TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/28 C11 402081-1/2008

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Veröffentlicht am 28.10.2008
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Spruch

C11 402.081-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. BÜCHELE als Vorsitzenden und den Richter Mag. DRAGONI als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Maga. HOFBAUER über die Beschwerde des K.V., geb. 00.00.1982, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.10.2008, Zahl: 08 09.091 - EAST Flughafen, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 AsylG 2005 und § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, landete am 25.09.2008 am Flughafen Wien-Schwechat und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (in der Folge: Asylantrag). Bei einer ersten Befragung am Tag der Einreise durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Schwechat gab er an, er sei von Delhi über Tel Aviv und einem weiteren ihm unbekannten Flughafen nach Wien gereist. Das Ticket und sein Reisepass seien ihm vom Schlepper abgenommen worden.

 

2.1. Bei der Befragung am 29.09.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Schwechat in Anwesenheit eines Dolmetschers für Punjabi gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe am 15.09.2008 Indien legal mit seinem Reisepass auf dem Luftweg mit drei unbekannten Zwischenlandungen und unbekannten Fluglinien nach Österreich verlassen.

 

Zu den Gründen warum er sein Herkunftsland verlassen hat, gab er an, dass er in einem Farmhaus bei reichen Leuten als Koch gearbeitet habe. Der Besitzer habe während einer Feier einen Mann erschossen. Er habe das gesehen und sei daraufhin geflüchtet. Es sei von ihm verlangt worden, dass er den Mord auf sich nehmen soll; falls nicht, werde er sowieso dafür beschuldigt. Aus Angst sei er dann aus Indien geflüchtet.

 

2.2. Am 01.10.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle am Flugplatz Wien-Schwechat, nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines Dolmetschers für Punjabi niederschriftlich einvernommen.

 

Zu den Gründen warum er sein Herkunftsland verlassen hat, gab er an, dass er im Ort N.M. in einem Restaurant mit dem Namen A. bis zum 25.08.2008 gearbeitet habe. Dieses befinde sich bei der Ausfahrt des dortigen Autobusbahnhofes.

 

Er habe dann ab 27.08.2008 bei reichen Leuten in einem Farmhaus - drei Brüdern - als Koch in S. gearbeitet. Dieser Ort liege ca. 2 bis 3 km von seinem Wohnort R. entfernt. Bei seinen Dienstgebern habe er beobachtet, wie einer seiner neuen Chefs, der Sa.S., einen anderen Mann erschossen habe. Er sei zu einem Freund geflüchte. Am nächsten Tag habe er seinen Freund zu sich nach Hause geschickt, weil er selbst Angst gehabt habe. Dort habe sein Freund erfahren, dass sein Arbeitgeber mit der Polizei gekommen sei und seine beiden Brüder verprügelt habe. Sie hätten seiner Mutter gesagt, dass er den Mord gestehen und sich stellen soll, er werde ansonsten umgebracht.

 

Es sei dann sein Onkel verständigt worden; dieser habe ihn dann nach Delhi gebracht, wo er in einem Hotel untergebracht worden sei und seine Ausreise aus Indien organisiert worden sei. Am 15.09.2008 sei er von Indien abgeflogen. Der erste Flug sei nach Israel gegangen; ob das stimme, könne er aber nicht sagen, da er nichts lesen habe können.

 

In R. habe er gemeinsam mit seiner Mutter und zwei Brüdern sowie einem Onkel väterlichseits gelebt. Er habe bisher noch nie mit der Polizei Schwierigkeiten gehabt und sei auch bisher noch nie in Haft gesessen.

 

2.3. Das Bundesasylamt gab am 02.10.2008 mit Zustimmung des Beschwerdeführers zu den von ihm zu Protokoll gegebenen Angaben ein Gutachten in Auftrag. Zum Ergebnis wurde der Beschwerdeführer am 07.10.2008 vom Bundesasylamt in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines Dolmetschers für Punjabi neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dazu wird im Protokoll ausgeführt:

 

"Die Recherche ergab folgende Antwort:

 

Der Vater des Antragstellers ist bereits verstorben und war unter dem Spitznamen N. bekannt. Die Mutter N.D. wurde zuhause angetroffen und bestätigte, dass es noch zwei Brüder des Antragstellers gibt. Der Ältere ist R.K., der Jüngere Ra.K.. Der Antragsteller selbst ist im Ort bekannt unter dem Spitznamen B.. Der Onkel des Antragtellers trägt den Namen S.L., er ist Lehrer in einer Privatschule.

 

Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Wir sagen alle zum Onkel ¿P.', das ist wie ein Spitzname.

 

Befragt: Er hat schon den Namen S.L..

 

Befragt: Sonst stimmt alles.

 

Gestellt haben wir die Frage:

 

Können die Angaben des Antragstellers zu seinen Arbeitsstellen bestätigt werden?

 

Darauf haben wir die folgende Antwort erhalten:

 

Das Restaurant ¿A.' im Ort N.M. wurde von der Vertrauensperson am 4.10. besucht, der Besitzer A.S. wurde angetroffen und gab an, dass nie jemand mit dem Namen des Antragstellers bei ihm gearbeitet hätte. In den letzten acht Jahren hätten bei ihm ausschließlich Nepalesen gearbeitet, keine Personen die aus dem Punjab stammen. Die Vertrauensperson fuhr weiter in das ca. fünf Kilometer entfernte Dorf S., traf dort den ehemaligen Bürgermeister S.S. welcher aussagte, dass es in der näheren und weiteren Umgebung des Ortes kein Farmhaus eines Sa.S. gäbe. Im Ort gibt es nur eine Person die zwei acres Land besitzt, deren Name sei Sw.S., Sohn des Sh.S., diese lebe aber seit zwanzig Jahren im Ausland.

 

Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Es gibt da so zwei A., weil einer heißt 'A.R.'.

 

Der Chef kennt oft gar nicht die Leute die dort bei ihm arbeiten.

 

Gestellt haben wir die Frage:

 

Hat der Antragsteller tatsächlich die Heimat (d.h. den Distrikt Jalandhar) erst nach dem 9. September 2008 verlassen?

 

Erhalten haben wir die folgende Antwort:

 

Laut Auskunft der Mutter und des Onkels des Antragstellers hat der Antragsteller vor ca. zwanzig Tagen das Dorf verlassen mit dem Ziel, Spanien zu erreichen.

 

Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Am 9. September ist das passiert und am 10. bin ich dann weg gewesen und am 15. bin ich dann aus Indien ausgereist.

 

Gestellt haben wir die Frage:

 

Kann in Erfahrung gebracht werden, ob in S. am 9. September 2008 - oder um diesen Zeitpunkt herum - tatsächlich ein Mord passiert ist?

 

Bekommen haben wir die Antwort:

 

Nach Auskunft des ehem. Bürgermeisters von S., S.S., sei, solange er sich erinnern könne, kein Mord in der Umgebung passiert.

 

F: Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Die Leute in der Umgebung haben solche Angst vor diesen Brüdern und deswegen sagt aus Angst niemand etwas gegen die Leute.

 

Gestellt wurde von uns die Frage:

 

Wurde von der Polizei und dem Sa.S. mit seinen Brüdern tatsächlich in R. im Elternhaus des Antragstellers nach dem Antragsteller gesucht?

 

Als Ergebnis der Recherche haben wir bekommen:

 

Die Mutter und der Onkel des Antragstellers können einen derartigen Vorfall nicht bestätigen, es sei auch nie die Polizei bei ihnen gewesen.

 

Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Mein Freund hat mir das berichtet, dass die Polizei dort war. Ich selber habe das nicht gesehen. Vielleicht haben die Eltern Angst gehabt - ich weiß nicht, was die gesagt haben.

 

Vorhalt: Weiters hat die Recherche noch das folgende Ergeben:

 

Die Mutter und der Onkel des Antragstellers geben an, dass der Antragsteller nach einem zweijährigen Aufenthalt in Kuwait, ca. ein Jahr zuhause verbracht habe, während dieses Jahres wollte der Antragsteller nur ins Ausland und ist keiner Beschäftigung nachgegangen.

 

Was meinen Sie dazu?

 

A: Das stimmt schon, dass ich in Kuwait war, aber als ich zurückgekommen war, habe ich gearbeitet.

 

Vorhalt: Die Recherche hat dann noch ergeben, dass es nach Angaben Ihrer Mutter und Ihres Onkels keine Fahndung der zuständigen Polizei nach Ihrer Person gibt.

 

Was meinen Sie dazu?

 

A: Ich weiß es nicht. Vielleicht haben Sie Angst gehabt irgendetwas zu sagen. Vielleicht hat der Sa.S. denen gesagt, dass sie nichts sagen sollen.

 

F: Wollen Sie von sich aus noch weitere Gründe angeben, Angaben tätigen oder Ergänzungen anbringen?

 

A: Ich möchte nur sagen, dass in Indien mein Leben in Gefahr ist. Wenn ich zurückkehren werde, werde ich von der Polizei festgenommen und geschlagen und ich möchte nicht nach Indien zurückkehren.

 

[...]"

 

Dem Beschwerdeführer wurde vom Vertreter des Bundesasylamtes mitgeteilt, dass beabsichtig sei, seinen Antrag im Flughafenverfahren mangels Glaubwürdigkeit abzuweisen.

