TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/24 B8 208384-7/2008

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Veröffentlicht am 24.10.2008
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Spruch

B8 208.384-7/2008/20E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 iVm § 75 Abs. 7 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Beisitzer über die Beschwerde des T.A., geb. 00.00.1976, StA. Republik Kosovo, vom 18.02.1999 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.01.1999, Zahl: 98 08.295-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.10.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gem. 7 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen.

 

II.. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.V.m. § 57 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG) idF BGBl. I Nr. 126/2002, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von T.A. in die Republik Kosovo zulässig ist.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Berufungswerber (in der Folge Beschwerdeführer genannt) gab an, am 10.08.1998 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein und stellte seinen ersten Asylantrag am 15.09.1998. Dabei brachte er vor, Staatsangehöriger der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien und Angehöriger der albanischen Volksgruppe aus der vormaligen Provinz Kosovo (nunmehr Republik Kosovo) zu sein und den im Spruch angeführten Namen zu führen.

 

Bei seiner Asylantragstellung brachte der Beschwerdeführer vor, bei seiner Einreise im August 1998 wieder nach Ungarn abgeschoben worden und in der Folge über Kroatien und Bosnien nach Montenegro gereist zu sein, wohin bereits seine Familie (Mutter, Vater, drei Schwestern und ein ca. 10-jähriger Bruder) geflohen sei.

 

Im Flüchtlingslager von Uljcin habe sich der Beschwerdeführer als Flüchtling registrieren lassen wollen. Es sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass er sich zuerst bei der Polizei melden müsse. Es habe sich nicht um die normale Polizei gehandelt, die in Uljcin hauptsächlich aus ethnischen Albanern bestehe, sondern um eine Sonderpolizei aus der Hauptstadt von Montenegro. Die Polizisten hätten den Beschwerdeführer bezüglich seiner Identität gefragt, und aus welchen Gründen er den Kosovo verlassen habe, etc. Dann sei dem Beschwerdeführer auch pauschal unterstellt worden, dass er Mitglied der UCK wäre. Der Beschwerdeführer habe zu erklären versucht, dass er nur Zivilist und kein Mitglied der UCK sei, niemanden getötet habe und auch sonst kein Verbrechen verübt habe. Der Beschwerdeführer sei von den Polizisten eingeschüchtert worden. Außerdem sei der Beschwerdeführer von den Polizisten geohrfeigt worden. Dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, man werde mit den serbischen Behörden Kontakt aufnehmen, und, wenn sich herausstellen sollte, dass er von diesen gesucht werde, werde er abgeschoben. Der Beschwerdeführer sei dann entlassen worden, habe sich aber nicht zu seiner Familie ins Lager begeben dürfen, sondern sei mit anderen jungen Kosovoalbanern, unter Bewachung im Lager angehalten worden. Da der Beschwerdeführer Angst gehabt hätte, neuerlich geschlagen und möglicherweise den serbischen Behörden übergeben zu werden, sei er aus dem Lager geflohen und sei mit Schlepperhilfe erneut nach Österreich gekommen.

 

Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 15.01.1999 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers der albanischen Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes im Wesentlichen folgendes an:

 

"Sie würden aus dem Kosovo stammen, der albanischen Volksgruppe angehören und seien moslemischen Glaubensbekenntnisses. Sie hätten im Dorf K. gewohnt, im Nahbereich von C. gelegen. Sie würden in E. wohnen. Im August 1998 seien Sie, als Mitfahrer in einem Taxi, von P., in Richtung Montenegro gefahren, mit der Absicht, von dort nach Österreich zu fliehen. An der Grenze zwischen dem Kosovo und Montenegro sei der Fahrer des Taxis von serbischen Polizisten angehalten worden. Sie seien von den Polizisten der Zugehörigkeit zur Organisation mit der Bezeichnung UCK beschuldigt worden. Sie hätten diese Anschuldigung wahrheitsgemäß in Abrede gestellt. Sie hätten gesagt, dass Sie sich vor der UCK fürchten würden. Ein Polizist habe gesagt, dass Sie sich nunmehr sowohl vor der UCK, als auch vor der serbischen Polizei, zu fürchten hätten. Die Polizisten hätten Ihnen Schläge mit den Händen versetzt. Ein Polizist habe Sie gefragt, ob Sie liegend oder stehend sterben hätten wollen. Ein Polizist habe gesagt, dass man Sie gegen Bezahlung des Betrages von DM 1.000,-- entlassen würde. Sie hätten geantwortet, einen Geldbetrag in dieser Höhe nicht zu besitzen. Die Polizisten hätten sich mit der Bezahlung von DM 300,-- begnügt und hätten Sie nach einer halben Stunde entlassen.

 

Per Taxi seien Sie nach Rozhaje in Montenegro gefahren. Von dort seien Sie, vom 08.08.1998 bis 10.08.1998 als Mitfahrer in einem Lastwagen, über unbekannte Länder, nach Österreich gefahren. Wenn in dem Schreiben, vom 12.09.1998, angeführt sei, dass Sie aus Ungarn nach Österreich gekommen seien, so sei dies unrichtig.

 

Beim Bundesasylamt in Eisenstadt hätten Sie Asylgewährung beantragt. Am 13.08.1998 hätten Sie bei einer Behörde in Wien Ihren Asylantrag zurückgezogen, da Sie befürchtet hätten, bei Aufrechterhaltung des Asylantrages, mehrere Monate im Gefängnis verbringen zu müssen und dann nach Ungarn abgeschoben zu werden.

