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44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §19a Abs2 idF 1996/788;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian Partnerschaft, 1060 Wien, Linke Wienzeile 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. November 1999, Zl. 193 123/17-IV/14/99, betreffend vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der (im Jahre 1970 geborene) Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 1998 gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 und 2 erster Satz sowie § 9 Abs. 1 und 3 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG einer näher bezeichneten Einrichtung zugewiesen. Er hatte nach diesem Bescheid Hilfsdienste bei der Pflege und Betreuung behinderter Menschen in Werkstätten und Wohngruppen, Instandhaltungs- und Küchenarbeiten, Boten-, Fahrt- und Versorgungsdienste zu erbringen. Als Dienstbeginn wurde 1. Februar 1999, als Dienstende 31. Jänner 2000 angegeben.
Mit Schreiben vom 12. August 1999 ersuchte die Einrichtung, welcher der Beschwerdeführer zugewiesen war, die belangte Behörde um sofortige Beendigung des Zivildienstes des Beschwerdeführers in dieser Einrichtung, weil er nur in sehr eingeschränkter Form zu Hilfsdiensten eingesetzt werden könne.
Mit Schreiben vom 16. August 1999 ersuchte die belangte Behörde den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 15 - Gesundheitsabteilung, um Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens betreffend die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zur weiteren Dienstleistung.
Der Beschwerdeführer richtete an die Einrichtung, der er zugewiesen war, ein Schreiben vom 23. August 1999, in dem er mitteilte, dass er sich seit drei Monaten wegen einer akuten endogenen Depression in psychiatrischer Behandlung befinde und nicht in der Lage sei, seinen Zivildienst abzuleisten. Dieses Schreiben erging auch an die belangte Behörde und die Magistratsabteilung 15.
Mit einem am 29. September 1999 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben vom 24. September 1999 teilte die Mutter des Beschwerdeführers als dessen Bevollmächtigte der belangten Behörde mit, dass die amtsärztliche Untersuchung am 21. September 1999 die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers für die Zeit ab 12. August 1999 ergeben habe. Daher sei sein Krankenstand gerechtfertigt. Die zeitgerechte Vorlage einer ärztlichen Bestätigung sei dem Beschwerdeführer wegen seiner Erkrankung nicht möglich und zumutbar gewesen. Er sei auf Grund seiner Erkrankung nicht in der Lage, den restlichen Zivildienst abzuleisten. Es werde daher der Antrag gestellt, seine Untauglichkeit zur Leistung des Zivildienstes festzustellen.
Die belangte Behröde ersuchte mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 den Magistrat der Stadt ,Magistratsabteilung 15 - Gesundheitsabteilung, um die Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers.
Im amtsärztlichen Gutachten vom 5. November 1999 heißt es in der Zusammenfassung abschließend:
"Zusammenfassung und Stellungnahme:
Herr L. befindet sich seit 12.8.1999 wegen Depressionen und Angstzuständen in Krankenstand. Zusätzlich zog sich Herr L. im August 1999 durch einen Sturz von einer Mauer einen Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers zu. Bei der hieramtlichen psychiatrischen Begutachtung wird ein erhöhtes Aggressionspotenzial und eine verminderte Frustrationstoleranz festgestellt. Herr L. ist durch die Zivildiensttätigkeit offensichtlich überfordert. Da der Zivildienst grundsätzlich abgelehnt wird, ist eine Besserung der psychischen Befindlichkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Eine gesundheitliche Nichteignung zur Ableistung des Zivildienstes ist auf Dauer anzunehmen."
Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer das Gutachten vom 5. November 1999 und führte aus, nach dem Inhalt des Gutachtens sei davon auszugehen, dass die Herstellung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers nicht innerhalb von 24 Tagen zu erwarten sei, weshalb mit der vorzeitigen Entlassung gemäß § 19a Abs. 1 und 2 ZDG vorzugehen sein werde.
Der Beschwerdeführer (vertreten durch seine Mutter) erklärte dazu, aus dem Gutachten ergebe sich, dass er auf Dauer nicht fähig sei, seinen Zivildienst abzuleisten, weshalb er die Feststellung beantrage, dass er auf Dauer nicht fähig sei, den Zivildienst zu leisten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19a Abs. 1 und 2 ZDG vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen, weil er seit 12. August 1999 dienstunfähig sei und die Herstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von 24 Tagen nicht zu erwarten sei.