 

5. Am 08.10.2008 richtete das Bundesasylamt ein Ersuchen gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 an den Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und gab bekannt, dass beabsichtigt sei, den Asylantrag des Beschwerdeführers im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle Flughafen gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG abzuweisen. Mit Schreiben vom 13.10.2008 teilte der UNHCR mit, dass derzeit noch Ermittlungen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers durchgeführt würden und eine Antwort binnen 48 Stunden übermittelt werde. Mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilte der UNHCR seine Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005, da das Vorbringen in Einklang mit dem Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

 

6. Das Bundesasylamt hat mit dem beim Asylgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 15.10.2008, Zahl: 08 09.091 - EAST Flughafen, den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen (Spruchpunkt II.).

 

Zu Indien wurden im bekämpften Bescheid umfangreiche Länderfeststellungen getroffen.

 

6.1. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im bekämpften Bescheid aus, dass sich klar gezeigt habe, dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt zur Gänze tatsachenwidrig sei. Es sei hier nicht um nicht um die Klärung diffiziler Beweiswürdigungsprobleme, sondern lediglich um eine ganz einfache Überprüfung einiger Fakten vor Ort gegangen. Eine völlig einfach zu organisierende Nachschau und Nachfrage vor Ort habe ergeben, dass das Vorbringen in keinster Weise den Tatsachen entsprochen habe. Die "offensichtliche" Unbegründetheit des Antrages liege klar auf der Hand. In einem Fall wie dem vorliegenden dränge sich somit zwingend auf, dass der Antrag jeder Grundlage entbehre. Gerade auf Basis dieser Beweisergebnisse sei es nämlich nicht notwendig gewesen, im Rahmen der Beweiswürdigung "weitgehende Überlegungen" anzustellen oder die Beweiswürdigung auf "eine lange Argumentationskette" zu stützten. Ob im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nun Erhebungen zum Sachverhalt hier direkt vor Ort oder in der Heimat eines Antragstellers geführt werden mussten, solle im Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten einer Beurteilung der qualifizierten Unglaubwürdigkeit ebenfalls nicht entgegenstehen. Wie sich im vorliegenden Fall nämlich gezeigt habe, könne ein Sachverhalt wie er hier zunächst behauptet wurde, nämlich rasch und effizient und auch mit der notwendigen Nachvollziehbarkeit verifiziert werden. In der Folge ergibt sich hier dann aber auch der zwingende Schluss, dass eindeutig festgestellt werden könne, dass hier ein Missbrauch des Asylrechts gegeben ist, weil ganz bewusst falsche Angaben zur Begründung des Asylantrages getätigt worden seien.

 

6.2. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die Ziffer 2 des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 gebiete, einen Asylantrag in der Erstaufnahmestelle am Flughafen abzuweisen, wenn das Vorbringen zu einer Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Dies sei hier der Fall.

 

Soweit im Verfahren hervorgekommen sei, dass der Beschwerdeführer seine Heimat ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, sei festzuhalten, dass damit sein Vorbringen ganz offenkundig jeglichen kausalen Zusammenhang mit einem Konventionsgrund vermissen lasse.

 

Die Ziffer 3 des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 gebiete, einen Asylantrag in der Erstaufnahmestelle am Flughafen abzuweisen, wenn der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat. Dies sei hier nach der vorstehenden Beurteilung der Fall.

 

Im gesamten Ermittlungsverfahren sei auch "kein begründeter Hinweis" i. S. des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 hervorgekommen, aus welchem der Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre.

 

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde beim Asylgerichtshof, verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

Der Beschwerdeführer schildert, dass er in Kuweit als Koch gearbeitete habe. Dort sei man ihm den Lohn für sechs Monate schuldig geblieben. Er habe nachgefragt und sei für weitere zwei Monate vertröstet worden; er sei dann aber ohne Geld nach Indien zurückgeschickt worden. Im Weiteren wird nochmals ausführlich die Fluchtgeschichte geschildert.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch die zuständigen Richter über die Beschwerde wie folgt erwogen:

 

1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

1.1. Nach § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (in der Folge: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

§ 33 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

 

"§ 33. (1) In der Erstaufnahmestelle am Flughafen ist die Abweisung eines Antrages nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und

 

1. der Asylwerber das Bundesasylamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;

 

2. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht;

 

3. der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder

 

4. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt."

