TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/22 D3 314982-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2008
beobachten
merken
Spruch

D3 314982-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Scherz als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Mag. Pfleger über die Beschwerde des A. A. M., geb. 00.00.2007, StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.08.2007, FZ. 07 06.532-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 34 AsylG 2005 idgF hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 iVm § 34 AsylG 2005 idgF wird A. A. M. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 idgF wird A. A. M. eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.08.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der minderjährige Beschwerdeführer, eine pakistanischer Staatsbürger wurde am 00.00.2007 in Österreich geboren und stellte am 17.07.2007 durch die Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.08.2007, Zl. 07 06.532-BAS, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 8.7.2007 (gemeint offensichtlich 17.07.2007) gemäß § 3 Asylgesetz abgewiesen, unter Spruchteil II. festgestellt, dass der Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zuerkannt werde und gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.

 

Dieser Bescheid wurde am 7.8.2008 durch Hinterlegung zugestellt. Am 4.10.2007 wurde der Akt der damaligen Berufungsbehörde, dem Unabhängigen Bundesasylsenat, vorgelegt, da zwar keine Berufung eingelangt war, der Bescheid jedoch im Hinblick auf das Vorliegen eines Familienverfahrens als berufen angesehen wurde.

 

Mit Erkenntnis vom 26.8.2008, Zahl D3 265165-0/2008, wurde die Beschwerde des Vater des Beschwerdeführers unter Spruchteil I. gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, unter Spruchteil II. jedoch die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Vaters des Beschwerdeführers festgestellt und diesem unter Spruchteil III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.8.2009 erteilt.

 

Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter, wie folgt, festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist der Sohn von I. A. M., geb. am 00.00.1975 alias 00.00.1976 alias 1975.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.10.2005, Zahl: 03 04.949-BAS, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers vom 07.02.2003, gemäß § 7 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Vaters des Asylwerbers in den Libanon gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ausgesprochen und unter Spruchteil III. gemäß § 8 Abs. 2 AsylG der Vater des Antragstellers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Libanon ausgewiesen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.08.2007, Zl. 07 06.532-BAS, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 8.7.2007 (gemeint offensichtlich 17.07.2007) gemäß § 3 Asylgesetz abgewiesen, unter Spruchteil II. festgestellt, dass der Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zuerkannt werde und gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.

 

Der Asylgerichtshof gab in seinem Erkenntnis vom 26.08.2008, Zahl D3 265165-0/2008, der gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Vaters des Beschwerdeführers erhobenen Beschwerde gemäß § 8 AsylG statt und erteilte diesem eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.8.2009.

 

Die soeben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt des Antragstellers, insbesondere der unbedenklichen österreichischen Geburtsurkunde des Antragsstellers, und seines Vaters (D3 265165-0/2008).

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.

 

Gemäß §§ 73 Abs. 1 und 75 AsylG 2005 iVm § 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005 auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 1.1.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das Asylgesetz 2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Wie das Bundesasylamt bereits ausgeführt hat, ist im gegenständlichen Fall vom Vorliegen einer Beschwerde auszugehen. Gemäß § 36 Abs 3 AsylG gilt eine Beschwerde gegenüber einer zurück- oder abweisenden Entscheidung im Familienverfahren in allen Verfahren als erhoben, sobald auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben wurde. Da die Mutter des Beschwerdeführers am 27.02.2007 gegenüber der ihr ergangenen Entscheidung Berufung erhoben hat, konnte gemäß § 36 Abs 3 AsylG auch der gegenüber ihrem Sohn erlassene Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Flüchtling i.S.d. AsylG ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, (zB VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262).

 

Die gesetzliche Vertreterin brachte keine eigenen Fluchtgründe für den Beschwerdeführer vor. Weitere Anhaltspunkte, welche auf Fluchtgründe im Sinne der GFK schließen ließen, fanden sich nicht, weil der Asylantrag vielmehr der Wahrung des Familienlebens diente.

 

Die Beschwerde zu Spruchteil I. war daher auch aus diesem Grunde abzuweisen.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes."

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 MRK", der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist und das dem Antragsteller nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13.6.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem oben zitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jene zu den Kindern durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der minderjährige Sohn des I. A. M.. Diesem wurde mit Erkenntnis vom 26.08.2008, D3 265165-0/2008, des Asylgerichtshofes eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.8.2009 gewährt. Da der Antragsteller selbst keine Fluchtgründe vorgebracht hat, war ihm wie oben ausgeführt, der Status eines Asylberechtigten nicht zuzuerkennen. Da gegenüber dem Vater des Beschwerdeführers die Unzulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung festgestellt wurde und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde und überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Vater des Beschwerdeführers ein Familienleben mit dem Antrag stellenden Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 AsylG subsidiärer Schutz zu gewähren.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtiger zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesasylamt verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

 

Gemäß § 8 Abs. 5 AsylG gilt in einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet. Da die Aufenthaltsberechtigung des Vaters des Beschwerdeführers mit 15.08.2009 befristet wurde, war auch jene des Beschwerdeführers ebenso zu befristen.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren, subsidiärer Schutz
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten