B7 263.610-0/2008/3E
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 iVm § 75 Abs. 7 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Beisitzerin über die Beschwerde der G.B., geb. 00.00.2005, StA. Republik Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2005, Zl. 05 08.424, zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde von G.B. wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Spruch zu lauten hat wie folgt:
Der Antrag von G.B. auf Gewährung von Asyl vom 10.06.2005 wird im Grunde des § 2 AsylG 1997 als unzulässig zurückgewiesen.
BEGRÜNDUNG:
Die minderjährige Beschwerdeführerein stellte am 10.06.2005 in Östererich, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin, die Mutter G.D., geb. 00.00.1982, in Österreich einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Der Asylgerichtshof tätigte in seinem die Mutter betreffenden Beschluss vom heutigen Tag, GZ. B7 261.772-0/2008/3E, folgende Ausführungen, welche in inhaltlicher Hinsicht auch für die minderjährige Beschwerdeführerin selbst gelten:
"Die Berufungswerberin (in der Folge Beschwerdeführerin genannt) stellte am 12.11.2004 in Österreich einen Antrag auf Gewährung von Asyl, welcher vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 24.05.2005, Zl. 04 23.046, gemäß § 7 AsylG abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin "nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Ausweisung wurde nicht ausgesprochen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Anwaltsschriftsatz vom 17.06.2005 fristgerecht Berufung (in der Folge als Beschwerde bezeichnet; vgl. diesbezüglich § 23 Asylgerichtshofgesetz [Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008]).
Am 08.09.2008 langte folgende von der Beschwerdeführerin unterfertigte, mit 08.09.2008 datierte Erklärung der Beschwerdeführerin beim Asylgerichtshof ein:
"Ich habe am ... einen Asylantrag gestellt. Nun beabsichtige ich freiwillig zurückzukehren. Ich erkläre mich damit einverstanden, dass nach erfolgter Ausreise mein Asylantrag gemäß § 31 Abs. 3 AsylG 2003 als gegenstandslos abgelegt wird.
Der Inhalt wurde mir von einer sprachkunidgen Vertrauensperson erklärt.
Mein Berater war Frau W..
Lins, am 08.09.2005 Unterschrift."
Mit Schreiben der Grenzpolizeiinspektion Schwechat - Flughafen vom 17.09.2008 wurde bestätigt, dass die Beschwerdeführerin am 00.00.2008 um 00.00 Uhr das österreichische Bundesgebiet verlassen hat und mit Flug OS777 nach Pristina ausgereist ist.
Nach einer telefonische Nachfrage des Asylgerichthofes vom 20.10.2008 wurde seitens IOM unter Verweis auf die Caritas Linz zwar bestätigt, dass die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet am 17.09.2008 ausgereist ist, dass jedoch nicht Rückkehrhilfe gewährt worden sei, da die Beschwerdeführerin mit einem Österreicher verheiratet sei.
Als entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin am 17.09.2008 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist und in den Kosovo zurückgekehrt ist und sich sohin nicht mehr im österreichischen Bundesgebiet aufhält. Rückkehrhilfe wurde ihr jedoch nicht gewährt.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind Verfahren gegen abweisende Bescheide, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind und in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichthofes zuständigen Senat weiterzuführen. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, eine mündliche Verhandlung hatte nicht stattgefunden.
Gemäß § 61 Abs.1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Gemäß § 61 Abs.3 Asylgesetz 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Die Fälle der Entscheidung durch Einzelrichter sind in § 61 Abs. 3 AsylG 2005 taxativ aufgezählt; da keiner dieser Fälle entscheidungsgegenständlich vorliegt, ist von einer Senatszuständigkeit auszugehen.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.
Der verfahrensgegenständliche Asylantrag wurde am 12.11.2004 gestellt. Das gegenständliche Asylverfahren ist daher nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, sohin also in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 zu führen.
Gemäß § 31 Abs. 3 ASylG 1997 idF der ASylGNov 2003 wird der Asylantrag Fremder, denen Rückkehrhilfe gewährt wurde (§ 40a), mit ihrer Ausreise als gegenstandslos abgelegt.
Wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführerin keine Rückkehrhilfe gewährt, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 3 AsylG 1997 idF der AsylGNov 2003 nicht erfüllt sind. Diese Bestimmung kann daher im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung kommen.
Gemäß § 2 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 erlangen Fremde, die sich im Bundesgebiet aufhalten, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Asyl und die Feststellung, dass sie damit kraft Gesetzes Flüchtlinge sind.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl. Ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist nicht zulässig.
Gemäß § 7 leg. cit. hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach der Bestimmung des § 2 AsylG bildet der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet eine Voraussetzung für die Asylgewährung. Die Gewährung von Asyl und die Asylerstreckung an Fremde, die sich im Ausland aufhalten, ist unzulässig (s. 686 BlgNR, 20. GP). Eine meritorische Entscheidung über einen Antrag auf Gewährung von Asyl im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG setzt voraus, dass sich der Asylwerber im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Asylantrag im Bundesgebiet aufhält. Das Fehlen eines Aufenthaltes im Bundesgebiet ist als Fehlen einer Prozessvoraussetzung zu werten. Das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (zum Ausspruch der Zurückweisung durch die Berufungsbehörde trotz Sachentscheidung der ersten Instanz vgl. zB VwGH 28.6.1994, 92/05/0063).
Da im Fall der Asylwerberin die Prozessvoraussetzung des Aufenthaltes im Bundesgebiet nach dem oben Gesagten im Laufe des Verfahrens weggefallen ist, war spruchgemäß zu entscheiden."
Wie bereits erwähnt, gelten diese Ausführungen in inhaltlicher Hinsicht auch für die minderjährige Beschwerdeführerin selbst.