TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 E3 268737-0/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

E3 268.737-0/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. GABRIEL als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des B. C., geb. 00.00.1977, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2006, FZ. 04 24.796-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Absatz 1 und 8 Absatz 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 129/2004, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, der kurdischen Volksgruppe zugehörig, brachte am 09.12.2004 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, einen Asylantrag ein. Der Beschwerdeführer wurde am 15.12.2004 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West und am 20.02.2006 vor der Außenstelle Innsbruck des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der Beschwerdeführer bei der ersten Einvernahme im Wesentlichen vor, dass ab dem Jahre 2002 bis zu seiner Ausreise am 01.12.2004 zweibis dreimal unbekannte Männer (kurdischer Abstammung) in seine Wohnung eingedrungen seien. Sie hätten ihm mitgeteilt, ihn dort nicht haben zu wollen. Sollte er bleiben, würden sie den Beschwerdeführer mit einem Messer verletzen. Deshalb sei er im Juni 2002 bis Februar 2003 nach Adana geflüchtet. Anschließend habe er sich bei seinen Brüdern in Ankara aufgehalten. Der Beschwerdeführer sei von diesen Männern auch in Ankara gefunden worden, wo er von ihnen "mit dem Umbringen" bedroht worden sei. Er wisse bis heute nicht, warum sie ihn aufgesucht hätten. Im Rahmen der zweiten Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer abweichend von seiner ersten Aussage, dass es zwischen seiner und einer weiteren kurdischen Familie wegen Grundstücksgrenzen zu Problemen gekommen sei. Ca. drei bis vier Monate vor der Ausreise sei er bedroht worden. Er solle verschwinden. Der Beschwerdeführer und sein Vater seien von diesen Personen bei der Arbeit auf dem Feld angesprochen worden.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2006, Zahl: 04 24.796-BAI, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gem. § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Das Bundesasylamt traf darin hinreichend aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zu den Themen: aktuelle Lage der Türkei, Kurden in der Türkei, politische und soziale Lage und Grundversorgung. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen als nicht glaubhaft. Aufgrund der - vom Bundesasylamt im Einzelnen aufgezeigten (näheres vgl. Seiten 30 bis 35 des erstinstanzlichen Bescheides) - oberflächlichen, nicht schlüssig nachvollziehbaren, vagen, unplausiblen und widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers gelangte die Erstbehörde zu dem Schluss, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers in der Zeit vor seiner Ausreise nicht bestanden habe und auch aktuell nicht bestehe.

 

3. Dagegen wurde vom Beschwerdeführer am 01.03.2006 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) erhoben.

 

4. Am 11.09.2006 langte beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein Strafantrag des Zollamts Feldkirch vom 00.00.2006 gegen T. S. ein (Verdacht der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes). B.

C. sei dabei bei der Arbeit, ohne die dafür benötigten arbeitsmarktrechtlichen Papiere, betreten worden.

 

5. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

7. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführer vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

2.1. Der Beschwerdeführer war, wie das Bundesasylamt jedenfalls richtig aufgezeigt hat, nicht in der Lage, in den verschiedenen Einvernahmen gleich bleibende und widerspruchsfreie Angaben zu den behaupteten Fluchtgründen zu machen. Wie die Erstbehörde bereits ausgeführt hat, ist ein wesentlicher Grund für die Unglaubwürdigkeit in dem Umstand zu sehen, dass der Beschwerdeführer in der ersten Einvernahme angab, ab dem Jahre 2002 bis zu seiner Ausreise am 01.12.2004 seien zwei- bis dreimal unbekannte Männer (kurdischer Abstammung) in seine Wohnung eingedrungen. Diese hätten ihm mitgeteilt, ihn dort nicht haben zu wollen. Sollte er bleiben, würden sie ihn mit einem Messer verletzen. Im Juni 2002 bis Februar 2003 sei er deshalb nach Adana geflüchtet. Anschließend habe er sich bei seinen Brüdern in Ankara aufgehalten. Der Beschwerdeführer sei von diesen Männern auch in Ankara gefunden worden, wo er von ihnen "mit dem Umbringen" bedroht worden sei. Er wisse bis heute nicht, warum sie ihn aufgesucht hätten. Im Gegensatz dazu erklärte der Beschwerdeführer im Rahmen der zweiten Einvernahme davon abweichend, dass es zwischen seiner und einer weiteren kurdischen Familie wegen Grundstücksgrenzen zu Problemen gekommen sei. Ca. drei bis vier Monate vor der Ausreise sei er bedroht worden. Er solle verschwinden. Der Beschwerdeführer und sein Vater seien von diesen Personen bei der Arbeit auf dem Feld angesprochen worden.

