TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 A4 304820-1/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

A4 304.820-1/2008/9E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Wilhelm über die Beschwerde der O.B., geb. 00.00.1981, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.08.2006, FZ. 05 11.983-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I., Spruchpunkt II. und Spruchpunkt III. abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Die (nunmehrige) Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, reiste am 08.08.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Asylgewährung. Zu ihrem Fluchtweg und ihren Fluchtgründen wurde sie im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache am 16.08.2005 und am 22.08.2006 niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab sie im Wesentlichen an, dass sie in Benin City, Nigeria, am 00.00.1981 geboren worden sei. Am 25.12.(2004) wäre ein Freund ihres Vaters in ihr Haus gekommen und habe er ihr ein Zeichen als Schutz gegen böse Mächte an der Stirn angebracht. Hieraus habe es einen Streit zwischen dem Freund und ihrem Vater gegeben. Zwei Tage darauf hätte ihr Vater sie und ihr Kind nach Lagos gebracht, wo sie zwei Monate verblieben wären. Wieder sei ein Freund ihres Vaters gekommen und habe ihr gesagt, dass er Mitglied eines Geheimbundes wäre. Daraufhin hätte ihr Vater sie und ihr Kind nach W. gebracht, wo sie eine Frau getroffen hätten. Diese habe sie und das Kind in ein Dorf gebracht, wo sie ca. drei Monate gelebt hätten. Ihr Vater habe ihr in der Folge erzählt, dass auch er Mitglied eines Geheimbundes wäre. Ein Jahr nach ihrer Geburt, wäre die Mutter von Mitgliedern des Geheimbundes mitgenommen und getötet worden. Der Freund ihres Vaters hätte ihm gesagt, dass sie sie (rituell) töten wollten. Nach ihrem Tod hätte auch ihr Vater umgebracht werden sollen. Nach einem Aufenthalt in einem benachbarten Dorf habe sie gesehen, dass ihr Vater und die Frau, bei der sie gewohnt hätten, umgebracht worden wären. Sie selbst sei in der Folge in den Busch gerannt und wäre auch sie selbst verletzt worden. Sie sei zu einem Pastor gerannt, der ihr zur Flucht verholfen hätte. Auf die Frage, wer ihren Vater getötet habe, gab sie an, dass dies Mitglieder des Geheimbundes der "Osomika (phonetisch)" gewesen wären. Den Mord an ihrem Vater habe sie der Polizei nicht gemeldet, da ".... die alle dieselben" wären. In einem anderen Landesteil Nigerias habe sie sich nicht niederlassen können, da die Mitglieder der Sekte sie überall hätten finden können. Im Falle einer Rückkehr würden sie die Leute des Geheimbundes umbringen.

 

Am 22. 08.2006 wurde die Beschwerdeführerin erneut niederschriftlich einvernommen. Die Beschwerdeführerin wiederholte im Wesentlichen ihr Vorbringen vom 16.08.2005 und führte weiters aus, dass sie sich im Juli 2005 zur Flucht aus ihrem Heimatland entschlossen hätte. Sie führte nunmehr aus, dass ihr Vater Mitglied des Geheimbundes der "Osokpikan" gewesen wäre. Durch das Zeichen, dass ihr und ihrer Tochter am 25.12.2004 zugefügt worden wäre, hätten sie die Mitglieder der Sekte überall finden können.

 

Als sie sich in Lagos aufgehalten hätten, wären ihnen Informationen zugekommen, dass sie bereits durch Mitglieder des Kultes gesucht würden. Deshalb wären sie nach W. geflüchtet. Sie hätten sich drei Monate in einem Dorf in der Nähe von W. aufgehalten. Den Namen des Dorfes habe sie aber vergessen. Nach dem Tode ihres Vaters und der Frau, bei der sie gewohnt hätten, wäre sie in den Wald gerannt, wo sie einen Mann (Pastor) getroffen hätte. Dieser habe sie und ihr Kind aufgenommen und hätte ihr zur Flucht verholfen.

 

Im Verlaufe der Niederschrift wurden der Beschwerdeführerin Berichte zu Geheimgesellschaften und Kulten sowie zur innerstaatlichen Fluchtalternative in Nigeria vorgehalten (siehe erstinstanzlicher Akt, Seite 111).

 

Die Beschwerdeführerin brachte hiezu vor, dass alle Politiker zu Geheimgesellschaften gehörten. Diese hätten "sicher alle Menschen geopfert, ansonsten würden sie nicht in höhere Positionen kommen".

