A1 260.080-0/2008/8E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Vorsitzenden und den Richter Dr. Christian Filzwieser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Ines Csucker über die Beschwerde des H.G., geb. 00.00.1988, StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.4.2005, GZ. 05 02.195-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und 2 AsylG 1997 idF BGBl I. Nr. 101/2003 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Gemäß § 8 Absatz 2 AsylG wird H.G. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen."
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die beschwerdeführende Partei begehrte am 16.2.2005 die Gewährung von Asyl.
Der Beschwerdeführer brachte bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22.2.2005 und am 5.4.2005 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes vor:
Frage: Wann und wie haben Sie Ihr Heimatland verlassen bzw. wie kamen Sie nach Österreich?
Antwort: Ich verließ Marokko am 09.02.2005. Ich kletterte in einen Lkw ohne dass der Fahrer es merkte und fuhr mit diesem auf der Ladefläche versteckt bis nach Österreich. Am 14.02.2005 kam ich in Österreich an und brach am Bahnhof in Wien zusammen. Ich wurde in ein Spital gebracht, wo ich erklärte, dass ich um Asyl ansuchen werde.
Frage: Wie überquerten Sie das Meer nach Europa?
Antwort: Ich habe gespürt wie der Lkw in ein Schiff aufgeladen wurde. Die Fahrt mit dem Schiff dauerte 1 Stunde, da Tanja nur 15 km von Spanien entfernt ist. In Spanien habe ich bemerkt, dass der Lkw kontrolliert wird.
...
Frage: Welche Ausbildung haben Sie?
Antwort: Ich habe die Schule 6 Jahre lang besucht.
Frage: Wann haben Sie wo in welcher Funktion gearbeitet?
Antwort: Ich habe in dem Gemüsegeschäft als Hilfsarbeiter von 1999 bis Anfang 2005.
Frage: Nennen Sie uns bitte alle Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben!
Antwort: Ich habe keine Verwandte in Marokko. Meine Mutter ist tot. Mein Vater ist verstorben. Ich möchte Asyl. Ich möchte in Österreich zur Schule gehen. Ich habe in anderen EU Ländern keine Verwandten.
Frage: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?
Antwort: Nein.
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Ich bin in Casablanca geboren und dort bei meinen Eltern aufgewachsen. Meine Mutter verstarb, als ich 2 Jahre alt war. Mein Vater verstarb 1999 an einer Krankheit. Ich habe insgesamt 8 Jahre die Schule besucht und kann in Arabisch und Französisch lesen und schreiben. Mein Vater war Händler. Wir wohnten in einer Mietwohnung. Nach dem Tod des Vaters trennte ich mich von meinen Schwestern. Jeder ging seine eigenen Wege. Ich wohnte bei verschiedenen Freunden. Ich arbeitete von 2002 bis zu meiner Ausreise in Casablanca auf dem Markt als Gemüseverkäufer. Seit der Trennung von meinen Schwestern hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihnen. Es gibt Verwandte in der Heimat aber zu diesen hatte ich nie Kontakt. Ich bin Araber und Moslem (Sunnite).
...
F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von der Polizei angehalten, festgenommen oder verhaftet?
A: Nein.
F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?
A: Nein, überhaupt nicht.
F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?
A: Nein.
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F: Was war der konkrete Grund, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?
A: Wie vorher gesagt habe, ich war in Marokko ganz alleine. Ich hatte keine Eltern mehr und sah für mich dort einfach keine Zukunft. Ich hatte zwar eine Arbeit, aber der Lohn war sehr gering und es reichte nur zum Überleben. Ich wohnte teilweise bei Freunden und manchmal übernachtete ich auf der Straße. Ich hatte keinen festen Wohnsitz.
F: Haben Sie zum Fluchtgrund sonst noch etwas zu sagen?
A: Nein, ich habe schon alles erzählt.
F: Warum haben Sie sich erst 6 Jahre nach dem Tod Ihres Vaters entschlossen die Heimat zu verlassen?
A: Ich habe schon einige Male zuvor versucht die Heimat zu verlassen, aber es glückte mir nicht. Das erste Mal habe ich es 2003 versucht. Außerdem ging ich bis 2002 noch zur Schule.
