TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 A1 303625-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2008
beobachten
merken
Spruch

A1 303625-1/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Vorsitzenden und den Richter Dr. Christian Filzwieser als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Ines Csucker über die Beschwerde des Z.A., geb. 00.00.1988, StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.6.2006, GZ. 05 05.928-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und 2 AsylG 1997 idF BGBl Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

Die beschwerdeführende Partei begehrte am 25.4.2005 die Gewährung von Asyl.

 

Der Beschwerdeführer brachte bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 27.4.2005 und am 4.11.2005 zu seinen Fluchtgründen

Folgendes vor:

 

Am 27.4.2005:

 

Frage: Haben Sie jemals einen Asylantrag gestellt?

 

Antwort: Nein.

 

F: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

 

A: Hier nicht, ich habe in Marokko einen Personalausweis und einen Reisepass.

 

F: Wann und wo wurde dieser Reisepass ausgestellt?

 

A: Er wurde in Casablanca 2004 ausgestellt, an das genaue Datum kann ich mich nicht mehr erinnern. Mein Onkel hat sich um alles gekümmert.

 

Frage: Wann und wie haben Sie Ihr Heimatland verlassen, wie kamen Sie nach Österreich?

 

Antwort: Ich habe meine letzte Wohnadresse in Casablanca ca. am 11.4.2005 verlassen und bin mit einem Bus in die Hafenstadt Tanger gefahren. Dort habe ich einen Marokkaner kennen gelernt, der mir versprochen hat zu helfen, nachdem er mein Problem gehört hat. Er versteckte mich am 12.4.2005 auf der Ladefläche eines LKW, der auf ein Schiff geladen wurde und ich bin nach ca. 10 Tagen in einer mir unbekannten Stadt ausgestiegen. In dieser unbekannten Stadt sagten mir Araber, ich wäre in Innsbruck. Ich habe eine Nacht in Innsbruck verbracht und bin dann mit dem Zug nach Salzburg gefahren, wo ich zur Caritas-Stelle ging. Die Caritas schickte mich dann nach Thalham, wo ich am 25.4.2005 angekommen bin.

 

F: Was haben Sie für die Reise bezahlt?

 

A: Ich musste nichts bezahlen. Dieser Mann wollte mir helfen.

 

F: Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen?

 

A: Ich bin geflüchtet, weil mein Leben in Gefahr war. Ich wurde von der Organisation Die Islamische Bruderschaft verfolgt. Nachdem ich ca. 6 Monate für sie gearbeitet habe entschied ich mich zu flüchten. Sie wollen mich deswegen umbringen.

 

F: Würden Sie bitte konkretere Angaben machen?

 

A: Im November 2004 wurde ich Mitglied dieser Organisation. Ich war bei ihren Versammlungen und sie gaben mir Religionsunterricht. Im Dezember 2004 sagten sie mir, dass sie mich ausbilden wollen, damit ich für sie arbeite. Sie brachten mich aus meiner Heimatstadt Casablanca in das Gebiet E., das liegt in den Bergen und dort haben sie ihren Stützpunkt. Ich wurde dort eingesperrt und sie wollten aus mir einen Kämpfer für sie machen. Nach ca. 4 Monate in E. konnte ich fliehen. Einer von ihnen hat gemerkt, dass ich noch sehr jung bin und verhalf mir zur Flucht. In diesem Gebiet gibt es nur einstöckige Häuser, er hat mir das Fenster von außen aufgemacht, damit ich flüchten konnte. Er hatte einen zweiten Mann organisiert, der mich mit dem Auto wegbringen sollte. Zu dem kam es aber nicht, da wir entdeckt wurden und sie auf meinen Helfer eingeschlagen haben. Ich konnte zu Fuß davonlaufen, einer von ihnen verfolgte mich, ich war jedoch schneller und konnte ihn mit dem Fuß zurückstoßen. Ich bin in die Stadt F. gelaufen und von dort nahm ich einen Bus nach Casablanca. Als ich nach Casablanca zurückkam, wohnte ich bei meinem Onkel. Ich dachte, sie würden mich in Ruhe lassen. Am 00.00.2005 kamen ungefähr fünf Leute dieser Organisation in das Haus meines Onkels und suchten nach mir. Sie bedrohten meinen Onkel und sagten, ich sollte zu ihnen zurückkehren, sonst würden sie mich umbringen, ich war zu diesem Zeitpunkt gerade nicht zu Hause. Ich konnte nicht mehr bei meinem Onkel wohnen, ich pendelte von einem Freund zum anderen, bis ich mich entschied, Marokko zu verlassen.

 

F: Warum sind Sie dieser Organisation beigetreten?

 

A: Ich wusste nicht, dass diese Organisation fanatische religiöse und politische Ziele verfolgt, ich dachte nur, ich könnte eine religiöse Allgemeinbildung bekommen.

 

F: Ist diese Organisation so wenig bekannt in Casablanca?

 

A: Nein, sie sind nicht sehr bekannt.

 

F: Wie alt waren die anderen Personen, die in E. ausgebildet werden sollten?

 

A: Alle, die ich kennen gelernt habe, waren unter 18.

 

F: Warum verhalf dieser Mann dann gerade Ihnen zur Flucht, er hätte dann eigentlich allen helfen müssen?

 

A: Die anderen waren sehr verschlossen, vielleicht suchten sie kein Gespräch mit diesem Mann. Mich hat dieser Mann aufgeklärt, was auf mich zukommt und ich sagte, das würde ich nicht wollen, deshalb hat er mir geholfen.

 

F: Was wäre auf Sie zugekommen?

 

A: Er sagte mir, dass sie mich nur als Mittel verwenden, um bestimmte Ziele zu erreichen, die mit der Religion nichts zu tun haben. Er sagte, ich würde dann in deren Geschäfte so sehr verwickelt, dass ich nicht mehr aussteigen könnte und mein Leben ihnen gehören würde.

 

F: Wie wurden Sie in diesen vier Monaten genau ausgebildet?

 

A: Am Anfang übten sie psychischen Druck auf uns aus, wir haben nicht trainiert, sondern sie redeten ständig auf uns ein, ließen uns Filme und Kassetten von dem Tschihad-Konzept ansehen und hören. Sie wollten in uns den Hass auf alle wecken, die nicht bereit sind, in den Tschihad zu gehen.