 

2.2. Ein Vorbringen eines Asylwerbers ist insbesondere dann glaubhaft, wenn es konkrete, detaillierte Schilderungen der behaupteten Geschehnisse enthält und frei von Widersprüchen ist (vgl. etwa UBAS 20.02.1998, 201.127/0-II/07/98). Umgekehrt jedoch indizieren unwahre Angaben in zentralen Punkten oder das Verschweigen wesentlicher Sachverhaltsumstände die Unglaubwürdigkeit (vgl. UBAS 03.02.1998, 201.190/0-II/04/98), ebenso "gesteigertes Vorbringen", d.h. das Vorbringen gravierender Eingriffe nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, sondern - inhaltlich vom Erstvorbringen abweichend - erst in einem (späteren) Verfahrensstadium, d.h. nachdem sich die asylrechtliche Irrelevanz des Erstvorbringens gezeigt hat (vgl. z.B. VwGH 10.10.1996, 96/20/0361; vgl. auch VwGH 17.06.1993, 92/010776; 30.06.1994, 93/01/1138; 19.05.1994, 94/19/0049; s. dazu auch UBAS 17.06.1998, 201.149/0-II/04/98).

 

2.3. Die Beschwerde hält der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nichts entgegen. In der Beschwerdeschrift wurde auf die konkreten vom Bundesasylamt angeführten Widersprüche und Implausibilitäten nicht eingegangen. Der Beschwerdeschriftsatz enthält somit keine konkreten Ausführungen, wie die schlüssige Beweiswürdigung der Erstbehörde entkräftet werden könnte und vermag daher den erkennenden Senat auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen; dies insbesondere auch unter dem Aspekt des im Wesentlichen mängelfreien Verfahrens des Bundesasylamtes und der Verwendung hinreichender Länderfeststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben im Erstbescheid, denen ebenso in der Beschwerde überhaupt nicht entgegengetreten wurde. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der Lage in der Türkei ergeben würde.

 

3. Zumal der erkennende Senat der Beweiswürdigung der Erstbehörde nicht entgegenzutreten vermag und die vorgenommene Subsumtion des festgestellten Sachverhalts im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, schließt sich dieser auch hinsichtlich der rechtlichen Würdigung unter dem Gesichtspunkt der Gewährung von Asyl gemäß § 7 Asylgesetz weitestgehend den Ausführungen der Erstbehörde an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides (vgl. VwGH 25.03.1999, Zahl 98/20/0559; VwGH 30.11.2000, Zahl 2000/20/0356).

 

3.1. Der erkennende Senat geht, wie bereits die Behörde erster Instanz, davon aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu dessen Fluchtgründen in ihrer Gesamtheit grundsätzlich unglaubwürdig und daher der rechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde zulegen sind. Das Bundesasylamt hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf die in sich teils widersprüchlichen und unplausiblen Darlegungen verwiesen.

 

3.2. Selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens könnte eine günstige Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführer nicht getroffen werden. Die behaupteten, gegen ihn gerichteten, Straftaten (Drohungen) sind nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Gesinnung erfolgt. Daher bedarf es im Grunde keiner Erörterung mehr über die Fähigkeit und den Willen des türkischen Staates zur Schutzgewährung. Es ist aber dem Bundesasylamt beizupflichten, dass - rein hypothetisch betrachtet ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen - es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar wäre, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die türkischen Sicherheitsbehörden zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren. Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom Beschwerdeführer geschilderten Übergriffe in der Türkei offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren in der Türkei Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des türkischen Staates).

 

Es ist daher festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer in der Türkei keine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen droht, und es liegt auch kein Anhaltspunkt für eine allfällige Schutzverweigerung durch die türkischen Behörden vor.