F: Wie konnten Sie von 1999 bis 2002 die Schule weiter besuchen, wenn ihr Vater gestorben war und niemand mehr für Sie gesorgt hat?
A: Der Schulbesuch ist in Marokko gratis und deshalb hatte ich kein Problem die Schule weiter zu besuchen.
F: Wovon haben Sie von 1999 bis 2002 gelebt?
A: Ich wurde von einer Moschee unterstützt. Auch Bekannte und Nachbarn haben mich unterstützt.
F: Warum sind Sie nicht bei einer Ihrer älteren Schwestern geblieben, zumal Sie erst 11 Jahre alt waren?
A: Die Schwestern haben mich alleine gelassen. Keine hat mich mitgenommen. Seither hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihnen. Zu dieser Zeit war keine meiner Schwestern verheiratet. Ob jetzt eine verheiratet ist, weiß ich nicht.
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F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?
A: Nein.
F: Wovon leben Sie in Österreich?
A: Ich werde von Land Tirol unterstützt.
F: Haben Sie irgendwelche nahen Bindungen zu Österreich?
A: Nein.
F: Haben Sie nahe Verwandte oder Familienangehörige in Österreich?
A: Nein.
Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.4.2005, GZ. 05 02.195-BAI gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. Nr. 101/2003 abgewiesen, gemäß § 8 Abs 1 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist und die beschwerdeführende Partei gemäß § 8 Abs 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
Zur Person des Asylwerbers traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:
Die Identität des ASts. steht nicht fest.
Der ASt. spricht die arabische Sprache.
Der ASt. reiste am 14.02.2005 illegal nach Österreich ein.
Fest steht, dass der ASt. am 16.02.2005 beim Bundesasylamt EAST-Ost einen Asylantrag eingebracht hat.
Fest steht aufgrund der Angaben des ASt., dass er in seiner Heimat nicht vorbestraft ist, von keiner Behörde gesucht wird und von staatlicher Seite aus keinem den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt wurde.
Als Grund für seine Flucht aus der Heimat brachte der ASt. vor, dass seine Eltern verstorben wären und sich seine Schwestern nicht um ihn gekümmert hätten. Er wäre auf sich alleine gestellt gewesen und hätte in Marokko keine Zukunft mehr für sich gesehen. Im Falle einer eventuellen Rückkehr in die Heimat hätte er von staatlicher Seite nichts zu befürchten.
Grundlage der gegenständlichen Entscheidung ist das Ergebnis der niederschriftlichen Einvernahme auf Basis des behördlichen Wissensstandes um die Realverhältnisse in Marokko.
Zur Situation im Herkunftsland traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:
Staatsaufbau
Marokko ist nach der Verfassung von 1972 (mit Änderungen 1992 und 1996) eine konstitutionelle Monarchie. Neben den Verfassungsorganen besteht das traditionelle System des "Makhzen" mit dem König als Führungsperson. Er beherrscht das politische und in weiten Bereichen das wirtschaftliche System. Nach Verfassung und Tradition hat der König eine Doppelrolle: Er ist weltlicher Herrscher und zugleich geistlicher Führer (Amir Al Mu'minin).
Grundlinien der Innenpolitik
Bei drei Themen wird ein nationaler Konsens behauptet (Tabuthemen):
Anspruch Marokkos auf volle Souveränität über das Gebiet der Westsahara, Unantastbarkeit der Monarchie, Islam als Staatsreligion. Die Sicherung der Westsahara als marokkanisches Staatsgebiet ist ein zentrales Anliegen der marokkanischen Politik.
König Mohammed VI. verkörpert einen weltoffenen liberalen Regierungsstil, hat aber auf keines der Vorrechte seines Vaters verzichtet. Er betont stärker als sein Vater die Idee der konstitutionellen Monarchie, ist aber auch bereit, seine exekutiven Befugnisse zu nutzen, wenn er es für erforderlich hält. Im Sommer 2001 hat er dies durch Ernennung eines neuen Innenministers, sowie von Provinzgouverneuren und Leitern staatlicher Wirtschaftsunternehmen demonstriert. Im Januar 2002 hat er eine weitgehende Dezentralisierung und die Bündelung administrativer Entscheidungen auf der Ebene der Regionen verfügt. Regionale Investitionszentren sollen alle Maßnahmen zur Investitionsförderung und Gründung von Unternehmen zusammenfassen. Nach den Parlamentswahlen am 27. September 2002 ernannte er den bisherigen von ihm eingesetzten Innenminister zum neuen Premierminister und unterstrich damit seinen politischen Führungsanspruch. Der innenpolitische Stil des Königs hat sich auch durch die Ankündigung von Initiativen bei der Bekämpfung von Armut und Bildungsnotstand und bei der Gleichberechtigung der Frau manifestiert.
