TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/28 A4 266343-0/2008

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Veröffentlicht am 28.10.2008
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Spruch

A4 266.343-0/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzender und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Wilhelm über die Beschwerde des O.P., geb. 00.00.1989, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.11.2005, FZ. 05 10.848-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I., Spruchpunkt II. und Spruchpunkt III. abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, seinen Angaben nach Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 20.07.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Asylgewährung. Zu seinem Fluchtweg und den Fluchtgründen wurde er im Beisein eines Dolmetschers am 27.07.2005, sowie am 28.09.2005 niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab er im Wesentlichen an, am 00.00.1989 in I., Nigeria, geboren worden zu sein. Nigeria habe er am 27. oder 28. Juni 2005 auf einem Schiff versteckt verlassen.

 

Er gehöre der christlichen Religionsgemeinschaft an und sei der Abstammung nach Angehöriger der Volksgruppe Yorouba. Sein Vater stamme aus einer poligamischen Familie. Gemäß der Tradition würde jedes Jahr ein Sohn geopfert und dieses Jahr hätte er selbst geopfert werden sollen. Seine Mutter und ein Pfarrer hätten ihn aus diesem Grunde auf ein Schiff gebracht, damit er Nigeria verlassen hätte können. Mit seinem Problem habe er sich nicht an die Behörden gewandt, da dies Tradition sei. Die Leute des Kultes hätten ihn überall in Nigeria finden können.

 

Am 28.09.2005 neuerlich einvernommen führte er aus, dass er mit ca. zwei Jahren von seiner Mutter nach Lagos gebracht worden wäre, und dort bis zum 27. oder 28.06.2005 mit seiner Mutter und den beiden Schwestern gelebt hätte. Da er der einzige Sohn seines Vaters wäre, habe dieser mit seiner Mutter in Lagos im Mai 2005 telefonisch Kontakt aufgenommen und ihr gesagt, dass er in diesem Jahr seinen Sohn (den Beschwerdeführer) zu opfern hätte. Da die Mutter und er selbst christlichen Glaubens wären, hätten sie sich an einen Pastor gewandt, der ihn auf besagtes Schiff gebracht hätte, um Nigeria zu verlassen. Wenn er nach Nigeria zurückkehren müsste und sich an einen anderen Ort begäbe, würde ihn sein Vater auch dort durch "Juju" aufspüren. Das Familienoberhaupt bestimme, was passiert.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.11.2005, FZ. 05 10.848-BAT, wurde der am 20.07.2005 gestellte Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Das Bundesasylamt versagte dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit und stellte fest, dass er bei einer Rückkehr in keine Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Mit der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hätte kein Eingriff in das Privat- oder Familienleben festgestellt werden können.

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer - damals noch gesetzlich vertreten - fristgerecht und zulässig Berufung (nunmehr Beschwerde).

 

II. Am 02.10.2008 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Im Zuge der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei sowie durch Verlesung und Erörterung folgender vom vorsitzenden Richter beigeschaffter Berichte zur Situation in Nigeria:

 

Bericht AA-Berlin, 06.11.2007 (Beilage I.);

 

Bericht US-Department of State, 2008 (Beilage II.);

 

Bericht US-Department of State, 2007 (Beilage III.);

 

Bericht Freedom House, Nigeria, 2008 (Beilage IV.);

 

Länderbericht Accord, August 2004, hinsichtlich betr. traditionelle Organisationen und geheime Gesellschaften (Abschnitt 6 und 7 des Berichtes) insbesondere betreffend die sogenannte Ogboni-Gesellschaft (Beilage V.);

 

Bericht Home Office, 18.01.2007 (Beilage VI.);

 

Bericht Home Office, 13.11.2007 (Beilage VII.);

 

Bericht Home Office, 01.03.2007, hinsichtlich des Abschnittes betreffend Religionsfreiheit (19.1 - 19.05), hinsichtlich des Abschnittes Traditionelle Religionen (19.22), hinsichtlich des Abschnittes betr. geheime Gesellschaften, insbesondere Ogboni (29.1 - 30.06), hinsichtlich des Abschnittes betr. Bewegungsfreiheit und Behandlung von abgewiesenen Asylsuchenden (Abschnitt 33.01 und 35.01),

 

Beilage VIII.);

 

Bericht British Home Office mit dem Titel "Nigeria Country Report", April 2005, Abschnitt 6.118, betreffend Ogboni-Gesellschaft (Beilage IX.).

 

Auf Grundlage des vom Bundesasylamt durchgeführten Beweisverfahrens und des dargestellten ergänzenden Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die erkennende Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Nigeria ist. Darüber hinaus konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Der von ihm behauptete Fluchtgrund (Flucht vor drohender Tötung durch den Geheimbund der Ogboni) wird der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Der Reiseweg des Beschwerdeführers (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z.B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu Unruhen, es herrscht jedoch kein Bürgerkriegszustand.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Bundesstaaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z.B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Grundsätzlich kann örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden

 

Zu traditionellen Religionen und Geheimkulten werden folgende Feststellungen getroffen:

 

In Nigeria wird vielfach an Magie (Zauberei, Juju) geglaubt. Viele Volksgruppen Nigerias bekennen sich auch zu - regional unterschiedlichen - traditionellen Religionen. Diese werden teilweise neben der christlichen oder der islamischen Religion praktiziert. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein. Heute sollen Menschenopfer im Zuge von religiösen Zeremonien hingegen nicht mehr vorkommen. Jedoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es auch heute noch in Nigeria zu Gewalttaten mit religiöser oder ritueller Komponente kommt. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass solche Straftaten von den staatlichen Organen geduldet bzw. nicht verfolgt werden. Beispielsweise wurden im Jahr 2003 vom nigerianischen Höchstgericht Todesurteile gegen sieben Personen, denen Beteiligung an einem so genannten Ritualmord vorgeworfen wird, bestätigt. Ritualmord oder der Besitz von Leichen, Leichenteilen oder menschlichem Blut ohne entsprechendes medizinisches Zertifikat ist in manchen Bundesstaaten sogar ein eigener Straftatbestand.