 

Darüber hinaus ist hinsichtlich der Grundstücksstreitigkeiten - sollte man rein hypothetisch diese für glaubhaft erachten - auszuführen, dass es sich bei diesen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Problemen um Streitigkeiten handelt, welche von den Zivilgerichten der Türkei zu entscheiden respektive zu regeln sind und kann aus den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen sowie dem Amtswissen nicht der Schluss gezogen werden, dass seitens der Zivilgerichte in der Türkei kein ordnungsgemäßes diesbezügliches Verfahren gewährleistet wird.

 

3.3. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass türkische Staatsangehörige kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

 

Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I war sohin jedenfalls abzuweisen.

 

3.4. Der Asylgerichtshof schließt sich auch den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulement-Entscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. In der Türkei erfolgen weder unsanktioniert grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen, noch ist nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen, es ist auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Daher ist es dem Beschwerdeführer zuzumuten zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehle. Beim Beschwerdeführer handelt es sich laut Aktenlage um einen arbeitsfähigen jungen Mann, der in der Türkei nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte (AS 89) verfügt und sich seinen Lebensunterhalt - wie schon vor seiner Ausreise - durch die Mitarbeit in der Land- und Viehwirtschaft seiner Eltern verdienen kann (AS 89). Es ist daher nicht ersichtlich ist, warum ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, wie sie auch vor der Ausreise möglich war. Aus den Länderfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei gesichert ist. Er ist gesund und arbeitsfähig und es ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.

 

Es ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen (alle unterschiedslos treffenden) Sicherheitslage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde; auch hiezu ist seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen erfolgt.

 

Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor und war daher auch die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II abzuweisen.

 

3.5. Auch hinsichtlich der Ausweisung in die Türkeiist festzuhalten, dass das Bundesasylamt eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtssprechung vorgenommen hat, familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie in Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sind vor der Erstbehörde bis zur Ausfertigung gegenständlichen Erkenntnisses nicht behauptet worden, bzw. hervorgekommen. Ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt.

 

3.5.1. Mit Mitteilung des Standesamtsverbandes vom 00.00.2004 wurde dem UBAS bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verehelichung mit einer türkischen Staatsangehörigen eingebracht habe. Eine ZMR-Abfrage vom 31.07.2008 ergab, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich eine Ehe mit dieser türkischen Staatsangehörigen eingegangen ist, welche sich in Österreich ebenfalls als Asylwerberin aufhält und am 15.09.2007 einen Asylantrag gestellt hat. Deren Asylantrag wurde in erster Instanz negativ entschieden und ist die dagegen im Dezember 2007 erhobene Beschwerde nunmehr beim Asylgerichtshof anhängig.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind jedenfalls familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie nach Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug bestünde, nicht behauptet worden, bzw hervorgekommen ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt.

 

Zur Eheschließung mit der türkischen Staatsangehörigen ist auszuführen, dass diese ebenfalls lediglich als Asylwerberin in Österreich aufhältig ist sowie dass ihr Asylverfahren beim Asylgerichtshof anhängig ist. Somit ist auch seine Ehegattin bloß zum vorübergehenden Aufenthalt in Österreich legitimiert.

 

Durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Eheschließung mit einer Asylwerberin eingegangen ist, welche zum vorübergehenden Aufenthalt in Österreich berechtigt ist, ist sohin ein Familienbezug im Sinne des Familienlebens gemäß 8 EMRK begründet und berührt daher die ausgesprochene Ausweisung die genannte Bestimmung.

 

Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist aber - wie bereits ausgeführt - Asylwerberin, deren Asylverfahren seit Dezember 2007 beim Unabhängigen Bundesasylsenat und seit 01.07.2008 nunmehr beim Asylgerichtshof anhängig ist und ist sie also lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt in Österreich berechtigt und somit zweifelsfrei keine österreichische Staatsbürgerin. Eine Aufenthaltsverfestigung der Ehegattin in Österreich liegt jedenfalls nicht vor.

