TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/22 A6 262332-3/2008

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Spruch

A6 262.332-3/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Unterer als Einzelrichterin über die Beschwerde des O. U., geb. am 00.00.1986 alias 00.00.1970, Staatsangehöriger von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.09.2008, Zl. 08 08 438 EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von O. U. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, und § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste im August 2004 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.08.2004 (erstmalig) einen Asylantrag. Er wurde hiezu am 13.08.2004 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, sowie am 06.04.2005 vor der Außenstelle Linz niederschriftlich einvernommen.

 

I.2. Der Beschwerdeführer berief sich in diesem ersten Asylverfahren darauf, dass sein Vater Mitglied der Ogboni Gesellschaft gewesen sei und ihn diese nach dem Tod seines Vaters gewaltvoll zu einem Beitritt aufgefordert hätten. Am Tag des Begräbnisses seines Vaters sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und den Mitgliedern dieser Gesellschaft gekommen, die den Leichnam in seiner Anwesenheit geschändet und anschließend entwendet hätten. Ihm selbst sei eine blutende Wunde an der Stirn zugefügt worden, die im Krankenhaus genäht worden sei. Nachdem sich der Beschwerdeführer trotz nachhaltiger Aufforderung beharrlich geweigert habe, den Ogboni beizutreten, hätten diese ihn eines Nachts bei sich zu Hause aufgesucht und mit einem Messer am Bein verletzt. Ihm sei jedoch die Flucht zu seinem Priester geglückt, mit dessen Hilfe er in weiterer Folge über einen ihm weitgehend unbekannten Reiseweg Nigeria verlassen habe.

 

I.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.06.2005, Zl. 04 16.178-BAL, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und unter einem festgestellt, dass gemäß

 

§ 8 Abs. 1 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die belangte Behörde begründete die Entscheidung im Wesentlichen mit der fehlenden Glaubhaftigkeit des erstatteten Vorbringens. Die Angaben des Beschwerdeführers seien nicht nur widersprüchlich, sondern habe er zudem maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Verfahrens vorgebracht.

 

I.4. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30.06.2005 gemäß § 21 Abs. 1 ZustellG rechtswirksam zugestellt.

 

I.5. Gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes vom 22.06.2005, Zl. 04 16.178-BAL, erhob der Beschwerdeführer am 08.07.2005 fristgerecht Berufung und bekämpfte den Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen aus, dass die erstinstanzliche Behörde gehalten gewesen wäre, angebliche Widersprüche im Zuge der Einvernahmen vorzuhalten, und sei es außerdem nicht richtig, dass nur Mitglieder des Yoruba-Volkes den Geheimkulten der Ogboni zugehörten.

 

I.6. Über diese Berufung hat der Unabhängige Bundesasylsenat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durchgeführt. Im Rahmen der am 20.03.2007 durchgeführten Verhandlung wurde der Beschwerdeführer ergänzend als Partei vernommen und wurden zudem von der Verhandlungsleiterin beigeschaffte Dokumentationsunterlagen zur Situation in Nigeria, insbesondere aber zu der in diesem Lande existierenden Ogboni-Geheimgesellschaft, verlesen, erörtert, und in die englische Sprache übersetzt.

 

I.7. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 28.03.2007, Zahl 262.332/0/6E-V/15/05 wurde die Berufung gegen den Bescheid der belangten Behörde gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG abgewiesen, unter der Maßgabe, dass Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides zu lauten habe "gemäß § 8 Abs.2 AsylG werde O. U. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen".

 

I.8. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 02.04.2007 zu Handen seines ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreters rechtswirksam zugestellt und erwuchs mit diesem Tage in Rechtskraft.

 

I.8. Die Behandlung der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.09.2007, Zahl 2007/20/1110-4, abgelehnt.

 

I.9. Am 10.10.2007 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005.

