E1 255.253-0/2008-11E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch die Richtern Dr. Ilse FAHRNER als Vorsitzende und den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau AUBERGER über die Beschwerde des S.S., geb. 00.00.1981, StA. Iran, vertreten
durch Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.10.2004, FZ. 03
27.686-BAL nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.10.2008 zu Recht
erkannt
Der Beschwerde wird stattgegeben und S.S. gemäß § 7 AsylG BGBl I. Nr. I. 126/2002 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 12 AsylG 1997 idF BGBl I. Nr. I 126/2002 wird festgestellt, dass S.S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Entscheidungsgründe:
I. VERFAHRENSGANG:
1. Der vom Beschwerdeführer, am 12.09.2003 gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.10.2004, FZ. 03 27.686-BAL, gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I.) Gleichzeitig wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran, gemäß. § 8 Abs. 1 für zulässig festgestellt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 2 der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchteil III.).
2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung.
3. Der Asylgerichtshof, führte am 21.10.2008 eine öffentlich mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und sein Vertreter, nicht jedoch das Bundesasylamt, welches entschuldigt fernblieb, teilnahm.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Beweis wurde erhoben durch:
Bericht des AA vom 18.03.2008, mit Schwerpunkt auf oppositionelle politische Gruppierungen, Auslandsaktivität, Sippenhaft und Rückreisemodalitäten .
APA Meldungen und Accord Anfragen über die Studentendemonstrationen im Jahre 2003.
sowie ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers unter Einbeziehung der von ihm ergänzend vorgelegten Beweismittel, Fotos zu den Demonstrationen der SPI in Deutschland , Internetauszug und weiters
Bestätigung über die politische Tätigkeit für die SPI, gezeichnet vom Generalsekretär der SPI F.G. vom 16.10.2008.
Urteil des Verwaltungsgerichtes Chemnitz vom 00.00.2001, betreffend die Mutter und die beiden Schwestern des Beschwerdeführers.
A) Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten
Ermittlungsverfahrens von folgendem Sachverhalt aus
1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatangehöriger und am 00.00.1981 in A. im Iran geboren. Die Eltern des Beschwerdeführers haben sich im Iran aktiv politisch betätigt. Der Vater des Beschwerdeführers war Mitglied einer kommunistischen Partei im Iran und ist seit ca. 11 Jahren verschwunden, die Familie hat seit diesem Zeitpunkt keine Nachricht mehr von ihm. Die Mutter des Beschwerdeführers ist nach dem Verschwinden Ihres Ehemannes und Vater des Beschwerdeführers aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet und ist dort aktiv exilpolitisch tätig. Ihre politische Aktivität begann für das "Komitee zur Verteidigung des Widerstandes" (C.D.S.), wobei die Mutter des Beschwerdeführers Mitglied einer Sektion des C.D.S. wurde. Sie nahm an der von der Heinrich - Böll - Stiftung veranstalteten Irankonferenz in Berlin teil und hat sich unter Skandierung von regimekritischen Parolen an den Protesten beteiligt, um die Fortsetzung dieser Konferenz zu stören. Die Parolen waren gegen das islamische Regime gerichtet und lauteten "Nieder mit der islamischen Republik". In der Folge erschien in einer Wochenzeitung XY ein Artikel, der sich mit den Protestaktionen in Deutschland befasste und in welchem auch die Mutter des Beschwerdeführers und ihre Kinder namentlich erwähnt wurden. Die Mutter des Beschwerdeführers ist aktuell in der Nachfolgeorganisation der C.D.S., nämlich der Sozialistischen Partei Iran (SPI) in Deutschland tätig. Bei der SPI handelt es sich um eine reine Auslandsorganisation, die vom bekannten -aus dem Iran geflüchteten -Journalisten- Gilani geleitet wird. Der Beschwerdeführer wirbt in Österreich um Mitglieder für diese Organisation.
Der Mutter und den beiden Schwestern des Beschwerdeführers wurde wegen Bestehens des Nachfluchtgrundes der politischer Tätigkeit im Ausland, Schutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG in Deutschland gewährt und ausdrücklich eine zu erwartende politische Verfolgung für diese festgestellt, wobei die exponierte exiloppositionelle Betätigung und hervorgehobene Stellung innerhalb der iranischen Exilopposition der Mutter des Beschwerdeführers hervorgehoben wurde.
2. Zur Situation im Herkunftsland:
2.1. Zur allgemeinen politischen Lage:
Das konservativ- klerikale Lager verfügt über die entscheidenden Machtpositionen im politischen System Irans, reformorientierte Kräfte hatte es fast völlig zurückgedrängt. Bei den Parlamentswahlen am 20.02.2004 hat das gemäßigt konservative Lager einen klaren Wahlerfolg erzielt uns stellte nunmehr im Parlament die Mehrheit. Im Vorfeld der Wahlen war es zum Ausschuss von über 2000 reformfreundlichen Kandidaten durch den Wächterrat gekommen. Über 100 Abgeordnete hatten darauf hin aus Protest ihre Ämter niedergelegt und zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Einige von ihnen sind seit dem unter anderem wegen Unruhestiftung, vor Gericht vorgeladen worden.
Mahmoud Ahmadinejad, der dem konservativen Lager angehörende frühere Bürgermeister von Teheran gewann die Präsidentenwahl im Juli 2005.
Die iranische Verfassung sieht eine Gewaltentrennung vor, die wegen der zugrunde liegenden islamischen Normen um einige Institutionen ergänzt wird. Das Volk wählt ins geheime, direkten Wahlen das Parlament (290 Mitglieder, Amtszeit vier Jahre), den Präsidenten (Amtszeit vier Jahre) sowie den sog. Expertenrat (Amtszeit acht Jahre, 83 Mitglieder aus dem Klerus). Letzterer hat vor allem die Aufgabe, nach bestimmten, in der Verfassung vorgegebenen Kriterien den Islamischen Revolutionsführer auf Lebenszeit zu ernennen sowie in seiner Amtsführung zu überwachen. Nach Ayatollah Khomeini hat jetzt Ayatollah Khamenei das mit weit reichenden Machtbefugnissen ausgestattete Amt inne. Durch das Recht, Vertreter wichtiger Verfassungsorgane und anderer staatlicher Stellen zu ernennen, kontrolliert er indirekt weite Teile der Politik.
Der Islamische Wächterrat überprüft die vom Parlament beschlossenen Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit islamischen Normen. Er setzt sich aus sechs vom Islamischen Revolutionsführer ernannten islamischen Theologen und sechs vom Parlament auf Vorschlag des Chefs der Judikative ernannten Rechtsexperten zusammen (Amtszeit 6 Jahre). Sollte es zu keiner Einigung zwischen Parlament und Wächterrat kommen, obliegt die Entscheidung dem Schlichtungsrat. Dieser kann auch über jede ihm vom Islamischen Revolutionsführer vorgelegte Frage beraten und entscheiden. Seine 25 Mitglieder werden vom Islamischen Revolutionsführer ernannt, Vorsitzender ist derzeit der ehemalige Staatspräsident Rafsandjani.
Der Islamische Revolutionsführer ernennt auch für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative, der laut Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Judikative innehat, sowie den Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs und den Generalstaatsanwalt. Der Justizminister hat ausschließlich Verwaltungs-Kompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, sie haben sich bei ihren Entscheidungen an geltende Gesetze zu halten, nur in Ausnahmefällen, z.B. wenn ein bestimmter Sachverhalt nicht rechtlich geregelt ist, kann ein Urteil aus islamischer Rechtsliteratur oder entsprechenden "fatwas" abgeleitet werden.
Eine nach außen wirksame aktive politische Betätigung, die erkennbar den Sturz des Regimes oder des islamischen Systems zum Ziel hat, wird mit strafrechtlichen Maßnahmen strikt verfolgt.
Als Begründung für strafrechtliche Maßnahmen werden dabei herangezogen die Artikel 183 bis 196 des StGB betreffend die Bestrafung wegen "Feindschaft gegen Gott" ("Mohareb") und "Korruption (Verderben schaffen) auf Erden" ("Mofzed bil Arz").
Gemäß Artikel 183 StGB ist ein "Feind Gottes" (Mohareb) jeder, der bewaffnet und in öffentlichkeitswirksamer Weise Angst und Schrecken bei den Menschen verbreitet und sie ihrer Freiheit und Sicherheit beraubt.
Gemäß Art. 186 StGB sind Mitglieder und Unterstützer einer Organisation, die bewaffnet gegen die iranische Regierung kämpft, die die Position dieser Gruppe kennen und aktiv zur Förderung ihrer Ziele beitragen, "Feinde Gottes", selbst wenn sie nicht im militärischen Zweig der Gruppe mitarbeiten.
Gemäß Artikel 190 StGB werden "Feinde Gottes" oder Personen, die sich der "Korruption auf Erden" schuldig gemacht haben, mit Körperstrafe oder dem Tod bestraft. Auch einige unter den Begriff der "Staatsschutzdelikte" zu subsumierende Artikel, die im Zuge der Taazirat-Reform 1996 in das StGB eingefügt wurden (insbes. Art. 498 - 515), sehen z.T. harte Strafen für gegen das Regime gerichtete Aktivitäten vor, die bei Vorliegen der genannten Erschwerungsgründe ("Mofzed bil Arz" oder "Mohareb") bis zur Todesstrafe gehen können. Hervorzuheben sind dabei Art. 513 und 514 StGB, die die Beleidigung des Islam, des Propheten bzw. der Revolutionsführer Khomeini und Khamenei unter Haftstrafe bzw. - falls der Tatbestand der Blasphemie ("Sab-on- Nabi") vorliegt - unter Todesstrafe stellen.
Für Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solche - insbesondere dem Prinzip der "Herrschaft des Rechtsgelehrten" - richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, besteht das Risiko, wegen Spionage belangt zu werden.
2.3. Zur Menschrechtsituation:
In der Praxis bleibt die Menschenrechtssituation, die wesentlich von der klerikal beherrschten und reformfeindlichen Justiz bestimmt wird, unverändert unbefriedigend. Die Regierung unter Khatami zielte bisher mit ihren Kampagnen für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Bindung aller Staatsorgane an die Verfassung direkt auf eine Reform der Justiz. Sie versuchte ebenso, ihre Kontrolle über die verschiedenen Sicherheitsorgane zu vergrößern. Tatsächlich konnten allenfalls geringe Fortschritte in der Verbesserung der Menschenrechtslage erzielt werden. Durch die Wahlen zum 7.Parlament wurde die Regierung weiter geschwächt. Dies wird sich auf die Fähigkeit und den Willen zur Umsetzung politischer Initiativen auswirken.
Verhörmethoden und Haftbedingungen in Iran schließen in einzelnen Fällen seelische Folterung und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung ein. Im eigentlichen Strafvollzug ist die Regierung bei bestehenden Defiziten um wirkliche Verbesserungen bemüht, auch unter Berücksichtigung moderner Konzepte. Zur Anwendung von Folter oder unmenschlicher Behandlung kommt es nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes - obgleich explizit in der Verfassung (Art. 38) verboten - eher im Vorfeld des eigentlichen Verfahrens zur Erzwingung von Geständnissen.
Die Todesstrafe kann nach iranischem Recht für eine große Zahl von Delikten verhängt werden. Hinrichtungen werden nach wie vor in großer Anzahl durchgeführt, zum Teil auch öffentlich.
2008 wurden bereits mehr als 300 öffentliche Hinrichtungen in Teheran vollzogen.
2.4. Die Sozialistische Partei Iran (SPI) ist die Nachfolgeorganisation, des im Jahre 1995 gegründete "Komitees zur Verteidigung der Bewegung (CDS), sie wurde erstmals durch eine Veröffentlichung der persisch - sprachigen Publikation "Jonbesh" bekannt. In ihrem Programm hat sich die SPI dem Kampf gegen "die ausbeuterische Bindung zwischen Arbeit und Kapital", für die Verbindung der Klassenherrschaft und für die Verwirklichung von Meinungs- Protest und Versammlungsfreiheit verschrieben und sieht sich dem Kampf zum Sturz der islamischen Republik, für die Beseitigung der brutalen Klassenordnung und die Errichtung sozialer Gerechtigkeit verbunden und setzt sich für die Etablierung einer sozialen modernen Organisation für einen freien Iran ein.
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Iran allen oppositionellen Gruppierungen im Exil, im Rahmen seiner Aufklärungsaktivitäten, Beachtung schenkt. Dementsprechend besteht seitens des iranischen Nachrichtendienstes ein Interesse an der Ausspähung aller regimefeindlichen Aktivitäten. Ziel dieser Maßnahmen sind in erster Linie Organisationen, die aufgrund der von ihnen betriebenen Propaganda, das Ansehen des Iran im Ausland schädigen bzw. durch ihre Bereitschaft, Gewalt gegen iranische Offizielle und iranische Einrichtungen anzuwenden, eine Gefahr für die Sicherheit des Iran darstellen. Die Beobachtung der SPI durch den iranischen Nachrichtendienst, wird sich vermutlich auf Mitglieder beschränken, die eine exponierte Position innerhalb der Organisation einnehmen. Hierunter sind solche Personen zu verstehen, die Führungs- oder Funktionsaufgaben in einer Organisation wahrnehmen, insbesondere dem Vereinsvorstand angehören, Verantwortung für Presseerzeugnisse, öffentliche Veranstaltungen oder wirtschaftliche Belange der Organisation übernehmen.
