S5 401.998-1/2008/3E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des H.A., geb. 00.00.1983, StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.9.2008, Zahl: 08 06.046-EAST Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Afghanistan und behauptet, im Jahr 1998 seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben und in den Iran geflüchtet zu sein. Am 23.5.2008 reiste er eigenen Angaben über die Türkei illegal nach Italien, wo er am 11.7.2008 erkennungsdienstlich behandelt wurde und sodann nach Österreich weiterreiste, wo er am 13.7.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (Aktenseite 53 u. 25 f.).
Mit Informationsersuchen gem. Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) vom 16.7.2008 ersuchte Österreich Italien um Auskunft betreffend den Asylwerber (Aktenseite 35).
Mit Schreiben vom 6.8.2008 teilte Italien Österreich mit, dass der Asylwerber am 11.7.2008 in Italien unter der Nationale H.A., geb. 00.00.1987, erkennungsdienstlich behandelt wurde (Aktenseite 53).
Mit e-mail vom 7.8.2008 ersuchte Österreich Italien um Übernahme des Asylwerbers. Italien hat (durch Unterlassen einer fristgerechten Antwort) iSd Art. 18 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen. Letztlich hat sich Italien mit Schreiben vom 13.9.2008 (Aktenseite 89) auch ausdrücklich bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) zu übernehmen.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 23.9.2008 erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Italien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass ihm zuerst in Österreich die Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Weiters befände sich in Italien der Mann, der seine Frau vor ihm heiraten habe wollen und welcher ihn töten würde, sofern er seiner habhaft würde (Aktenseite 101).
Mit Bescheid vom 28.9.2008, Zahl: 08 06.046-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde Italien gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) für zuständig erklärt. Gleichzeitig wurde der Asylwerber aus dem Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen geltend gemacht, dass dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sei, ob ein die Zuständigkeit Italiens indizierender Eurodac-Treffer vorliege oder nicht. Weiters sei sein Asylverfahren in Österreich zuzulassen, da ihm das Führen von Konsultationen mit Italien erst am 8.8.2008, sohin nach Ablauf der 20-Tages-Frist mitgeteilt worden sei. Der Asylwerber machte weiters unter Verweis diverser Berichte, u. a. den Jahresbericht von Amnesty international 2007 geltend, dass ihn in Italien kein ordnungsgemäßes Asylverfahren erwarte. Konkret fürchte er, dass ihm in Italien insbesondere unter der nunmehrigen Regierung Berlusconis mangelnder Refoulementschutz drohe. Überdies seien in den italienischen Haftzentren für Einwanderer Missstände wie Korruption und Übergriffe zu beklagen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Italien hat auf Grundlage des Art. 18 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen.
Bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, darunter auch Feststellungen zum italienischen Asylverfahren und dessen Praxis sowie zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Soweit der Asylwerber die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz insofern anzweifelt, als er einerseits behauptet, dass ihm zuerst in Österreich Fingerabdrücke abgenommen worden seien und weiters in der Beschwerde vorbringt, dass dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sei, ob ein - die Zuständigkeit Italiens indizierender - Eurodac-Treffer bezüglich seiner Person vorliege oder nicht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er seine lediglich in den Raum gestellte Behauptung, vor seiner Einreise in Italien bereits in Österreich gewesen zu sein, durch keinerlei Beweismittel untermauern konnte, seine in Italien erfolgte illegale Einreise allerdings durch die italienischen Behörden bestätigt wurde, sodass keine Zweifel an der wirksamen Zuständigkeitsbegründung Italiens gem. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) gegeben sind. Auch hat Italien seine Zuständigkeit letztlich ausdrücklich akzeptiert, sodass die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung somit gegeben ist.
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.
