E3 245.210-0/2008-12E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und den Richter Mag. HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.1980, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.12.2003, FZ. 02 41.386-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 27.12.2002 einen Antrag auf Gewährung von Asyl und wurde hiezu am 14.11.2003 von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahme ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im wesentlichen Bedrohungen durch Unbekannte sowie finanzielle Schwierigkeiten vor. Den Grund für die Bedrohungen kenne er nicht, jedoch vermute er, dass diese mit seinem in der Türkei betriebenen Geschäft zusammenhängen könnten. Eine Anzeige bei der Polizei habe er nicht erstattet. Die Frage ob er die Türkei aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, wurde von ihm bejaht und ausgeführt dass er hier in Österreich arbeiten und Geld verdienen wolle.
2. Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei für zulässig.
Die Erstbehörde traf darin allgemeine Feststellungen zur Türkei sowie zur Ausweitung der Bürgerrechte und den aktuellen Entwicklungen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen glaubhaft sei und als zu beurteilender Sachverhalt dem Verfahren zu Grunde gelegt werde. In der rechtlichen Würdigung wurde begründend dargelegt, warum dem Vorbringen keine Asylrelevanz zukommen könne und warum dieses auch keinen Grund für die Unzulässigkeit der Abschiebung darstelle.
3. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist "Berufung" (nunmehr: "Beschwerde") erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen. In der Beschwerde wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet welches geeignet wäre der schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung der Erstbehörde entgegen zu treten.
4. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Verfahrensakt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.
5. Da die seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen zur Lage in der Türkei, welche sich zwar nunmehr nicht mehr gänzlich aktuell darstellten, deren wesentlicher Aussagekern durch das ho. aufliegende aktuelle Beweismaterial in nach wie vor gültiger und im Wesentlichen unveränderter Form als erwiesen anzunehmen ist, wurde seitens des Asylgerichtshofes mit Schreiben vom 04.09.2008 gem. § 45
(3) AVG Beweis erhoben und den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zur Türkei (Bericht des Auswärtigen Amtes zur Türkei vom Oktober 2007) (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die erstinstanzlichen Feststellungen nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) .
6. Weder seitens des Beschwerdeführers noch seitens der Erstbehörde langte eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein.
7. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 4/2008 weiterzuführen.
Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge AsylG 2005) sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt." Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002 zu führen.
Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 1997 zu führen. Anzuwenden war sohin das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen, zumal das Bundesasylamt ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst hat (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. VwGH 04.10.1995, Zahl 95/01/0045;
VwGH 25.3.1999, Zahl 98/20/0559; VwGH 24.11.1999, Zahl 99/01/0280;
VwGH 8.6.2000, Zahl 99/20/0366; VwGH 30.11.2000, Zahl 2000/20/0356;
VwGH 22.2.2001, Zahl 2000/20/0557; VwGH 21.6.2001, Zahl 99/20/0460).
3. Zur Lage in der Türkei werden zusätzlich zu den im Erstverfahren herangezogenen noch folgende, - im Zuge der erfolgten Beweisaufnahme (siehe oben, Punkt 4) in das Verfahren eingeführte -, Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:
AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, 25.10.2007
Allgemeines:
Markante Fortschritte in der Menschenrechtslage konnten durch die Gesetzes- und Verfassungsänderungen der letzten Jahre sowie weitere Reformmaßnahmen (z.B. Justizreformen) erzielt werden; dadurch wurde ein Mentalitätswandel bei großen Teilen der Bevölkerung eingeleitet.
Nach Jahren relativer Stabilität erlebte die Türkei im Zusammenhang mit den gescheiterten Präsidentschaftswahlen im Mai 2007 eine Phase innenpolitischer Polarisierung. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 22.07.2007 trat eine Beruhigung der Lage ein. Die anschließende erfolgreiche Wahl eines Präsidenten und die Regierungsbildung trugen zu einer weiteren Konsolidierung bei.
Im Osten und Südosten der Türkei kommt es weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften; der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung wurde mit Wiedererstarken des PKK-Terrorismus lauter.
