E8 319.678-1/2008-7E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Diehsbacher als Vorsitzenden und den Richter Dr. Bracher als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Schwarz über die Beschwerde des E. M., geb. 00.00.1984, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.05.2008, FZ. 07 05.385-BAW, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer (im Weiteren auch: BF), ein Staatsangehöriger der Türkei und moslemischen Glaubens, gelangte am 12.06.2007 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet, wo er am 13.06.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
2. Am 13.06.2007 wurde der BF vor der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST Ost (AS 3 ff) schriftlich einvernommen. Dabei brachte er vor, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe zu sein und seine Heimat verlassen zu haben, weil er von Polizisten wegen der Unterstützung der DTP-Partei bedroht worden sei. Überdies seien mehrere seiner Cousins zur PKK gegangen und da diese denselben Familiennamen hätten, sei nun die ganze Familie verfolgt worden. Der BF legte diesbezüglich einen Auszug aus dem Familienregister des Einwohnermeldeamtes H. vor. Weiters gab der BF an, bereits im Jahr 2005 in Slowenien um Asyl angesucht zu haben.
3. Mit 15.06.2007 wurde dem BF eine schriftliche Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG übermittelt, in welcher ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass das Bundesasylamt Konsultationen in Form einer Anfrage gemäß Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates mit Slowenien führt.
4. In weiterer Folge wurde der BF am 10.09.2007 (AS 59 ff) und am 31.01.2008 (AS 119 ff)
vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass zwei seiner Cousins Angehörige der PKK gewesen und schließlich ins Ausland geflüchtet seien. Der Familienname sei durch die politische Tätigkeit seiner Cousins befleckt worden. Der BF sei aufgrund des gleichen Familiennamens mehrere Male nach einer Teilnahme an Demonstrationen in Polizeigewahrsam genommen worden. Im März 2006 habe er an einem Begräbnis von 14 Guerillakämpfern in D. teilgenommen und es sei währenddessen zu Demonstrationen gekommen, woraufhin er mit einigen anderen Personen von türkischen Antiterrortruppen festgenommen, geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden sei. Nach einigen Tagen habe man ihn wieder freigelassen, er sei daraufhin jedoch unter ständiger polizeilicher Beobachtung und Überwachung gestanden. Auch als er am 00.00.2007 am Newrozfest teilgenommen habe, sei er von der Terrorbekämpfungseinheit mitgenommen und abermals gefoltert und geschlagen worden. Auch sei der BF von der Polizei gezwungen worden, mit ihnen zu kooperieren, ansonsten hätte er getötet werden sollen. Man habe ihn daraufhin von Dorfschützern observieren lassen, welche für den Staat gearbeitet und die Aufgabe gehabt hätten, die Dorfbewohner zu bespitzeln. Da er sein Volk nicht verraten habe wollen, sei er schließlich aus seinem Heimatland geflüchtet. Des Weiteren führte der BF aus, dass er in Slowenien nur gezwungenermaßen einen Asylantrag eingebracht habe, da er von slowenischen Sicherheitskräften kontrolliert und angehalten worden sei; sein eigentliches Zielland sei bereits im Jahr 2005 Österreich gewesen.
5. Am 26.09.2007 langte beim Bundesasylamt, EAST Ost, eine vom BF an Herrn Dr. G. Klodner, Sprakuin Integrationsverein Wien, erteilte Zustellvollmacht ein.
6. Mit Datum vom 31.01.2008 erklärte der BF gemäß Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates seine ausdrückliche Zustimmung, dem Bundesasylamt seine Gründe, die er zur Stützung seines Asylantrages am 07.09.2005 in Slowenien angegeben habe sowie die für seinen Antrag getroffenen Entscheidungsgründe bekannt zu geben.
