TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 B13 402002-1/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

B13 402.002-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Maga. EIGELSBERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. KRACHER als Beisitzerin über die Beschwerde der minderjährigen N.E., geboren 00.00.2008, StA. Kosovo, vertreten durch ihre Mutter Frau N.A., vom 14. 10. 2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. 9. 2008, Zl 08 06.428-EWEST, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde der N.E. wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen.

 

II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 30. 9. 2008, Zl 08 06.428-EWEST, wird dieser ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die durch ihre Mutter vertretene minderjährige Beschwerdeführerin brachte am 23. 7. 2008 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Dieser Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. 9. 2008, Zl 08 06.428-EWEST, gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II), die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs 1 Z 4 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

 

Gegen diesen Bescheid erhob die durch ihre Mutter vertretene Beschwerdeführerin Beschwerde.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der Entscheidung liegt nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Tochter der N.A. und dem N.J..

 

Der am 12. 8. 2005 gestellte Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. 10. 2006, Zl 05 12.366-BAL, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, zugleich wurde die Zulässigkeit der Abschiebung der Mutter der Beschwerdeführerin in den Kosovo gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt und diese in die Provinz Kosovo ausgewiesen.

 

Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. 1. 2007, Zl 306.534-C1/2E-VI/18/06, gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und 2 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Die gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde ist derzeit noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

 

Der am 15. 3. 2007 von der Mutter der Beschwerdeführerin neuerlich gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 3. 4. 2007, Zl 07 02.627 EAST West, gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Mutter der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien in die Provinz Kosovo ausgewiesen.

 

Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes von der Mutter der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates 3. 5. 2007, Zl 306.534-2/2E-VI/18/07, gemäß § 68 Abs 1 AVG und § 10 Abs 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

 

Der am 28. 6. 2002 gestellte Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. 10. 2002, Zl 02 17.100-BAS, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und zugleich die Zulässigkeit der Abschiebung des Vaters der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Kosovo, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig erklärt.

 

Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. 9. 2005, Zl 232.083/0-VI/18/02, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, wobei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die ehemals autonome Provinz Kosovo (Serbien und Montenegro) - nicht aber nach Serbien und Montenegro selbst - für zulässig erklärt wurde.

 

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 9. 11. 2007, Zl 2006/01/0134-13, abgelehnt.

 

Diese Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus dem Akteninhalt.

 

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 -VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005), ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Spruchpunkt I:

 

Da die Mutter der Beschwerdeführerin für die Beschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend machte, war betreffend Spruchpunkt I spruchgemäß zu entscheiden.

 

Spruchpunkt II:

 

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten wie folgt:

 

"Verbindung mit einer Ausweisung

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

...

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

...

 

(2) Ausweisungen nach Abs. 1 sind unzulässig, wenn

 

...

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

...

 

Familienverfahren im Inland

 

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist, oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

1. dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Statuts des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen.

 

Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid."

 

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (952 BlgNR

 

XXII. GP, 54) heißt es zu § 34 AsylG 2005 auszugsweise: "Der vorgeschlagene § 34 -er entspricht im Wesentlichen dem § 10 Asylgesetz 1997 - dient der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband; das durch die AsylG-Nov 2003 geschaffene Regelungssystem ersetzt die so genannte 'Asylerstreckung'. ... Die Asylverfahren einer Familie sind unter einem zu führen, wobei jeder Antrag auf internationalen Schutz gesondert zu prüfen ist; es erhalten alle Familienmitglieder einen eigenen Bescheid, mit dem über die Asylgewährung oder die subsidiäre Schutzgewährung abgesprochen wird. Jener Schutzumfang, der das stärkste Recht gewährt, ist auf alle Familienmitglieder anzuwenden. Das gemeinsame Führen der Verfahren hat den Vorteil, dass möglichst zeitgleich über die Berechtigungen, die Österreich einer Familie gewährt, abgesprochen wird. ..."

 

Beschwerdefallbezogen bedeutet dies, dass der Asylantrag des Vaters der Beschwerdeführerin vor Inkrafttreten der AsylG-Novelle 2003 gestellt wurde. Dabei wurde keine Ausweisung verfügt. In einem solchen Fall haben die fremdenpolizeilichen Behörden über die Ausweisung zu entscheiden. Die minderjährige Beschwerdeführerin stellte ihren Antrag auf internationalen Schutz nach Inkrafttreten des AsylG 2005. Da es infolge der (nur) gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochenen asylrechtlichen Ausweisung möglich erscheint, dass diese das Bundesgebiet ohne ihren Vater zu verlassen hätte, greift eine solche Ausweisung - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Jänner 2008, Zl. 2007/19/0851, ausgesprochen hat - in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben der Beschwerdeführerin ein.

 

Es ist dem Bundesasylamt damit verwehrt, für diese Angehörigen Ausweisungen "nachzutragen", um die Rechtsposition der Familie zu vereinheitlichen (vgl Erkenntnis des VwGH vom 29. 3. 2007, 2006/20/0500).

 

Um das vom Gesetzgeber intendierte und verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis zu erzielen, hat eine Ausweisung durch das Bundesasylamt daher in einem Fall wie dem vorliegenden zu unterbleiben. Demnach hätte das Bundesasylamt nicht über die Ausweisung der Beschwerdeführerin absprechen dürfen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren, non refoulement, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
20.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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