 

F: Was bedeutet Tschihad?

 

A: Vom Islam her bedeutet der Tschihad, dass man die Nation verteidigen muss und auch in den Krieg gegen den Feind gehen muss. Diese Organisation sagt aber, dass der Feind nicht nur der Angreifer ist, sondern jeder, der nicht betet und fastet und sich nicht an die Gesetze des Islams hält.

 

F: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?

 

A: Nein.

 

F: Hatten Sie ausreichend Zeit, Ihre Fluchtgründe zu schildern, möchten Sie noch etwas vorbringen?

 

A: Ja, ich hatte ausreichend Zeit, nein ich möchte nichts mehr vorbringen.

 

RB: Wäre es für Sie möglich gewesen, in einem anderen Teil Marokkos Zuflucht zu finden?

 

A: Nein, sie hätten mich überall in Marokko gefunden. Sie sind überall in Marokko vertreten, arbeiten aber verdeckt und sind der Polizei nicht bekannt.

 

Am 4.11.2005:

 

...

 

F: Können Sie nochmals die Gründe schildern, die Sie dazu veranlassten, Ihre Heimat zu verlassen (freie Erzählung)?

 

A: Ich bin in Marokko öfters in die Moschee zum Beten gegangen. Dadurch hat sich mit einigen Personen eine Art Freundschaft entwickelt. Dass diese einer islamischen Organisation angehören, wusste ich damals nicht. Wir haben immer über den Koran geredet. Die meisten waren ca. 35 Jahre alt. Es war fein, dass jemand da war, der einem religiöse Dinge erklären kann.

 

Dies alles war ca. Mitte 2003. Ich ging auch in die Koranschule. Die Moschee war im Zentrum von Casablanca und heißt A.. Dies war der Haupttreffpunkt. Wir redeten über den Koran, lernten über den Koran und diskutierten darüber. Unser Hauptinteresse war also der Koran.

 

Eines Tages sind wir in eine Stadt bzw. in ein Dorf I. gefahren. Das Nachbardorf heißt L.. An diesem Tag bin ich erst daraufgekommen, dass diese Gruppe nicht nur am Koran interessiert ist, sondern auch andere Ansichten hat. Dies war ein Jahr später.

 

Ich als Moslem weiß, was mein Glaube ist und was der Glaube von mir erwartet. Mit der Zeit haben diese Personen uns jedoch verboten, normale Fernsehsendungen zu sehen. Sie gaben uns Tschihad-Videos.

 

In jeder Moschee gibt es einen sogenannten Imam. Diese sind vom Staat ausgebildet. Diese sind zwar Vorbeter, aber die können keinem verbieten, sich zu treffen und über den Koran zu reden. Ein Imam kann gegen diese Gruppierungen nichts ausrichten.

 

F: Was sagte Ihr Onkel dazu, dass Sie sich mit dieser Gruppe trafen und in die Koranschule gingen?

 

A: Zuerst hat mein Onkel auch nichts von dieser Gruppierung gewusst. Erst als ich von dieser Gruppe geflüchtet bin, hat er auch verstanden, um welche Gruppierung es sich handelt. Nach meiner Flucht haben Sie zu Hause nach mir gesucht.

 

Ich habe die ganze Zeit bei meinem Onkel gewohnt. Nur ab und zu habe ich bei einem Freund übernachtet.

 

Wir waren also im Dorf L.. Dort gab man uns dann Tschihad-Videos. Dieser Ort liegt im Nordosten Marokkos. Ich hatte das Gefühl dass dies eine Art Vorbereitung. Was für eine Vorbereitung, kann ich nicht angeben. Es waren in diesen Videos immer die strengsten Aussagen. Auch von den Personen, die dort waren, kamen immer die strengsten Aussagen.

 

Beispiele:

 

Zum Beispiel ist auch ein Araber, der Moslem ist und nicht betet, ein Ungläubiger. Es sind also auch die eigenen Landsleute Ungläubige, wenn sie nicht beten. Man kann Teile des Koran so oder so sehen und diese Leute legen den Koran sehr sehr streng aus und drehen die Wörter wie sie sie gerade brauchen.

 

F: Wie war das Dorf?

 

A: Es war ein normales Dorf. Es gab Einheimische. Natürlich nicht so viel wie in der Stadt. Der Unterschied ist nur, dass diese Einheimischen eine Dorfsprache sprechen. Casablanca ist eine große Stadt und moderner. Dieses Dorf liegt mitten in den Bergen. Diese Einheimischen sprechen auch ein anderes Arabisch.

 

Ich lebte aber die ganze Zeit bei meinem Onkel. Ich habe nur ab und zu bei einem Freund übernachtet.

 

Das erste Mal fuhren wir im März 2004 in dieses Dorf. Ab diesem Zeitpunkt fuhren wir immer wieder hin. Manchmal übernachteten wir auch zwei Wochen dort. Meinem Onkel sagte ich, dass ich auswärts arbeiten würde.

 

F: Bei Ihrer Einvernahme in der East West gaben Sie an, seit November 2004 Mitglied dieser Organisation zu sein. Stimmt dies?

 

A: Nein, ich war kein Mitglied. Mit Mitglied meinte ich, dass ich dabei war. Um ein Mitglied zu werden, muss man länger dabei sein und eine Ausbildung machen. Man wird für eine bestimmte Sache ausgebildet und das war es. Für welche Sache, habe ich nicht herausgefunden. Wir sind so ca. alle zwei bis drei Wochen in dieses Dorf. Wir haben uns aber in Casablanca auch getroffen.

 

F: Warum sind Sie, wenn Sie bereits gemerkt haben, dass es sich um eine tiefislamistische Gruppierung handelt, trotzdem mitgegangen?

 

A: Es ist nicht so einfach, aus dieser Gruppierung wieder herauszukommen. Ich habe versucht, mich Schritt für Schritt wieder zu entfernen.

 

F: Ab welchem Zeitpunkt haben Sie sich entschieden, sich von dieser Gruppierung zu trennen?