7. Im Zuge der mit Slowenien geführten Dublin-Konsultationen in Form des Informations-Übermittlungsersuchens nach Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates wurde nach Erhalt der angeforderten und einer Übersetzung zugeführten Asylunterlagen festgestellt, dass sich der BF anlässlich der Asylantragstellung in Slowenien unter dem Nationale M. D., geb. 00.00.1984 in S., StA: Türkei, präsentiert hat. Als Begründung für seinen am 07.09.2005 eingebrachten Asylantrag gab der BF an, er sei von türkischen Polizisten in deren Stützpunkten geführt und verhört worden und es sei ihm untersagt worden, kurdischen Kämpfern zu helfen und die Parteiräumlichkeiten der DEHAP zu betreten. Der BF sei auch von türkischen Zivilisten beleidigt und verachtet worden, von der Polizei würde er jedoch nicht gesucht werden. Er habe vorübergehend als Kellner gearbeitet und wenig verdient, seine wirtschaftliche Situation in der Türkei sei schlecht gewesen.
Dieser Asylantrag wurde von den slowenischen Behörden als offensichtlich unbegründet abgewiesen und der BF folglich am 23.12.2005 in die Türkei abgeschoben.
8. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.05.2008, FZ. 07 05.385-BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 13.06.2007 in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte dem BF den Status des Asylberechtigten nicht zu; in Spruchteil II wurde dem BF gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gleichzeitig wurde der BF in Spruchteil III des Bescheides gem. § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischem Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen (AS 261).
Begründend führte das Bundesasylamt einleitend aus, dass Personen, die sich in ihrem Asylverfahren vor den zuständigen Asylbehörden mit unterschiedlichen Identitätsangaben präsentieren, die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Der BF habe sich im verfahrensgegenständlichen Asylverfahren bezüglich seiner Fluchtgründe vage und allgemein auf eine Anhaltung und Befragung zu Personen mit dem Familiennamen "E." bezogen, diese jedoch in seiner Asylantragstellung vor den slowenischen Behörden nicht dargelegt und sich darüber hinaus auch mit einem anderen Namen präsentiert. Zudem habe der BF im Laufe der Einvernahmen sein Vorbringen in Bezug auf die polizeilichen Gewahrsamnahmen immens gesteigert und ließen sich diese Ausführungen des BF nicht nachvollziehen, da davon auszugehen sei, dass tatsächlich verfolgte Personen primär das tatsächlich Erlebte, insbesondere bei negativen Erlebnissen, wie Eingriffe in die persönliche Integrität, zu allererst und vorrangig darlegen. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF zu keinem Zeitpunkt seiner Einvernahmen konkrete und nachvollziehbare Angaben hinsichtlich seiner Festnahmen und Bedrohungen machen habe können.
Dem BF sei es im verfahrensgegenständlichen Verfahren aufgrund seiner modifizierenden Angaben nicht gelungen, ein fundiertes bzw. in wesentlichen Punkten widerspruchsfreies Vorbringen bezüglich seiner Fluchtgründe darzulegen und habe ihm daher die Glaubwürdigkeit in Bezug auf eine begründete Furcht vor Verfolgung versagt werden müssen. Zudem widerspreche der offizielle Verbleib des BF an seiner Heimatadresse bis zur Ausreise einer tatsächlichen Verfolgung, zumal wirklich verfolgte Personen alles daran setzen würden, um ihren Wohnsitz den Behörden vorzuenthalten bzw. ihr Herkunftsland bereits viel früher verlassen hätten.
5. Gegen diesen Herrn Dr. G. Klodner am 30.05.2008 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 03.06.2008 (AS 337 ff) fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wird das Vorbringen im Wesentlichen wiederholt, ohne der Beweiswürdigung der belangten Behörde konkret und substantiiert entgegenzutreten. Gerügt wird zudem, dass die Erstbehörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in weiterer Folge eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen habe, zumal sie es unterlassen habe, auf die dem BF drohende Verfolgungsgefahr Rücksicht zu nehmen und es an einer Gesamtbetrachtung der Asylgründe unter Einbeziehung von subjektiven und objektiven Elementen fehle. Weiters wird beanstandet, dass die polizeilichen Einvernahmen wohl kein Interview im rechtlichen Sinne darstellen können, wenn in unzulässiger und dem Asylrecht widersprechender Weise die Asylgründe vom jeweiligen Polizeibeamten in einem bzw. höchstens zwei Sätzen zusammengefasst werden würden. Zudem sei bekannt, dass die Polizeibeamten nicht das Ausbildungsniveau der Asylbeamten in den Erstaufnahmestellen bzw. Außenstellen hätten. Überdies habe niemals eine Rechtsbelehrung dahingehend stattgefunden, worin ausgeführt werde, dass jedes weitere - vom polizeilichen abweichende - Vorbringen sogleich als Steigerung empfunden werde. Auch die Fragen in den Erstaufnahmestellen, ob vom BF noch etwas hinzuzufügen wäre, erfolge ohne die Rechtsbelehrung, dass dieses vom Polizeiinterview abweichende Vorbringen gleich als Steigerung mit der Rechtsfolge der Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers "beurteilt" bzw. "verurteilt" werde. Ferner wird ausgeführt, dass es wohl eine fromme, aber unrichtige Mär sei, dass der echte Asylwerber sich gleich vor dem lieben Polizeiinspektor in Traiskirchen oder Thalham in allen Details seiner Geschichte auslassen würde, da der Polizeiinspektor weder lieb sei, noch sich so benehme, dass man ihm vertrauen könne (AS 347). Zur Entkräftung der Länderfeststellungen im Erstbescheid erfolgen in weiterer Folge (AS 349) Ausführungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in der Türkei. Quellenangaben bzw. genauere Ausführungen dazu oder Hinweise, worauf sich diese Behauptungen stützten, finden sich im Beschwerdeschriftsatz jedoch nicht. Ausgeführt wird, dass Kurden in der Türkei nur dann die Möglichkeit hätten, Politiker zu werden, wenn sie den Systemparteien angehören würden. Wenn sie jedoch, wie die Familie des BF, Unterstützer der DEP, HEP, SODEP, HADEP, DEHAP seien, drohe ihnen nach wie vor Diskriminierung, Parteienverbot und Strafe. Die seltsamen Behauptungen der Erstbehörde dahingehend, Kurdisch sei als Sprache zugelassen und Kurden könnten Politiker werden, seien demnach wohl ein Eingeständnis der seltsamen, ministeriell vorgegebenen Schönfärberei der Erstbehörde. Auch wird ausgeführt, dass alle kurdischen Parteien vom türkischen "Obersten Gerichtshof" verboten werden würden, weil sie ein internationalistisches und völkerversöhnendes Gedankengut vertreten würden und sozialistische Parteien seien und folglich auch einfache Mitglieder der HADEP in der Türkei verfolgt, eingesperrt und bekämpft werden würden. Demnach sei auch die seltsame Feststellung der Erstbehörde, jenen Mitgliedern würde keine politische Verfolgung drohen, völlig unrichtig.
Ferner wurden verschiedene Bestimmungen des Handbuchs des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zitiert (AS 351 ff), auf diese verwiesen und schließlich angeführt, dass der BF unter Zugrundelegung dieser Kriterien als Flüchtling im Sinne der GFK anzusehen sei. Auch liefe der BF im Falle seiner Abschiebung in die Türkei Gefahr, einer unmenschliche Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden, da ihm eine Festnahme bevorstehe.
Hinsichtlich der Ausweisungsentscheidung im angefochtenen Bescheid wurden keine - auf den BF bezogene - fundierten Ausführungen getroffen, sondern lediglich das Ausweisungsverfahren selbst kritisiert.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt des BF.
2. Rechtlich ergibt sich folgendes:
2.1. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, treten mit 1. Juli 2008 die Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 in Kraft.
Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:
Gemäß Z 1 leg. cit. wird mit 1. Juli 2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.
Gemäß Z 4 leg. cit. sind die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.
2.2. Nichtgewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz
2.2.1. Gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Das Vorbringen des Asylsuchenden muss geeignet sein, eine asylrelevante Verfolgung im rechtlichen Sinne glaubhaft darzulegen. Hiezu muss zunächst eine konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlung glaubhaft gemacht werden, aus der eine wohlbegründete Furcht im Sinne von § 3 Absatz 1 Asylgesetz iVm
Artikel 1 Abschnitt A Z 2 GFK rechtlich ableitbar ist. Hiezu genügt der bloße Hinweis auf die allgemeine Lage in dem Heimatland des Asylwerbers nicht (vgl hiezu zB VwGH 10.03.1994, Zahl 94/19/0056). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl hiezu zB VwGH 12.05.1999, Zahl 98/01/0649). Eine Verfolgungshandlung setzt einen Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen voraus, der geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl hiezu zB VwGH 25.04.1999, Zahl 99/01/0280).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
2.2.2. Nach Ansicht des Asylgerichtshofes hat das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinandergesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei auf Grundlage umfangreichen und aktuellen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (zB. VwGH
v. 25.03.1999, 98/20/0559; 30.11.2000, 2000/20/0356).
2.2.3. Wie die Erstbehörde bereits richtig ausgeführt hat, ist ein wesentlicher Grund für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens in dem Umstand zu sehen, dass der BF vor verschiedenen Asylbehörden seine Identitätsangaben ausgewechselt und seine Fluchtgründe im Laufe der Einvernahmen vor der Erstbehörde modifiziert und gesteigert hat.
So führte das Bundesasylamt zutreffend aus, dass Personen, die sich in ihren Asylverfahren vor den zuständigen Asylbehörden mit unterschiedlichen Identitätsangaben präsentieren, die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen ist. Zudem begründete der BF im verfahrensgegenständlichen Asylverfahren seine Asylantragstellung im Grunde dahingehend, dass er wegen seines Familiennamens "E."
Probleme mit den heimischen Behörden bekommen habe und von diesen bedroht worden sei. Dazu ist auszuführen, dass der BF diesen - im gegenständlichen Verfahren stets betonten und als wesentlichen Grund für das Verlassen seines Heimatlandes definierten - Fluchtgrund vor den slowenischen Behörden im Jahr 2005 nie dargelegt hat, sondern zusammengefasst lediglich angab, dass er von türkischen Polizisten verhört und es ihm untersagt worden sei, kurdischen Kämpfern zu helfen und die Parteiräumlichkeiten der DEHAP zu betreten. Er sei auch von Zivilisten beleidigt und verachtet worden, von der Polizei würde er jedoch nicht gesucht werden. Weiteres sei seine wirtschaftliche Situation in der Türkei sehr schlecht gewesen. In seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 10.09.2007 und am 31.01.2008 erklärte der BF wiederum, dass er in Slowenien nur gezwungenermaßen einen Asylantrag eingebracht habe, da er von slowenischen Sicherheitskräften kontrolliert und angehalten worden sei und sein eigentliches Zielland bereits im Jahr 2005 Österreich gewesen sei. Einen konkreten Anlassfall für seine erstmalige Ausreise aus der Türkei vermochte der BF nicht anzugeben. Demnach ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, wenn es ausführt, dass es dem BF wegen der unterschiedlichen Begründungen seiner Asylantragstellungen nicht gelungen ist, ein fundiertes bzw. in wesentlichen Punkten widerspruchsfreies Vorbringen bezüglich seiner Fluchtgründe darzulegen.
Auch mit den diesbezüglichen Stellungnahmen des BF in seinem Beschwerdeschriftsatz, dass es nicht viel, außer etwas Sachverständnis brauche, um sofort zu dem richtigen Schluss dahingehend zu kommen, dass es nicht nur einen einzelnen Anlassfall für das Verlassen des Heimatlandes, sondern mehrere Anlassfälle gegeben habe und dass man dem Asylwerber wohl zugestehen müsse, unterschiedliche Gründe, unabhängig von deren Existenz oder Nichtexistenz, vorzubringen, da auch in jedem Land trotz der angeblichen Vereinheitlichung des Asylrechts unterschiedliche Entscheidungen zu den gleichen Asylgründen getroffen werden würden, wird der Beweiswürdigung der Erstbehörde in keinster Weise substantiiert entgegengetreten, zumal keine Erklärung zu den unterschiedlichen Asylantragsbegründungen erfolgte, sondern lediglich Kritik an der Anwendung der Asylrechtsbestimmungen geäußert wurde (AS 345).