 

In Wien seien Sie ungefähr drei Tage in Schubhaft genommen worden. Dann seien Sie von den österreichischen Behörden nach Ungarn rückgestellt und den ungarischen Behörden übergeben worden. Sie seien in Ungarn etwa acht Tage in Györ in Schubhaft angehalten worden. Nach Ablauf von acht Tagen seien Sie von dort geflohen. Sie hätten sich, als Mitfahrer in einem Kombiwagen, von Ungarn nach Uljcin in Montenegro begeben. Sie hätten sich dorthin begeben, da Sie vermeint hätten, dass sich Ihre Familie, nämlich Ihre Mutter, Ihre zwei Schwestern und Ihr Bruder dort in einem Flüchtlingszentrum aufhalten würden. Sie hätten sich in das Flüchtlingszentrum begeben. Dort sei Ihnen die Auskunft erteilt worden, dass sich Ihre Angehörigen nicht dort aufhielten. Sie seien dort aufgefordert worden, die Polizeistelle aufzusuchen. Sie hätten sich zur Polizeistelle begeben. Sie seien dort fünf oder sechs Stunden angehalten worden. Bei der Polizeistelle seien Sie der Zugehörigkeit zur UCK beschuldigt worden. Sie hätten diese Anschuldigung wahrheitsgemäß in Abrede gestellt. Die Polizisten hätten gesagt, dass man Ihre Angaben bei der Polizei im Kosovo überprüfen werde. Die Polizisten hätten Sie mit den Händen geschlagen und hätten Ihnen mit Gummiknüppeln Schläge auf Ihre Hände versetzt.

 

Ein Polizist habe zu Ihnen und etwa neun anderen Häftlingen gesagt, dass Sie und die anderen Häftlinge, gegen Bezahlung des Betrages von je DM 100,-- freigelassen würden. Sie und die anderen Häftlinge hätten diese Geldbeträge bezahlt. Der Polizist habe Sie aufgefordert, Montenegro sofort zu verlassen. Der Polizist habe Ihnen und den anderen Personen, durch ein Fenster, die Flucht von der Polizeistelle ermöglicht.

 

Sie seien als Mitfahrer in einem Kombiwagen, über unbekannte Länder, von Uljcin in Montenegro, nach Österreich gefahren. Die Ankunft in Österreich sei etwa am 08.09.1998 erfolgt.

 

Nach Information, dass in Ihrem schriftlichen Asylantrag, datiert mit 12.09.1998, angeführt ist, dass Ihnen bei der Polizei in Montenegro gedroht worden sei, abgeschoben zu werden, und Sie dann von der Polizeistelle entlassen worden seien, Ihnen aber nicht gestattet worden sei, Ihre Familie im "Lager" zu besuchen, sondern Sie dort mit anderen jungen Kosovoalbanern angehalten worden seien, führten Sie aus, dass sich die Sachverhalte so zugetragen hätten, wie Sie dies am 15.01.1999 angeführt hätten. Wenn in Ihrem Asylantrag, datiert mit 12.09.1998, angeführt sei, dass Sie aus dem "Lager" geflohen seien, so würden Sie angeben, dass sich die Sachverhalte so zugetragen hätten, wie Sie dies am 15.01.1999 angeführt hätten.

 

Im Feber 1998 seien Sie auf der Straße in C., gemeinsam mit Ihrem Vater, von Polizisten angehalten und zur Polizeistelle in C. eskortiert worden. Ihr Vater sei zur Polizeistelle in P. geführt worden. Sie seien etwa acht Stunden bei der Polizeistation angehalten worden. Sei seien gefragt worden, ob Sie Aussagen über einen Schusswechsel mit Feuerwaffen, der sich im Feber 1998, im Dorf R., etwa einen Kilometer von C. entfernt gelgegen, ereignet hätte, machen können. Zwölf oder dreizehn andere Kosovoalbaner, seien ebenso befragt worden. Von der Schießerei hätten Sie aus Erzählungen innerhalb der Bevölkerung gehört. Sie würden nicht wissen, welche Personen an dem Schusswechsel beteiligt gewesen seien. Sie hätten den Polizisten wahrheitsgemäß in diesem Sinne geantwortet. Die Polizisten hätten gesagt, man werde das Ergebnis der Einvernahme Ihres Vaters abwarten. Ein Ergebnis sei Ihnen nicht bekanntgegeben worden.

 

Ihr Vater sei etwa sieben Stunden bei der Polizeistelle in P. angehalten worden. Ihr Vater habe Ihnen erzählt, dass er gefragt worden sei, aus welchen Gründen er S.J., den Vater des A.J., besucht habe. A.J., so hätten Sie aus Erzählungen erfahren, sei einer der Gründungsmitglieder der UCK. Ihr Vater habe J. Ende 1997 besucht.

 

Anfang Mai 1998 seien Ihr Vater und Sie in Ihrem Haus im Heimatdorf von Polizisten abgeholt und zur Polizeistelle in C. eskortiert worden. Sie seien dort zwei Tage und eine Nacht und Ihr Vater sei dort drei Tage angehalten worden. Ihr Vater sei gefragt worden, aus welchen Gründen er im Jahre 1988 vom Polizeidienst ausgeschieden sei. Sie seien über Ihren Nachbarn gefragt worden, einen Kosovoalbaner, der Ende April 1998, von Unbekannten umgebracht worden sei. Dieser Ermordete habe im Heimatdorf ein Lokal betrieben, in dem Billardgeräte zum Spiel aufgestellt gewesen seien. Die Polizisten hätten Sie gefragt, aus welchen Gründen Sie in dem Lokal verkehrt hätten und ob Sie in D. gewesen seien. Sie hätten geantwortet, dass Sie, wie andere Lokalbesucher auch, fallweise in dem Kaffeehaus Billard gespielt hätten. Sie hätten geantwortet, dass Sie den Ermordeten nicht näher gekannt und mit diesem nie Gespräche politischen Inhaltes geführt hätten. Sie hätten geantwortet, im Gebiet von D. nicht gewesen zu sein. Die Polizisten hätten Sie beschuldigt, der Organisation mit der Bezeichnung UCK anzugehören, und dieser Organisation durch den Transport von Nahrung und Kleidung, behilflich gewesen zu sein. Sie hätten wahrheitsgemäß geantwortet, der Organisation, mit der Bezeichnung UCK, in keiner Weise geholfen zu haben.

 

Ende Mai 1998 seien Sie von Polizisten im Elternhaus im Heimatdorf abgeholt, zur Polizeistelle in C. eskortiert und dort etwa drei Stunden angehalten worden. Sie seien dort gefragt worden, aus welchen Gründen Sie mit Ihrem Auto gefahren seien. Sie hätten wahrheitsgemäß geantwortet, aus privaten Gründen mit dem gefahren zu sein, aber nicht außerhalb von C.. Ihr Wohnhaus liege in der Nachbarschaft einer ehemaligen Fabrik, in der die genannte Polizeistelle untergebracht sei. Die Polizisten hätten Sie aufgefordert, um Sie beobachten zu könne, Ihr Elternhaus in Zukunft nicht durch den Hinterausgang, sondern durch den Vorderausgang, zu verlassen. Die Polizisten hätten Sie gefragt, welche Besucher Ihr Vater und Sie im Elternhaus empfangen hätten. Sie hätten wahrheitsgemäß geantwortet, fallweise Bekannte als Besucher empfangen zu haben und mit den Besuchern nicht über Politik gesprochen zu haben. Die Polizisten hätten gedroht: "Wenn wieder im Dorf geschossen wird, werden wir das ganze Dorf anzünden. Zuerst Euer Haus". Im Heimatdorf sei nie geschossen worden.

 

In der Zeit von Ende Mai 1998, bis Anfang August 1998, hätten Sie und Ihre Angehörigen, wegen der erwähnten Drohung der Polizisten, Ihr Haus anzuzünden, in ständiger Angst gelebt. Sie hätte nur kurze Zeit und sehr schlecht schlafen können.

 

Sie hätten auch in ständiger Angst gelebt, weil Sie aus Erzählungen innerhalb der Dorfbevölkerung erfahren hätten, dass die Gefahr bestand, dass serbische Polizei und serbisches Militär in das Heimatdorf einrücken würde. Diese Befürchtung sei begründet gewesen, weil in den in der Umgebung von C. gelegenen Dörfern, nämlich N., G. und M., von Anfang Juni 1998, bis Mitte Juni 1998, von serbischer Polizei, Bewohner, auf grausame Art und Weise umgebracht worden seien. Bewohner dieser Dörfer seien angezündet und zerstückelt worden. Viele Bewohner dieser Dörfer seien von der Polizei vertrieben worden. Viele Häuser dieser Dörfer seien von der Polizei durch Brandlegung zerstört worden. In diesen Dörfern hätten sich keine Angehörigen der Organisation mit der Bezeichnung UCK aufgehalten.

 

Im Dorf I., in der Umgebung von C. gelegen, hätten sich keine Angehörigen der UCK, aber kosovoalbanische Dorfbewohner aufgehalten, die für die UCK Wachdienste geleistet hätten. In diesem Dorf sei es Ende Juni 1998 zu Kämpfen zwischen serbischer Polizei und den angeführten Wächtern gekommen. Drei Dorfbewohner seien bei diesen Kämpfen durch Granaten getötet worden.

 

Sie hätten sich nicht politisch betätigt.

 

Im Falle einer Rückkehr in den Kosovo würden Sie befürchten, abermals von der Polizei, zu Unrecht, verhaftet, verhört, misshandelt, und im Zuge der Misshandlungen vielleicht umgebracht zu werden. Sie würden auch befürchten, infolge der durch Gewalt und Willkür geprägten Situation, eines Tages, von serbischer Polizei oder serbischem Militär, verletzt oder umgebracht zu werden

 

Die Bevölkerung Ihres Heimatdorfes bestehe je etwa zur Hälfte aus Angehörigen der albanischen Volksgruppe und aus Angehörigen der serbischen Volksgruppen. Im Falle einer Rückkehr in den Kosovo würden Sie befürchten, erwähnten Gefahren im besonderen Maße ausgesetzt zu sein, wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, von serbischen Bewohnern, zu Unrecht, der Begehung irgendwelcher Delikte beschuldigt zu werden"

 

Mit Bescheid vom 25.01.1999, AIS 98 08.295-BAT, wurde durch das Bundesasylamt der Asylantrag des oben angeführten Beschwerdeführers vom 15.09.1998 gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen, und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gem. § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.02.1999 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) eingebracht und wurde das Verfahren mittels Berufungsvorlage dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 05.03.1999 vorgelegt.

 

Im Juli 1999 kehrte der Beschwerdeführer noch vor Abschluss seines Berufungsverfahrens nach C. in den Kosovo zurück.

 

Aufgrund einer Ladung zur öffentlich-mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 29.07.1999 wurde festgestellt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers unbekannt war und aus diesem Grunde wurde die Einstellung des Verfahrens gem. § 30 AsylG am 15.07.1999 verfügt.

 

Im Mai 2001 verließ der Beschwerdeführer erneut den Kosovo, reiste am 16.07.2001 mit einem gefälschten albanischen Reisepass auf dem Luftweg erneut nach Österreich ein und stellte am 23.08.2001 einen neuerlichen Asylantrag.