 

A: Im Februar oder im März 2005 habe ich diesen Gedanken gehabt. Aber ich habe mich nicht von heute auf morgen mich von dieser Gruppierung trennen können. Ich habe mich aber langsam immer rarer gemacht. Um so langsam wegzukommen.

 

F: Sie haben vorher angegeben, im März 2004, als Sie das erste Mal in L. waren, gemerkt zu haben, um welche Gruppierung es sich handelt. Warum sind Sie nicht gleich ausgestiegen?

 

A: Ja das stimmt, ich habe gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Allerdings brauchte ich Zeit, um dies zu verarbeiten und auch Zeit für den Ausstieg. Wenn ich gleich von dieser Gruppe gegangen wäre, wäre ich in Gefahr gewesen. Das ist der Grund, warum ich mich langsam von dieser Gruppe trennen wollte.

 

F: Als Sie gemerkt haben, um welche Gruppierung es sich handelt, warum haben Sie sich nicht an Ihren Onkel gewandt?

 

A: Mein Onkel hätte keine Macht, irgendetwas zu tun. Ich habe mir auch überlegt, an die Polizei zu wenden. Aber ich wäre sicherlich der Blöde gewesen. Sie hätten mich sicher eingesperrt, weil sie geglaubt hätten, dass ich auch zu dieser Gruppierung gehören würde. Wie lange ich eingesperrt werden würde, weiß ich nicht. Die Polizei würde sich fragen, woher ich diese ganzen Informationen habe und würde meinen, dass ich Mitglied bin. Ich würde bestraft und eingesperrt werden, weil diese Organisationen Marokko verboten sind. Dabei handelt es sich um geheime Organisationen. Diese gibt es nicht öffentlich. Die Polizei in Casablanca macht keine Unterschiede zwischen einem Mitglied dieser Organisation und einem Mitläufer. Für die Behörden zählen alle als Extremisten.

 

F: Haben Sie selbst eine Ausbildung dieser Gruppierung erhalten?

 

A: Nein, ich habe noch keine Ausbildung erhalten. Wenn ich aber länger dort geblieben wäre, hätte ich sicherlich eine Ausbildung bekommen.

 

F: Wann haben Sie diese Gruppierung dann verlassen?

 

A: Das war im April 2005. Ich bin von L. mit einem Autobus geflüchtet nach Tangerr. Von Tanger aus, habe ich die Heimat verlassen.

 

F: Sie waren ja zwischendurch immer wieder zu Hause in Casablanca, warum sind Sie nicht von dort ausgereist? Sie hätten ja nicht aus L. fliehen müssen?

 

A: ES hat sich so ergeben, als ich das letzte Mal in L. war, dass ein ebenfalls integrierter dieser Gruppe mit mir geredet hat. ER hat gemeint, noch hätte ich eine Chance aus dieser Gruppe auszusteigen. Dies war der Auslöser, warum ich von dieser Gruppierung weggegangen bin. Von alleine hätte ich noch etwas länger gebraucht, von dieser Gruppierung wegzukommen. Dieser Mann hat mir Mut gemacht, auszusteigen.

 

F: Bei Ihrer Einvernahme in der East West gaben Sie an, vier Monate in I. und eingesperrt gewesen zu sein. Stimmt dies?

 

A: Das muss falsch verstanden worden sein. Ich war nicht vier Monate dort, wir sind immer wieder in diesen vier Monaten hingefahren. Eingesperrt war ich nicht. Sie wollten uns alle aus der "normalen" Welt abgrenzen. Wir waren nicht eingesperrt wie im Gefängnis.

 

Das Haus, in welchem ich war, ist ca. 3 Kilometer vom Dorf entfernt. Ich bin aus dem Fenster gestiegen. So habe ich mich aus dem Haus geschlichen. Ein Mann ist mir nachgelaufen. Ich habe mich gegen ihn körperlich gewehrt. Bis zum Dorf L. bin ich zu Fuß gegangen. Ab diesem Dorf bin ich nach Tangerr gefahren.

 

F: Sind Sie in Tanger geblieben oder sind Sie zu Ihrem Onkel gefahren?

 

A: Nein, ich bin nicht zu meinem Onkel. Ich war davon überzeugt, dass wenn ich zu meinem Onkel gehe, dass ich in Gefahr schwebe. Diese Menschen wissen ja, wo ich wohne. Diese hätten mich sicher umgebracht.

 

Vorhalt:

 

Bei Ihrer Einvernahme in der East West haben Sie angegeben, dass Sie nach Casablanca zurückgefahren wären und bei Ihrem Onkel gewohnt hätten. Weiters gaben Sie an, gemeint zu haben, in Ruhe gelassen zu werden. Erklären Sie sich bitte.

 

A: So etwas habe ich nicht gesagt. Ich habe damals festgestellt, dass der Dolmetsch einen anderen Dialekt spricht. Ich habe die Dolmetscherin schwer verstanden. Die Rückübersetzung erfolgte nicht wörtlich, sondern war eine Zusammenfassung. Diese Aussage habe ich nicht getätigt und bestätigt mir dies, dass es sprachliche Probleme gegeben hat.

 

Heute jedoch gibt es keine Verständigungsschwierigkeiten.

 

Vorhalt:

 

Weiters haben Sie bei Ihrer Einvernahme angegeben, dass am 15.03.2005 Leute dieser Organisation zu Ihrem Onkel kamen und Sie gesucht hätten. Stimmt dies?

 

A: Das habe ich erst hinterher erfahren.

 

F: Herr Asylwerber, Sie gaben an, im April diese Organisation verlassen zu haben und bestätigen nunmehr das Datum 15.032005 als nach Ihnen gesucht worden. Erklären Sie sich bitte?

 

A: Das genaue Datum kann ich nicht behaupten. Das habe ich erfahren, nachdem ich von dort weg bin. Ich war ja nicht dabei. Ich habe dies von meinem Freund, welcher neben meinem Onkel wohnt, telefonisch davon erfahren. Auch habe ich erfahren, dass mein Onkel mich sucht. Bis jetzt habe ich keinen Kontakt zu meinem Onkel, weil er kein Telefon hat. Ich habe nur meinem Freund gesagt, er soll meinem Onkel sagen, dass es mir jetzt gut geht und ich keine Schwierigkeiten habe.