2.2.4. Weiters hebt die Erstbehörde zutreffend hervor, dass der BF im Laufe seiner Einvernahmen sein Vorbringen dahingehend gesteigert hat, indem er erstmalig in der Einvernahme am 10.09.2007 die Teilnahme an Demonstrationen bzw. am Newrozfest im März 2007 sowie den Besuch des im März 2006 stattgefundenen Begräbnisses von 14 Guerillakämpfern und die damit jeweils in Verbindung stehenden Gewahrsamnahmen und Anhaltungen durch die Polizei vorbrachte, welche wiederum im Zusammenhang mit dem ihm unterstellten Näheverhältnis zur PKK aufgrund des gemeinsamen Familiennamens zu sehen sei.
In seiner Erstbefragung durch Organe der Polizeiinspektion in Traiskirchen EAST Ost am 13.06.2007 führte der BF lediglich aus, dass er von der Polizei aufgrund der Unterstützung der DTP-Partei bedroht worden sei und dass mehrere seiner Cousins zur PKK gegangen seien und nun seine ganze Familie verfolgt werde, da die Cousins und seine Familie denselben Familiennamen tragen würden. Die Teilnahme an Demonstrationen bzw. am Newrozfest sowie der Besuch eines Begräbnisses und die darauffolgenden behaupteten Festnahmen wurden vom BF somit mit keinem Wort erwähnt, vor allem aber auch nicht ein damit in Zusammenhang stehendes - dem BF von den heimischen Behörden - unterstelltes Naheverhältnis zur PKK.
Der vom Bundesasylamt dazu getroffenen Ausführung, dass es nicht nachvollziehbar sei, derartige Erlebnisse aufgrund des durch die türkischen Behörden dem BF unterstellten Naheverhältnisses zur PKK erst in einer späteren Einvernahme anzuführen, da tatsächlich verfolgte Personen primär das tatsächlich Erlebte vorrangig darlegen und daher nicht von einer tatsächlichen Verfolgung des BF auszugehen sei, ist beizupflichten. Der BF vermochte zudem weder konkrete inhaltliche Angaben noch genaue Zeit- bzw. Ortsangaben zu den angeblich erfolgten Anhaltungen und Befragungen durch die Polizei machen, weshalb auch in diesem Punkt dem Bundesasylamt zuzustimmen ist, wenn es ausführt, dass das Vorbringen des BF auch in diesem Zusammenhang als nicht glaubwürdig und nachvollziehbar zu qualifizieren sei und der BF keine konkrete personenbezogene Verfolgung geltend machen konnte.
Soweit nun in der Beschwerde beanstandet wird, dass bei Erstbefragungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die vom Asylwerber angegebenen Fluchtgründe vom einvernehmenden Polizeibeamten in unzulässiger und dem Asylrecht widersprechender Weise lediglich in ein bis zwei Sätzen zusammengefasst werde (AS 347), ist auszuführen, dass die Befragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, jedoch diese in eigenen Worten und Sätzen abschließend zu beantworten sind. Demnach hat in der Erstbefragung keine ausführliche detaillierte Darstellung hinsichtlich der Ausreisegründe stattzufinden, jedoch eine vollständige Aufzählung der einzelnen Verfolgungsgründe und Ereignisse / Geschehnisse / Übergriffe, die näheren inhaltlichen Ausführungen dazu haben aber erst in den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt zu erfolgen.
Zu der im Beschwerdeschriftsatz angeführten weiteren Beanstandung, dass niemals eine Rechtsbelehrung dahingehend stattgefunden habe, worin ausgeführt wird, dass jedes weitere - vom polizeilichen abweichende - Vorbringen sogleich als Steigerung empfunden werde (AS 347), ist auszuführen, dass der BF gleich zu Beginn seiner polizeilichen Erstbefragung darauf aufmerksam gemacht wurde, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes sind und er folglich aufgefordert wurde, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken. Die in der Beschwerde aufgezeigten Einwände halten daher der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf das gesteigerte Vorbringen und die daraus resultierende Unglaubwürdigkeit des BF nichts Substantiiertes entgegen, zumal der BF im Zuge seiner Erstbefragung ausdrücklich aufgefordert wurde, seine Fluchtgründe vollständig, wenn auch nur im begrenzten Umfang, anzuführen.
Die diesbezüglichen weiteren Beanstandungen im Beschwerdeschriftsatz waren schon wegen ihres lediglich zurechtweisenden und abwertenden Charakters nicht geeignet, der Beweiswürdigung der Erstbehörde substantiiert entgegenzutreten und daher auch nicht näher zu erörtern.
2.2.5. Weiters ist dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es ausführt, dass der BF in seiner Einvernahme am 31.01.2008 hinsichtlich des Begräbnisses von 14 Guerillakämpfern in D. und der darauffolgenden polizeilichen Anhaltung auch nach konkreter Nachfrage weder detailgenaue und nachvollziehbare Angaben zu diesem Vorfall tätigen konnte noch in der Lage war, Namen der Gefallenen bzw. den Ort der tatsächlichen Beerdigung anzugeben. Zudem behauptete der BF, es seien 14 Kämpfer in D. beerdigt worden, tatsächlich wurden laut den Rechercheergebnissen des Bundesasylamtes jedoch nur vier Gefallene in dieser Provinz begraben. Dem Bundesasylamt kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn es in diesen abstrakt gehaltenen und somit unzureichenden Ausführungen des BF keine Schilderung von persönlich erlebten Ereignissen und somit keine konkrete personenbezogene Verfolgung, sondern lediglich eine gedankliche Konstruktion des BF erblickt.
2.2.6. Wie die Erstbehörde zudem richtig erkannte, spricht auch der offizielle Verbleib des BF an der Wohnadresse seiner Eltern und die Mitarbeit in der elterlichen Landwirtschaft bis zur Ausreise gegen eine glaubhafte Verfolgungssituation, zumal wirklich verfolgte Personen alles daran setzen würden, um ihren Wohnsitz den Behörden vorzuenthalten bzw. ihr Herkunftsland bereits viel früher verlassen hätten. Auch der Ausführung des BF dahingehend, dass seine gesamte Familie aufgrund desselben Familiennamens wie die der PKK angehörenden Cousins in der Türkei verfolgt werde, ist entgegenzuhalten, dass sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister nach wie vor in der Türkei aufhältig sind und man daher nicht davon ausgehen kann, dass die Familie einer Verfolgung ausgesetzt ist.
Weiters wurde in der Beschwerde moniert, dass sich das Bundesasylamt nicht ausreichend mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt habe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das Bundesasylamt mit dem BF zwei ausführliche Befragungen durchführte und der aufgrund dieser ausführlichen Befragungen festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und ausführliche Länderfeststellungen zur Türkei ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid finden. Zudem beruhen die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen, die ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bilden und besteht daher kein Anlass, an der Anzahl und Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln.
2.2.7. Das Bundesasylamt geht im Sinne einer Gesamtbetrachtung zu Recht davon aus, dass vor dem Hintergrund der aufgezeigten Widersprüche in den Angaben des BF bzw. dessen abstrakt gehaltenen Ausführungen nicht angenommen werden kann, dass die geschilderten Vorfälle tatsächlich stattgefunden haben und der BF einer asylrelevanten Verfolgung in der Türkei ausgesetzt ist.
Der Asylgerichtshof geht daher in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt davon aus, dass der BF nicht dazu in der Lage war, glaubwürdig vorzubringen, dass er aufgrund des ihm - von den heimischen Behörden wegen des gemeinsamen Familiennamens - unterstellten Naheverhältnisses zur PKK bzw. aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten Verfolgung in der Türkei ausgesetzt ist.