 

Begründet wurde dieser Schritt vom Beschwerdeführer im Zuge seiner behördlichen Einvernahmen am 11.10.2007 und am 00.00.2007 im Wesentlichen damit, dass er wegen der in seinem ersten Asylverfahren dargelegten Gründe noch immer nicht in sein Heimatland zurückkehren könnte. Er habe seit seiner ersten Asylantragstellung Österreich nicht mehr verlassen. Nunmehr gäbe es aber viele Neuigkeiten. Außerdem wollte "er jetzt die Wahrheit sagen." Im Jahre 2004 habe er nicht erwähnt, dass er jemanden mit einem Messer verletzt hätte. "Jetzt müsste er aber alles sagen, jetzt sagte er die Wahrheit." Vor etwa drei Wochen habe er einen Anruf von seinem Freund aus Nigeria, T. O., erhalten und habe ihm dieser mitgeteilt, dass derjenige, den der Beschwerdeführer seinerzeit mit dem Messer verletzt hätte, mittlerweile gestorben sei. Nunmehr suchte die Familie des Verstorbenen nach dem Beschwerdeführer, "vielleicht suchten aber auch die Ogbonis nach ihm." Verschiedene Leute hätten dem Beschwerdeführer SMS geschrieben; insgesamt habe er fünf solche Mitteilungen erhalten, in welchen geschrieben stünde, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria umgebracht würde. Dies seien die Gründe, weshalb er einen zweiten Antrag gestellt hätte.

 

I.10. Der neuerliche Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.10.2007, Zl. 07 09.455-EAST West, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer seinen nunmehrigen Antrag auf ein bereits rechtskräftig als nicht glaubhaft qualifiziertes Vorbringen stütze, weshalb kein neuer Sachverhalt vorliege. Bezüglich der angeblichen Mitteilung, dass die vom Beschwerdeführer im Jahre 2004 mit einem Messer verletzte Person nunmehr verstorben sei, bliebe festzuhalten, dass der Beschwerdeführer diesen Vorfall in seinem ersten Asylverfahren nicht vorgebracht hätte, weshalb das diesbezügliche Vorbringen als nicht glaubhaft zu beurteilen sei. Hinsichtlich der übrigen dargelegten Mitteilungen und Warnungen an den Beschwerdeführer fiele auf, dass dieser besagte Nachrichten just zu dem Zeitpunkt erhalten habe, nachdem sein erstes Asylverfahren in Rechtskraft erwachsen und auch die anhängige Verwaltungsgerichtshofbeschwerde abgelehnt worden sei. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar und plausibel erklären können, auf welchem Wege diverse Personen in Nigeria die Handynummer des Beschwerdeführers in Erfahrung gebracht hätten. Mangels glaubhaften Kerns des neuen Vorbringens sei es daher zu keiner entscheidungsrelevanten und zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderung gekommen.

 

I.11. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 07.11.2007 fristgerecht berufen und darin neuerlich auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

 

I.12. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 05.12.2007, Zahl 262.332-2/2E-V/15/07, wurde dieser zweite Antrag auf internationalen Schutz in Ermangelung einer wesentlichen Sachverhaltsänderung gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

I.13. Am 11.09.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den nunmehr gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005.

 

Im Rahmen der am selben Tag stattgefundenen niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes berief sich der Beschwerdeführer auf die im Zuge seiner ersten beiden Asylverfahren präsentierten Fluchtgründe. Er habe Österreich seit seiner Einreise im Jahr 2004 nur einmal, im Februar 2008, mit der Bahn in Richtung Deutschland verlassen, da er erfahren habe, dass sein Sohn in Nigeria von Mitgliedern der Ogboni Gesellschaft getötet worden sei und er deswegen "weg von Österreich" habe wollen. Bei einer Kontrolle in München sei er allerdings festgenommen und nach Salzburg rücküberstellt worden.

 

Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 18.09.2008 und am 29.09.2008 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, niederschriftlich einvernommen.

 

Im Zuge dieser Befragungen verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf seine bisher vorgebrachten Fluchtgründe und merkte an, er habe keine Nachricht über den rechtskräftigen Abschluss seines zweiten Asylverfahrens erhalten. Nachdem er erfahren habe, dass sein Sohn am 00.00.2007 verstorben sei, sei er in die Betreuungseinrichtung gegangen, um von der anhaltenden Bedrohung seiner Familie zu berichten. Die Mutter seiner Kinder habe dem Beschwerdeführer mittels SMS vom Tod ihres gemeinsamen Sohnes berichtet. Er sei davon überzeugt, dass die Ogboni Gesellschaft für den Tod verantwortlich sei, selbst, wenn er nicht als Folge ihrer unmittelbaren Einwirkung, sondern erst zu Hause nach dem Spielen, gestorben sei. Im Rahmen der ergänzenden Einvernahme im Beisein eines Rechtberaters am 29.09.2008 verwies der Beschwerdeführer er auf den von ihm vorgelegten Bericht von "allafrica.com" betreffend die allgemeine Sicherheitslage in Nigeria, aus welchem hervorginge, dass der nigerianische Staat seine Sicherheit nicht gewährleisten könnte.