 

Als neue Fluchtgründe brachte er nunmehr vor, dass er sich gleich nach seiner Ankunft im Juli 1999 in C. bei der UCK-Stelle melden hätte müssen. Er sei aber aus Angst vor Misshandlungen nicht hingegangen, da er angenommen habe, dass hinter dieser Ladung die Söhne des D.S. steckten, die an ihm auf Grund eines Streites in der Vergangenheit Rache üben wollten. Im Sommer 1999 sei er dann gewaltsam von drei Männern der UCK zu einem UCK-Stützpunkt gebracht worden und mit dem Tode bedroht worden, da er angeblich für die Serben gearbeitet habe, was jedoch unrichtig sei. Nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von zehntausend Deutschen Mark, den ihm seine Eltern gegeben hätten, sei er aber wieder freigelassen worden. Im November 2000 sei er mittels eines Zettels auf einem Kartoffelsack nochmals bedroht worden. Durch Nachforschungen seinerseits habe er nun einen Monat lang "Kleinigkeiten" für die UCK erledigt, weil er mit der UCK keine Probleme haben wollte. Danach habe er keine weiteren Aufträge mehr bekommen. Bis zu seiner Flucht im Jahr 2001 seien vielerorts im Kosovo Personen wegen der Anschuldigung der Zusammenarbeit mit den Serben umgebracht worden. Er selbst habe aber nie mit den Serben zusammengearbeitet und sei auch nie gegen die UCK tätig geworden. Aus diesen Gründen habe er Angst, eines Tages von Männern der UCK umgebracht zu werden. Er habe nie Anzeige erstattet, da er befürchtet habe, dass ihn die Männer der UCK dann aus Rache töten würden.

 

Mit Bescheid vom 25.10.2001 wies das Bundesasylamt zur Aktenzahl 01 19.262-BAT den Antrag des Beschwerdeführers vom 23.08.2001 gem. § 6 Abs. 1 AVG 1991 wegen Unzuständigkeit zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass das Berufungsverfahren betreffend den ersten Asylantrag aus 1998 noch offen sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 08.11.2001 Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet).

 

Mit Schreiben vom 18.01.2002 teilte der Beschwerdeführer seinen Berufungsverzicht zu der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2001 mit und ersuchte um Fortsetzung des Verfahrens, FZ: 98 08.295-BAT vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, in welcher Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes vom 25.01.1999 erhoben worden war.

 

Mit Aktenvermerken des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 24.01.2002 wurde das Verfahren, zu welchem der Beschwerdeführer die von ihm eingebrachte Berufung zurückgezogen hatte, eingestellt und das Berufungsverfahren, welches am 15.07.1999 eingestellt worden war, gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 AsylG fortgesetzt.

 

Am 01.07.2008 gelangte der gegenständliche Verfahrensakt in den Zuständigkeitsbereich der Abteilung B8 des Asylgerichtshofes.

 

Am 01.08.2008 erschien der Beschwerdeführer vor dem Asylgerichtshof und ersuchte um eine Kopie des Bescheides des Bundesasylamtes vom 25.10.2001, welche ihm im Zuge einer Akteneinsicht auch ausgehändigt wurde.

 

Gemeinsam mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Asylgerichtshof wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Feststellungen zur Lage in der Republik Kosovo übermittelt. Am 17.10.2008 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof durchgeführt, an der der Beschwerdeführer teilnahm; das Bundesasylamt entsandte keinen Vertreter.

 

Dabei gab der Beschwerdeführer (BF) auf Befragung durch die vorsitzende Richterin (VR) und den beisitzenden Richterin (BR) unter anderem Folgendes an:

 

Er wohne nun in T. an einer Adresse, an der er sich nicht offiziell melden könne, da der Wohnungseigentümer dies nicht erlaube. Er sei im Kosovo geboren und habe sich dort bis zum Jahr 1998 auch aufgehalten, bis er nach Österreich gekommen sei. Er sei aus Angst vor dem Krieg und auf Grund von Problemen mit den serbischen Nachbarn, die Reservisten waren, ausgereist. Dies seien persönliche Gründe gewesen, die begonnen hätten, da einer von Ihnen beim Billard Geld verloren habe. Dies seien alle Gründe gewesen, weshalb er seine Heimat damals verlassen habe, die herrschende Lage und die Angst vor den Reservisten. Auf Vorhalt, ob es denn nicht auch Probleme mit der Polizei gegeben habe, gab der Beschwerdeführer an, dass man einmal auch geglaubt habe, dass jemand aus seiner Familie einen albanischen loyalen Mitarbeiter angeschossen habe, und damals auch er einvernommen worden sei .Er sei damals befragt worden, ob er etwas wisse. Wörtliche Wiedergabe im Weiteren:

 

"VR: Haben Sie ihn angeschossen?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich persönlich nicht.

 

VR: Sind Sie damals einvernommen worden zu diesem Fall?

 

BF: Ich wurde gefragt, ob ich etwas weiß. Sie haben Druck auf mich und die anderen ausgeübt. Andere wurden auch geschlagen.

 

VR: Sie sind nicht geschlagen worden?

 

BF: Nein, bedroht aber schon. Mir wurde die Waffe auf den Kopf gerichtet. Alles anlässlich der damaligen Einvernahme.

 

VR: Ich kann in meinen Akten nirgends entdecken, dass Ihnen eine Waffe an den Kopf gehalten wurde.

 

BF: Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll.

 

VR: Haben Sie sonst noch irgendwelche Gründe gehabt, damals zu fliehen?

 

BF: Nein.

 

VR: Ab August 98 sind Sie bis wann in Österreich geblieben?

 

BF: Bis Juli 1999.

 

VR: Also im August 98 bis Juli 1999 waren Sie in Österreich. Habe ich das richtig verstanden

 

BF: Ja.

 

VR: Dann halte ich Ihnen vor, damals angegeben zu haben, dass Sie sich damals entfernt haben und im September 1998 nochmals gekommen sind?

 

BF: Ich verstehe das nicht.

 

VR nochmals Vorhalt bezüglich des Aufenthalts in Österreich unter Abwesenheit bis September 1998 unter anderem in Ungarn.

 

BF: Im August 98 bin ich gekommen und bis Juli 1999 bin ich da gewesen.

 

VR: Das stimmt jetzt so wie Sie das sagen?

 

BF: Ja.

 

VR: Warum haben Sie dann damals 1999 erzählt, dass Sie in Ungarn in Schubhaft angehalten worden sind und sich von dort aus nach Montenegro gegangen sind? Stimmt das damals nicht oder das heute nicht? Was soll ich Ihnen glauben?

 

BF: Ich weiß, dass ich im August 1998 nach Österreich gekommen bin. Mehr weiß ich nicht, was ich dazu sagen soll.

 

VR: Also, Sie waren nicht in Montenegro zwischen 1998 und 1999?

 

BF: Nein.

 

VR: Sie haben in Ihrer Einvernahme am 15.01.1999 angegeben, dass Sie von der Polizei mit den Händen geschlagen worden sind, und zwar mit Gummiknüppeln. Was sagen Sie dazu? Kann man so etwas vergessen?

 

BF: An der kosovarisch-montenigrischen Grenze im Kosovo bei Rozajeie.

 

VR: Wann soll dass dann gewesen sein?

 

BF: Das weiß ich nicht. Aber es war bevor ich nach Österreich gekommen bin.

 

VR: Es fällt mir schwer, das zu glauben, weil Sie scheinbar so viel vergessen haben?

 

BF: Ich kann nur angeben, dass ich ganz schön geschlagen wurde.

 

VR: Was heißt ganz schön?

 

BF: Es heißt, geohrfeigt, mit Fäusten geschlagen und letztendlich haben Sie mich auch gefragt, wo ich hinwolle. Ich sagte, dass ich nach Österreich will. Zum Schluss hat er mich mit beiden Handflächen am Ohr geschlagen. Er sagte dazu, dass ist noch zur Erinnerung.

 

VR: Davon haben Sie mir vorher nichts erzählt. Erst dann wie ich es ihnen vorgehalten haben. Warum nicht?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

VR: Wann soll das passiert sein mit den Ohrfeigen?

 

BF: Auf dem Weg nach Österreich. Vier oder fünf Tage vorher. Ich weiß nicht ganz genau, wann das gewesen ist.

 

VR: Nach der Geschichte die Sie uns damals erzählt haben, sind Sie damals noch einmal außer Landes gekommen, weil Sie abgeschoben worden seien und wollten sich dann nach Montenegro begeben und seien damals angeblich geohrfeigt worden. Stimmt das dann nicht?

 

BF: Nein, das stimmt nicht.

 

VR: Haben Sie damals geschwindelt?

 

BF: Ja, ich bin nicht nach Montenegro zurückgekehrt. Das habe ich damals gesagt, weil ich Angst hatte, damals wieder nach Ungarn zurückgeschoben zu werden.

 

VR: Es fällt mir schwer Ihnen heute etwas zu glauben, wenn Sie damals schon geschwindelt haben?

 

BF: Ich weiß nicht was ich sagen soll.

 

VR: Sie sind dann im Sommer 1999 wieder in den Kosovo gereist. Warum?

 

BF: Wegen meiner Familie. Ich wusste nichts von Ihnen.

 

VR: Sie hatten offenbar damals keine Angst, im Heimatland zu leben?

 

BF: Große Angst hatte ich nicht. Die Serben waren weg.

 

VR: Warum sind Sie dann 2001 wieder aus dem Kosovo ausgereist?

 

BF: Es sind unerwartete Dinge passiert.

 

VR: Was ist denn passiert?

 

BF: Als ich zurückkehrte und ich mit meiner Familie zusammengekommen bin, wurde mir gesagt, dass einige Personen in UCK Uniformen bei mir zu Hause gewesen sind und haben gesagt, dass sie verständigt werden sollen und dass ich zu ihnen in ihrer Station melden soll, wenn ich zurückgekehrt bin. Ich habe mich nicht gemeldet.

 

VR: Warum haben Sie sich nicht gemeldet?

 

BF: Man wusste nicht was alles passiert. Es wurde davon gesprochen, dass alle die aufgeforert wurden, sich dort zu melden, entweder schlimm geschlagen, verschwunden oder getötet worden sind.

 

VR: Auf dem UCK Posten, von UCK Leuten?

 

BF: Richtig.

 

VR: Sie haben sich auch gefürchtet, als Albaner?

 

BF: Natürlich hatte ich Angst. Es war alles noch außer Kontrolle.

 

VR: Warum sind Sie dann nicht in Österreich geblieben?

 

BF: Das habe ich nicht gewusst. Wie hätte ich es wissen sollen?

 

VR: Sie sind aber dann offenbar noch zwei Jahre im Kosovo geblieben?

 

BF: Ja.

 

VR: Was ist Ihnen dann noch passiert in diesen zwei Jahren?

 

BF: Ich bin mit meiner Familie weggezogen.

 

VR: Wohin?

 

BF: Von K. nach P (Anm. Orstangaben).

 

VR: Weshalb?

 

BF: Einfach aus Angst, dass Sie wieder zu uns nach Hause kommen.

 

VR: Haben Sie irgendwas angestellt, dass Sie sich so gefürchtet haben?

 

BF: Nichts.

 

VR: Wann sind Sie weggezogen?

 

BF: Gleich nach der Ankunft im Kosovo.

 

VR: Das heißt, Sie haben dann vom Sommer 1999 bis wann in P. gelebt?

 

BF: Zwei Wochen und dann bin ich wieder nach K. zurück.

 

VR: Nach zwei Wochen haben Sie sich dann nicht mehr gefürchtet?

 

BF: Man garantierte mir, dass man mir nichts antun wird. Ich wurde in P. abgeholt. Es gab mehrere Personen und sie brachten mich in die Umgebung von D.. Dort wurde mir gesagt, dass ich wegen Propaganda gegen die UCK beschuldigt werde. Dass ich beschuldigt wurde, mit dem jugoslawischen Geheimdienst zusammengearbeitet zu haben.

 

VR: Wieso sollte jemand auf die Idee kommen. Haben Sie das gemacht?

 

BF: Das habe ich nicht getan.

 

VR: Das haben Sie den Leuten auch gesagt. Oder wie war das damals?

 

BF: Ich wurde zwei Tage festgehalten. Nach zwei Tagen kam der Kommandant von diesen Leuten und teilte mir mit, dass R.S.(Anm. Namensangabe) für mich gebürgt hat.

 

VR: Warum sollte man Sie zwei Tage festhalten, wenn Sie nichts gemacht haben. Das verstehe ich nicht?

 

BF: Das verstehe ich selber nicht. Ich schätze, dass sie Druck ausüben wollten. Sie haben das gleiche auch mit anderen Leuten gemacht. Es gab verschiedene Gründe. Von mir verlangten sie 10000 DM. Sie haben mir gesagt, zu welchem Ort ich in P. dieses Geld deponieren musste. Das Geld habe ich bezahlt. Es wurde mir gesagt, dass ich über jedes Problem in einem bestimmten Kaffeehaus den Besitzer des Kaffeehauses berichten sollte.

 

VR: Was sollten Sie da berichten?

 

BF: Falls ich Probleme habe oder von jemandem provoziert habe, dass ich mich an den Besitzer des Kaffeehauses wenden sollte. Ich habe eine Art von Schutzgeld bezahlt.

 

VR: Woher hatten Sie so viel Geld?

 

BF: Meine Familie hat das gesammelt.

 

VR: Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen und haben das Geld bezahlt?

 

BF: Das war die Polizei, dass war damals das gleiche wie die UCK.

 

VR: Wann ist der Vorfall mit dem Geld gewesen?

 

BF: Zwei Wochen nachdem ich in den Kosovo zurückgekehrt bin.

 

VR: Das heißt, dass war dann immer noch im Sommer 1999?

 

BF: Ja.

 

VR: Ist noch etwas passiert, bis zu ihrer Ausreise?

 

BF: Kurz vor den Wahlen. Vor dem Haustor habe ich einen Sack mit Kartoffeln gefunden, auf diesem Sack war noch ein Zettel, darin stand: "Du kannst das Leben genießen, bis du diesen Sack voll Kartoffeln fertig gegessen hast". Dann ging ich zu dieser Person, zum Besitzer des Kaffeehauses namens A.H., ins Kaffe "D."(Anm. Namensangabe). ER sagte mir, dass die Leute die das getan haben, nicht der UCK zuzuordnen sind und dass das eine Provokation von irgendjemandem gewesen ist. Er sagte mir, dass ich zu einer bestimmten Person in Pristina gehen soll, ebenfalls einem Kaffeehausbesitzer, das tat ich. Dieser Person in Pristina sagte mir, das R.S. nicht mehr für meine Sicherheit garantieren kann. Ich habe gesagt, dass ich Geld bezahlt habe und dass ich wieder Geld bezahlen würde. Er sagte, dass man kein Geld bezahlen muss, aber einige Dienstleistungen müsse ich für sie verrichten. Er sagte mir, dass ich einige Personen, Angehörige der LDK beobachten solle, sowie schauen, dass ich Informationen über sie beschaffe. Ich musste zweimal in der Woche zu dieser Person gehen und Bericht erstatten.

 

VR: Haben Sie sich, wie Sie den Sack mit Kartoffeln bekommen haben, nicht gefürchtet und sind trotzdem zu den UCK Leuten gegangen?

 

BF: Ich hatte eine Garantie und ich hatte Geld bezahlt.

 

VR: Diese Kleinigkeiten haben Sie dann gemacht?

 

BF: Ja.

 

VR: Das waren aber keine UCK Leute?

 

BF: Es waren UCK Leute.

 

VR: Woher wissen Sie das?

 

BF: Ich habe die Leute gekannt.

 

VR: Sie haben sie persönlich gekannt?

 

BF: Einige schon.

 

VR: Aber der A.H. hat ihnen gesagt, dass diese Leute nicht der UCK angehören.

 

BF: Er sagte mir das, aber hat mich nach Pristina geschickt, um mit ihnen zu reden.

 

VR: Und Sie sind wieder nicht zur Polizei gegangen? Warum nicht?

 

BF: Eine Hilfe hätte ich nicht bekommen. Zweitens, hatten sie viele Leute dort und sie hatten alles unter ihrer Kontrolle. Das wäre sinnlos gewesen.

 

VR: Einen Versuch wäre es Wert gewesen?

 

BF: Es hätte nichts genutzt.

 

VR: Sie haben dann Leute beobachtet? Ist das richtig?

 

BF: Ja.

 

VR: Haben Sie dafür Geld bekommen?

 

BF: Nein.

 

VR: Wie lange haben Sie diese Dinge gemacht?

 

BF: Ein Monat lang.

 

VR: War man zufrieden mit ihnen?

 

BF: Nein.

 

VR: Was ist passiert?

 

BF: Sie haben gesagt, dass was ich mache, ist nichts.

 

VR: Sie haben keine neuen Aufträge mehr bekommen?

 

BF: Es wurde mir gesagt, dass ich weitere Aufträge bekommen werde, aber ich solle warten.

 

VR: Wann war das?

 

BF: Das war im November 2000.

 

VR: Wann sind Sie dann ausgereist aus dem Kosovo?

 

BF: Im Mai 2001

 

VR: Ist zwischen November 2000 und Mai 2001 noch etwas passiert?

 

BF: Mir persönlich nicht, aber ich lebte in Angst. Es gab einen Vorfall der mir große Angst gemacht hat, als der Bürgermeister der Gemeinde K. getötet wurde.

 

VR: Warum hat Sie das betroffen?

 

BF: Er war einer der Personen, die ich, beobachtet hatte. Ich hatte Angst, dass auf mich so viel Druck ausgeübt wird und ich aufgefordert werde, jemanden zu töten.

 

VR: Das haben Sie noch nie angegeben, das ist mir neu?

 

BF: Das mache ich jetzt.

 

VR: War das nicht wichtig genug?

 

BF lacht und sagt er weiß es nicht.

 

BR: Sie haben angegeben, Sie seien nach ihrer Rückkehr in den Kosovo im Juli 1999 sehr schnell nach P. gezogen. Woher hatten Sie dort eine Unterkunft?

 

BF: ES waren leerstehende serbische Wohnungen.

 

BR: Sie sind ja, wie Sie angegeben haben, aus Furcht vor der UCK von K. nach P. gezogen. Ist das zutreffend?

 

BF: Ja.

 

BR: Wie war es dann möglich, dass Sie unmittelbar, nachdem Sie nach P. gezogen sind, bereits von der UCK abgeholt wurden?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

BR: Haben Sie auch keine Vermutung?

 

BF: Nein.

 

BR: Sie haben angegeben, Sie hätten eine Art Schutzgeld an die UCK gezahlt, dies sei allerdings nur möglich gewesen, weil ein gewisser R S. für Sie garantiert hätte. Wer ist diese Person?

 

BF: Das ist ein Nachbar von mir. Familienangehörige von ihm waren UCK Anführer.

 

BR: Warum sollte dieser R. S. für Sie garantieren?

 

BF: Ich weiß es nicht.

 

BR: Haben Sie nicht rückgefragt, warum er das tut. Ich wäre dankbar an ihrer Stelle.

 

BF: Nein, ich habe ihn nicht gefragt.

 

BR: Hatten Sie einen Konflikt mit dieser Person?

 

BF: Ja, hatten wir.

 

BR: Können Sie das bitte konkretisieren?

 

BF: Das war vor dem Jahr 1998. Sie haben meinen Bruder geschlagen und wir haben einen von ihnen geschlagen.

 

BR: Wie viele Brüder haben Sie?

 

BF: Ich habe zwei Brüder.

 

BR: Wer wurde von der Familie S. geschlagen?

 

BF denkt nach: Der älteste Bruder war das, sein Name ist mir entfallen.

 

BR: Welcher ihrer beiden Brüder wurde geschlagen?

 

BF: Mein ältester Bruder.

 

BR: Wie heißt der?

 

BF: A.(Anm. Namensangabe).

 

BR: Lebt der noch im Kosovo?

 

BF: Nein.

 

BR: Sondern, wo lebt der?

 

BF: In Österreich.

 

BR: Ist es der bei dem Sie jetzt wohnen?

 

BF: Ja.

 

BR: Besteht der Konflikt mit der Familie S.i nach wie vor?

 

BF: Ich weiß, dass sie meinen Vater angeschossen haben.

 

BR: Wann war das?

 

BF: Das war voriges Jahr. Ein Dokument diesbezüglich habe ich auch. Aber ich habe das heute nicht mit.

 

BR: Dann besteht bzw. bestand ihren Angaben zufolge im Jahr 1999 dieser Familienkonflikt durchaus noch?

 

BF: Ich weiß es nicht ganz direkt. Aber ich weiß, dass mein Vater von dieser Familie angeschossen wurde.

 

BR: Warum sollte dann ein Mitglied dieser Familie für Sie garantieren und ihnen damit das Leben retten?

 

BF: Das weiß ich nicht, ob dass ein Spiel war. Vielleicht hat er tatsächlich für mich garantiert oder auch nicht. Ob das gestimmt hat, weiß ich nicht.

 

BR: Sie haben zuerst angegeben, Sie hätten kleinere Dienste für die UCK verrichtet, Sie würden wissen, dass es sich hierbei um Dienste für die UCK gehandelt habe, deshalb, weil Sie einige dieser Personen gekannt hätten. Können Sie mir die Namen dieser Personen nennen?

 

BF: Ich habe sie persönlich nicht gekannt, nur vom sehen.

 

BR: Namen können Sie nicht nennen?

 

BF: Zum Beispiel der Bürgermeister, I.R. (Anm. Namensangabe).

 

VR: Mir fällt auf, dass Sie das Vorbringen bei ihrem zweiten Wiederkommen nach Österreich, ab 2001 noch sehr gut wiedergeben können. Kann das daran liegen, dass Sie sich im Sommer 2008 beim Asylgerichtshof eine Kopie des erstinstanzlichen Bescheides abgeholt haben? Die Dinge die vor 1998 passiert sind, haben Sie sehr schlecht und falsch wiedergegeben, heute. Diese Vorfälle sind in dem abgeholten Bescheid nicht erwähnt gewesen. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Dieses Dokument habe ich verlangt, weil der Volksanwalt dies von mir verlangt hat.

 

VR: Haben Sie ihren eigenen Bescheid verloren?

 

BF: Ja.

 

VR: Was befürchten Sie wenn Sie jetzt in ihre Heimat zurückkehren müssten?

 

BF: Ich kann nur sagen, dass ich im Falle meiner Rückkehr Glück haben könnte. Sie haben das erreicht, was sie erreicht haben wollten.

 

VR: Wer ist "sie"?

 

BF: Die UCK Leute bzw. ihre politische Elite.

 

VR: Sie sind albanischer Volksgruppenzugehörigkeit? Was befürchten Sie bei einer Rückkehr noch?

