TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/23 B4 258469-0/2008

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Spruch

B4 258.469-0/2008/4E

 

B4 258.470-0/2008/4E

 

B4 258.471-0/2008/4E

 

B4 258.472-0/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde (1) des M.M., geboren am 00.00.1949, (2) des B.M., geboren am 00.00.1985, (3) der A.M., geboren am 21.5.1955, (4) der S.M., geboren am 00.00.1984, alle kosovarische Staatsangehörige, gegen die Bescheid des Bundesasylamtes jeweils vom 21.2.2005, (1) Zl. 05 01.510-EAST Ost, (2) Zl. 05 01.513-EAST Ost, (3) Zl. 05 01.511-EAST Ost bzw. (4) Zl. 05 01.512-EAST Ost, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerden werden gemäß §§ 7 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG), mit der Maßgabe abgewiesen, dass in Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide jeweils die Wortfolge "nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" durch "in die Republik Kosovo" ersetzt und die in ihrem Spruchpunkt III. jeweils verfügte Ausweisung "in die Republik Kosovo" ausgesprochen wird.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar und seine volljährigen Kinder, reisten am 2.2.2005 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich ein und begehrten am gleichen Tag jeweils die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 4.2.2005 wurden die Beschwerdeführer beim Bundesasylamt zu ihren Fluchtgründen einvernommen, wobei sie im Wesentlichen Folgendes vorbrachten: Sie seien "jugoslawische" Staatsangehörige, gehörten der albanischen Volksgruppe an, seien muslimischen Glaubens und stammten aus der kosovarischen Gemeinde P.. Den Kosovo hätten sie verlassen, da knapp vor dem Jahreswechsel von 2004 auf 2005 maskierte bewaffnete Personen versucht hätten, in ihr Haus einzubrechen. Diese hätten aber die Türe nicht aufbekommen und seien dann weggelaufen. Eine Woche nach Silvester sei der Hund der Familie vergiftet worden. Die Frage, ob sie sich wegen der Vorfälle an die Polizei oder an UNMIK gewandt hätten, wurde von allen Beschwerdeführern verneint. Zum Nachweis ihrer Identität legten die Beschwerdeführer ihnen von der UNMIK ausgestellte Personalausweise bzw. ein UNMIK-Reisedokument vor.

 

3. Am 9.2.2005 abermals beim Bundesasylamt einvernommen, wurde den Beschwerdeführern Parteiengehör zu den vorläufigen Sachverhaltsannahmen des Bundesasylamtes zur Lage im Kosovo, in denen es unter anderem heißt, dass das Sicherheits- und Justizsystem im Kosovo funktionsfähig sei. Die Beschwerdeführer gaben dazu an, dass es im Kosovo keinen ausreichenden Polizeischutz gebe, wobei die Drittbeschwerdeführerin festhielt, dass der Sohn ihres Onkels umgebracht und der Fall immer noch nicht aufgeklärt worden sei.

 

4. Mit den angefochtenen Bescheiden wies das Bundesasylamt die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 7 AsylG ab (jeweils Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer "nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. für zulässig (jeweils Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführer - ohne Bestimmung eines Zielstaates - gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (jeweils Spruchpunkt III.). Zur Abweisung der Asylanträge wies das Bundesasylamt darauf hin, dass das Sicherheits- und Justizsystem im Kosovo funktionsfähig sei; auch UNHCR stehe in seiner im August 2004 veröffentlichten Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo auf dem Standpunkt, dass Kosovoalbaner ohne individuelle Schutzprobleme in den Kosovo zurückkehren könnten. Es sei daher nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführer zu denjenigen Personen zählten, die nach Ansicht des UNHCR nicht zwangsweise in den Kosovo zurückgeschickt werden sollten. Zur Refoulement-Entscheidung hielt das Bundesasylamt überdies fest, dass die Beschwerdeführer von einer existenzgefährdenden Lebenssituation nicht berichtet hätten und nicht von Amts wegen bekannt sei, dass im Kosovo eine solche herrsche. Seine Ausweisungsentscheidung begründete das Bundesasylamt damit, dass die Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Bindungen hätten und die Ausweisung daher nicht in Art. 8 EMRK eingreife.

