TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 E9 308204-1/2008

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Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

E9 308.204-1/2008-10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. R. Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. H. Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde des E.M., geb. 00.00.1988, StA.: Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.11.2006, FZ. 06 08.318-East-Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer, seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 10.08.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Als Begründung für das Verlassen seines Herkunftsstaates Türkei brachte er im erstinstanzlichen Verfahren (zusammengefasst dargestellt) vor, dass sein Bruder H. im Jahre 2001 getötet worden sei. Dessen Mörder hätten auch ihn verfolgt. Den genauen Grund der Verfolgung wisse er nicht, er vermute es ginge um Schulden. Weiters wolle er nicht seinen Militärdienst ableisten, weil er befürchte gegen Angehörige des eigenen Volkes kämpfen zu müssen.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des konkreten Inhaltes der Beschwerde, der bei den Erwägungen des Asylgerichtshofes berücksichtigt wurde, wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

 

Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung wird hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sein ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen auch gesteigert.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung (Bescheid S 37-40) ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Die Angaben des Beschwerdeführers, dass auch der bevorstehende Militärdienst ausreisekausal gewesen sei, erachtete das Bundesasylamt für glaubhaft.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich der erstinstanzlichen Beweiswürdigung an und erklärt sie - mit Ausnahme jener Teile in denen in der Beweiswürdigung eine rechtliche Beurteilung des Wehrdienstes erfolgt - zum Inhalt dieser Entscheidung.

 

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Soweit in der Beschwerde unbescheinigt und nicht näher konkretisierend ausgeführt wird, das Vorbringen des Beschwerdeführers entspreche der Wahrheit, so tritt er mit dieser Behauptung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegen.

 

In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, der als Beweismittel vorgelegte Strafantrag würde seine glaubhaften Angaben untermauern.

 

Dem vorgelegten Beweismittel ist zu entnehmen, dass der getötete E.H. [der Bruder des BF] eine "Gefühlsbeziehung" mit der Gattin des Beschuldigten hatte. Wenn der Beschuldigte nicht zu Hause war, sei E.H. in das Haus des Beschuldigten gekommen und habe mit der Gattin Geschlechtsverkehr vollzogen. Diese Beziehung habe ca. 6 bis 7 Monate gedauert. Am 28.06.2001 habe der Beschuldigte beobachtet wie E.H. aus seinem Haus kam. Der Beschuldigte habe daraufhin seine Pistole gezogen und auf das Opfer geschossen. Als der Getötete bereits auf dem Boden lag, habe der Beschuldigte noch 13 Stück Patronen in den Kopf des Opfers geschossen. Daraufhin habe sich der Täter freiwillig der Polizei gestellt.

 

Legt man den Inhalt dieses Strafantrages - dessen Richtigkeit weder vom BF noch vom BAA bzw. dem Asylgerichtshof in Zweifel gezogen wird - den ersten Angaben zu seinen Ausreisegründen gegenüber, so widerspricht dessen Inhalt im Wesentlichen den ersten Angaben des BF im Rahmen der Erstbefragung zu seinen Ausreisegründen. Diesem Beweismittel ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass es dabei um Schulden ging. Ebenso kann diesem nicht entnommen werden, dass das Motiv der Tat darin gelegen wäre, dass E.H. geborgtes Geld wieder zurück haben wollte und in diesem Zusammenhang ermordet worden wäre.

 

In der Beschwerde wird weiters dargelegt, dass es sich bei entsprechenden Ermittlungen des Bundesasylamtes jedenfalls ergeben hätte können, dass der Beschwerdeführer zweifelsohne auf Grund der Weigerung den Militärdienst abzuleisten als Angehöriger der kurdischen Minderheit in der Türkei strenger bestraft werden würde als dies normalerweise bei türkischen Staatsbürgern der Fall ist.

 

Abgesehen davon, dass diese unsubstantiierte spekulative Behauptung im Beschwerdeschriftsatz durch den anwaltlich vertretenen BF durch nichts bescheinigt wurde und dies weder notorisch ist noch dem Amtswissen entspricht, handelt es sich hierbei um unzulässige Neuerungen.