B) Beweiswürdigung:
Nach den vorgelegten unbedenklichen nationalen Dokumenten, steht die Identität des Beschwerdeführers fest. Daraus ergibt sich auch seine Verwandtschaft (Sohn und Bruder) der in Deutschland als Asylberechtigte lebenden F., Fa. und S. S.. Die Behörde erster Instanz hat dem Beschwerdeführer zum Fluchtgrund wegen widersprüchlicher Angaben die Glaubwürdigkeit versagt. Richtig ist, dass der Beschwerdeführer zu der von ihm genannten Teilnahme an Studentendemonstrationen verschiedenste Daten angeführt hat und auch im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein anderes als das bisher genannte Datum angeführt hat. Da sich die persischen Datumsangaben nicht im erstinstanzlichen Einvernahmeprotokoll wiederfinden, lässt sich eine eindeutige Widersprüchlichkeit nicht ableiten. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer, wie von ihm behauptet, den Iran politisch vorverfolgt verlassen hat, es ist ihm jedenfalls - wie im Zuge der rechtlichen Beurteilung auszuführen sein wird - ein relevanter (Nach) Fluchtgrund aus der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe, der Familie zuzugestehen, wobei hier das im Akt erliegende Urteil des Verwaltungsgerichtes Chemnitz vom 00.00.2001 (Aktenseite 34 bis 56) als entscheidende Quelle diente. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass die vorgelegte Bestätigung der SPI aus Gefälligkeit erstellt wurde, sondern ist ein realer Hintergrund anzunehmen.
Die zu A.2. getroffenen Feststellungen zum Herkunftsland, ergeben sich aus dem zitierten Dokumentationsmaterial welches als zuverlässig und seriös zu betrachten ist.
C) Rechtliche Beurteilung:
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Asyl am 12.09.2003 gestellt, weshalb das AsylG 1997 i.d.F.BGBL I Nr. 126/2002 zur Anwendung gelangt.
Zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft:
Gemäß § 7 Asylgesetz hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH E vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH E vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH E 18.4.1996, 95/20/0239; VwGH E vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH E vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH E vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat, unter Bezugnahme auch auf internationale Judikatur, die Form der "stellvertretenden" in Anspruchnahme für ein Familienmitglied, dem Modell des "Durchschlagen" der Verfolgung eines Angehörigen auf den Asylwerber zugeordnet und die Asylrelevanz aus dem Verfolgungsgrund der "sozialen Gruppe" abgeleitet (VwGH 19.12.2001, Zahl: 98/20/312; VwGH 19.121.2001, Zahl 98/20/0330; VwGH 24.06.2004, Zahl 2002/20/0165, 0166).
Nach den getroffenen Feststellungen droht dem Beschwerdeführer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine solche stellvertretende Verfolgung, dies im Hinblick auf die exponierte politische Aktivität seiner Mutter in der Bundesrepublik Deutschland, verbunden mit seinen eigenen, wenn gleich auch nicht so öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten für die selbe Partei und steht zu befürchten, dass - wie dies auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes Chemnitz zu den Schwestern des Beschwerdeführers ausgeführt wurde - dass den Familienmitgliedern angesichts des bestehenden Identifizierungs- und Verfolgungsinteresse der iranischen Behörden, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im Iran droht, da jedenfalls davon ausgegangen werden muss, dass den iranischen Sicherheitsbehörden die exilpolitischen Tätigkeiten der Mutter des Beschwerdeführers bekannt geworden sind. Gerade die Verfahren gegen die iranischen Teilnehmer der von der Heinrich- Böll - Stiftung veranstalteten Konferenz - wenn auch diese bereits einige Jahre zurückliegt - zeigen, dass in den Augen der iranischen Behörden, Ziel der Konferenz gewesen ist, die Herrschaft der Religion zu negieren, die herrschende Gesellschaftsordnung im Iran als brutal darzustellen und das System der "Herrschaft der Geistigkeit" zu beseitigen und die Feindschaft der Gegner des Systems legitim erscheinen zu lassen. Weiters wird im genannten Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass verwandtschaftliche Beziehung, eine Gefährdung für iranische Asylantragsteller bedeuten, wenn es sich um Beziehungen zur oppositionspolitisch aktiven Personen handelt, die entweder im Iran oder im Exil gegen das Regime tätig sind. Dies gilt insbesondere auch für Angehörige von in Deutschland oder anderen europäischen Ländern, lebenden Aktivisten, die dem Risiko ausgesetzt sind, diskriminiert und eingeschüchtert oder unter Umständen gar selbst Opfer politischer Verfolgung zu werden. Die vom Verwaltungsgericht Chemnitz ausgeführten rechtlichen Beurteilungen, lassen sich auf aufgrund der aktuellen politischen Lage zur Gänze auf das gegenständliche Verfahren übertragen, sodass objektiv nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen, zumal auch eine inländische Ausweichmöglichkeit - die iranische Regierung übt über alle Landesteile die Macht aus - nicht vorhanden ist. Hinweise, dass einer der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- - oder Ausschlusstatbestände eingetreten sein könnten, sind nicht hervorgekommen.