 

BF: Es könnte sein, dass nichts passiert.

 

VR: Was soll passieren?

 

BF: Ich weiß es nicht.

 

VR: Sie haben mit unserer Ladung zur Verhandlung Länderfeststellungen mitgeschickt bekommen, zu denen Sie sich jetzt äußern können?

 

BF: Ich weiß nicht. Ich will nichts dazu sagen.

 

VR: Aus diesen Feststellungen geht hervor, dass die allgemeine Situation als ruhig anzusehen ist und es seit 2004 keine Ausschreiten oder Unruhen mehr gegeben hat. Die Republik Kosovo verfügt über ein funktionierendes Polizei und Justizsystem. Sie könnten im Falle allfälliger weiterer Bedrohungen ausreichend Schutz in der Republik Kosovo finden. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Was kann ich dazu sagen. Soviel Schutz wie mein Vater hatte, könnte ich auch haben. Das heißt, als mein Vater angeschossen wurde, ist die Polizei gekommen. Die Hülsen, die dort gefunden wurden, hat die Polizei versteckt.

 

VR: Warum sollte die Polizei die Hülsen verstecken?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

Die Verhandlung wird für zehn Minuten unterbrochen. Fortsetzung der Verhandlung um 10:58 Uhr.

 

VR: Wann waren Sie das letzte Mal in ihrer Heimat?

 

BF: Mai 2001.

 

VR: Mit wem und wo haben Sie damals gewohnt?

 

BF: Mit meiner Familie in C..

 

VR: Wer sind die Familienmitglieder?

 

BF: Mein Vater, meine Mutter und mein jüngerer Bruder.

 

VR: Wo haben Sie gewohnt? In einem Haus? In einer Wohnung?

 

BF: In unserem Haus.

 

VR: Gehört das Haus ihrem Vater?

 

BF: Ja.

 

VR: Wohnen ihre Eltern immer noch in diesem Haus in C.?

 

BF: Ja.

 

VR: Wer wohnt dort noch?

 

BF: Meine Mutter und mein jüngerer Bruder.

 

VR: Wovon haben Sie gelebt, bevor Sie 1998 geflüchtet sind?

 

BF: Wenig Arbeit. Ich habe gelegentlich schwarz gearbeitet und wurde auch von den Eltern unterstützt.

 

VR: In den zwei Jahren dazwischen 2000 bis 2001. Haben Sie da auch gelegentlich gearbeitet?

 

BF: Ja, damals habe ich gelegentlich gearbeitet und wir wurden vom älteren Bruder, der damals schon in Österreich gelebt hat, unterstützt.

 

VR: Haben die Eltern auch zum Unterhalt beigetragen?

 

BF: Ja, aber ich habe ja auch gearbeitet.

 

VR: Was haben Sie für Arbeiten verrichtet?

 

BF: Verschiedene, hauptsächlich auf dem Bau.

 

VR: Hatten Sie die Gelegenheit alles zu sagen, was Sie in diesem Verfahren vorbringen wollten?

 

BF: Ja, ich möchte nichts mehr Weiteres hinzufügen."

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Festgestellt wird:

 

Auf Grundlage des Asylantrages vom 12.09.1998, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch die Behörde erster Instanz am 15.01.1999 und am 12.10.2001, der Ermittlungsergebnisse im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf Grundlage der Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) vom 18.02.1999 und der öffentlichen Verhandlung am 17.10.2008 vor dem Asylgerichtshof werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Zur allgemeinen Lage im Kosovo:

 

Zur aktuellen Situation in der Republik Kosovo werden folgende unbestritten gebliebene Feststellungen der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

1. a. Allgemeines:

 

Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 3-5]

 

1. b. Lageentwicklung:

 

1..b.1. Kosovo unter UN - Verwaltung

 

Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]

 

1. b.2. Statusverhandlungen

 

Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21. Oktober 2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pri¿tina bzw. Belgrad begannen am 22. Februar 2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 02.02.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt.

 

Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 01.08.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007, Seite 7; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:

Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]

 

1. b.3. Wahlen

 

Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen entsprechend der internationalen und europäischen Standards verlaufen sind. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 28]

 

Am 9. Jänner 2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15 Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner LDK

 

und drei den Minderheiten zu. [APA 09.01.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt]

 

1. b.4. Unabhängigkeit des Kosovo

 

Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.

 

Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt.

 

Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATOSoldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung

 

einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. Noch ist offen, wann und wie die Befugnisse auf die EU übergehen sollen. Es fehlen klare Regelungen für den Wechsel der Zuständigkeiten.

 

UNMIK kann sich formal aber erst dann aus dem Kosovo zurückziehen, wenn die noch geltende UN-Resolution 1244 durch den Sicherheitsrat außer Kraft gesetzt wird.

 

Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung.

 

Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert.

 

[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seiten 2-3]

 

Die Verfassung wurde am 15. Juni 2008 vom Parlament verabschiedet [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008], welche am selben Tag in Kraft trat. [Constitution of the Republic of Kosovo]

 

Die serbische Staatsführung bezeichnete die Verfassung der abtrünnigen Provinz als rechtlich nicht existent". Präsident Boris Tadic kündigte an, die Proklamation der Kosovo-Verfassung werde von Belgrad nicht als rechtsgültig anerkannt.

 

Der Kosovo bleibt unter internationalem Protektorat.

 

Laut den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO-geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen.[ APA 10.06.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein]

 

Ob die Letztverantwortlichkeit im Kosovo bei der EU oder der UNO liegen wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008]

 

1. b.4.1.Staatsangehörigkeit:

 

Das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft [Regulation no. 2000/13, 17 March 2000 On the Central Civil Registry, Law on Citizenship of Kosova

 

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Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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