 

Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Ehegattin um keine österreichische Staatsbürgerin handelt und in weiterer Folge auch keine Aufenthaltsverfestigung in Österreich besteht, ist es sowohl dem Beschwerdeführer wie auch seiner Ehegattin jedenfalls zumutbar, im Falle des ernsthaften Ansinnens am Fortbestand ihre Ehe, diese auch in ihrem gemeinsamen Heimatland der Türkei fortzusetzen. Ferner hätte ihm zum Zeitpunkt der Beziehungsaufnahme die eigene ungewisse aufenthaltsrechtliche Lage - der Ausgang seines Asylverfahrens war noch unsicher - sowie auch jene seiner Gattin zweifelsohne bekannt sein müssen und konnte er nicht davon ausgehen, dass sowohl ihm wie auch seiner Gattin eine dauernde Aufenthaltsberechtigung in Österreich gewährt werden wird.

 

Der erkennende Senat kommt auch zu dem Schluss, dass dem Beschwerdeführer eine vorübergehende Trennung von seiner Ehegattin, zumindest bis zu deren rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens, jedenfalls zugemutet werden kann.

 

Zusätzlich ist noch darauf hinzuweisen, dass für den Fall dass der/die für die Entscheidung im Bezug auf das Verfahren der Ehegattin zuständige Richter/in bei der Prüfung des Beschwerdeverfahrens zu dem Ergebnis kommen sollte, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen sein werde, so stünde in einem derartigen Fall dem Beschwerdeführer jedenfalls gemäß § 36 AsylG 2005 die Möglichkeit offen bei der österreichischen Berufsvertretungsbehörde seines Heimatlandes einen Antrag im Familienverfahren gemäß § 35 AsylG 2005 zu stellen. Dadurch wäre dann das gemeinsame Familienleben wieder gewahrt.

 

3.5.2. Darüber hinaus ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nur durch die Asylantragstellung am 09.12.2004 vorübergehend nach dem AsylG legalisiert. Die Einreise des Beschwerdeführers in das österreichische Bundesgebiet war am 04.12.2004 auf illegale Weise erfolgt. Die im Asylverfahren vorgebrachten Gründe - warum er sein Heimatland verlassen habe, haben sich im Zuge des durchgeführten Asylverfahrens als unglaubwürdig und damit als nicht den Tatsachen entsprechend erwiesen. Nach Abschluss seines Asylverfahrens ist also sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig. Insgesamt ist sein Aufenthalt in Österreich eher kurz - er reiste eigenen Angaben zufolge am 04.12.2004 ein, hält sich also ca. 3 1/2 Jahre hier auf. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang zentral auf VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0216, in welchem zentral auf die unberechtigte Asylantragstellung hingewiesen wird, auch der Schulbesuch der minderjährigen Kinder den Verbleib in Österreich nicht zu rechtfertigen vermag und die zwingend vorgesehene Ausweisung im Hinblick auf das Überwiegen des öffentlichen Interesses erforderlich ist). Zentral ist auch auf das jüngste Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06 (NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich) zu verweisen, in welchem der EGMR im Rahmen der Interessensabwägung zum Ergebnis gelangt, dass grundsätzlich das öffentlichen Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle bei erfolglosen Asylanträgen höher wiegen muss als ein während des Asylverfahrens begründetes Privatleben.

 

Auch hat der Beschwerdeführer ein sonstiges besonderes Ausmaß an Integration im bisherigen Verfahren nicht dargetan.

 

In Würdigung sämtlicher Umstände stellt sich die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet in seinen Herkunftsstaat gem. § 8 Abs. 2 AsylG als zulässig dar und war daher die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt III abzuweisen.

 

3.6. Insoweit die Erstbehörde dem Beschwerdeführer das Parteiengehör - durch Nichtvorhaltung der entsprechenden Länderfeststellungen zur Türkei - versagt hat, ist gemäß der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) eine solche Verletzung des Parteiengehörs saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Beschwerde dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten die Berufungsbehörde das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062). Diese Anforderungen an den erstbehördlichen Bescheid sind erfüllt, eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs ist daher durch die Stellungnahmemöglichkeit in der Beschwerde als saniert anzusehen. Auch wurde im Beschwerdeschriftsatz den Feststellungen des Bundesasylamtes zur Türkei nicht entgegengetreten.

 

In diesem Sinne war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs. 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs. 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.

 

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Streitigkeiten, Sicherheitslage, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
07.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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