dass die getroffenen Einschätzungen betreffend die Erwerbschancen zurückkehrender männlicher Personen unzutreffenderweise auf einem Bericht der Erwerbsmöglichkeiten wirtschaftlich und sozial schwacher Frauen in Nigeria fußen würden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

 

Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht

 

zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Festgestellt wird, dass der Antragsteller nigerianischer Staatsangehöriger ist. Nicht festgestellt werden kann, dass der Antragsteller in der Vergangenheit vor seiner Ausreise bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nach seiner Rückkehr mit sich gegen seine Person richtenden eingriffsintensiven Verfolgungshandlungen zu rechnen hat.

 

Die im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen zur Allgemeinsituation sowie zur wirtschaftlichen Situation in Nigeria werden zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt.

 

Festgestellt wird weiters, dass der Antragsteller im österreichischen Bundesgebiet über keinerlei familiäre oder sonstige enge Bindungen zu Personen mit dauerndem Aufenthaltsrecht verfügt.

 

ad 1.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

 

Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende bzw. pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Wie dem Sachverhalt entnehmbar, ist dem Beschwerdeführer für den Fall seiner Rückkehr keinerlei wohlbegründete Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zuzubilligen. Der Antragsteller hat im durchgeführten Ermittlungsverfahren keinerlei Anhaltspunkte für ein bestehendes Verfolgungspotential oder sonstige ihn treffende spezifische Risikoelemente aufzuzeigen vermocht. Allgemein herrschende schwierige soziale und wirtschaftliche Verhältnisse vermögen per se die Asylgewährung und in casu die Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zu rechtfertigen.

 

ad 2.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Prüfungsrahmen wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 8 AsyG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Solcherart vorliegende Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen (siehe obige Ausführungen zu I.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Nigeria eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, und besteht auf dem Gebiet Nigerias auch kein landesweiter internationaler oder innerstaatlicher Konflikt.

 

Wie den Feststellungen zur Allgemeinsituation in Nigeria entnehmbar, herrscht im Herkunftsstaat des Antragstellers keinerlei landesweite Hungersnot bzw. vermochte auch der Beschwerdeführer im durchgeführten Verfahren keinerlei individuell-konkrete Hinweise auf eine spezifisch ihn persönlich treffende Situation einer Gefährdung vitaler Interessen aufzuzeigen. Die Tatsache, dass weite Bevölkerungsschichten Nigerias lediglich ihre Grundbedürfnisse auf landestypisch und schichtspezifisch niedrigem Niveau zu befriedigen imstande sind, vermag keinen Hinweis auf eine allgemeine Gefährdung im Sinne des Art. 2 und/oder Art. 3 EMRK zu liefern. Im Verfahren sind insbesondere keine Indizien einer flächendeckend in Nigeria herrschenden Hungerkatastrophe oder Ähnliches hervorgekommen. Der in der Beschwerde erhobenen Rüge hinsichtlich der seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen zur Situation sozial schwacher Frauen wird insofern entgegengetreten, als dadurch fundierte Aussagen auch betreffend zurückkehrende Frauen - als eventuell erhöht vulnerable Gruppe - und deren Erwerbsmöglichkeiten bzw. deren Chancen zur Deckung vitaler Interessen aufgeführt wurden. Hieraus ist umgekehrt ableitbar, dass insbesondere auch bzw. insbesondere männliche Personen bei Rückkehr nicht in eine gänzlich dergestalt ausweglose wirtschaftliche und soziale Situation geraten würden, wodurch ein Gefährdungspotential im Sinne des Art. 3 EMRK hergestellt oder indiziert wäre.

 

Der Antragsteller stellt eine Person erwachsenen Alters dar, ohne dass ihm eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung zueigen wäre. Dem Antragsteller ist es sohin jedenfalls zusinnbar bei Rückkehr sich aus eigenem um seinen Lebensunterhalt und die Deckung seiner vitalen Interessen und seiner Bedürfnisse zu bemühen. Dass ihm ein solches Bemühen gänzlich durch allgemein dergestalt schlechte Verhältnisse verunmöglicht wäre, dass er einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt wäre, ist einerseits im Verfahren nicht hervorgekommen noch auch durch den Beschwerdeführer individuell-konkret gestaltetes Vorbringen unter Nachweis von Quellen dargetan worden.

 

ad 3.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht

 

zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden; seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ist zulässig, sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der berufenden Partei vorliegt (Art. 8 Abs. 1 EMRK) - der Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (IGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Die beschwerdeführende Partei verfügt in Österreich - nach eigenen Angaben - über keine familiären (Kernfamilie) Anknüpfungspunkte. Es liegt somit kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug (Kernfamilie) zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich vor. Die Ausweisung stellt daher im Hinblick auf den Schutz des Familienlebens keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
31.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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