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.08.2006, FZ. 05 11.983-BAL, wurde der am 08.08.2005 gestellte Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Die Erstinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit zu versagen war. Sie habe im Verfahren keine Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorgebracht. Die behaupteten Fluchtgründe hätten nicht als Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können und wäre daher auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen gewesen.

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht und zulässig Berufung (nunmehr Beschwerde).

 

II. Am 15.10.2008 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteieinvernehmung der Beschwerdeführerin sowie durch Verlesung und Erörterung folgender vom vorsitzenden Richter beigeschaffter Berichte zur Situation in Nigeria:

 

Karte von Nigeria, in Kopie den Beilagen angeschlossen;

 

Bericht AA-Berlin, 06.11.2007 (Beilage I.);

 

Bericht über Osokpikan Kult, Research Directoral, Immigration and Refugee Board, Ottawa, 12.11.2002 (Beilage II.);

 

Bericht Schweizer Flüchtlingshilfe, Nigeria-Update, 18.12.2006 (Beilage III.);

 

Bericht Freedom House, Nigeria, 2008 (Beilage IV.);

 

Bericht US-Department of State, 2008 (Beilage V.);

 

Bericht US-Department of State, 2007 (Beilage VI.);

 

Bericht Home Office, Nigeria, 13.11.2007 (Beilage VII.);

 

Bericht Accord, September 2002 (Beilage VIII.);

 

Accord Länderbericht Nigeria, August 2004 (Beilage IX.);

 

Home Office, Nigeria, Oktober 2004 (Beilage X.).

 

Auf Grundlage des vom Bundesasylamt durchgeführten Beweisverfahrens und des dargestellten ergänzenden Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die erkennende Behörde geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Nigeria ist, darüber hinaus konnte die Identität der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden. Die von ihr behaupteten Fluchtgründe (Flucht vor drohender Tötung durch Mitglieder eines Geheimkultes) werden der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Der Reiseweg der Berufungswerberin (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeriawerden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z.B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Bundesstaaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z.B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Zu den Geheimgesellschaften in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

In Nigeria existieren Geheimgesellschaften, deren bekannteste die Ogboni-Gesellschaft ist. Die Bedeutung der Geheimgesellschaften liegt darin, dass die Mitgliedschaft häufig den Zugang zu Ressourcen, Einfluss und Arbeit sichert und Bestandteil der sozialen Integration ist und damit über Überleben und Status der jeweiligen Familie bestimmt. Normalerweise liegt keine Zwangsmitgliedschaft vor, aber viele Personen fühlen sich auf Grund der Vorteile, die ein Beitritt zu einer Geheimgesellschaft mit sich bringt, unter Druck gesetzt. Die Gesellschaften akzeptieren nicht jedermann, sondern laden Mitglieder angesehener Familien zum Beitritt ein. Wer sich weigert, kann sein Eigentum und Erbe verlieren, muss aber nicht um sein Leben fürchten. Verfolgung durch eine Geheimgesellschaft ist allerdings dann zu befürchten, wenn jemand ihre Geheimnisse preisgibt. Diese Geheimnisse sollen sich aber nicht auf die Namen der Mitglieder beziehen - da diese in der Regel allgemein bekannt sind -, sondern auf die Entscheidungen und Interna der Gesellschaft. Wenn ein Mitglied der Geheimgesellschaft diese verlassen will, dann führt dies nicht zwangsläufig zu nachteiligen Auswirkungen oder einer Verfolgung. Geheimgesellschaften beziehen einen Teil ihrer Macht aus dem verbreiteten Glauben daran, dass ihnen übernatürliche Kräfte zukommen. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein. Heute sollen Menschenopfer im Zuge von religiösen Zeremonien hingegen nicht mehr vorkommen. Jedoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es auch heute noch in Nigeria zu Gewalttaten mit religiöser oder ritueller Komponente kommt. Es gibt aber keinerlei Hinweise darauf, dass solche Straftaten von den staatlichen Organen geduldet bzw. nicht verfolgt werden. Im Jahr 2003 hat z.B. der nigerianische High Court ein gegen 7 Personen wegen eines rituellen Mordes verhängtes Todesurteil bestätigt. Ritualmord oder der Besitz von Leichen, Leichenteilen oder menschlichem Blut ohne entsprechendes medizinisches Zertifikat ist in manchen Bundesstaaten sogar ein eigener Straftatbestand.