 

F: Wie heißt diese Organisation genau?

 

A: T. und H.. Am Anfang wusste ich gar nicht, dass es sich um eine Organisation handelt und dass diese einen Namen hat. Übersetzung:

Jehad: Kämpfen für ein bestimmtes Ziel bezogen auf den Glauben. T. kommt vom Hauptwort Ungläubig.

 

Nach Außen hin meint man, diese Leute würden nur den Koran unterrichten. Wenn man aber ein wenig integriert ist in dieser Gruppe, kommt man drauf, dass diese organisiert sind.

 

Es gibt immer wieder Anschläge von religiösen Gruppen in Marokko. Es bekennt sich jedoch nie offizielle eine Gruppe dazu. Es gibt verschiedene Gruppen und Organisationen. Namen solcher Organisationen sind mir aber nicht bekannt.

 

Bevor ich Kontakt mit dieser Organisation bekommen habe, hatte ich keinerlei Probleme in Marokko.

 

F: Haben Sie je mitbekommen, ob "Ihre" Organisation verantwortlich ist für Verbrechen oder Anschläge?

 

A: Ich war nicht so lange dabei, als dass ich etwas erfahren hätte oder dass mir jemand erzählt hätte, was sie tun würden.

 

F: Woher wissen Sie dann, dass es sich um eine terroristische Organisation handelt?

 

A: Jeder Mensch hat ein Gefühl. Ich habe einfach gefühlt, dass es sich um eine derartige Organisation handelt. Man spürt dies auch aus den Aussagen und Verhalten. Ich bin ein ganz normaler Jugendlicher und ich habe mich gefragt, was diese Leute von mir wollen. Das hat mich nervös gemacht.

 

F: Haben Sie noch gearbeitet oder hat diese Organisation Sie unterstützt?

 

A: Ab und zu habe ich von dieser Organisation Geld bekommen. Die Reisen wurden auch von ihnen organisiert und bezahlt. Ich habe nicht mehr gearbeitet. Als richtiger Moslem dürfe man nicht Frauen die Haare schneiden. Ich habe mir dies einreden lassen und deshalb gekündigt.

 

F: Würden Sie jetzt Damen die Haare schneiden?

 

A: Ja, das würde ich. Ich bin selbst Moslem und ich kenne mich besser aus, als diese Organisation. Diese Organisation hat den Koran falsch ausgelegt. Ich weiß das jetzt.

 

F: Haben Sie - außer dem bisher vorgebrachten Sachverhalt - weitere Gründe Ihrer Flucht vorzubringen?

 

A: Nein, andere Gründe habe ich nicht.

 

F: Sind Sie in Ihrem Heimatland vorbestraft?

 

A: Nein, ich bin nicht vorbestraft.

 

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals festgenommen oder verhaftet?

 

A: Nein, ich wurde nicht festgenommen oder verhaftet.

 

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland strafbare Handlungen begangen?

 

A: Auch strafbare Handlungen habe ich keine begangen.

 

F: Sind oder waren Sie jemals Mitglied einer politischen Partei?

 

A: Nein, ich war kein Mitglied einer Partei.

 

F: Waren Sie - außerhalb einer politischen Partei - in Ihrem Heimatland jemals politisch aktiv tätig?

 

A: Nein, auch dies nicht.

 

F: Hatten Sie in Ihrem Heimatland jemals Probleme mit der Polizei, einem Gericht oder einer anderen staatlichen Behörde?

 

A: Nein, mit Behörden hatte ich keinerlei Probleme.

 

F: Wurden Sie in Ihrem Heimatland von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion, Ihrer Volksgruppe oder Rasse verfolgt?

 

A: Nein, aus diesen Gründen wurde ich nicht verfolgt.

 

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite wegen Ihrer politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe jemals verfolgt?

 

A: Nein, aus diesen Gründen auch nicht.

 

F: Was konkret befürchten Sie für den Fall Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?

 

A: Wenn ich nach Hause zurückkehre, würde ich umgebracht werden. Es würde die gleiche Gefahr von Seiten der Organisation bestehen. Ansonsten habe ich vor nichts Angst.

 

F: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?

 

A: Falls die Behörden mittlerweile herausgefunden hätten, dass ich bei so einer Organisation mit dabei war, bekomme ich sicher Probleme. Die Polizei würde meinen, dass ich dieser illegalen Organisation angehöre. Ich würde vielleicht vor Gericht gestellt werden oder eingesperrt. Genau weiß ich dies nicht. Ich weiß, dass ich etwas Strafbares begangen habe. Ich habe dies aber erst nach einiger Zeit entdeckt. Ich weiß dass es strafbar ist. Ich habe dies ja auch nicht akzeptieren können und deshalb bin ich ja geflohen. Nicht, weil ich Angst habe, weil ich mich strafbar mache, bin ich geflohen, sondern weil ich selbst es nicht akzeptieren kann, einer extremen Organisation anzugehören.

 

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich?

 

A: Ich arbeite gelegentlich schwarz als Friseur. Von diesem wenigen Geld kann ich leben. Strafbare Handlungen in Österreich begehe ich keine.

 

F: Haben Sie in Österreich nahe Angehörige, wenn ja, in welchem Verwandtschaftsgrad stehen Sie zu dieser/diesen Person/Personen?

 

A: Nein, ich bin alleine hier.

 

F: Wo leben Ihre Verwandten?

 

A: Mein Onkel lebt in Casablanca. Mein Onkel väterlicherseits lebt in Großbritannien. Meine Schwester ist in Casablanca verheiratet.

 

Anmerkung.

 

Der gesetzliche Vertreter verzichtet auf eine Fragenstellung.

 

F: Können Sie Namen der Führer oder Mitglieder, den Sitz oder die Ziele der Organisation nennen?

 

A: Nein, ich weiß keine Namen. Ich weiß auch nicht den Sitz oder die Ziele der Organisation. Die Mitglieder selbst sagen ihre richtigen Namen nicht. Sie geben sich selbst eine Art Spitznamen bezugnehmend auf den Islam.