In der Frage der seit Jahren kontrovers diskutierten, für die Modernisierung der Gesellschaft entscheidenden Reform des Familienrechts spielte Mohammed VI. die zentrale Rolle. Im Februar 2004 trat das neue Familiengesetzbuch in Kraft, das König Mohammed VI. in einer wegweisenden Rede vor dem marokkanischen Parlament im Oktober 2003 in Aussicht gestellt hatte. Im Kern postuliert das Gesetz eine rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau in der Ehe, eine starke Einschränkung des Rechts zur Polygamie der Männer, ein rechtsförmliches Scheidungsverfahren mit Antragsrecht beider Partner, die gleichmäßige Aufteilung der in der Ehe erworbenen Güter auf beide Ehepartner bei Scheidung, die Stärkung der Rechte der Kinder und die Schaffung einer selbständigen Familiengerichtsbarkeit.
Mehrere Bombenanschläge auf jüdische Einrichtungen und Orte westlich- weltlichen Lebensstils am 16. Mai 2003 in Casablanca forderten über 40 Tote und mehr als 60 Verletzte. Die Attentate und zwei weitere Anschläge auf jüdische Geschäftsleute im September 2003 haben die politische Atmosphäre in Marokko deutlich verändert. Politik und Gesellschaft haben erstmals in vollem Umfang die Bedrohung der Zivilgesellschaft durch gewaltbereite Splittergruppen erfahren. Der Zorn großer Teile der Bevölkerung wendet sich gegen islamistische Gruppierungen insgesamt, deren Ideologie als Nährboden dieser Gewalttaten empfunden wird. Wenige Tage nach den Anschlägen kam es in Casablanca zur größten Demonstration seit der Unabhängigkeit Marokkos mit mehr als einer Million Teilnehmer, die sich gegen den Terrorismus wandte. Nach dem 11. September 2001 hat sich Marokko eindeutig zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus bekannt. Der König hat den Kampf gegen den Terrorismus und die Demokratisierung und Modernisierung des Landes als gleichgewichtige Aufgaben bezeichnet. Seit den Anschlägen gehen die Sicherheitsbehörden mit großer Härte gegen fundamentalistische islamische Gruppen vor.
Menschenrechte
Im Jahr 2000 kam es zu teilweise harten Auseinandersetzungen zwischen Presseorganen und der Regierung, die sich an menschenrechtlichen Fragen (politische Gefangene während der Regierung König Hassan II) und der behaupteten Verstrickung des Premierministers in einen fast 30 Jahre zurück liegenden Putschversuch entzündeten. Menschenrechte sind heute besser als zuvor in der politischen Wirklichkeit Marokkos verankert. Diesbezügliche Verfehlungen der Vergangenheit werden nicht breit diskutiert, Opfer und ihre Angehörigen jedoch entschädigt. In einem 2002 in Kraft getretenen neuen Pressegesetz wurde während der parlamentarischen Behandlung die Möglichkeit eines Verbots von Medien durch die Regierung wieder eingeführt, die im alten Pressegesetz bestand, aber im Regierungsentwurf des neuen Pressegesetzes nicht vorgesehen war.
Parlament und Regierung
Im September 1996 wurde durch ein Referendum die Verfassung geändert und ein Zweikammersystem eingeführt. Dem Volksentscheid über die neue Verfassung im September 1996 folgten zwischen Juni und Dezember 1997 Gemeinde-, Körperschafts- und Nationalwahlen. Die Abgeordneten der ersten Kammer wurden erstmals vollständig in gleicher Wahl bestimmt. Die zweite Kammer wurde indirekt durch Gemeindevertreter und Berufsvertretungen gewählt. Marokko hat ein von der Verfassung geschütztes Mehrparteiensystem. Von der Verfassung gleichfalls geschützt ist die Existenz von Gewerkschaftsverbänden und das Streikrecht.