 

I.14. Dieser nunmehr dritte Antrag auf internationalen Schutz vom 11.09.2008 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Eirstaufnahmestelle West, vom 30.09.2008, Zl. 08 08.438-EWest, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das vom Beschwerdeführer nunmehr erstattete Vorbringen, die Ogboni Gesellschaft sei für den Tod seines Sohnes verantwortlich, enthielte aus näher angeführten Gründen keinen glaubhaften Kern und weise nicht nur im Zuge dieses Verfahrens, sondern auch in einer Gesamtbetrachtung, insbesondere im Vergleich zu seinem Erstverfahren, mehrere unlösbare Widersprüche auf. Es sei somit nicht vom Vorliegen eines neuen, entscheidungsrelevanten Sachverhaltes auszugehen.

 

I.15. Gegen diesen am 30.09.2008 rechtswirksam zugestellten Bescheid richtet sich die am 13.10.2008 innerhalb gesetzlicher Frist eingebrachte Beschwerde, in welcher das bereits erstattete Vorbringen im Wesentlichen wiederholt wird.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 2008/4, nimmt der Asylgerichtshof mit 1.7.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 1.7.2008 außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. I/1930, dem Asylgesetz 2005, AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985- VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991-AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs " Berufung" der Begriff " Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Zur Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab - oder zurückweisende Bescheide aufgrund des AsylG, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag

 

zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Antragsteller auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH v. 20.03.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).

 

Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt im großen und ganzen auf seine bereits in den vorangegangenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründen bezogen, allerdings ein um den Tod seines Sohnes ergänztes Vorbringen erstattet; da er aber behauptete, sein Sohn sei von Anhängern der Ogboni Gesellschaft getötet worden, um den Beschwerdeführer als Nachweis der nach wie vor andauernden und akuten Verfolgungsgefahr zu einer Rückkehr nach Nigeria zu zwingen, beziehen sich auch die nunmehr behaupteten Geschehnisse auf seine ursprünglich vorgebrachten und als nicht glaubhaft beurteilten Fluchtgründe. Der Beschwerdeführer stützt seinen nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz somit auf Ereignisse, die bereits vor seiner Ausreise aus Nigeria vorgefallen sein sollen und folglich vor Eintritt der Rechtskraft seines ersten Asylverfahrens bestanden haben. Aber selbst bei entsprechender Würdigung seines nunmehr erstatteten Vorbringens, somit ausgehend von einem neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt, fehlt den Angaben des Beschwerdeführers jedenfalls der glaubhafte Kern, welcher eine neue inhaltliche Auseinandersetzung zur Folge haben müsste. Es ist der Ansicht des Bundesasylamtes vollinhaltlich zuzustimmen, dass sich die vom Beschwerdeführer dargelegten näheren Umstände bezüglich der angeblich von der Mutter seiner Kinder erhaltenen SMS als gänzlich unglaubwürdig erweisen und wird in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden beweiswürdigenden Ausführungen seitens der belangten Behörde verwiesen. Auch den dahingehenden Vorhalten des Bundesasylamtes vermochte der Beschwerdeführer nicht in substantiierter Weise entgegenzutreten, sondern unternahm er den missglückten Versuch, sein Vorbringen durch nachstehend haltlose ("Ein Nigerianer, der mit Österreich Handel getrieben hat, war öfters in Nigeria. (...) Als er dann in Nigeria war, hat er der Mutter meiner Kinder meine Telefonnummer gegeben" -vgl. AS. 101) sowie - in einer Gesamtbetrachtung - größtenteils widersprüchliche Begründungen zu untermauern. Nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes ist somit auch in diesem dritten Asylverfahren nicht von einer Bedrohung des Beschwerdeführers oder seiner Familie durch besagte Gesellschaft auszugehen, da der Beschwerdeführer - wie bereits vom Bundesasylamt zutreffend festgestellt - lediglich vage und oberflächliche Angaben, basierend auf nicht zuordenbare und verifizierbare Quellen, tätigte, die jedenfalls nicht zur Begründung eines neuen maßgeblichen Sachverhaltes geeignet erscheinen.

 

Da der Beschwerdeführer in gegenständlichem Verfahren somit keine relevanten Sachverhaltsänderungen geltend machte, die erst nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens entstanden sind und gegebenenfalls eine Durchbrechung der materiellen Rechtskraft bewirken würden, ist sein nunmehriges Vorbringen auf Grund des Wiederholungsverbotes keiner weiteren Entscheidung zugänglich.