Soweit der Asylwerber in der Beschwerde geltend macht, dass ihm das Führen von Konsultationen mit Italien erst nach Ablauf der 20-Tages-Frist, konkret am 8.8.2008, mitgeteilt worden ist, ist einzuwenden, dass sich derartiges dem Akteninhalt nicht entnehmen lässt. Vielmehr ergibt sich aus diesem, dass der Asylwerber am 16.7.2008, sohin 3 Tage nach seiner Antragstellung auf internationalen Schutz von der Führung von Konsultationen mit Italien in Kenntnis gesetzt wurde und hat der Asylwerber diesen Umstand durch seine Unterschrift selbst bestätigt (Aktenseite 49 u. 51). Es wird nicht verkannt, dass in der gegenüber dem Asylwerber am 8.8.2008 erfolgten Mitteilung, worin ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, tatsächlich festgehalten ist, dass die Konsultationen mit Italien seit 7.8.2008 geführt würden (vgl. Aktenseite 75), jedoch erscheint dieses Datum insofern nicht maßgeblich, als eben bereits mit dem am 16.7.2008 erfolgten Informationsersuchen an Italien gem. Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) in casu der Beginn des Konsultationsverfahrens anzusetzen ist.
Zu den in der Beschwerde erhobenen Einwänden im Hinblick auf eventuell mangelhaften Refoulementschutz in Italien ist zunächst auf die - nachstehend auszugsweise wiedergegebenen - Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 31.3.2005, Zl. 2002/20/0582, zu verweisen:
"4.2. Das Erfordernis einer grundrechtskonformen Auslegung des
§ 5 Abs. 1 AsylG im Sinne dieser Judikatur bezieht sich nach dem
Verständnis des Verwaltungsgerichtshofes aber auf die Erfüllung
der Verpflichtungen Österreichs und nicht anderer Staaten aus der -
in Österreich im Verfassungsrang stehenden - EMRK.
Bezugspunkt der Prüfung unter den im vorliegenden Fall
angesprochenen Aspekten des Art. 3 EMRK ist daher - wie bei den
gemäß § 8 AsylG zu treffenden Entscheidungen - die
Aufenthaltsbeendigung durch Österreich unter dem Gesichtspunkt der
Risiken, denen der Betroffene damit ausgesetzt wird (vgl. näher
das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2004, Zl. 99/20/0573; aus der
Vorjudikatur insbesondere die Erkenntnisse vom 21. August 2001,
Zl. 2000/01/0443, und vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059; aus der
Judikatur des EGMR zuletzt - im Zusammenhang mit Auslieferungen -
die Entscheidung vom 4. Februar 2005 im Fall Mamatkulov und
Askarov gegen Türkei; zur Anknüpfung an die
aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des
Art. 1 EMRK die Entscheidung vom 12. Dezember 2001,
Bankovic u.a. gegen Belgien u.a.)."
[...]
"4.4.1. Was zunächst Art. 3 EMRK anlangt, so trifft es
grundsätzlich zu, dass sich aus dieser Bestimmung - unbeschadet
internationaler Vereinbarungen über die Zuständigkeit zur Prüfung
von Asylanträgen - das Erfordernis der Bedachtnahme auf ein
allfälliges Risiko einer Kettenabschiebung ergibt und dabei auch
Verfahrensgestaltungen im Drittstaat von Bedeutung sein können
(vgl. die Auseinandersetzung mit "effective procedural safeguards"
in Deutschland in der Entscheidung des EGMR vom 7. März 2000,
T.I. gegen Vereinigtes Königreich).
Der bisherigen Judikatur des EGMR ist aber nicht entnehmbar,
dass der Drittstaat - bei sonstiger Verletzung des Art. 3 EMRK
durch eine Verbringung des Betroffenen dorthin - stets den
Anforderungen des Art. 13 EMRK entsprechen müsse. Im Besonderen
hat der EGMR in der Entscheidung T.I. gegen Vereinigtes
Königreich zwar einerseits die Verfahrensgestaltung in
Großbritannien als dessen Unzuständigkeit nach dem Dubliner
Übereinkommen wahrnehmendem Vertragsstaat an Art. 13 EMRK gemessen
und andererseits bei der Prüfung einer Verletzung des Art. 3 EMRK
durch Großbritannien auch die Verfahrensgestaltung im Zielstaat
Deutschland erörtert. Letzteres erfolgte aber ohne Bezugnahme auf
Art. 13 EMRK und die entscheidende Schlussfolgerung lautete, es
fehle das "real risk" einer Verbringung des Betroffenen nach
Sri Lanka, wo er nach seinen Behauptungen - denen der EGMR einen
eigenen Abschnitt der Entscheidungsgründe widmete - bereits
gefoltert worden war.
Die Bedachtnahme auf das Ausmaß verfahrensrechtlicher
Garantien im Drittstaat ist nach Meinung des
Verwaltungsgerichtshofes daher nur Teil einer ganzheitlichen
Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit
aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des
Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk" (vgl. in
diesem Sinn zur Abschiebung in einen Drittstaat schon
Alleweldt, Schutz vor Abschiebung bei drohender Folter oder
unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (1996)
64; zu T.I. gegen Vereinigtes Königreich unter dem
Gesichtspunkt des "indirect risk" Noll, Formalism vs.
Empiricism: Some Reflections on the Dublin Convention on the
Occasion of Recent European Case Law, NJIL Vol. 70 No. 1
(2001) 161 ff; zur Maßgeblichkeit einer "Gesamtbetrachtung" bzw.
"Gesamtprognose" - außerhalb des Kontexts der Verbringung in einen
Drittstaat - etwa Alleweldt, a.a.O. 88 und in
NVwZ 1997, 1079). Die Gefahrenprognose hat sich auf die
persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen (vgl. zuletzt
etwa die Entscheidungen des EGMR vom 31. August 2004,
A.B. gegen Schweden, vom 12. Oktober 2004, Liton
gegen Schweden, und vom 26. Oktober 2004, B. gegen
Schweden, jeweils in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage
im Zielstaat).
Im vorliegenden Fall hatte der Mitbeteiligte zunächst
gemeint, es spreche "nichts gegen Italien". Die in der Berufung
erhobene Behauptung von Abschiebungen "ohne Durchführung eines
Asylverfahrens" blieb auch nach dem Versuch ihrer Präzisierung im
Schriftsatz vom 13. Februar 2001 vage und erwies sich im weiteren
Verfahren als nicht objektivierbar. In Bezug auf den
Mitbeteiligten lag die ausdrückliche Erklärung Italiens vor, ihn
im Rahmen der Verpflichtungen aus dem Dubliner Übereinkommen zur
Prüfung seines Asylantrages zu übernehmen, und er selbst hatte aus
eigener Wahrnehmung berichtet, er sei von italienischen
Sicherheitsorganen schon während seines vorangegangenen
Aufenthaltes aufgefordert worden, Asyl zu beantragen, wenn er in
Italien bleiben wolle. Auf Zweifel am Zugang des Mitbeteiligten zu
einem Verfahren, in dem er die behauptete Bedrohung würde geltend
machen können, konnte die belangte Behörde ihre Entscheidung daher
nicht stützen (vgl. demgegenüber die bei Alleweldt,
a. a.O. (1996) 67, im Zusammenhang mit dem Dubliner Übereinkommen
nur erörterten Fälle bereits abgelehnter Asylwerber).
Für eine fallbezogene Gefahrenprognose wäre unter diesen
Umständen zunächst maßgeblich gewesen, ob ein - über eine bloße
Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" bestand, dass der
Mitbeteiligte, wenn er das von ihm behauptete und vom
Sachverständigen beurteilte Bedrohungsbild glaubhaft geltend
machen würde, in Italien nicht schon in erster Instanz Asyl oder
zumindest eine humanitäre Aufenthaltsberechtigung oder
anderweitigen Schutz vor einer Abschiebung in die Türkei erhalten
würde. Erst nach Bejahung eines solchen Risikos - über das der
angefochtene Bescheid keine Feststellungen enthält - hätte es auf
die von der belangten Behörde behandelten Fragen des
Rechtsmittelverfahrens im Rahmen einer Gesamtprognose am Maßstab
des Art. 3 EMRK allenfalls ankommen können."
[...]
"War ein solches Risiko nicht feststellbar, so war die
Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs gemäß § 5 Abs. 1 AsylG
nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - soweit es Art. 3 EMRK
betrifft - auch zulässig, wenn sich die Verneinung des Risikos
nicht damit begründen ließ, dass Italien ein allen Anforderungen
des Art. 13 EMRK entsprechendes Verfahren zur Verfügung stelle."
[...]
"4.5. Der Klarheit halber ist schließlich noch hervorzuheben,
dass die verfassungskonforme Interpretation des § 5 AsylG nicht an
Hand der Judikatur zu § 4 AsylG - einer ausdrückliche und
weitreichende Garantien in Bezug auf das Verfahren im Drittstaat
als solches enthaltenden Vorschrift - erfolgen kann."
In Bezug auf den Asylwerber hat Italien akzeptiert, ihn im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin II VO aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen. Zweifel am Zugang des Antragstellers zu einem Asylverfahren liegen daher nicht vor.
Gemäß der - mittlerweile ständigen - Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (VfGH vom 8.3.2001, G 117/00 u. a., VfSlG 16.122; VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2000/01/0498) ist auf Kriterien der Art. 3 und 8 EMRK bei Entscheidungen gemäß § 5 AsylG, ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen Anordnung in der Bestimmung selbst, Bedacht zu nehmen.
Sohin ist zu prüfen, ob der Asylwerber im Falle der Zurückweisung seines Asylantrages und seiner Ausweisung nach Italien gem. §§ 5 und 10 AsylG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gem. Art. 3 EMRK (eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 8 EMRK wurde seitens des Antragstellers nicht behauptet und liegen auch keinerlei Anhaltspunkte hiefür vor, da der Asylwerber keine Verwandtschaft in Österreich hat) verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.
Soweit der Asylwerber vorbringt, dass er fürchte, von jenem Mann, der seine Frau heiraten habe wollen und der sich nun in Italien befände, im Falle seiner Überstellung nach Italien getötet zu werden, ist einzuwenden, dass Italien als Mitgliedstaat der EU selbstverständlich in der Lage und auch willens ist, ihm vor allfälligen Übergriffen Privater effektiv Schutz zu bieten. Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Asylwerber in Italien selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen letztlich ebenso wenig vorhanden wie dass ihm Italien entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatland unmenschliche Behandlung drohen würde. Hinsichtlich des vom Asylwerber in der Beschwerde zitierten Berichtes von Amnesty international, in welchem Missstände des italienischen Asylverfahrens kritisiert werden, ist anzumerken, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Italien gegen seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen aus der Dublin-Verordnung qualifiziert verstoßen würde und es vor dem Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben in Gestalt der so genannten "Aufnahmerichtlinie" (Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten) gänzlich unwahrscheinlich erscheint, dass der Beschwerdewerber in Italien infolge der Verweigerung staatlicher Unterstützung als Asylwerber ohne Unterbringung, Versorgung oder finanzielle Unterstützung gleichsam seinem Schicksal überlassen wäre. In den Art 13 ff der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 ist die Pflicht der Mitgliedstaaten statuiert, für ausreichende materielle Aufnahmebedingungen und eine medizinische Versorgung von kranken Asylwerbern zu sorgen. Dieser Rechtsakt, sowie dessen Umsetzung, beruht gemäß Arti 6 iVm 46 lit d des Vertrages der Europäischen Union (EUV) ua. auf der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention, wobei in dem Kontext noch erwähnt werden muss, dass Italien Gründungsmitglied des Europarates ist und 1955 die Europäischen Menschenrechtskonvention und in der Folge die meisten Zusatzprotokolle ratifiziert hat.
Italien ist weiters als Gründungsmitglied der Europäischen Union zur Umsetzung dieser Richtlinie verpflichtet. Diesbezüglich besteht auch eine Nachweispflicht gemäß Artikel 26 Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 an die Europäische Kommission. Sollte Italien dieser Umsetzungsverpflichtung bis dato nicht nachgekommen sein, wäre die Europäische Kommission verpflichtet, ein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art 226 des EG-Vertrages (EGV) einzuleiten, da Italien diesfalls nicht Mitglied der Europäischen Union als einer dem Menschenrechtsschutz verpflichteten europäischen Wertegemeinschaft sein dürfte. Hiefür bestehen gegenwärtig allerdings nicht die geringsten Anzeichen.
Letztlich ergibt sich auch aus den erstinstanzlichen Länderfeststellungen, dass jeder Asylwerber in Italien grundsätzlich Zugang zu den vorhandenen Versorgungseinrichtungen (Nahrung, Kleider, Unterbringung, Gesundheitsvorsorge etc.) hat (Seite 11 des angefochtenen Bescheides), sodass die Angaben des Asylwerbers, im Falle seiner Überstellung nach Italien in diesem Mitgliedstaat "kein ordnungsgemäßes Asylverfahren zu erhalten", nicht substantiiert genug erscheinen, um ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK darzutun.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.