2.2.8. Anzumerken ist auch, dass sich die Beschwerde zum Teil in global gehaltenen Aussagen erschöpft, die auf die Genfer Flüchtlingskonvention und auf das Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abstellen, ohne auf den Fall des BF konkret einzugehen, weshalb aus dem Beschwerdevorbringen keine Schlüsse gewonnen werden konnten, die geeignet gewesen wären, die erstinstanzlichen Erwägungen zu erschüttern.
Den vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid zu entnehmenden und die Beweiswürdigung hinsichtlich der Nichtglaubhaftmachung tragenden Argumenten wird in der Beschwerde daher nicht konkret und substantiiert entgegen getreten, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen war.
2.3. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei
2.3.1. Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen zukommt. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit der abweisenden Entscheidung zu verbinden.
Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde dann zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Zur Auslegung des § 8 AsylG ist aus Sicht der Beschwerdebehörde weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den BF betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; 14.10.1998, 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
2.3.2. Der Asylgerichtshof schließt sich auch den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulemententscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses. Ergänzend sei ausgeführt, dass es sich bei dem BF um einen arbeitsfähigen, jungen Mann handelt, der in seinem Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, zumal seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern nach wie vor in der Türkei aufhältig sind. Der BF könnte - wie schon vor seiner Ausreise - in der familieneigenen Landwirtschaft arbeiten und sich dadurch seinen Lebensunterhalt verdienen, weshalb dem BF im Falle seiner Rückkehr keine Gefahr für Leib oder Leben droht. Im Übrigen sei an dieser Stelle nochmals angemerkt, das die vom BF vorgebrachte Bedrohungssituation aufgrund des behaupteten unterstellten Naheverhältnisses zur PKK bereits im Rahmen der Asylentscheidung für nicht glaubwürdig befunden wurde und somit auch der rechtlichen Beurteilung in Zusammenhang mit der Refoulemententscheidung nicht zugrunde zu legen ist.
Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.
2.4. Zulässigkeit der Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz:
2.4.1. Ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen und wurde festgestellt, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen nicht zukommt, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 10 Abs. 1 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 10 Abs. 1 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Nach § 10 Abs 2 Z 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde. Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
2.4.2. Die Behörde erster Instanz prüfte die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffes in das Recht auf Familienleben gemäß Artikel 8 Absatz 1 EMRK und kam zu dem rechtsrichtigen Ergebnis, dass im Fall des BF kein diesbezüglicher Grundrechtseingriff vorliege, zumal zu dem in Österreich lebenden Onkel (und dessen Frau und Kindern) kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht.
Das Bundesasylamt führte zutreffend aus, dass zu dem in Österreich lebenden Onkel kein Familienleben mit der geforderten Intensität gemäß Art. 8 EMRK besteht. Der BF selbst gab an, dass er mit seinem Onkel in keinem gemeinsamen Haushalt lebt und lediglich Taschengeld von ihm bekommt (AS 65, 123-125). Der Bezug von Taschengeld vermag noch kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK entstehen zu lassen, da eine lediglich finanzielle Unterstützung noch kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis begründet und somit keine Beziehung von außergewöhnlicher Intensität vorliegt. Ergänzend ist auszuführen, dass der Onkel des BF seit etwa achtzehn Jahren in Österreich lebt und bereits in der Türkei nicht mit dem BF in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat, was zudem nicht auf eine besonders intensive Bindung schließen lässt, zumal sich der BF auch erst seit dem Jahr 2007 in Österreich aufhält. Ebenso wenig kann - in Anbetracht des verhältnismäßig kurzen Zeitraumes - der Umstand, dass sein Onkel ihn durch ein Taschengeld finanziell unterstützt, dermaßen schwer wiegen, dass seine Ausweisung im Lichte des Art. 8 EMRK unzulässig wäre. Sonstige familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich wurden vom BF nicht behauptet sowie auch keine diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde getroffen.
Unbeachtlich sind in diesem Zusammenhang die Cousinen und Cousins des BF, da diese - den Angaben des BF folgend - vermutlich in Deutschland leben und daher schon von vornherein keine Beziehung bestehen kann, welche vom Schutzbereich des Art 8 EMRK umfasst ist.
2.4.3. Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben des BF zu verneinen, so bleibt noch zu prüfen, ob mit der Ausweisung des BF ein Eingriff in sein Privatleben einhergeht und - falls dies zutrifft, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art 8 Absatz 2 EMRK).
Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
2.4.4. Im Falle des am 12.06.2007 illegal nach Österreich eingereisten und asylbehördlich einvernommenen BF hat das bisherige Verfahren keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des BF in Österreich ergeben bzw. wurden solche von diesem auch nicht behauptet. Aber auch eine anderweitige Aufenthaltsverfestigung, die die Annahme einer Prävalenz der ho. Bindungen gegenüber jenen zum Herkunftsstaat rechtfertigen würden, wird durch den gerade einmal rund sechzehnmonatigen Aufenthalt hier in Österreich kontraindiziert. Ein Eingriff in das Privatleben des BF kann daher im Falle einer Ausweisung in die Türkei nicht festgestellt werden, weshalb es einer Interessenabwägung im Sinne des Artikel 8 Absatz 2 EMRK nicht bedarf.
Folglich ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.
3. 1. Auf das Verfahren nach dem Asylgesetz findet gemäß § 23 AsylGHG das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des
B-VG, des AsylG 2005 und des VwGG Anwendung. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind in den in der Erläuterung laut AB 371 XXIII.GP genannten §§ 20, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, aber auch in den §§ 42, 61 und 62 AsylG 2005. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt 67 d AVG, wonach eine mündliche Verhandlung dann unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und nach schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. dazu etwa VwGH 11. 11.1998, Zahl 98/01/0308, sowie VwGH 14.12.2000, Zahl 98/20/0556). Wird hingegen im Beschwerdeverfahren ein konkreter, neuer Sachverhalt zulässigerweise behauptet, so ist es dem unabhängigen Bundesasylsenat verwehrt, durch Würdigung der Beschwerdeangaben als unglaubwürdig den Sachverhalt ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und insbesondere ohne den Asylwerber selbst persönlich einzuvernehmen als geklärt anzusehen (vgl. dazu etwa VwGH 22. 04.1999, Zahl 98/20/0411). Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Wichtigkeit des persönlichen Eindruckes des entscheidenden Organes der Behörde für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers (vgl. dazu auch das obzitierte Erkenntnis VwGH 11. 11.1998, Zahl 98/01/0308, sowie VwGH 21.01.1999, Zahl 98/20/0339). Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung eines Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (vgl. dazu zB. VwGH 25.03.1999, Zahl 98/20/0577). Bezogen auf die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegt ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel daher nur dann vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Unabhängige Bundesasylsenat im Falle einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil er beispielsweise auf Grund des dadurch vom BW gewonnen persönlichen Eindruck dessen Vorbringen zur Gänze als glaubwürdig erachtet hätte (vgl. dazu zB. VwGH 14.12.2000, Zahl 98/20/0556).
3.2. Gemessen an diesen vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien ist der gegenständliche Sachverhalt als geklärt zu betrachten. Insbesondere ist der negativen Glaubwürdigkeitsbeurteilung des BF durch die Erstbehörde nicht entgegenzutreten, zumal das Vorbringen des BF von der Erstbehörde in ausführlicher und schlüssiger Weise dargelegt und gewürdigt wurde. Die bloße zusätzliche Erörterung von verfahrensgegenständlichen Beweismitteln oder Ermittlungsergebnissen sowie Rechtsfragen hätte auch keine anders lautende Entscheidung herbeigeführt. Der BF ist der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegengetreten. Eine mündliche Verhandlung konnte daher gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 unterbleiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.