 

In Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesasylamtes dürfen nur eingeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden.

 

Die dafür maßgebliche Norm des § 40 Asylgesetz 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 2008/4 lautet:

 

"(1) In einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,

 

1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach

 

der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hat;

 

2. wenn das Verfahren erster Instanz mangelhaft war;

 

3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung

 

erster Instanz nicht zugänglich waren (nova reperta) oder

 

4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

 

(2) Über die Zulässigkeit des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweise muss nicht Entschieden werden, wenn diese für die Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht maßgeblich sind."

 

Das Bundesasylamt hat im gegenständlichen Fall das Parteiengehör zu den getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat nicht gewahrt. Insoweit war das Verfahren in erster Instanz grundsätzlich "mangelhaft" (Z 2 leg cit).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht. (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua)

 

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen (vgl. auch VwGH 25.9.2007, 2007/18/0418).

 

.Weder hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde konkret und substantiiert dargetan, dass er durch eine Mangelhaftigkeit (Z 2 leg cit) des erstinstanzlichen Verfahrens "nicht in der Lage war", diesen erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Sachverhalt schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, noch kann dies aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes amtswegig festgestellt werden.

 

Dem Beschwerdeführer wurde am 18.08.2006 im Rahmen der Einvernahme beim Bundesasylamt konkret schon mitgeteilt, dass beabsichtigt ist seinen Asylantrag abzuweisen und festzustellen, dass die Abschiebung, Zurückschiebung bzw. Zurückweisung zulässig sei und eine Ausweisung zu veranlassen wäre. Er wurde aufgefordert, konkrete Gründe zu nennen, die dem entgegenstehen würden. Weder zu diesem Zeitpunkt noch bei anderen Gelegenheiten behauptete der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren, dass er eine strengere Bestrafung als andere wegen Wehrdienstverweigerung befürchte, weil er der kurdischen Volksgruppe angehören würde.

 

Der Asylgerichtshof gelangt daher im Ergebnis zur Ansicht, dass eine mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers ursächlich dafür war, dass er diesen Sachverhalt erst im Beschwerdeverfahren vorbrachte und nicht eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, zumal der Beschwerdeführer schon im erstinstanzlichen Verfahren hinlänglich die Möglichkeit hatte diesen Sachverhalt dort vorzutragen.

 

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens ergeben sich keine konkreten Hinweise, dass einer der anderen Ausnahmetatbestände des § 40 leg cit erfüllt wäre. Auch der Beschwerdeführer hat diesbezüglich keine aufgezeigt.

 

Am Boden der zu dieser Bestimmung ergangenen und für deren Auslegung maßgeblichen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (siehe VfGH 15.10.2004, Zahl G237/03 ua., Punkt III.4.7.4.2.; VwGH 27.09.2005, Zahl 2005/01/0313) ist in diesem Kontext noch zu beurteilen, ob diese späte, erst im Stadium der Beschwerde erfolgte Tatsachenbehauptung von dem Versuch gekennzeichnet ist, das Asylverfahren missbräuchlich zu verlängern. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung gelangt der Asylgerichtshof angesichts der obdargelegten Ausführungen zu der Ansicht, dass im Falle des Beschwerdeführers das Vorliegen eines Missbrauchs zu bejahen ist.

 

In der Beschwerde wird die ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers beantragt. Weiters die Einholung eines Gutachtens über das Jahr 2006 betreffend die allgemeine Menschenrechtssituation im Heimatland des Beschwerdeführers sowie eine Anfrage bei der UNHCR Zentrale in Wien welchen konkreten Sanktionen der Beschwerdeführer bei zwangsweiser Abschiebung in seine Heimatland zu gegenwärtigen hätte.