 

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

 

A: Nein, ich habe alles gesagt.

 

Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.6.2006, GZ. 05 05.928-BAI gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. Nr. 101/2003 abgewiesen, gemäß § 8 Abs 1 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist und die beschwerdeführende Partei gemäß § 8 Abs 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen.

 

Zur Person des Asylwerbers traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:

 

Die Identität des Antragstellers steht nicht fest.

 

Der Antragsteller spricht die arabische Sprache.

 

Der Antragsteller reiste am 24.04.2005 illegal nach Österreich ein.

 

Festgestellt wird, dass der Antragsteller von der PI Pradl am 00.00.2005, wegen Diebstahles angezeigt wurde.

 

Fest steht weiters, dass der Antragsteller von der PI Pradl am 00.00.2005, wegen § 27 Suchtmittelgesetz zur Anzeige gebracht wurde.

 

Der vom Antragsteller vorgebrachte Fluchtgrund konnte mangels Glaubhaftmachung nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.

 

Grundlage der gegenständlichen Entscheidung ist das Ergebnis der niederschriftlichen Einvernahme auf Basis des behördlichen Wissensstandes um die Realverhältnisse in Marokko.

 

Zur Situation im Herkunftsland traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:

 

Staatsaufbau

 

Marokko ist nach der Verfassung von 1972 (mit Änderungen 1992 und 1996) eine konstitutionelle Monarchie. Neben den Verfassungsorganen besteht das traditionelle System des "Makhzen" mit dem König als Führungsperson. Er beherrscht das politische und in weiten Bereichen das wirtschaftliche System. Nach Verfassung und Tradition hat der König eine Doppelrolle: Er ist weltlicher Herrscher und zugleich geistlicher Führer (Amir Al Mu'minin).

 

Parlament und Regierung

 

Am 27. 09. 2002 wurde das Parlament neu gewählt. Die Wahlen verliefen nach dem Urteil der meisten Beobachter frei und fair. Im Parlament sind 22 Parteien vertreten, die sich traditionell in drei lose Bündnisse des rechten Lagers (WIFAQ), des Zentrums und der Linken (Kutla) gliedern. Nach den Wahlen haben sie sich zu acht parlamentarischen Gruppen (entspricht in etwa Fraktionen) zusammengeschlossen. Bei den Wahlen verloren die linken Parteien zwischen 10 und 20 Prozent an Wählerstimmen und Abgeordneten, während die Zentrumsparteien und die konservativen Parteien entsprechend zulegten. Premierminister Driss Jettou wurde am 09.10.2002 vom König mit der Regierungsbildung beauftragt. Sein Kabinett wurde am 07.11.2002 vom König bestätigt. Ihm gehören nach einem Revirement im Juni 2004 35 Minister, beigeordnete Minister und Staatssekretäre an. Einschließlich des Premierministers sind zehn Kabinettmitglieder parteilos. Sie wurden vom Premierminister im Einverständnis des Palais berufen. Zu diesen unabhängig von der Parteizugehörigkeit berufenen Ministern gehören insbesondere Außen-, Innen-, Religionsminister und der Minister für die Verteidigungsverwaltung. Die größte Oppositionspartei ist die gemäßigte Islampartei Parti de la Justice et du Développement (PJD), welche die Zahl ihrer Parlamentssitze von bisher 14 auf 42 verdreifachen konnte.

 

Bei Kommunalwahlen im September 2003 verlor die sozialistische Regierungspartei erheblich an Stimmen. Die Zentrumsparteien und gemäßigt konservative Gruppierungen konnten ihre Stimmanteile deutlich verbessern. Die Islam-Partei PJD konnte mehrere Bürgermeisterposten besetzen, darunter den der alten Königsstadt Mekncs.

 

Grundlinien der Innenpolitik

 

Bei drei Themen wird ein nationaler Konsens behauptet (Tabuthemen):

Anspruch Marokkos auf volle Souveränität über das Gebiet der Westsahara, Unantastbarkeit der Monarchie, Islam als Staatsreligion.

 

König Mohammed VI. verkörpert einen weltoffenen liberalen Regierungsstil, hat aber auf keines der Vorrechte seines Vaters verzichtet. Er betont stärker als sein Vater die Idee der konstitutionellen Monarchie, ist aber auch bereit, seine exekutiven Befugnisse zu nutzen, wenn er es für erforderlich hält. Nach den Parlamentswahlen am 27. September 2002 ernannte er den parteilosen Technokraten Driss Jettou zum neuen Premierminister und unterstrich damit seinen politischen Führungsanspruch.

 

Der innenpolitische Stil des Königs hat sich auch durch die Ankündigung von Initiativen bei der Bekämpfung von Armut und Bildungsnotstand und bei der Gleichberechtigung der Frau manifestiert.

 

In der Frage der seit Jahren kontrovers diskutierten, für die Modernisierung der Gesellschaft entscheidenden Reform des Familienrechts ("Moudawana") spielte Mohammed VI. die zentrale Rolle. Im Februar 2004 trat das neue Familiengesetzbuch in Kraft, das König Mohammed VI. in einer wegweisenden Rede vor dem marokkanischen Parlament im Oktober 2003 in Aussicht gestellt hatte. Im Kern postuliert das Gesetz eine rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau in der Ehe, eine starke Einschränkung des Rechts zur Polygamie der Männer, ein rechtsförmliches Scheidungsverfahren mit Antragsrecht beider Partner, die gleichmäßige Aufteilung der in der Ehe erworbenen Güter auf beide Ehepartner bei Scheidung, die Stärkung der Rechte der Kinder und die Schaffung einer selbständigen Familiengerichtsbarkeit.