 

5. Gegen alle drei Spruchpunkte dieser Bescheide richten sich die fristgerecht eingebrachten Berufungen, die nunmehr als Beschwerden zu werten sind (vgl. dazu unten). In diesen wiederholen die Beschwerdeführer im Wesentlichen ihr Vorbringen, das sie beim Bundesasylamt zu ihren Fluchtgründen erstattet hatten, wobei sie aber nunmehr ausführen, dass der Erstbeschwerdeführer jenen Vorfall, bei dem der Hund der Familie vergiftet worden sei, der Polizei gemeldet habe, wobei diese jedoch gesagt habe, dass sie nichts tun könne. Weiters ergebe sich aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 6.5.2004 mit dem Titel "Kosovo, update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004" und "der UNHCR-Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen vom 30.3.2004", dass die Lage im Kosovo noch immer nicht sicher sei, da es dort täglich zu politisch motivierter Gewalt komme.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

Zunächst verweist der Asylgerichtshof auf die - auf einer schlüssigen Beweiswürdigung beruhenden - Feststellungen des Bundesasylamtes zur Lage im Kosovo und erhebt sie zu seinen eigenen. Festzuhalten ist dabei, dass die Einschätzung des Bundesasylamtes der grundsätzlichen Funktionsfähigkeit der kosovarischen Sicherheitsbehörden etwa durch den Bericht des britischen Home Office vom 22.7.2008 mit dem Titel "Operational Guidance Note Kosovo", S 4f., bestätigt wird. Sofern die Beschwerde aber auf die oben zitierten Papiere der Schweizerischen Flüchtlingshilfe bzw. von UNHCR hinweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese die Situation der Angehörigen ethnischer Minderheiten im Kosovo beleuchten, Aussagen zur Schutzwilligkeit und -fähigkeit der kosovarischen Behörden sind den Berichten hingegen nicht zu entnehmen.

 

Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass die Beschwerdeführer nunmehr Staatsangehörige der Republik Kosovo sind, und zwar aufgrund folgender Erwägungen: Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Personaldokumente sind solche, die von UNMIK nur dann ausgestellt worden sind, wenn der/die Betreffende als "habitual resident" im Zivilregister eingetragen ist; gemäß Art. 28 des kosovarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes wird jede Person, die als "habitual resident" im Zivilregister registriert ist, als Staatsbürger der Republik Kosovo betrachtet (vgl. dazu etwa das Papier des [dt.] Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2008, Kosovo Länderreport, Band 1, 17f).

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des Asylgesetz 1997 idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 Asylgesetz 1997 - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Die Beschwerdeführer haben ihre Asylanträge am 2.2.2005 gestellt. Die Verfahren waren am 31.12.2005 anhängig und sind daher nach dem Asylgesetz 1997 idF BGBl. I 101/2003 (AsylG) - mit der genannten Maßgabe - zu führen

 

2.1.2. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. dazu AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.3. Gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Diese Bestimmung ist auch in Verfahren, die nach dem Asylgesetz 1997 zu führen sind, anzuwenden (vgl. dazu ebenfalls AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

2.1.4.1. Gemäß § 7 AsylG - die beiden zuvor genannten Fassungen weisen hier keinen Unterscheid auf - hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, 98/01/0318).

 

2.1.4.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz; BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der der Todesstrafe verletzt würde.

 

Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist jedoch durch § 8 Abs. 1 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht (vgl. dazu den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.2.2006, Zl. 252.076/0-X/47/04).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

2.2.1. Zur Abweisung der Asylanträge der Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass es ihnen nicht gelungen ist, eine ihrem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

 