 

Soweit die nochmalige Einvernahme des Beschwerdeführers beantragt wird, ist nicht kundgetan worden was bei einer 5. persönlichen Einvernahme, bzw. einschließlich der Beschwerde die 6. Stellungnahmemöglichkeit, noch an entscheidungsrelevanten Sachverhalt hätte hervorkommen können Er hat auch nicht kundgetan mit welchen Argumenten er die aufgetretenen Widersprüche und Unplausiblitäten aufzuklären beabsichtige. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer schon in der Beschwerdeschrift darzulegen, was seine ergänzende Einvernahmen an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hergekommen wären (zB. VwGH 04.07.1994, 94/19/0337). Diese Notwendigkeit ergibt sich auch im Hinblick auf das Neuerungsverbot, weil dieses ansonsten mit diesem unsubstantiierten Antrag umgangen werden könnte, würde man ihm so Folge leisten.

 

Das Bundesasylamt hat betreffend der maßgeblichen Lage und Rückkehrsituation in die Türkei den Sachverhalt ausreichend ermittelt und im angefochtenen Bescheid dargestellt. Diesen Feststellungen wird in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert, allenfalls unter Vorlage von Bescheinigungsmittel, entgegengetreten. Die Unrichtigkeit der getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat wurde nicht konkret dargelegt. Mit einem Antrag, die Behörde bzw. der Asylgerichtshof möge dessen ungeachtet noch weitere Ermittlungen tätigen (insbesondere Einholung weiterer Sachverständigen-Gutachten) kann diesen nicht substantiiert begegnet werden. (Hengstschläger - Leeb, allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, RZ 65 zu § 52 AVG) und es besteht dadurch keine Verpflichtung zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

 

Es ist auch davon auszugehen, dass es sich bei diesem Antrag zu weiteren Ermittlungen auch um einen als unzulässig anzusehenden Erkundungsbeweis handelt, dessen Ergebnis dem BF erst ein substantiiertes Vorbringen ermöglichen soll. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig. Daher ist die Behörde [der Asylgerichtshof] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN)

 

Den vom Bundesasylamt herangezogenen Berichten zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Eine maßgebliche Änderung der entscheidungsrelevanten Lage in der Türkei ist weder notorisch noch entspricht dies dem Amtswissen, weshalb die dargestellte Situation - sofern sie hier von Relevanz ist - noch als aktuell anzusehen ist. Gegenteilige Berichte wurden auch vom BF nicht vorgelegt.

 

Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer mit dessen Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist er dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung, soweit diese infolge partiell unzulässiger Neuerung überhaupt zu berücksichtigen ist, in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass der Beschwerdeführer entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihm dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

 

2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

1.) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

 

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Wie bereits das BAA richtig ausführte ist in der Einberufung zum Wehrdienst, die auch in der Türkei alle wehrtauglichen Staatsbürger ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit trifft, keine asylrelevante Verfolgung zu erblicken. Furcht vor Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Desertion oder der Weigerung einer Einberufung Folge zu leisten, stellen für sich allein eine begründete Furcht vor Verfolgung dar (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, Kommentar, S 117 mwN). Soweit er vorbringt, er wolle deshalb den Militärdienst nicht ableisten, weil er nicht gegen sein Volk kämpfen wolle, ist darin kein substantiiertes Vorbringen zu erblicken. Weder wird von ihm dargelegt oder gar bescheinigt, wieso es dazu gegen seinen Willen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kommen sollte, noch ist dies notorisch bzw. entspricht auch nicht dem aktuellen Amtswissen (zB. BMF, Einsatz von Kurden gegen die PKK, 4.9.2008; Accord Anfragebeantwortung zum Einsatz von Grundwehrdienern im Kampf gg. die PKK v. 27.3.2008 u. 13.8.2008).

 

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer - im Rahmen des dargestellten Ausmaßes nicht gelungen eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen und als ausreisekausal dargelegten Angaben des Asylwerbers gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich konkret für den Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten.

 

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Status eines Asylberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II.:

 

Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg cit).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen seine vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Auch hinsichtlich des Wehrdienstes und einer allenfalls in einer Weigerung drohenden Bestrafung kann keine reale Gefahr der Verwirklichung eines Sacherverhaltes gesehen werden wodurch es zu einer Verletzung der hier relevanten Rechtsgüter des BF kommen würde.

 

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Der Beschwerführer ist erwachsen und verfügt im Herkunftsstaat über ein familiäres Netz. Er hat auch in Österreich einen Verwandten, der ihn schon im Herkunftsstaat gelegentlich finanziell unterstützte. Es kam im Verfahren nicht hervor, dass der Beschwerdeführer nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen könnte.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in der Türkei gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III.:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

(...)

 

Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

(...)

 

Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.

 

Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Beschwerdeführer hält sich daher nach Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

 

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

 

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Dem ZMR (Abfrage am 13.10.2008) ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an der gleichen Adresse wie sein Bruder E.A. wohnt. Im Zweifel wird von einem Zusammenleben ausgegangen. Der Asylantrag seines Bruders wurde im Jahr 2005 rechtskräftig abgewiesen. Aus der Fremdeninformation ergibt sich, dass der Bruder von der Bezirkshauptmannschaft einen Aufenthaltstitel bis zum 27.03.2009 erteilt bekam.

 

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich. Der Bruder des Beschwerdeführers reiste bereits im Jahre 2000 ein. Bis zur Ausreise des Beschwerdeführers im Jahr 2006 hat es somit im Herkunftsstaat kein Familienleben mit dem Bruder mehr gegeben. Im erstinstanzlichen Verfahren bezeichnete er die Beziehung zu diesem im Wesentlichen damit, dass er gelegentlich finanzielle Unterstützung von diesem erhalte.

 

Der Asylgerichtshof geht bei vorliegendem Sachverhalt grundsätzlich von relevanten familiären und damit auch privaten Anknüpfungspunkten in Österreich aus, zumal er auch eine Beschäftigungsbewilligung besitzt.

 

Ob ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben durch die asylrechtliche Ausweisung iSd Art 8 Abs 2 EMRK notwendig ist, bedarf einer Abwägung der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden.

 

Art 8 Abs 2 EMRK lautet:

 

"Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Beschwerdeführers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten idR ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua).

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien (vgl. dazu insbesondere VfGH B 328/07) herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

 

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567;

20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344;

22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124;

11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.

 

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten - was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann (vgl. Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 857 mwN ) -, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562). Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).

 

Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiters dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

 

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem BF bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN). Es wird dadurch nur jener Zustand hergestellt der bestünde, wenn er sich rechtmäßig (hinsichtlich der Zuwanderung) verhalten hätte und wird dadurch lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Auslandsantragsstellungsgrundsatz ihren Antrag gem. FPG bzw. NAG vom Ausland aus stellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörde dort abzuwarten haben.

 

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - worunter auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist - sowie die Verhinderung von strafbaren Handlungen. Zu prüfen ist, ob der Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

 

Nach dem Urteil des EGMR im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Beschwerdeführers abzuwägen sind.

 

Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.). Die öffentliche Ordnung, hier va. das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird zB. schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz grds. gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007). Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sind auch fremdenpolizeiliche Maßnahmen gerechtfertigt (Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Band III, Rz 23 zu Art 8 EMRK). Der BF verfügt außer der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung durch die Asylantragstellung über keinen anderweitigen Aufenthaltstitel für Österreich. Ein Absehen von der Ausweisung (das ist die damit auferlegte Verpflichtung Österreich zu verlassen) würde bei Beendigung des Asylverfahrens zu einem verwaltungsstrafrechtlich pönalisierten unrechtmäßigen Aufenthalt (§ 120 FPG) im Bundesgebiet führen, zumal auf Grund seines bisherigen Verhaltens - nämlich ein schon getätigter Verstoß gegen das Fremdenrecht (Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle) und die im Ergebnis unbegründete Asylantragstellung - der allgemeinen Lebenserfahrung nach nicht davon ausgegangen werden kann, dass er nach Erlassung dieser Entscheidung Österreich unverzüglich auch ohne bestehende Verpflichtung durch die Ausweisung verlässt.

 

Im hier anhängigen Fall befindet sich der BF seit etwas mehr als zwei Jahren in Österreich. Er lebt bei seinem Bruder und verfügt über eine Beschäftigungsbewilligung. Die Einreise erfolgte unter Umgehung der Grenzkontrolle. Der bisherige Aufenthalt war lediglich durch die Asylantragstellung und die daraus resultierende vorläufige Aufenthaltsberechtigung legitim. Ein anderweitiges Aufenthaltsrecht, zB eine Niederlassungsbewilligung, kam ihm zu keiner Zeit zu, weshalb das Privatleben/Familienleben während eines Zeitraumes begründet wurde, wo sein Aufenthalt nie gesichert war, was zu einer wesentlichen Minderung seiner Interessen führt. Er hat die überwiegende Zeit seines Lebens in der Türkei verbracht, wurde dort sozialisiert und kann im Ergebnis nicht als von dort entwurzelt betrachtet werden. Es kam im Verfahren nicht hervor, dass über die normalen Bindungen zwischen erwachsenen Brüdern hinaus besondere Abhängigkeiten bestehen würden. Der BF hat vor seiner Ausreise auch mehrere Jahre ohne seinen Bruder gelebt, zumal dieser bereits im Jahr 2000 die Türkei verlassen hatte. Der Bruder des Beschwerdeführers ist ebenfalls türkischer Staatsangehöriger und es kam im Verfahren nicht hervor, dass ein Familienleben nicht auch in der Türkei geführt werden könnte. Es steht dem BF auch grds. frei mittels Visum seinen Bruder in Österreich zu besuchen.

 

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der aktuellen Judikatur der Höchstgerichte (insbesondere jene des EGMR in den Fällen NNYANZI gg. das Vereinigte Königreich, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) ist ein überwiegendes öffentliches Interesse - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, konkret das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung und Stärkung der Einwanderungskontrolle und die Verhinderung von strafbaren Handlungen, an der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers festzustellen, das seine Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Die Ausweisung ist daher als notwendig und nicht unverhältnismäßig zu erachten. Anzumerken ist, dass trotz dieser Verpflichtung Österreich zu verlassen, es dem BF frei steht - wie andere Fremde auch - auf gesetzeskonforme Weise vom Ausland aus einen Antrag auf einen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel zu stellen, die Entscheidung darüber dort abzuwarten und Österreich damit in die Lage zu versetzen eine wirksame Zuwanderungskontrolle zu vollziehen. Die asylrechtliche Ausweisung ist - durch diese grds. gegebene Rückkehrmöglichkeit - in ihrer Intensität kein so gravierender Eingriff wie etwa ein befristetes oder gar unbefristetes Aufenthaltsverbot.

 

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass einwanderungswillige Fremde, welche die unbegründete Asylantragstellung, in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, unterlassen und in rechtskonformer Art und Weise vom Ausland aus ihren Antrag auf Erteilung eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels stellen sowie die Entscheidung auch dort abwarten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche, einer geordneten Zuwanderung widersprechend, genau zu diesen Mitteln greifen, um ohne jeden sonstigen anerkannten Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich zu erzwingen bzw. zu legalisieren. Dies würde in letzter Konsequenz wohl zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der einwanderungswilligen Fremden untereinander führen (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip oder auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Es ergaben sich im Verfahren keine begründeten Hinweise auf die Notwendigkeit eines Aufschubs, weil etwa die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer wären (§ 10 Abs 3 AsylG 2005 idF VfGH 1.10.2007, G 179, 180/07-6).

 

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht eine Ausweisung zu verfügen, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt III. abzuweisen.

 

III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen der mündlichen Verhandlung auf die 1. Fallvariante gestützt werden. Der Sachverhalt konnte aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Abhängigkeitsverhältnis, Ausweisung, familiäre Situation, Intensität, mangelnde Asylrelevanz, Militärdienst, non refoulement, soziale Verhältnisse, strafrechtliche Verfolgung
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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