 

Mehrere Bombenanschläge auf jüdische Einrichtungen und Orte westlich-weltlichen Lebensstils am 16. Mai 2003 in Casablanca forderten über 40 Tote und mehr als 60 Verletzte. Die Attentate und zwei weitere Anschläge auf jüdische Geschäftsleute im September 2003 haben die politische Atmosphäre in Marokko deutlich verändert. Politik und Gesellschaft haben erstmals in vollem Umfang die Bedrohung der Zivilgesellschaft durch gewaltbereite Splittergruppen erfahren. Der Zorn großer Teile der Bevölkerung wendet sich gegen islamistische Gruppierungen insgesamt, deren Ideologie als Nährboden dieser Gewalttaten empfunden wird. Wenige Tage nach den Anschlägen kam es in Casablanca zur größten Demonstration seit der Unabhängigkeit Marokkos mit mehr als einer Million Teilnehmer, die sich gegen den Terrorismus wandte. Nach dem 11. September 2001 hat sich Marokko eindeutig zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus bekannt. Der König hat den Kampf gegen den Terrorismus und die Demokratisierung und Modernisierung des Landes als gleichgewichtige Aufgaben bezeichnet. Die Sicherheitsbehörden gehen mit großer Härte gegen radikale islamistische Gruppen vor.

 

Menschenrechte

 

Menschenrechte sind heute besser als zuvor in der politischen Wirklichkeit Marokkos verankert. Durch die weitgehend freie Diskussion von Menschenrechtsfragen vor allem in regierungskritischen Zeitungen ist die Sensibilität der Öffentlichkeit gewachsen.

 

Im Januar 2004 hat der König eine Kommission "Instance Equité et Réconciliation" (IER) zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen vor 1998 während der sogenannten "bleiernen Jahre" eingesetzt, die auch über Entschädigungszahlungen in Fällen willkürlicher Inhaftierung entscheidet. Bis April 2004 lagen bereits 22.000 Anträge auf Entschädigung vor. Die Kriterien für eine Entschädigungszahlung sind allerdings eng gefasst. In diesem Zusammenhang finden auch öffentliche Anhörungen von Opfern statt, die sich bereit erklärt haben, während einer zwanzigminütigen im Rundfunk und Fernsehen übertragenen Redezeit, das Ihnen widerfahrene Unrecht zu schildern, ohne jedoch Namen von Tätern oder Verantwortlichen zu nennen. Die im Dezember 2004 begonnen Anhörungen erfolgen abwechselnd auf arabisch, französisch und in Berberdialekten.

 

In einem 2002 in Kraft getretenen neuen Pressegesetz wurde während der parlamentarischen Behandlung die Möglichkeit eines Verbots von Medien durch die Regierung wieder eingeführt, die im alten Pressegesetz bestand, aber im Regierungsentwurf des neuen Pressegesetzes nicht vorgesehen war.

 

Im September 1996 wurde durch ein Referendum die Verfassung geändert und ein Zweikammersystem eingeführt. Dem Volksentscheid über die neue Verfassung im September 1996 folgten zwischen Juni und Dezember 1997 Gemeinde-, Körperschafts- und Nationalwahlen. Die Abgeordneten der ersten Kammer wurden erstmals vollständig in gleicher Wahl bestimmt. Die zweite Kammer wurde indirekt durch Gemeindevertreter und Berufsvertretungen gewählt. Marokko hat ein von der Verfassung geschütztes Mehrparteiensystem. Von der Verfassung gleichfalls geschützt ist die Existenz von Gewerkschaftsverbänden und das Streikrecht.

 

Wirtschaftslage

 

Die Landwirtschaft blieb auch 2004 wichtigster Wirtschaftsfaktor Marokkos. Da 43% der erwerbstätigen Bevölkerung dort Arbeit findet, bestimmt sie grundlegend das wirtschafts- und sozialpolitische Gesamtklima. Der Propduktionsanstieg in der Landwirtschaft um 6,5 % hat gemeinsam mit den Wachstumssektoren Bau, Energie, Bergbau und Tourismus zu einem Wirtschaftswachstum von 4,4% beigetragen. Sorgenkind ist die Textilbranche, die mit dem Ende des Multifaserabkommens besonderen Herausforderungen ausgesetzt ist.

 

Zu den guten Wirtschaftsdaten gehörten eine relativ niedrige Inflationsrate (2,4% Vorjahr 1,2%) eine Zunahme der Einkünfte aus dem Tourismus um 17%, starke Privatisierungseinnahmen und andauernde stabile Devisenüberweisungen der Auslandsmarokkaner. Auf dem Geldmarkt herrschte im zweiten Jahr in Folge Überliquidität.

 

Einen negativen Akzent setzte das stark wachsende Außenhandelsdefizit, das nach einem Anstieg im Vorjahr um 18,7% dramatisch um 33,5% stieg. Die Ölrechnung stieg um 58%, aber auch die Einfuhren von Stahl, Eisen, chemischen Produkten, Papier und Karton nahmen um 17% zu. Die Einfuhr von Investitionsgütern stieg um 14%. Die Krise im Textilbereich zeigt sich allerdings beim Rückgang des Einfuhrwertes von Textilmaschinen von 41%. Spitzenwerte erreicht das Importwachstum von KfZ (+ 60%) und Haushaltselektronik inkl. Mobiltelefonen (+ 42%).

 

Demgegenüber nimmt sich das Exportwachstum von 2% recht bescheiden aus. Dieses geringe Wachstum ist fast vollständig der Zunahme bei der Ausfuhr von Phosphaten (+ 22%) zuzuschreiben. Sehr enttäuschend entwickelte sich die Ausfuhr von Elektrokabeln, auf die bislang große Hoffnungen gesetzt wurden. Sie nahm um 9% ab.

 

Die Arbeitslosigkeit (12,8%) verharrt auf hohem Niveau, wobei dieser Wert die soziale Situation noch unterzeichnet, da der informelle Sektor eine ausgeprägte Rolle spielt. Der informelle Sektor soll 13% des BIP erwirtschaften und beschäftigt 90% aller im Handel Tätigen.

 

Das Budget 2005 beruht auf optimistischen Grundannahmen (niedriger Ölpreis, hohe Privatisierungseinnahmen, hohe Überweisungen der Auslandsmarokkaner). Der IWF aber auch inländische Experten kritisieren, dass der Staat sich auf Dauer an hohe Privatisierungseinnahmen gewöhne, deren Höhe niemand garantieren könne. Das Haushaltsdefizit steigt von 3 auf 4,1%. Die hohen Personalausgaben des Staates werden zu einem Problem: dieses Jahr steigen die Lohnaufwendung um 10% auf fast 5,5 Mrd. ¿. Dies entspricht einem guten Drittel des Gesamtbudgets. Demgegenüber verharren die Investitionsausgaben bei 1,75 Mrd. ¿. Knapp 20% des Gesamtbudgets müssen für Zins- und Tilgungszahlungen aufgewandt werden. Ein andauernd hoher Ölpreis kann den Haushalt in Unordnung bringen, da staatliche Subventionen für die Stabilisierung der Treibstoffpreise gezahlt werden.

 

Das neue Arbeitsgesetz (Code de travail)ist 2004 in Kraft getreten. Das Gesetz regelt u.a. Rechte und Pflichten der Gewerkschaften. Arbeitsrechtsnormen wurden internationalen Standards angepasst. Arbeit von Kindern unter fünfzehn Jahren wurde unter Strafandrohung verboten, Arbeit für Jugendliche unter achtzehn Jahren darf deren "Sittlichkeit", Gesundheit und Leben nicht gefährden. Der Mutterschutz wurde erweitert. Im Januar 2005 traten wichtige Neuregelungen der staatlichen Sozialversicherung in Kraft, die den Kreis der Empfänger ausweiten und die Leistungen erhöhen. Der Unternehmerverband kritisierte den damit verbundenen Anstieg der Lohnkosten um bis zu 20%.

 

(Quelle: www.auswaertiges-amt.de., Stand März 2005)

 

Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt Folgendes aus:

 

Die Formulierung im § 7 AsylG "wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der "volle Beweis" gefordert ist, sondern, dass die "Glaubhaftmachung" genügt.

 

Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es vier Grundanforderungen erfüllt:

 

1. Das Vorbringen ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

 

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

 

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, dh. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

 

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

 

Hinsichtlich der Person war der Antragsteller mangels Vorlage eines Personaldokuments zum Nachweis seiner Identität nicht glaubwürdig.

 

Aufgrund der Sprache, der allgemeinen und geographischen Kenntnisse des Antragstellers über Marokko geht die Behörde davon aus, dass der Antragsteller aus Marokko stammt und marokkanischer Staatsbürger ist.

 

Wenngleich die Ausführungen zum Fluchtweg nicht asylrelevant sind, so vermögen sie doch ein Indiz für die Gesamtbewertung der Glaubwürdigkeit einer Person darzustellen. Nicht glaubhaft sind die vom ASt. in diesem Zusammenhang getätigten Aussagen, faktisch keine Wahrnehmungen hinsichtlich der Reise von der Heimat nach Österreich gemacht zu haben. Ob des Faktums, dass es eine notorische Tatsache ist, dass Reisende - bei Flüchtenden tritt zudem das Element des Argwohns, d.h. besondere Beobachtung der Umgebung hinzu - Wahrnehmungen über ihre Reisebewegung machen, ist davon auszugehen, dass die ASt. - aus welchen Gründen immer - danach getrachtet hat, ihren Reiseweg bewusst zu verschleiern.

 

Bei der Beurteilung dieses Vorbringens muss jedenfalls auch mitberücksichtigt werden, dass der Asylwerber - menschlich durchaus verständlich - ein gravierendes Interesse am positiven Ausgang seines Asylverfahrens hat, was natürlich auch zu verzerrten Darstellungen tatsächlicher Geschehnisse oder zu gänzlich falschen Vorbringen führen kann.

 

Im Asylverfahren ist das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen und obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Da im gegenständlichen Verfahren die Aussagen des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellen, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

 

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist, er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Erkenntnissen übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist unter anderem dann nicht erfüllt, wenn die Ausführungen des Antragstellers zu den allgemeinen Verhältnissen in Widerspruch stehen. Eine grobe Unkenntnis über Tatsachen oder über Umstände, welche dem Antragsteller - gemäß seinem Alter, seinem Bildungsgrad und seiner sozialen und kulturellen Herkunft - bekannt sein müssten, indiziert grundsätzlich die Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens. Weiters scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Ein weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

 

Der ASt. vermochte mit seinen Aussagen jedoch diesen Anforderungen auf keinen Fall gerecht zu werden.

 

Der ASt. hat zur Begründung seines Asylantrages vor der EAST-West angegeben, dass er seit November 2004 Mitglied einer islamischen Bruderschaft gewesen zu sein. Bei der Einvernahme in der Außenstelle Innsbruck jedoch, gab der Antragsteller an, dass er kein Mitglied, sondern lediglich dabei gewesen sei.

 

Weiters gab der Antragsteller vor der East West an, dass er die letzten vier Monate vor der Ausreise in I. eingesperrt gewesen sei. Vor der Außenstelle Innsbruck jedoch berichtigte sich der Antragsteller dahingehend, dass er falsch verstanden worden sein muss. Er sei nicht vier Monate in I. gewesen, sondern sei er während dieser vier Monate immer wieder dorthin gefahren. Eingesperrt sei er ebenfalls nicht gewesen, sondern wollte diese Bruderschaft ihn lediglich von der "normalen Welt" ausgrenzen.

 

In der Einvernahme vor der Erstaufnahmestelle als auch vor der Außenstelle Innsbruck gab der Antragsteller an, dass er vom Ausbildungsort der Gruppierung geflohen sei, wobei der Antragsteller die Flucht unterschiedlich und widersprüchlich schildert.

 

Weiters ist in diesem Zusammenhang anzuführen, dass der Antragsteller vor der Außenstelle erklärte, erstmals im März 2004 in das besagte Dorf gefahren zu sein. Ab diesem Zeitpunkt wäre der Antragsteller immer wieder dorthin gefahren. Manchmal habe er dort auch übernachtet und wäre auch manchmal über 2 Wochen dort geblieben. Zwischenzeit wäre der Antragsteller aber immer wieder zuhause in Casablanca gewesen. Wenn aber der Antragsteller immer wieder zuhause war, ist die Behauptung einer Flucht aus dem besagten Dorf mangels Notwendigkeit als nicht plausibel zu befinden, denn es wäre für den Antragsteller ein Leichtes gewesen, von zuhause aus das Land zu verlassen.

