B13 306.287-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Maga. Eigelsberger als Vorsitzende und die Richterin Mag. Kracher als Beisitzerin über die Beschwerde der mj. X. D., geb. 00.00.2006, StA. Albanien, vertreten durch ihre Mutter Frau A. D., vom 16. 10. 2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. 9. 2006, Zl. 06 09.291-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde von X. D. wird gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h ei d u n g s g r ü n d e:
Die durch ihre Mutter vertretene minderjährige Beschwerdeführerin stellte am 4. 9. 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. 9. 2006, Zl 06 09.291-BAL, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt werde; in Spruchteil II wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien nicht zuerkannt; unter einem wurde die Beschwerdeführerin in Spruchteil III des Bescheides unter Berufung auf § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Albanien ausgewiesen.
Dieser Bescheid wurde der Mutter der Beschwerdeführerin zugestellt.
Gegen diesen Bescheid wurde von der durch ihre Mutter vertretenen Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 16. 10. 2006 Beschwerde erhoben.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. 7. 2006, Zl. 02 14.697-BAL, wurde der Asylantrag des Vaters der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I), weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Albanien gemäß § 8 Abs 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Albanien ausgewiesen (Spruchpunkt III).
Dieser Bescheid wurde dem Vater der Beschwerdeführerin am 10. 9. 2006 durch Hinterlegung zugestellt.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21. 10. 2008, Zl B13 233.316-7/2008/8E, wurde die Beschwerde des Vaters der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 63 Abs 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen, da der erstinstanzliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen wurde.
Der Asylgerichtshof hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Die Beschwerdeführerin und ihr Vater sind Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG; die betreffenden Verfahren stellen sich daher aus Sicht des Verfahrens der Beschwerdeführerin als Familienverfahren (im Inland) gemäß § 34 AsylG dar.
Nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 sollen die Verfahren der Familienmitglieder "unter einem" geführt werden und es soll allen Familiemitgliedern jene Rechtsposition zukommen, die ein Familienmitglied für sich optimal erreicht (VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/20/0281, unter Verweis auf Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht [2007], Rz 522 und 536). Aus der Wendung in § 34 Abs. 4 zweiter Satz AsylG, Familienverfahren seien "unter einem" zu führen, ist nach Ansicht des unabhängigen Bundesasylsenates auch abzuleiten, dass diese - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - von der gleichen Behörde zu führen sind. Demgemäß gehen die Materialien zum AsylG 2005 davon aus, dass Ziel der Bestimmungen des § 34 AsylG sei, Familienangehörigen den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Wenn einem Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, solle "dieser allen anderen Familienmitgliedern - im Falle von offenen Verfahren zur gleichen Zeit von der gleichen Behörde - zuerkannt werden" (Erläut. zur RV, 952 BlgNR XXII. GP; vgl. zu § 10 Abs. 5 AsylG 1997 - bezogen auf die Frage der Zulassung - auch VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402; siehe weiters VwGH 20.04.2006, Zlen. 2005/01/0556 bis 0560).
Aufgrund des Umstandes, dass das Verfahren des Vaters der Beschwerdeführerin mangels rechtswirksamer Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nunmehr in erster Instanz anhängig ist, war daher spruchgemäß der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 zu beheben und damit das Verfahren in die erste Instanz zurückzuführen.