 

Am Rande bemerkt wird, dass auch der im gegenständlichen Verfahren vorgelegte Internetbericht von "allafrica.com" lediglich auf allgemeine Geschehnisse im Herkunftsland des Beschwerdeführers verweist und in keiner Weise Bezug auf sein individuelles Vorbringen nimmt, so dass dieser Bericht für die Beurteilung des gegenständlichen Antrages nicht von Relevanz war.

 

Die tatsächlich - mit der Wirklichkeit übereinstimmenden - maßgeblichen Gründe, die den Beschwerdeführer zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen haben, haben sich daher seit seiner ersten Asylantragstellung am 11.08.2004 nicht verändert und liegt seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Wahrheit derselbe Sachverhalt (derselbe Ausreisgrund) zugrunde wie zum Zeitpunkt des Erstantrages.

 

Der Beschwerdeführer begehrt daher faktisch die Auseinandersetzung mit seinen bereits im ersten - rechtskräftigen beendeten - Asylverfahren vorhandenen Fluchtgründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 - 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Es liegt somit keine Änderung des Sachverhalts vor, weshalb das Bundesasylamt zu Recht den Folgeasylantrag wegen entschiedener Sache i. S.d. § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat. Dass sich im Herkunftsstaat Nigeria maßgebliche Änderungen ergeben hätten, welche für sich alleine bereits einen neuen asylrelevanten Sachverhalt bewirken würden, konnte von Amts wegen nicht festgestellt werden und wurde nicht einmal vom Beschwerdeführer selbst behauptet.

 

Nach dem Gesagten erweist sich die Zurückweisung des neuerlichen Antrages im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG als rechtmäßig, sodass die Beschwerde gegen Spruchteil I des angefochten Bescheides abzuweisen war.

 

Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

Anzumerken bleibt, dass der Beschwerdeführer zwar bereits seit vier Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist und während dieses Aufenthaltes naturgemäß Bekanntschaften unterschiedlicher Intensität geschlossen hat. Weder ergeben sich aber aus dem vorliegenden Verwaltungsakt noch aus seinen persönlichen Äußerungen verwandtschaftliche beziehungsweise familiäre Beziehungen im Bundesgebiet, welche ein schützenswertes Privat- oder Familienleben gemäß Art. 8 EMRK begründen könnten. Die vom Beschwerdeführer behauptete enge Beziehung zu einer befreundeten Familie, welche den Beschwerdeführer bereits wie ihren eigenen Sohn behandeln würde, basiert einerseits nicht auf einem Verwandtschaftsverhältnis und weist andererseits auch nicht die von der Rechtsprechung geforderte Intensität auf, da er selbst anlässlich seiner Einvernahme am 18.09.2008 angab, er sei bei besagter Familie lediglich ab und zu zum Essen eingeladen.

 

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits seit August 2004 in Österreich aufhältig ist und gewisse Integrationstatbestände (Deutschkenntnisse, Tätigkeit als Automechaniker) verwirklicht hat, erscheint in Hinblick auf seine missbräuchliche Asylantragstellung nicht ausreichend, um einen fortwährenden Aufenthalt in Österreich zu begründen. Der Umstand, dass sein Aufenthalt überdies nur auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, mindert das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren (Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007/4, S. 857). Sein beharrlicher illegaler Verbleib im österreichischen Bundesgebiet kann im Ergebnis nicht als positive Integration und als ein Recht zum weiteren Aufenthalt herangezogen werden. Vielmehr ist zu betonen, dass der Beschwerdeführer in gegenständlichem Fall keine rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, sich in Österreich legal aufzuhalten, wenn er nicht einen zweiten und dritten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte.

 

Es ist darüber hinaus festzuhalten, dass in ganz Nigeria keine derart extreme Gefahrenlage gegeben ist, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine Gefahr für Leib und Leben in hohem Maße droht. Dem Ersuchen des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde war daher nicht zu entsprechen.

 

Darüber hinaus leben gemäß eigenen Angaben des Beschwerdeführers noch weitere Familienmitglieder in Nigeria, weshalb nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes nichts gegen seine jederzeitige Wiederaufnahme in den Familienverband spricht.

 

In Summe überwiegen somit die öffentlichen Interessen an der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Ausweisung, weshalb die Beschwerde letztlich vollinhaltlich abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 aufgrund des aus der Aktenlage als geklärt anzusehenden Sachverhalts Abstand genommen.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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