Kritische Entwicklungen sind bei der Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu beobachten, gegen Journalisten, Menschenrechtsverteidiger u.a. wurden seitens der türkischen Justiz öffentlichkeitswirksame Strafverfahren geführt. Einzelne Verfahren dauern noch an, teilweise kam es auch zu Verurteilungen.
Jandarma und Polizei sind Organe für die innere Sicherheit, die Strafverfolgung und den Grenzschutz. Die Polizei ist für diese Aufgaben in den Städten zuständig und untersteht in
Form der Generalsicherheitsdirektion (Emniyet) dem Innenminister. Die Jandarma, in der auch Wehrpflichtige dienen, ist de facto neben Heer, Marine und Luftwaffe die vierte Teilstreitkraft, untersteht jedoch ebenfalls dem Innenminister. In einer Krise oder bei Verhängung des Ausnahmezustands gemäß Art. 122 der Verfassung wechselt die Befehlsgewalt zum Oberbefehlshaber des Heeres. Die Jandarma ist für die außerhalb städtischer Verwaltungen befindlichen Gebiete zuständig.
Die Verwirklichung der individuellen Glaubensfreiheit ist weitgehend gewährleistet, die Ausübung der Rechte religiöser Gemeinschaften ist mangels klarer Rechtsgrundlagen nur in begrenztem Umfang möglich; das Tragen des Kopftuchs bei offiziellen Anlässen und im "öffentlichen Raum", d.h. in staatlichen, öffentlichen Einrichtungen ist verboten.
Zahlreiche Reformen haben den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau gestärkt; die gesellschaftliche Wirklichkeit hinkt jedoch in weiten Teilen der Türkei noch weit hinter der gesetzlichen Entwicklung hinterher.
In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitsein-richtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standard entsprechen. Das türkische Gesundheits-system verbessert sich laufend.
Die Grundversorgung ist im wesentlichen gewährleistet.
Bei der Rückkehr abgeschobener Personen werden Routinekontrollen durchgeführt; Miss-handlung oder Folter allein aufgrund der Stellung eines Asylantrags kommt nicht vor.
4. Der erstinstanzliche Bescheid basiert vorbehaltlich der getroffenen Ausführungen zur Aktualität der den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Quellen, auf einem, ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
4.2. In der Beschwerde wurde kein substantiiertes Vorbringen erstattet, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte, sondern wird das Vorbringen lediglich wiederholt und auf allgemeine Schwierigkeiten der Kurden sowie Diskriminierungen, insbesondere auch bei der Arbeitsfindung, hingewiesen.
4.2.1. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass ihm Gefahr seitens der Gläubiger drohe, mangelt es zunächst bereits an den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen. Vielmehr lässt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers selbst entnehmen, dass die Verfolgung von ihm selbst verschuldet wurde und sollten tatsächlich Übergriffe auf ihn im Falle der Nichtzurückzahlung erfolgen, diese seitens des türkischen Staates nicht gebilligt werden. Der Beschwerdeführer hat nicht ausgeführt, dass die Gläubiger ihn aufgrund eines in der GFK genannten Grundes suchen bzw. bedrohen würden. Ein Zusammenhang mit den in der GFK genannten Gründen ist sohin nicht ersichtlich und wäre es somit für die Frage der Asylrelevanz auch nicht von Bedeutung, ob die Polizei gegenüber dem Beschwerdeführer tatsächlich schutzwillig ist; derartiges wäre ausschließlich im Rahmen von § 8 AsylG zu prüfen. Überdies ist noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, dass ihm aus asylrelevanten Gründen behördlicher Schutz verweigert wurde, hat er sich doch nicht um Hilfe an die staatlichen Behörden gewandt, und besteht auch unter Zugrundelegung der aktuellen Länderfeststellung kein hinreichender Anhalt für eine Duldung von Übergriffen oder für eine mangelnde Bereitschaft bzw. Fähigkeit des türkischen Staates Schutz zu gewähren.