Am 27.09.2002 wurde das Parlament neu gewählt. Die Wahlen verliefen nach dem Urteil der meisten Beobachter frei und fair. Im Parlament sind 22 Parteien vertreten, die sich traditionell in drei lose Bündnisse des rechten Lagers (WIFAQ), des Zentrums und der Linken (Kutla) gliedern. Nach den Wahlen haben sie sich zu acht parlamentarischen Gruppen (entspricht in etwa Fraktionen) zusammengeschlossen. Bei den Wahlen verloren die linken Parteien zwischen 10 und 20 Prozent an Wählerstimmen und Abgeordneten, während die Zentrumsparteien und die konservativen Parteien entsprechend zulegten. Premierminister Driss Jettou wurde am 09.10.2002 vom König mit der Regierungsbildung beauftragt. Sein Kabinett wurde am 07.11.2002 vom König bestätigt. Ihm gehören 38 Minister, beigeordnete Minister und Staatssekretäre an. Davon gehören je acht der Union Socialiste des Forces Populaires (USFP) und der Parti Istiqlal (PI) an, sechs dem Rassemblement National des Indépendants (RNI), drei dem Mouvement Populaire (MP), und je zwei dem Mouvement National Populaire (MNP) und der Parti du Progres et du Socialisme (PPS). Einschließlich des Premierministers sind zehn Kabinettmitglieder parteilos. Sie wurden vom Premierminister im Einverständnis des Palais berufen. Zu diesen unabhängig von der Parteizugehörigkeit berufenen Ministern gehören insbesondere Außen-, Innen-, Religionsminister und der Minister für die Verteidigungsverwaltung. Die größte Oppositionspartei ist die gemäßigte Islampartei Parti de la Justice et du Développement (PJD), welche die Zahl ihrer Parlamentssitze von bisher 14 auf 42 verdreifachen konnte.
Bei Kommunalwahlen im September 2003 verlor die sozialistische Regierungspartei erheblich an Stimmen. Die Zentrumsparteien und gemäßigt konservative Gruppierungen konnten ihre Stimmanteile deutlich verbessern. Die Islam-Partei PJD konnte mehrere Bürgermeisterposten besetzen, darunter den der alten Königsstadt Meknès. (Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, Stand: April 2004)
Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt Folgendes aus:
Die Formulierung im § 7 AsylG "wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der "volle Beweis" gefordert ist, sondern, dass die "Glaubhaftmachung" genügt.
Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es vier Grundanforderungen erfüllt:
1. Das Vorbringen ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, dh. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Hinsichtlich der Person war der ASt. mangels Vorlage eines Personaldokuments zum Nachweis seiner Identität nicht glaubwürdig.
Aufgrund der Sprache, der allgemeinen und geographischen Kenntnisse des ASts. über Marokko geht die Behörde davon aus, dass der ASt. aus Marokko stammt und marokkanischer Staatsbürger ist.
Die Angaben des ASts. zum Reiseweg waren denkmöglich.
Geglaubt wird dem ASt. auch, dass er in seiner Heimat nicht vorbestraft ist, von keiner Behörde gesucht wird und von staatlicher Seite aus keinem den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt wurde.
Die Angaben des ASts. zum Ausreisegrund waren ebenfalls denkmöglich.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Über die fristgerecht erhobene Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
Anzuwenden war gegenständlich gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF 2008/4, in Verbindung mit § 44 Abs 1 AsylG 1997 idF BGBl. I 2003/101 das AsylG in der Fassung BGBl. I 101/2003, da der Beschwerdeführer den Antrag auf Gewährung von Asyl am 16.2.2005 gestellt hat.
Gemäß § 9 Abs 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist.
Gemäß § 60 Abs 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter.
Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt sowie gemäß § 11 Abs 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat.
Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch für die Entscheidung durch den Kammersenat vor, sodass Senatszuständigkeit gegeben ist.
In der Sache selbst:
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.