Es kann dahingestellt bleiben, ob das von den Beschwerdeführern erstattete Vorbringen zu den Vorfällen, die sich knapp vor bzw. knapp nach dem Jahreswechsel 2004/2005 zugetragen hätten (wobei sie vor dem Bundesasylamt noch angegeben haben, dass sich niemand von ihnen an die Polizei oder an UNMIK gewandt habe, während nach den Ausführungen in ihren Beschwerden der Erstbeschwerdeführer jenen Vorfall, bei dem der Hund der Familie vergiftet worden sei, der Polizei gemeldet habe) den Tatsachen entspricht: Denn auch bei Zugrundelegung des Vorbringens ist die von den Beschwerdeführern behauptete Bedrohungssituation nicht als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren. Ihrem Fluchtvorbringen kann bereits weder entnommen werden, dass sie aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK genannten Gründen verfolgt werden noch dass ihnen die Behörden des Herkunftsstaates aus einem solchen Grund Schutz verweigern würden (vgl. z.B. VwGH 8.6.2000, 99/20/0203 mwN). Überdies kann aufgrund der Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die Behörden des Kosovo nicht willig oder nicht fähig wären, den Beschwerdeführern Schutz zu gewähren. Schließlich muss angenommen werden, dass sie sich der von ihnen behaupteten Verfolgung entziehen könnten, indem sie sich in einen anderen Teil des Kosovo, etwa in die Hauptstadt Prishtina oder eine andere größere Stadt wie Prizren, begeben (vgl. dazu auch den Bereicht des (dt.) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien [Kosovo] vom 29.11.2007, 14), und dass ihnen eine solche Relokation auch zumutbar ist: Dass die Beschwerdeführer (die im Übrigen nicht vorgebracht haben, dass sie an Krankheiten leiden würden) im Falle einer Relokation in ihrer Lebensgrundlage gefährdet wären, kann schon deshalb nicht angenommen werden, da davon auszugehen ist, dass die Grundversorgung im Kosovo gewährleistet ist; den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Versorgungslage bzw. zum Fürsorgewesen im Kosovo sind die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten und es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die diesbezügliche Lage seither maßgeblich verschlechtert hätte (vgl. dazu etwa den zuvor genannten Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes, 17, sowie: USDOS: Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008, 26).

 

2.2.2. Da es den Beschwerdeführern somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

Wie bereits oben unter Punkt 2.2.1. gezeigt, kann nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Kosovo mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Übergriffe von relevanter Intensität befürchten müssten, gegen die sie keinen ausreichenden staatlichen Schutz erhalten könnten bzw. denen sie sich nicht durch interne Relokation entziehen könnten. Weiters sind derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen können nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK etwa VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443). Dass die Beschwerdeführer im Kosovo in ihrer Lebensgrundlage gefährdet wären, haben sie nicht vorgebracht; auch haben sich keine von Amts wegen aufzugreifende Hinweise auf eine solche Gefährdung ergeben (vgl. dazu abermals das oben unter Punkt 2.2.1. Ausgeführte).

 

Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

2.3.1. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde dann, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 u.a., VfGH 17.03.2005, G 78/04 u.a.). Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seiner Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

2.3.2. Zunächst kann nicht angenommen werden, dass eine Ausweisung der Beschwerdeführer in deren Recht auf Familienleben eingreifen würde: Das Verhältnis der Beschwerdeführer zu einander hat bei einer gleichzeitigen Ausweisung außer Betracht zu bleiben. Dem Argument des Bundesasylamtes, die Beschwerdeführer hätten keine familiären Bindungen in Österreich, sind sie nicht entgegengetreten und auch sonst haben sich keine Hinweise auf derartige Bindungen ergeben; festgehalten sei dabei, dass in den am 21.10.2008 eingeholten Auskünften des Zentralen Melderegisters zum Zweitbeschwerdeführer und zur Viertbeschwerdeführerin als Familienstand jeweils "ledig" aufscheint.

 

Was aber eine allfällige Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privatleben angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass beim Topos des Privatlebens die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle spielt, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die Erk. 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), ist Derartiges auch im Fall der Beschwerdeführer anzunehmen, die sich seit Februar 2005 in Österreich aufhalten. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführer über familiäre Bindungen im Herkunftsstaat verfügen (der Erstbeschwerdeführer gab an, dass seine vier Brüder und drei Schwestern im Kosovo leben, nach den Angaben der Drittbeschwerdeführerin leben ihre Eltern, ihr Bruder und ihre vier Schwestern dort), was ebenfalls zugunsten einer Aufenthaltsbeendigung ins Treffen zu führen ist.

 

Sollte aber - entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes - die Ausweisung der Beschwerdeführer in deren Recht auf Privat- und Familienleben eingreifen, wäre ein solcher Eingriff jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung von Fremden, die wie die Beschwerdeführer nur auf Grund der von ihnen gestellten, zu keinem Zeitpunkt berechtigten Asylanträge zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sind, das Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG z.B. VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

 

2.3.3. Die Ausweisung der Beschwerdeführer war jedoch auf ihren Herkunftsstaat als Zielstaat und somit auf die Republik Kosovo einzuschränken (vgl. VwGH 30.06.2005, 2005/20/0108).

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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