Ferner ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu verweisen, in welchem dieser judiziert, dass die Eigenschaft des Fremden als "Geldschuldner" (mag er auch von kriminellen Gläubigern verfolgt werden) nicht ausreicht, um ihm aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Asylschutz zu gewähren. Überdies judiziert der VwGH in seinem Erkenntnis vom 31.05.2006, 2004/20/0474, dass es dem Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, "Mafiastrukturen" hätten das Inkassowesen in der Türkei "unterwandert", nicht gelingt - am Maßstab des E 13. November 2001, 2000/01/0098, gemessen - einen ausreichenden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund herzustellen.
4.2.2. Zum Vorbringen der existentiellen Gefährdung bzw. seiner schlechten wirtschaftliche Lage in seinem Heimatland und den Wunsch der Arbeitsaufnahme in Österreich ist auszuführen, dass diese Gründe nicht zu einer Asylgewährung führen können, setzt eine solche doch konkrete gegen den Asylwerber gerichtete Verfolgung oder Gefährdung bzw. Furcht vor Verfolgung oder Gefährdung voraus. Nachteile, die auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar und sind auch, da eine Existenzbedrohung, respektive wirtschaftliche Nachteile nicht basierend auf den Gründen der GFK vorgebracht wurde, nicht asylrelevant; derartiges (mangelnde Lebensgrundlage) wäre ausschließlich unter Spruchpunkt II zu prüfen.
4.2.3. Zu den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz, dass auch politische Gründe (er und seine Familie seien traditionell Parteigänger der "Linken" gewesen und hätten auch fortschrittliche Parteien unterstützt) verschiedene Personen dazu veranlasst haben mögen, den Beschwerdeführer unter Druck zu setzten, ist festzuhalten, dass es sich hierbei um bloße Mutmaßungen und Spekulationen des Beschwerdeführers handelt, welche er nur äußerst vage und unsubtantiiert in den Raum gestellt hat. Darüber hinaus hat er weder in der erstinstanzlichen Einvernahme noch im Beschwerdeschriftsatz behauptet politisch aktiv gewesen zu sein und scheint eine Bedrohung aus den vom Beschwerdeführer vermuteten Gründen schwer nachvollziehbar respektive äußerst unwahrscheinlich. Sollte zwischen den Bedrohungen und seiner Unterstützung der "fortschrittlichen Parteien" aber dennoch ein Konnex bestehen, so vermag dies jedenfalls zu keiner anderslautenden Entscheidungsfindung führen und bedeutet kein Abweichen von sämtlichen in diesem Erkenntnis getroffenen Ausführungen; dies insbesondere unter Berücksichtigung der Schutzfähigkeit und -willigkeit der türkischen Sicherheitsbehörden.
4.2.4. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass türkische Staatsangehörige die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.
Das Vorbringen lässt sohin keinen Asylkonnex erkennen und war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I jedenfalls abzuweisen.
4.2.5. Schließlich ist noch auszuführen, dass in der Türkei weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Daher ist es auch dem Beschwerdeführer als jungen Mann zuzumuten zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Zudem leben seine Eltern und Geschwister in der Türkei und ist sohin auch ein soziales Netz gegeben. Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei sehr wohl gesichert ist. Er ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.
Was die Befürchtungen vor den Gläubigern betrifft ist auszuführen, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar und möglich wäre sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die türkischen Sicherheitsbehörden zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.
Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom BF geschilderten Übergriffe in der Türkei offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren in der Türkei Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus: "Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.
Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.
... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").
Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist.
Letztendlich ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen (alle unterschiedslos treffenden) Sicherheitslage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde; auch hiezu ist seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen erfolgt.
Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor.
In diesem Sinne war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
5. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus § 23 AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs. 1 AsylG 2005 bedürfte. § 41 Abs. 7 ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.
Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie der Beweisaufnahme vom 04.09.2008 - welche den Parteien des Verfahrens schriftlich zur Kenntnis gebracht wurde (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH vom 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) und ihnen eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt wurde - welcher beide Parteien nicht nachgekommen sind - als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG). Es ergab sich auch in der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).