S13 400.843-1/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde derT. K., geb. 00.00.2005, StA.
Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch: T. T., diese vertreten durch: RA Mag. Susanne Singer, Maria-Theresia-Straße 9, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 19.07.2008, FZ. 08 01.155-EAST-WEST, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Verwaltungsverfahren und Sachverhalt
Verfahren vor dem Bundesasylamt
Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste mit ihren Eltern und ihren minderjährigen Geschwistern illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.01.2008 durch ihre gesetzliche Vertreterin, T. T. (Mutter), einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag wurde die Erstbefragung der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Linz Hauptbahnhof in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Russisch durchgeführt.
Am 31.01.2008 erfolgte eine Eurodac-Abfrage, die ergab, dass die gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Beschwerdeführerin - sowohl Mutter als auch Vater - bereits am 25.01.2008 in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatten.
Am 06.02.2008 wurde der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und dass zu diesem Zwecke Konsultationen mit Polen gemäß der Dublin II-VO geführt werden.
Mit Schreiben vom 11.02.2008 erklärte sich Polen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zur Wiederaufnahme der minderjährigen Beschwerdeführerin und ihrer gesetzlichen Vertreterin bereit.
Am 15.02.2008 wurde die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen.
Am 26.02.2008 erfolgte die Untersuchung der minderjährigen Beschwerdeführerin zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren durch Dr. A.A., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie.
Am 26.06.2008 wurde die minderjährige Beschwerdeführerin zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren von Dr. G. M. untersucht.
Am 15.07.2008 wurde die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin erneut vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen.
Mit Bescheid vom 19.07.2008, FZ. 08 01.155-EAST-WEST, wies das Bundesasylamt den Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid).
Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Die minderjährige Beschwerdeführerin wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der minderjährigen Beschwerdeführerin nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist
(II.).
Beschwerde
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin durch ihre gesetzliche Vertreterin am 30.07.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben. Die Beschwerde langte am 04.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
Bezogen auf die minderjährige Beschwerdeführerin wurde in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet.
Beweismittel
Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin in der Erstbefragung am 30.01.2008 und in den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 15.02.2008 und am 15.07.2008, soweit sich dieses auf die minderjährige Beschwerdeführerin selbst bezieht, und weitere Beweismittel verwendet.
Parteivorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin (immer bezogen auf die Person der minderjährigen Beschwerdeführerin)
1. In der Erstbefragung am 30.01.2008 hat die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes angegeben:
Sie habe ihr Heimatland am 12.01.2008 legal mit ihrem eigenen Reisepass verlassen und sei über Polen in die EU eingereist sei. Dort habe sie einen Asylantrag gestellt und sei für drei Tage in einem Flüchtlingslager aufhältig gewesen. Danach sei sie schlepperunterstützt weiter nach Österreich gefahren. Ihre Kinder seien immer bei ihr gewesen.
Ihr Heimatland habe sie verlassen, da sie wegen ihrer Kinder Angst gehabt habe.
2. In der ersten Einvernahme am 15.02.2008 hat die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin ihr Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert:
Ihr Heimatland habe sie gemeinsam mit ihrer Familie verlassen, da sie alle zu Hause in Gefahr gewesen seien.
Auf Nachfrage des Bundesasylamts zum Gesundheitszustand, hat die Beschwerdeführerin angegeben, ihre zweite Tochter (= die minderjährige Beschwerdeführerin) sei verschrocken und schlafe kaum.
Sie selbst habe keine Verwandten in Österreich, aber eine Schwester ihres Mannes (= eine Tante der minderjährigen Beschwerdeführerin) sei hier verheiratet. Diese lebe seit ca. vier Jahren in Österreich und habe die Familie hier bereits besucht.
3. In der zweiten Einvernahme am 15.07.2008 hat die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin ihr Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert:
Auf Vorhalt, dass aus ärztlicher Sicht nichts gegen eine Überstellung der minderjährigen Beschwerdeführerin nach Polen spreche, gab sie an, diese sei noch ein Kind und entwickle sich hier besser. Es gehe ihr besser, aber sie habe trotzdem Angst vor jedem Fremden und davor, allein auf die Straße zu gehen.
Weitere Beweismittel
1. Laut Eurodac-Abfrage vom 31.01.2008 haben die gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Beschwerdeführerin bereits am 25.01.2008 in Lublin (Polen) Asylanträge gestellt.
2. Die polnischen Behörden haben sich mit Schreiben vom 11.02.2008 gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO zur Wiederaufnahme der minderjährigen Beschwerdeführerin und ihrer gesetzlichen Vertreterin für zuständig erklärt.
3. Die gutachterlichen Stellungnahme vom 26.02.2008 von Dr. A.A., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, kommt zu dem Ergebnis, dass der Überstellung nach Polen derzeit schwere psychische Störungen (Anpassungsstörung) entgegenstehen, da diese bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung der Symptome der minderjährigen Beschwerdeführerin aus ärztlicher Sicht bewirken würden. Eine Überstellung wäre frühestens in vier Monaten möglich (vgl. AS. 61).
4. Nach Ablauf der im Gutachten von Dr. A.A. empfohlenen Frist von vier Monaten wurde die minderjährige Beschwerdeführerin am 26.06.2008 erneut zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren von Dr. G. M. untersucht. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass die minderjährige Beschwerdeführerin nicht an einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung leide, da sich die im Feber diagnostizierte Anpassungsstörung gebessert habe. Bei einer Überstellung nach Polen sei aus ärztlicher Sicht keine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten (vgl. AS. 65).
Sachverhalt nach Beweiswürdigung
Nach Würdigung des Vorbringens der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:
1. Die minderjährige Beschwerdeführerin ist gemeinsam mit ihren Eltern und ihren ebenfalls noch minderjährigen Geschwistern in Polen eingereist und stellten dort beide Elternteile jeweils am 25.01.2008 einen Asylantrag. Nach ca. drei Tagen hat die minderjährige Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Familie Polen verlassen, ohne den Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten und ist in der Folge illegal nach Österreich eingereist.
Diese Feststellungen ergeben sich sowohl aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin als auch aus der Eurocac-Abfrage, wonach die Asylanträge der Eltern in Polen am 25.01.2008 gestellt wurden und der Tatsache, dass die minderjährige Beschwerdeführerin am 30.01.2008 gemeinsam mit ihrer Familie bereits in Österreich eingetroffen war.
2. Die minderjährige Beschwerdeführerin leidet nicht an einer belastungsabhängigen, krankheitswertigen psychischen Störung oder einer sonstigen physischen Erkrankung, welche einer Überstellung nach Polen entgegenstehen könnten.
Dies ergibt sich aus der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren von Dr. G. M.. Dem Gutachten ist nach einer ausführlichen Begründung zu entnehmen, dass sich die am 26.02.2008 in der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. A.A. diagnostizierte Anpassungsstörung gebessert habe und sohin keine belastungsabhängige, krankheitswertige, psychische Störung mehr vorliege. Eine Überstellung nach Polen mit der Familie sei daher möglich.
3. Eine Tante der minderjährigen Beschwerdeführerin lebt verheiratet in Österreich. Zu dieser Tante besteht weder eine finanzielle noch eine sonstige Abhängigkeit.
Dies ergibt sich daraus, dass nach dem eigenen Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin, wonach die gegebene Unterstützung über die innerhalb einer Familie üblichen kleinen finanziellen Zuwendungen (wie z.B. einkaufen), gelegentliche Besuche in der Unterkunft und Gespräche mit dem Vater nicht hinausgehen würden.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Rechtlicher Rahmen
Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.
Gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, wieder aufzunehmen.
Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist. Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH 11.06.2001, B 1541/00; VfGH 15.10.2004, G 237/03 u. a.; VfGH 17.06.2005, B 336/05)
Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.
Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.
Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof
Die Beschwerde ist fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.
Mit Beschluss vom 08.08.2008 hat der Asylgerichtshof der Beschwerde gemäß § 37 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung
Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung nach Polen verfügt hat.
Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt
Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.
Der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde insbesondere durch die Erstbefragung, die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung und schließlich durch das erneute Parteigehör ihrer gesetzlichen Vertreterin unmittelbar vor Erlass des angefochtenen Bescheides - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Ihrer gesetzlichen Vertreterin wurde weiters vor der ersten Einvernahme und innerhalb von 20 Tagen ab Einbringen ihres Antrags schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin wegen Zuständigkeit Polens zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).
Unzuständigkeit Österreichs
Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Asylantrags der minderjährigen Beschwerdeführerin ausschließlich Polen zuständig ist.
Zur Zuständigkeit Polens
Was zunächst die Feststellung der Zuständigkeit Polens betrifft, so hat das Bundesasylamt diese Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid richtigerweise auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO gestützt, da die minderjährige Beschwerdeführerin bereits in Polen einen Asylantrag gestellt hat und sich während der Prüfung dieses Asylantrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates, nämlich in Österreich, aufgehalten hat.
Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt
Schließlich besteht auch keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich wegen der damit verbunden Ausweisung nach Polen im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte der minderjährigen Beschwerdeführerin aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.
Was eine Verletzung von Art. 3 EMRK betrifft, so ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 2.), dass die minderjährige Beschwerdeführerin nicht konkret Gefahr läuft, durch die Überstellung nach Polen einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Dort würde sich ihr physischer oder psychischer Gesundheitsszustand keinesfalls derart verschlechtern, dass eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung in Polen keine Hilfe versprechen würde.
Es liegt auch kein Eingriff auf das Recht auf Schutz des Privatlebens vor, da in der Person der minderjährigen Beschwerdeführerin nicht von einer verfestigten Integration in Österreich gesprochen werden kann.
Was eine Verletzung von Art. 8 EMRK betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid mit der familiären Situation der minderjährigen Beschwerdeführerin in Österreich befasst hat und zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass - wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 3.) ergibt - kein über das übliche Maß hinausgehende familiäre Beziehungen zu ihrer Tante in Österreich besteht und daher kein Eingriff in das Rechts auf Familienleben vorliegt, wenn die Beschwerdeführerin nicht zum Verfahren in Österreich zugelassen würde.
Rechtmäßigkeit der Ausweisung
Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach Polen betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z. 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurückgewiesen wurde.
Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG oder gegen § 10 Abs. 3 AsylG unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter 3.2.2. gemachten Ausführungen.
Lediglich der Vollständigkeit halber wird angeführt, dass sowohl die Beschwerde der Mutter als auch die des Vaters der minderjährigen Beschwerdeführerin jeweils mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 21.10.2008, GZ. S13 400.841 (Mutter) und GZ. S13 400.840 (Vater), gemäß §§ 5, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen und sohin die Ausweisung der gesamten Kernfamilie der minderjährigen Beschwerdeführerin nach Polen verfügt wurde.
Da die Ausweisung nach Polen rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.