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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
MRK Art6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in Wien VII, Zollergasse 8, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 24. Juni 1997, Zl. MA 65-11/32/97, betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der (Eventual-)Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 95/02/0090, verwiesen, womit ein Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, weil die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage § 45 Abs. 4 StVO (noch) in der Fassung vor der 19. StVO-Novelle angewendet hat.
Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 24. Juni 1997, mit welchem sie im Instanzenzug neuerlich den Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Mai 1994 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von 1 1/2 Stunden unter Berufung auf § 45 Abs. 4 in Verbindung mit § 94d Z. 6 StVO abwies.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 45 Abs. 4 StVO (in der Fassung der 19. Novelle) sieht als Voraussetzung für die dort geregelte Bewilligung vor, dass der Antragsteller nicht nur in dem gemäß der dort angeführten Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt, sondern auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken.
Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen des (kumulativ erforderlichen, vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zlen. 95/02/0532, 0533) "Mittelpunktes seiner Lebensinteressen" des Beschwerdeführers in Hinsicht auf die von ihm ins Treffen geführte Wohnung im 1. Wiener Gemeindebezirk und verwies auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 23. August 1996, Zl. 96/02/0357), wonach nur ein Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden sei) in Betracht komme.
Die belangte Behörde räumte ein, dass der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben in Wien I. einen Wohnsitz habe, den er fallweise benutze. Aufgrund der aktuellen Auskunft des Zentralmeldeamtes vom 17. April 1997, wonach der Beschwerdeführer seit 18. Jänner 1989 in Wien keinen (Haupt-)Wohnsitz mehr habe und dieser seit diesem Zeitpunkt nach Niederösterreich verlegt sei, sowie der unbestritten gebliebenen Tatsache, dass der Beschwerdeführer den "dauernden Standort" seines Pkws, für den er eine Ausnahmebewilligung beantragt habe, gemäß § 40 in Verbindung mit § 43 Abs. 4 lit. b KFG nicht in Wien deklariert habe und sich seine Arbeitsstätte ebenfalls in Niederösterreich befinde, gehe die Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer den "Mittelpunkt seiner Lebensinteressen" nicht in Wien habe, zumal es der Beschwerdeführer im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht unterlassen habe, weitere Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. anzubieten, die für das Bestehen dieses Umstandes sprächen.
Daraus, dass der Beschwerdeführer entsprechend seinem Vorbringen der älteste Mieter im Hause sei und die Wohnung in Wien seit über 30 Jahren benütze, könne noch nicht zweifelsfrei und denknotwendig geschlossen werden, dass es sich bei diesem Wiener Wohnsitz um einen solchen "Lebensmittelpunkt" handle. Die Behauptung, eine unbestimmte Anzahl nicht namentlich genannter Freunde, Bekannter und Verwandter könnte die Angaben des Beschwerdeführers bestätigen, stelle keinen ausreichend konkretisierten Beweisantrag dar, der die Behörde verpflichten würde, diesbezüglich tätig zu werden und Nachforschungen anzustellen.
Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, die belangte Behörde habe ihm nach Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Jänner 1995 keine Gelegenheit gegeben, "weitere Bescheinigungsmittel" anzubieten; sie habe vielmehr "sogleich" - d.h. unmittelbar nach Vorliegen des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1997 den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.
Damit vermag der Beschwerdeführer allerdings eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon aus folgenden Erwägungen nicht darzutun: Wohl wurde dieses Beschwerdevorbringen sowohl unter dem Blickwinkel einer Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vorgebracht, doch kommt hiefür allein die Verletzung von Verfahrensvorschriften in Betracht. Abgesehen davon, dass von einem "unmittelbaren" Erlassen des nunmehr angefochtenen Bescheides im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht die Rede sein kann (das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997 wurde am 24. März 1997, der angefochtene Bescheid am 1. Juli 1997 zugestellt), entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 94/02/0066), dass allfällige Verfahrensfehler der Behörde nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Diese Relevanz des Verfahrensstoßes darzutun, ist Sache des Beschwerdeführers; er hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können. Im vorliegenden Fall unterlässt es der Beschwerdeführer allerdings, jene "weiteren Bescheinigungsmittel" anzuführen, die er - hätte ihm die belangte Behörde entsprechend seinem Vorbringen hiezu (ausdrücklich) Gelegenheit geboten - noch für sich ins Treffen führen hätte können.
Von daher gesehen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde entsprechend den von ihr in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellungen dem Beschwerdeführer die angestrebte Bewilligung zu Unrecht verweigert hätte (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall das zitierte hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zlen. 95/02/0532, 0533).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte, zumal dem Art. 6 Abs. 1 MRK nicht entgegensteht. Eine Rechtsprechung des EGMR, die dies für die Frage der Erteilung einer solchen, vom Beschwerdeführer beantragten Ausnahmebewilligung bejaht, liegt nicht vor; es sind weder Sachverhalts- noch Rechtsfragen ersichtlich, zu deren Lösung eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1999, Zl. 96/10/0199, und die dort zitierte Judikatur des EGMR).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Dem Eventualantrag des Beschwerdeführers auf Abtretung der vorliegenden Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war zurückzuweisen, da hiefür eine Rechtsgrundlage nicht besteht.
Wien, am 20. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997020343.X00Im RIS seit
17.07.2001