 

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich bei dem Flughafenverfahren nach dem AsylG 2005 um ein dem Sonderverfahren des § 6 AsylG 2003 nachempfundenes, hinsichtlich der Beschwerde- und Entscheidungsfristen abgekürztes Verfahren handelt, lässt sich ableiten, dass ein erhöhter Rechtsschutz und damit ein strengerer Prüfmaßstab zum Tragen kommen muss, der einerseits schon in der restriktiven Formulierung des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 zum Ausdruck kommt und sich andererseits aus den definierten Voraussetzungen für eine solche Abweisung aufgrund vier enumerativ aufgezählter Tatbestände verbunden mit der Zusatzanforderung, dass sich kein begründeter Hinweis auf das Erfordernis der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten ergeben hat, zumal sich der - auch durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgegebene - Prüfungsumfang im Sinne des § 6 AsylG 1997 durch die Neufassung des AsylG 2005 nicht maßgeblich geändert hat. Zu dem Offensichtlichkeitserfordernis des § 6 AsylG 1997, auch in der Fassung der Novelle 2003, hat der Verwaltungsgerichtshof eine umfangreiche Judikatur entwickelt (vgl. 2000/01/0214 und die dort zitierte Vorjudikatur), insbesondere dass ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreicht werden muss, dass unmittelbar einsichtig - "eindeutig", "offensichtlich" - ist, dass die Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", die dazu führenden Gesichtspunkte müssen klar auf der Hand liegen. Im Ergebnis setzt die geforderte "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht.

 

1.2. Im gegenständlichen Fall ist das Bundesasylamt zu Recht von der erforderlichen qualifizierten Unglaubwürdigkeit i.S. der Ziffer 2 des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 des Beschwerdeführers ausgegangen. Auch wenn im Spruch des bekämpften Bescheides diese Bestimmung - offensichtlich irrtümlich - nicht angeführt wurde, ist doch im Bescheid das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen ausführlich begründet worden.

 

Das Bundesasylamt hat das Vorbringen des Beschwerdeführers einer ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung unterzogen und zutreffend aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer sowohl bei der Erstbefragung am 01.10.2008 als auch bei der ergänzenden Einvernahme zum Erhebungsbericht am 07.10.2008 nicht im Stande war, seine Behauptungen glaubhaft zu machen. Bei Vorhalt der zahlreichen Widersprüche durch das Bundesasylamt war er nicht in der Lage diese aufzuklären. In diesem Zusammenhang sei hier insbesondere festzuhalten, dass nach den Recherchen durch die belangte Behörde das Haus seines letzten Dienstgebers nicht existiert, kein Mord in der fraglichen Umgebung passiert ist, von seinen eigenen Familienangehörigen der behauptete Vorfall nicht bestätigt wurde und der Beschwerdeführer auch nie von Polizei gesucht wurde und schließlich, dass der Beschwerdeführer nach einem zweijährigen Aufenthalt in Kuwait ca. ein Jahr zuhause verbracht hat, hervorgehoben.

 

1.3. Weiters ist die belangte Behörde zu Recht von der Voraussetzung der Ziffer 3 des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 ausgegeangen, da der Beschwerdeführer keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat. Im gesamten Ermittlungsverfahren ist "kein begründeter Hinweis" i. S. des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 hervorgekommen, aus welchem der Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen wäre.

 

2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

2.1. Wird der Asylantrag eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre, und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatland hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 in N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königreich). Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582 sowie Zl.2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend. Da jedoch im gegenständlichen Fall von einer "qualifizierten Unglaubwürdigkeit" der Angaben des Berufungswerbers auszugehen ist, ist eine reale Gefahr im Sinne der obigen Ausführungen zu verneinen.

 

Zur allgemeinen Situation in Indien wird auf die im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (vgl. Seite 18 bis 25 des angefochtenen Bescheides) verwiesen. Überdies bestehen auch keine anderweitigen Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

3. Zusammenfassend erweist sich die gegenständliche Beschwerde als nicht berechtigt. Da das gegenständliche Vorbringen des Beschwerdeführers als offenkundig tatsachenwidrig zu qualifizieren ist, war der Asylantrag gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 AsylG 2005 abzuweisen.

 

4. Gemäß § 33 Abs. 5 AsylG 2005 ist im Flughafenverfahren über die Ausweisung nicht abzusprechen. Die Zurückweisung darf erst nach Rechtskraft der gänzlich ab- oder zurückweisenden Entscheidung durchgesetzt werden.

 

5. Bei diesem Ergebnis konnte eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entfallen.

 

6. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Aus dem Akteninhalt des Bundesasylamtes ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Mit der Beschwerde wurde nichts Entscheidungsrelevantes vorgebracht, das mit dem Beschwerdeführer mündlich erörtert hätte werden müssen. Da die Voraussetzungen im Sinne der oben bezeichneten Bestimmungen im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt sind, konnte hier von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte
Aufenthaltsrecht, Flughafenverfahren, Mitwirkungspflicht, qualifizierte Unglaubwürdigkeit
Zuletzt aktualisiert am
25.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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