In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das amtsärztliche Gutachten vom 5. November 1999, nach dessen Inhalt die Herstellung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 19a ZDG in der Fassung der ZDG-Novelle 1996 lautet wie folgt:
"§ 19a. (1) Dienstunfähig ist, wer geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst unfähig ist.
(2) Zivildienstleistende, bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von 24 Tagen - sofern der Zivildienst früher endet, bis zu diesem Zeitpunkt - nicht zu erwarten ist, sind vorzeitig aus dem Zivildienst zu entlassen. Die Entlassung erfolgt mit Ablauf des Tages, an dem der Entlassungsbescheid gegenüber dem Zivildienstleistenden in Rechtskraft erwächst; in diesem Bescheid ist der Tag des Eintrittes der Dienstunfähigkeit festzustellen.
(3) Ist die angeführte Dienstunfähigkeit auf eine Gesundheitsschädigung infolge des Zivildienstes zurückzuführen, so findet Abs. 1 nur dann Anwendung, wenn der betroffene Zivildienstleistende mit seinem unverzüglichen Ausscheiden aus dem Zivildienst einverstanden ist.
(4) Für die verbleibende Dienstzeit hat nach Wegfall des Entlassungsgrundes sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.
(5) Zivildienstpflichtige, die aus dem Zivildienst vorzeitig entlassen worden sind, haben den Wegfall der Voraussetzungen für die vorzeitige Entlassung unverzüglich dem Bundesministerium für Inneres mitzuteilen."
Der Beschwerdeführer macht - wie bereits im Verwaltungsverfahren - geltend, er sei nach der Aktenlage auf Dauer dienstunfähig, weshalb die Feststellung, seine Dienstfähigkeit sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, aktenwidrig sei. Die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass er auf Dauer dienstunfähig sei.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass die im § 19a Abs. 2 ZDG in der Fassung vor der ZDG-Novelle 1996 enthaltene Unterscheidung zwischen dauernder und vorübergehender Dienstunfähigkeit in der durch Art. I Z. 19 der ZDG-Novelle 1996 geänderten Fassung des § 19a ZDG nicht mehr vorkommt, sodass es für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst gemäß § 19a Abs. 2 ZDG im gegebenen Zusammenhang allein darauf ankommt, ob die Herstellung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers innerhalb von 24 Tagen zu erwarten sei. Die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen reichen daher für die von ihr getroffene Entscheidung aus. Mit der Frage, ob der Beschwerdeführer dauernd oder nur vorübergehend dienstunfähig ist, hatte sich die belangte Behörde nach der dargestellten Rechtslage nicht auseinander zu setzen.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch deshalb für rechtwidrig, weil sich die belangte Behörde mit der Frage des Kausalzusammenhanges zwischen der die Dienstunfähigkeit bewirkenden Gesundheitsschädigung und der Leistung des Zivildienstes hätte befassen müssen. Wenn die Gesundheitsschädigung auf den Zivildienst zurückzuführen sei, sei die vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst gemäß § 19a Abs. 3 ZDG nur mit dem Einverständnis des Zivildienstleistenden zulässig. Er habe in seiner Stellungnahme vom 24. September 1999 ausgeführt, dass sich sein Gesundheitszustand durch die Belastung eines Zivildienstes zusehends verschlechtert habe.
Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich entgegen zu halten, dass er im Verwaltungsverfahren zwar mehrfach behauptet hat, dauernd dienstunfähig zu sein, er hat jedoch nicht konkret vorgebracht, dass die die Dienstunfähigkeit bewirkende Gesundheitsschädigung - in seinem Fall seine Depressionen und Angstzustände - auf den Zivildienst zurückzuführen ist. Das von ihm vorgelegte fachärztliche Gutachten Dris. St. vom 28. September 1999 zeigt vielmehr, dass der Beschwerdeführer "im Laufe seines Lebens immer schon massive psychische Probleme hatte" und "auf Grund der autoritären Strukturen in seiner Kindheit keinerlei außergewöhnlichen Belastungen gewachsen" ist. Die belangte Behörde hatte bei dieser Verfahrenslage keinen Grund, Ermittlungen dazu durchzuführen, ob die die Dienstunfähigkeit bewirkende Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers durch die Zivildienstleistung verursacht wurde.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110003.X00Im RIS seit
20.06.2001