 

Der Osokpikan-Kult ist ein polytheistischer Kult, an welchem Männer und Frauen, die alle zur Volksgruppe der Bini (Benin) gehören, teilnehmen. In den Versammlungen des Kultes soll es neben Beschwörungen auch zur Opferung von Tieren (Geflügel, Hundewelpen) kommen. Es kann hingegen nicht festgestellt werden, dass Angehörige dieses Kultes Menschenopfer darbringen, insbesondere ihre eigenen Kinder opfern. Die Mitglieder des Osokpikan-Kultes sollen keine Außenstehenden belästigen oder einschüchtern.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Zu der Negativ-Feststellung betreffend die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten, ihre Person betreffenden Fluchtgründe:

 

Eingangs ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin widersprüchliche Angaben zum Namen der Kultgemeinschaft angibt. So bringt sie anlässlich der niederschriftlichen Befragung vom 16.08.2005 vor, der Kult heiße "Osomika". Bei der niederschriftlichen Einvernahme korrigiert sie den Namen des Geheimkultes auf "Osokpikan", einer Sekte, die es tatsächlich in Nigeria gibt. Zu beachten ist zwar, dass die Beschwerdeführerin den Namen der Sekte eingangs nur phonetisch angegeben hat. Aber auch unter Berücksichtigung der sich aus einer rein phonetischen Wiedergabe von Eigennamen in fremder Sprache ergebenden Schwierigkeiten, erscheint es ausgeschlossen, dass es sich bei dem aufgezeigten Widerspruch um bloße Ungenauigkeiten bzw. Versprecher handelt. Festzustellen ist, dass in Nigeria lediglich ein Kult mit der Bezeichnung "Osokpikan" (siehe dazu Auskunft des kanadischen Flüchtlingsamtes, Beilage II.). Hingegen konnte nicht festgestellt werden, dass es eine Kultgemeinschaft mit dem sonstigen von der Beschwerdeführerin genannten phonetisch ähnlichen Namen ("Osomika") existiert; zu einer Kultgemeinschaft mit einem derartigen Namen finden sich in den von der erkennenden Behörde herangezogenen Berichten keine Ausführungen und bleiben Internet-Recherchen erfolglos. Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin zur Erhöhung ihrer Chancen für einen positiven Ausgang des Verfahrens den Namen einer tatsächlich existierenden und ihr bekannten Geheimgesellschaft angeben wollte.

 

Als weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit ihres Vorbringens ist der Umstand, dass sie angibt, alle Vorfälle, die sie zu ihrer Flucht bewogen hätten, wären im Jahre 2004 passiert (siehe Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vom 15.10.2008, Seite 3). Bei den Niederschriften vor dem Bundesasylamt gab sie an, dass erstmals am 25.12.2004 der besagte Freund ihren Vater aufgesucht hätte und ihr selbst und dem Kind ein Mal angebracht hätte. Alle anderen Vorfälle (Flucht nach W., Tod der Frau bei der sie gewohnt hätten), müssten daher erst im Jahre 2005 passiert sein.

 

Ein wesentliches Merkmal für ihre Unglaubwürdigkeit ist weiter, dass sie nicht imstande war, den genauen Todeszeitpunkt ihres Vaters anzugeben. Ein solches einschneidendes Erlebnis, sowie die Art des Todes ihres Vaters, müsste sich auch bei einer wenig gebildeten Person manifestieren.

 

Weiters ist auffallend, dass sich die Beschwerdeführerin nicht an den Namen der Frau, die sie und ihr Kind in einem Dorf in W. aufgenommen hätte, und bei der sie für längere Zeit gewohnt hätten, erinnern konnte. Des Weiteren war auffallend, dass sie auch den Namen des Dorfes nicht angeben konnte.

 

Im Übrigen ergeben sich aus den Feststellungen, insbesondere aus den Berichten III. und IX., Seite 66-75, keine Anhaltspunkte, dass von Geheimkulten - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - regelmäßig Menschenopfer dargebracht werden. Insbesondere ist auf Beilage II. zu verweisen, wonach von Angehörigen des Osokpikan-Kultes nur Tieropfer (Geflügel und junge .......) dargebracht werden.

 

Somit ist die erkennende Behörde auf Grundlage der vorliegenden Ermittlungsergebnisse der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin die behaupteten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat.

 

Die Identität der Beschwerdeführerin konnte nicht festgestellt werden, zumal diese keine wie immer geartete Identitätsdokumente vorgelegt und keine Personen namhaft gemacht hat, die ihre Identität und Herkunft bestätigen könnten.

 

Der Reiseweg von Nigeria nach Österreich konnte nicht festgestellt werden, zumal die Beschwerdeführerin diesbezüglich nur allgemeine, nicht objektivierbare Angaben macht.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria gründet sich auf den Bericht Beilagen I. Aus den Abschnitten der Beilage I. ergibt sich, dass die nigerianische Staatsgewalt - abgesehen von zeitlich und lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen verfeindeter ethnischer oder religiöser Gruppen - grundsätzlich funktionsfähig ist. Die Feststellungen zur Gesundheitsversorgung und zur Lebensmittelversorgung, wonach die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet ist, gründet sich auf den Bericht Beilage I., Seite 23 (Abschnitt betreffend Rückkehrfragen). Die Feststellung, wonach abgelehnte Asylwerber bei Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land keine staatlichen Repressionen zu befürchten haben, gründen sich ebenfalls auf den Bericht Beilage I., Abschnitt IV.2.

 

Die Feststellungen zum so genannten Osokpikan-Kult und zu anderen in Nigeria verbreiteten Geheimgesellschaften gründen sich auf die Auskunft des kanadischen Flüchtlingsamtes Beilage II., auf den Bericht des Britischen Home Office und auf die von ACCORD verfassten Länderberichte Nigeria. Die Negativ-Feststellungen zu den behaupteten Menschenopfern gründen sich insbesondere auf den Bericht Beilage VIII. In diesem Bericht wird ausgeführt, dass Menschenopfer in Nigeria kaum mehr vorkommen (siehe Seite 39 des Berichtes). Auf Seite 31 dieses Berichtes wird ausgeführt, dass die immer wieder erwähnten Blut- und Menschenopfer vielfach bloße Gerüchte seien, die zur Abschreckung und Steigerung der Ehrfurcht dienen sollen. Zu verweisen ist auch auf die Auskunft Beilage II, in welcher der Osokpikan-Kult nicht mit Menschenopfern, sondern bloß mit Tieropfern in Verbindung gebracht wird.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

Gemäß § 7 Asylgesetz hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentrales Element dieses Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Diese begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation der Asylwerberin Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Unter Verfolgung ist ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in diesen Staat zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin die behaupteten Fluchtgründe (angeblich drohende Opferung durch Geheimgesellschaft) nicht glaubhaft machen konnte.

 

Demnach war der Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages der Erfolg zu versagen. Da das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Verfolgungssituation nicht glaubhaft ist, kommt den Beschwerdeausführungen, die sich auf die Möglichkeit, staatlichen Schutz zu erlangen, beziehen, keine Bedeutung zu.

 

Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Berufungswerberin ist Folgendes auszuführen:

 

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde (§ 8 Abs 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz idF BGBl. I 126/2002) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 57 Abs. 2 FrG und § 8 Abs 1 AsylG).

 

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 FrG idgF ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 1 des 6. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 57 Abs. 1 FrG in der durch BGBl I 126/2002 geänderten Fassung inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG in der ursprünglichen Fassung (BGBl I 75/1997) deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG idF BGBl I 75/1997 weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 57 Abs. 1 FrG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt daher nach Ansicht der erkennenden Behörde keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 und 2 FrG vor. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin die ihre Person betreffenden Fluchtgründe (angebliche drohende Opferung durch Geheimgesellschaft) nicht glaubhaft machen konnte.

 

Es besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 57 Abs. 1 FrG unzulässig machen könnten. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Feststellung, wonach in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht und die Staatsgewalt funktionsfähig ist. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die religiös oder ethnisch bedingten Unruhen zeitlich und lokal auf einzelne Städte Nigerias begrenzt sind. Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 57 Abs. 1 FrG darstellen könnte.

 

Da die Grundversorgung mit Lebensmitteln im städtischen Bereich gewährleistet ist, besteht auch kein Anhaltspunkt, dass die Beschwerdeführerin im Fall der Rückführung in eine aussichtslose Situation geraten könnte.

 

Die Beschwerde erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als nicht berechtigt.

 

Da die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat Nigeria zulässig ist, hat die Behörde den Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der Ausweisung zu verbinden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass kein Familienleben im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegt, das einer Ausweisung entgegenstehen könnte. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin ledig ist und in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte hat. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird diesbezüglich verwiesen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Identität, non refoulement, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
25.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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