Der Asylgerichtshof als Berufungsinstanz schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Die Beschwerde enthält nichts, was der Entscheidung des Bundesasylamtes und somit der Entscheidung des Asylgerichtshofes entgegenstünde.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde bereits vom Bundesasylamt im erstinstanzlichen Bescheid als denkmöglich qualifiziert, diesbezüglich wiederholende Ausführungen in der Beschwerde sind insofern nicht zielführend, da das vom Beschwerdeführer Vorgebrachte vom Bundesasylamt nicht in Zweifel gezogen wurde.
Die Ausführungen in der Beschwerde, das Vorbringen des Beschwerdeführers weise deshalb Asylrelevanz auf, da der Beschwerdeführer ein Angehöriger einer sozialen Gruppe, nämlich jener der Straßenkinder sei, ist nicht stichhältig:
Eine Verfolgung liegt im Fall des Beschwerdeführers allerdings nicht vor, eine solche hat er auch nicht geltend gemacht, sondern sogar eine Verfolgung aus jeglichem Grunde ausdrücklich verneint.
Zum anderen lebte der Beschwerdeführer nach dem Tod seines Vaters sechs Jahre lang in Marokko, ohne dass er jemals in eine Existenz bedrohende Notlage gekommen wäre. Der Beschwerdeführer konnte sogar weiterhin die Schule besuchen, lebte bei Freunden und wurde von einer Moschee unterstützt. Nach Verlassen der Schule arbeitete der Beschwerdeführer als Hilfsarbeitskraft bei einem Händler und konnte sich damit seinen Lebensunterhalt verdienen, wie er selbst im Zuge seiner erstinstanzlichen Einvernahme ausführte:
"Ich hatte zwar eine Arbeit, aber der Lohn war sehr gering und es reichte nur zum Überleben."
Die Entscheidung des Bundesasylamtes war somit vom Asylgerichtshof zu bestätigen.
Rechtlich folgt:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder er staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).
Im gegenständlichen Fall kann von einer drohenden Verfolgung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in seinen Heimatstaat nicht ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer keinerlei Verfolgung im Sinne der in der GFK taxativ aufgezählten Fluchtgründe geltend machte.
Gemäß § 57 Abs 1 Fremdengesetz 1997 (BGBl. I Nr. 126/2002) ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 Z 1 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.
Überdies ist gemäß § 57 Abs 2 FrG (nunmehr § 50 Abs 2 FPG) die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, ZI. 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu gelangen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH v 26.6.1997, Zl. 95/18/1291; VwGH v 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH v 30.9.1993, Zl. 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung iSd § 57 Abs 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen.
Es kann nicht angenommen werden, dass dem Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Marokko eine Bedrohungssituation iSd § 57 FrG drohen würde. Wenn der Beschwerdeführer, wie bereits oben ausgeführt, nach seinen eigenen Angaben auch als Minderjähriger in Marokko seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte, so kann davon ausgegangen werden, dass ihm das mit der nunmehr eingetretenen Volljährigkeit umso mehr gelingen wird. Bei der Person des Beschwerdeführers handelt es sich um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, der sich schon vor seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt finanzieren konnte.
Dem Beschwerdeführer ist also eine gefahrlose Rückkehr in sein Heimatland ohne weiteres möglich. Andere Gründe, die gegen eine gefahrlose Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat sprechen würden, hat dieser in keiner Hinsicht geltend gemacht und sind der Behörde im Zuge dieses Verfahrens auch sonst nicht zur Kenntnis gelangt.
Lediglich Spruchpunkt III. war insofern einer Korrektur zuzuführen, als nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Ausweisung in einen bestimmten Zielstaat zu erfolgen hat - der gegenständliche Zielstaat ist Marokko.
Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und die Überprüfung gemäß Abs 1 ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechtes auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn von Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes, also eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und der öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Inhaltliche Gründe, die einer Ausweisung entgegenstehen, liegen keine vor. Insbesondere machte der Beschwerdeführer keine persönlichen Anknüpfungspunkte in Österreich geltend und spricht weiters die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit 19.5.2005 (!) nicht mehr aufrecht im österreichischen Bundesgebiet gemeldet ist, wodurch er sich in unzulässigerweise dem Asylverfahren entzogen hat, gegen eine im Sinne des Art 8 EMRK schützenswerte Integration des Beschwerdeführers.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war und sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.