 

Bei der Einvernahme vor der East führte der Antragsteller weiter aus, dass er nach Casablanca zurückgefahren sei und bei seinem Onkel gewohnt hätte. Vor der Außenstelle Innsbruck gab der Antragsteller an, dass er nach seiner Flucht aus dieser Organisation in G. geblieben und nicht zu seinem Onkel nach Casablanca gefahren sei. Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller, dass er dies nicht gesagt habe und vermutlich ein Übersetzungsfehler vorliege.

 

Ebenfalls widersprüchlich sind die Ausführung des Antragstellers vor der East West, dass am 15.03.2005 Leute dieser Organisation zu seinem Onkel gekommen wären und ihn gesucht hätten, da er bei der Einvernahme durch die Außenstelle Innsbruck angegeben hat, erst im April 2005 diese islamische Bruderschaft verlassen zu haben.. Den Widerspruch erklärte der Antragsteller damit, dass er das genaue Datum nicht behaupten könne. Er hätte erst davon erfahren, nachdem er bereits von dort weg gewesen wäre.

 

Geglaubt wird dem Antragsteller nicht, dass er in Kontakt mit einer islamischen Bruderschaft gestanden hat. So kann der Antragsteller auf Nachfrage nicht benennen, warum diese Bruderschaft eine terroristische Organisation sein soll - von terroristischen Anschlägen oder Verbrechen hätte er nichts mitbekommen. Auch Namen der Führer oder Mitglieder, den Sitz oder die Ziele dieser Organisation konnte der Antragsteller nicht benennen. Wäre der Antragsteller tatsächlich in Verbindung mit einer solchen Organisation gestanden, müsste er wenigstens irgendetwas über diese angeben können. Der ASt. war also nicht in der Lage, konkreten Angaben zu machen. Seine Erklärungen belaufen sich auf bloß abstrakte und allgemein gehaltene Darstellungen.

 

Mit den Rückkehrbefürchtungen vermochte der ASt. deshalb dem vom Gesetz geforderten Glaubhaftigkeitsanspruch nicht gerecht zu werden. Auch seine diesbezüglichen Befürchtungen stützen sich ebenfalls lediglich auf vage Vermutungen, konkrete Anhaltspunkte oder Hinweise konnten jedoch seinem Vorbringen nicht entnommen werden.

 

Die Angaben des ASt., die er im Rahmen seines Sachvortrages vor dem Bundesasylamt bezüglich der behaupteten Verfolgung gemacht hat, sind zu vage und allgemein und widersprüchlich gehalten, um damit glaubhaft zu machen, dass er in seinem Herkunftsland tatsächlich einer Verfolgung deswegen ausgesetzt war bzw. wäre.

 

Zusammenfassend ist daher zu befinden, dass die Geschichte des ASt. wohl asylzweckbezogen angelegt, in dieser Form aber aufgrund der widersprüchlichen Aussagen weder nachvollziehbar noch glaubwürdig ist und die von ihm geltend gemachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Vielmehr kann aus der Geschichte und dem Auftreten und der begangenen Straftaten des ASt. geschlossen werden, dass der ASt. den Asylantrag nur aus Zwecken der Aufenthaltserlangung in Österreich gestellt hat. Dem ASt. war es nicht möglich, auch nur annähernd den Eindruck zu erwecken, dass seine Angaben den Tatsachen bzw. der Wirklichkeit entsprechen.

 

Aus oben angeführten Gründen wird daher dem gesamten Fluchtvorbringen des Antragstellers keine Glaubwürdigkeit zugesprochen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

 

Über die fristgerecht erhobene Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

Anzuwenden war gegenständlich gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF 2008/4, in Verbindung mit § 44 Abs 1 AsylG 1997 idF BGBl. I 2003/101 das AsylG in der Fassung BGBl. I 101/2003, da der Beschwerdeführer den Antrag auf Gewährung von Asyl am 25.4.2005 gestellt hat.

 

Gemäß § 9 Abs 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist.

 

Gemäß § 60 Abs 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter.

 

Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt sowie gemäß § 11 Abs 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat.

 

Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch für die Entscheidung durch den Kammersenat vor, sodass Senatszuständigkeit gegeben ist.

 

In der Sache selbst:

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Der Asylgerichtshof als Berufungsinstanz schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Die Beschwerde enthält nichts, was der Entscheidung des Bundesasylamtes und somit der Entscheidung des Asylgerichtshofes entgegenstünde.

 

In der Beschwerde wird lediglich lapidar davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer glaubwürdig und somit sein Vorbringen plausibel ist, ohne dies allerdings in irgendeiner Form näher zu erläutern bzw. die vorhandenen Widersprüche aufzuklären.

 

Die Beschwerde rügt lediglich, dem Aspekt der Minderjährigkeit sei im Verfahren nicht entsprechend Rechnung getragen worden.

 

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland nach wie vor seinen Onkel hat, bei welchem er nach seinen eigenen Angaben auch vor Verlassen seines Heimatlandes gewohnt habe, wodurch für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Marokko keineswegs die Gefahr einer auswegslosen Lage bestünde, wurde sehr wohl im Bescheid des Bundesasylamtes berücksichtigt.

 

Zudem hatte der Beschwerdeführer schon zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Volljährigkeit beinahe erreicht und ist mittlerweile seit fast zwei Jahren volljährig.

 

Auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes wird an dieser Stelle nicht noch einmal eingegangen, sondern auf eben diese verwiesen.

 

Lediglich am Rande sei nochmals darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zahlreiche Widersprüche aufwies, mit denen sich das Bundesasylamt umfassend auseinandersetzte, und sich auch sonst durch den Mangel an Plausibilität als unglaubwürdig erwies.

 

Insofern war die Entscheidung des Bundesasylamtes durch den Asylgerichtshof zu bestätigen.

 

Rechtlich folgt:

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder er staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).

 

Im gegenständlichen Fall kann aufgrund der angenommenen Unglaubwürdigkeit des Vorbringens von einer drohenden Verfolgung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in seinen Heimatstaat nicht ausgegangen werden.

 

Gemäß § 57 Abs 1 Fremdengesetz 1997

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten