TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 E3 224190-0/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

E3 224.190-0/2008-7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und den Richter Mag. HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des Y. E., geb. 00.00.1974, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.09.2001, FZ. 01 12.181-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 23.05.2001 einen Antrag auf Gewährung von Asyl und wurde hiezu am 12.09.2001 von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahme ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er allgemeine Probleme der kurdischen Volksgruppe vor. Er stamme aus einem kurdischen Dorf in welchem es seit Jahrzehnten zu Grundstücksstreitigkeiten zwischen den Bewohnern des kurdischen Dorfes und Bewohnern des türkischen Nachbardorfes kommen würde. Da er den Druck nicht mehr ausgehalten habe, habe er sich bereits im Jahr 1993 entschlossen das Dorf zu verlassen und sei er nach Y. gezogen. Dort sei es aber schwierig gewesen als Kurde Fuß zu fassen und habe er sich daher entschlossen die Türkei zu verlassen.

 

2. Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei für zulässig.

 

Die Erstbehörde traf darin allgemeine Feststellungen zur Türkei sowie zur Situation der Kurden und Feststellungen zur politischen Lage und der PKK. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen glaubhaft sei und als zu beurteilender Sachverhalt dem Verfahren zu Grunde gelegt werde. In der rechtlichen Würdigung wurde begründend dargelegt, warum dem Vorbringen keine Asylrelevanz zukommen könne und warum dieses auch keinen Grund für die Unzulässigkeit der Abschiebung darstelle.

 

3. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist "Berufung" (nunmehr: "Beschwerde") erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen. In der Beschwerde wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet welches geeignet wäre der schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung der Erstbehörde entgegen zu treten.

 

4. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

5. Da die seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen zur Lage in der Türkei, welche sich zwar nunmehr nicht mehr gänzlich aktuell darstellten, deren wesentlicher Aussagekern insbesondere hinsichtlich der Situation der Kurden, durch das ho. aufliegende aktuelle Beweismaterial in nach wie vor gültiger und im Wesentlichen unveränderter Form als erwiesen anzunehmen ist, wurde seitens des Asylgerichtshofes mit Schreiben vom 04.09.2008 gem. § 45 (3) AVG Beweis erhoben und den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zur Türkei (Bericht des Auswärtigen Amtes zur Türkei vom Oktober 2007) (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die erstinstanzlichen Feststellungen nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) .

 

6. Weder seitens des Beschwerdeführers noch seitens der Erstbehörde langte eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein.

 

7. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge AsylG 2005) sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt." Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002 zu führen.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 1997 zu führen. Anzuwenden war sohin das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen, zumal das Bundesasylamt ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst hat (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. VwGH 04.10.1995, Zahl 95/01/0045;

VwGH 25.3.1999, Zahl 98/20/0559; VwGH 24.11.1999, Zahl 99/01/0280;

VwGH 8.6.2000, Zahl 99/20/0366; VwGH 30.11.2000, Zahl 2000/20/0356;

VwGH 22.2.2001, Zahl 2000/20/0557; VwGH 21.6.2001, Zahl 99/20/0460).

 

3. Zur Lage in der Türkei und insbesondere zur Situation der Kurden werden zusätzlich zu den im Erstverfahren herangezogenen noch folgende, - im Zuge der erfolgten Beweisaufnahme (siehe oben, Punkt 4) in das Verfahren eingeführte -, Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:

 

AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, 25.10.2007

 

Allgemeines:

 

Markante Fortschritte in der Menschenrechtslage konnten durch die Gesetzes- und Verfassungsänderungen der letzten Jahre sowie weitere Reformmaßnahmen (z.B. Justizreformen) erzielt werden; dadurch wurde ein Mentalitätswandel bei großen Teilen der Bevölkerung eingeleitet.

 

Nach Jahren relativer Stabilität erlebte die Türkei im Zusammenhang mit den gescheiterten Präsidentschaftswahlen im Mai 2007 eine Phase innenpolitischer Polarisierung. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 22.07.2007 trat eine Beruhigung der Lage ein. Die anschließende erfolgreiche Wahl eines Präsidenten und die Regierungsbildung trugen zu einer weiteren Konsolidierung bei.

 

Im Osten und Südosten der Türkei kommt es weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften; der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung wurde mit Wiedererstarken des PKK-Terrorismus lauter.

 

Kritische Entwicklungen sind bei der Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu beobachten, gegen Journalisten, Menschenrechtsverteidiger u.a. wurden seitens der türkischen Justiz öffentlichkeitswirksame Strafverfahren geführt. Einzelne Verfahren dauern noch an, teilweise kam es auch zu Verurteilungen.

 

Die Verwirklichung der individuellen Glaubensfreiheit ist weitgehend gewährleistet, die Ausübung der Rechte religiöser Gemeinschaften ist mangels klarer Rechtsgrundlagen nur in begrenztem Umfang möglich; das Tragen des Kopftuchs bei offiziellen Anlässen und im "öffentlichen Raum", d.h. in staatlichen, öffentlichen Einrichtungen ist verboten.

 

Zahlreiche Reformen haben den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau gestärkt; die gesellschaftliche Wirklichkeit hinkt jedoch in weiten Teilen der Türkei noch weit hinter der gesetzlichen Entwicklung hinterher.

 

In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitsein-richtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standard entsprechen. Das türkische Gesundheits-system verbessert sich laufend.

 

Die Grundversorgung ist im wesentlichen gewährleistet.

 

Bei der Rückkehr abgeschobener Personen werden Routinekontrollen durchgeführt; Miss-handlung oder Folter allein aufgrund der Stellung eines Asylantrags kommt nicht vor.

 

Es gibt in der Türkei keine Personen oder Personengruppen, die alleine wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder alleine wegen ihrer politischen Überzeugung staatlichen Repressionen ausgesetzt sind.

 

Situation der Kurden:

 

Ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei (72 Millionen) -also ca. 14 Millionen Menschen - ist zumindest teilweise kurdischstämmig. Im Westen der Türkei und an der Südküste lebt die Hälfte bis annähernd zwei Drittel dieser Kurden: ca. drei Millionen im Großraum Istanbul, zwei bis drei Millionen an der Südküste, eine Million an der Ägäis-Küste und eine Million in Zentralanatolien. Rund sechs Millionen kurdischstämmige Türken leben in der Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Nur ein Teil der kurdischstämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen Sprachen mächtig.

 

Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus.

 

Der Gebrauch des Kurdischen, d.h. der beiden in der Türkei vorwiegend gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmanci und Zaza, ist in Wort und Schrift keinen Restriktionen ausgesetzt, allerdings im "öffentlichen Raum" noch eingeschränkt und im Schriftverkehr mit Behörden nicht erlaubt.

 

Kurdischunterricht und Unterricht in kurdischer Sprache an Schulen sind nach wie vor verboten. Kurdischkurse für Erwachsene an privaten Lehrinstituten sind seit 2004 zulässig, scheitern jedoch häufig an mangelnder Nachfrage/Fehlen finanzieller Mittel.

 

Kurdischstämmige Wehrdienstleistende sind keinen Nachteilen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ausgesetzt. Sie können während ihres Wehrdienstes auch in ihrer Herkunftsregion eingesetzt werden. In der Regel erfolgt ein Einsatz für alle Wehrdienstleistenden aber in gewisser Entfernung vom Wohnort.

 

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit keinen staatlichen Repressionen unterworfen. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden).

 

4. Der erstinstanzliche Bescheid basiert vorbehaltlich der getroffenen Ausführungen zur Aktualität der den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Quellen, auf einem, ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

4.2. In der Beschwerde wurde kein substantiiertes Vorbringen erstattet, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte, sondern wird das Vorbringen lediglich wiederholt und auf allgemeine Schwierigkeiten der Kurden sowie Diskriminierungen, insbesondere auch bei der Arbeitsfindung, hingewiesen.

 

4.2.1. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach Kurden in der Türkei generell verfolgt werden würden, ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung rechtfertigt, soferne nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Darüber hinaus kann - wie bereits ausgeführt - auch der der Behörde vorliegenden Länderinformation nicht entnommen werden, dass Kurden allein aufgrund ihrer Abstammung verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer der kurdischen Volksgruppe angehört, bewirkt sohin für sich allein nicht, dass ihm Asyl zu gewähren wäre, weil sich aus den unter Punkt 3 getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige seiner Volksgruppe schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt wären. Es ist den unter Punkt 3 getroffenen Feststellungen eindeutig zu entnehmen, dass es keine gezielte Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe in der Türkei gibt.

 

4.2.2. Darüber hinaus handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Problemen im Zusammenhang mit seiner Volksgruppenzu-gehörigkeit um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können. Solche Benachteiligungen auf sozialem, wirtschaftlichem oder religiösem Gebiet sind nämlich für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft nur dann ausreichend, wenn sie eine solche Intensität erreichen, die einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich machen, wobei bei der Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Z. 93/01/0443). Die vom Beschwerdeführer erwähnten Schwierigkeiten erfüllen dieses Kriterium nicht. Die Nachteile, welche der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge wegen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe zu tragen hatte (es sei zu allgemeinen Grundstücksstreitigkeiten, Problemen bei der Arbeitsaufnahme und allgemeinen Diskriminierungen gekommen), stellen keinen derart gravierenden Eingriff in seine Grundrechte dar, um dem in der Flüchtlingskonvention angesprochenen Sachverhalt zugrunde gelegt werden zu können.

 

4.2.3. Ferner ist zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Benachteiligungen im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme auszuführen, dass Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Benachteiligungen, mangelnde Aufstiegschancen sowie eingeschränkte Berufsmöglichkeiten - auch wenn sie aus politischen, weltanschaulichen oder religiösen Gründen resultieren - nicht zur Asylgewährung führen können, mangelt es solchen Problemen doch schon an der erforderlichen Intensität, zumal der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, dadurch einer massiven Bedrohung der Lebensgrundlage ausgesetzt gewesen zu sein, wodurch ein Verbleib im Heimatland auch aus objektiver Sicht unerträglich geworden wäre - gerade darauf kommt es aber nach der Judikatur des VwGH an (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 19.05.1994, Zl. 94/19/0049).

 

4.2.4. Auch wenn zwischen den Bewohnern des kurdischen Dorfes B., zu welchen auch der Beschwerdeführer zählte, und den Bewohnern des türkischen Nachbardorfes Be. Grundstücksstreitigkeiten bestanden haben, stellen die aus diesen resultierenden Animositäten mangels Erheblichkeit keine Verfolgung iSd GFK dar. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Grundstücksstreitigkeiten auszuführen, dass es sich bei diesen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Problemen um Streitigkeiten handelt, welche von den Zivilgerichten der Türkei zu entscheiden respektive zu regeln sind und kann aus den getroffenen Feststellungen sowie dem Amtswissen nicht der Schluss gezogen werden, dass seitens der Zivilgerichte in der Türkei kein ordnungsgemäßes diesbezügliches Verfahren gewährleistet wird.

 

4.2.5. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit auch keinen wie immer gearteten eingriffsintensiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt und ist er überdies vor seiner Ausreise aus der Türkei nicht aus politischen oder ethnischen, rassischen oder religiösen Gründen ins Blickfeld der Behörden geraten ist. Dass der Antragsteller auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat, hat er nicht hinreichend dargetan bzw. ist dies auch nicht durch nachvollziehbares Dokumentationsmaterial indiziert. Wenn nun im Beschwerdeschriftsatz indiziert zum Ausdruck gebracht wird, dass die türkische Polizei den Beschwerdeführer vor etwaigen Übergriffen der türkischen Mehrheitsbevölkerung nicht schützen würde, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass aus den getroffenen Länderfeststellungen nicht der Schluss gezogen werden kann, dass Angehörigen der kurdischen Volksgruppe aufgrund ihres ethnischen Hintergrundes polizeilicher Schutz verweigert werden würde.

 

4.2.6. Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung der getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen der Volksgruppe der Kurden festgestellt werden kann. Darüber hinaus stünde es dem Beschwerdeführer offen, sich in einem anderen Landesteil der Türkei, insbesondere in der Hauptstadt Istanbul oder in Y. - wo er sich bereits jahrelang aufgehalten hat - niederzulassen und ist aus den getroffenen Länderfeststellungen weder ersichtlich, dass er dort einer existentielle Gefährdung noch einer anderweitigen Gefährdung ausgesetzt wäre, noch asylrelevante Gefährdung zu befürchten hätte; dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zu keiner Zeit ins Blickfeld der türkischen Behörden geraten ist.

 

4.2.7. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass türkische Staatsangehörige kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

 

4.2.8. Ferner wird noch darauf hingewiesen, dass - auch unter Berücksichtigung des zur Zeit wieder verschärften Vorgehens des türkischen Staates gegen militante Kurden - derzeit keine aktuellen Berichte über die Lage der Kurden in der Türkei und damit keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen würden. Ein systematisches, flächendeckendes Vorgehen gegen Kurden, welches dieser Personengruppe einen Verbleib in der Türkei unerträglich machen würde, ist sohin nicht feststellbar.

 

4.2.9. Schließlich ist noch auszuführen, dass in der Türkei weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Daher ist es auch dem Beschwerdeführer als jungen gesunden und arbeitsfähigen Mann zuzumuten zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Zudem leben auch noch seine Eltern und Geschwister in der Türkei und ist sohin auch ein soziales Netz gegeben. Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei sehr wohl gesichert ist. Er ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.

 

Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage sowie der Lage der Kurden, oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde.

 

Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor.

 

In diesem Sinne war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs. 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs. 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.

 

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie der Beweisaufnahme vom 04.09.2008 - welche den Parteien des Verfahrens schriftlich zur Kenntnis gebracht wurde (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH vom 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) und ihnen eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt wurde - welcher beide Parteien nicht nachgekommen sind - als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG). Es ergab sich auch in der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Schlagworte
mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Streitigkeiten, staatlicher Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
10.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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