 

In Nigeria existieren Geheimkulte, deren bekanntester die Ogboni-Gesellschaft ist. Die Bedeutung der Geheimkulte liegt darin, dass die Mitgliedschaft häufig zu Recourcen, Einfluss und Arbeit sichert und Bestandteil der sozialen Integration ist und damit über Leben und Status der jeweiligen Familie bestimmt. Normalerweise liegt keine Zwangsmitgliedschaft vor, doch fühlen sich viele Personen - in der Regel von der eigenen Familie - auf Grund der Vorteile, die ein Beitritt zu einem Geheimkult mich sich bringt, unter Druck gesetzt. Die Geheimgesellschaften akzeptieren nicht jedermann, sondern laden Mitglieder angesehener Familien zum Beitritt ein. Auf Unwillige, nur durch Zwang rekrutierte Mitglieder wird in der Regel kein Wert gelegt. Allenfalls kann derjenige, der sich weigert beizutreten, sein Eigentum und Erbe verlieren, muss aber nicht um sein Leben fürchten. Verfolgung durch einen Geheimkult ist allerdings dann zu befürchten, wenn jemand seine Geheimnisse preisgibt. Diese Geheimnisse sollen sich nicht auf die Namen der Mitglieder beziehen, da diese in der Regel ohnehin allgemein bekannt sind, sondern auf die Entscheidungen und Interna der Geheimgesellschaft. Wenn ein Mitglied des Geheimkultes diesen verlassen will, dann führt dies nicht zu zwangsläufig zu nachteiligen Auswirkungen oder einer Verfolgung. Geheimkulte beziehen einen Teil ihrer Macht aus dem verbreiteten Glauben daran, dass ihnen übernatürliche Kräfte zukommen.

 

Der Kult mit der Bezeichnung Ogboni wird der Volksgruppe der Yoruba zugeordnet, deren Siedlungsgebiet in den Bundesstaaten Oyo, Ogun, Ondo, Osun, Kwara und Lagos sowie im westlichen Teil von Kogi State gelegen ist. Auch Unterstämme der Yoruba können involviert sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kult der Ogboni bei anderen nigerianischen Volksgruppen, etwa bei den Edo, der Volksgruppe des Berufungswerbers, praktiziert wird. Zu unterscheiden ist zwischen der so genannten "Reformed Ogboni Fraternity (ROF)", die im Jahr 1914 gegründet wurde und sonstigen Vereinigungen mit der Bezeichnung "Ogboni". Hinsichtlich der ROF liegen keine Berichte vor, dass diese an Verbrechen oder sonstigen gesetzwidrigen Handlungen beteiligt wäre. Diese Vereinigung hat Vereinscharakter; es ist öffentlich bekannt, wer Mitglied dieser Vereinigung ist, deren statutenmäßiger Zweck in der wechselseitigen Unterstützung der Mitglieder gelegen ist. Hinsichtlich der sonstigen Vereinigungen mit der Bezeichnung "Ogboni" können - ua. wegen des Charakters als Geheimgesellschaften - kaum verlässliche Informationen erlangt werden. Nach vorliegenden Berichten können nur ältere Gemeindemitglieder der Ogboni angehören und sollen diese nach wie vor über gesellschaftlichen Einfluss verfügen. Es bestehen Gerüchte, dass der Verrat von Geheimnissen der Ogboni-Gesellschaft mit dem Tod bestraft werden kann. Es kann nicht festgestellt werden, dass Personen zum Beitritt zu den Ogboni gezwungen werden.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Zu der Negativ-Feststellung betreffend die vom Beschwerdeführer vorgebrachten, auf seine Person bezogenen Fluchtgründe:

 

Eingangs ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer bei beiden vor dem Bundesasylamt aufgenommenen Niederschriften den Namen der Geheimgesellschaft, der sein Vater angeblich angehörte und die ihn als einzigen Sohn seines Vaters hätten opfern wollen, nicht angab. Dies ist unverständlich, da der Umstand, dass er angeblich durch eine Geheimgesellschaft hätte geopfert werden sollen, wohl eine einschneidende Bedrohung im Leben eines Menschen darstellt.

 

Weiters fällt auf, dass der Beschwerdeführer nur über rudimentäre Kenntnisse über den weitverbreiteten Kult der Ogboni verfügt, obwohl er Angehöriger der Yorouba ist und der Kult dieser Volksgruppe zugeordnet wird. Aus den vom verhandlungsleitenden Richter beigeschafften Berichten ergibt sich nämlich, dass der Kult der Ogboni bei anderen nigerianischen Volksgruppen, etwa bei den Edo, nicht praktiziert wird. Auch können dem Kult nur ältere Gemeindemitglieder den Ogboni angehören und kann den vorliegenden Berichten nicht entnommen werden, dass Personen zum Beitritt zum Kult gezwungen werden oder bei Weigerung, dem Ogboni-Kult beizutreten, getötet werden.

 

Auffallend ist weiters, dass der Beschwerdeführer den Namen des Kultes erst bei der Niederschrift vor dem Asylgerichtshof am 02.10.2008 angab. Weiters gibt er an, dass nur Männer diesem Kult beitreten können. Laut den Berichten internationaler Organisationen ist offensichtlich, dass auch Frauen dieser Geheimgesellschaft angehören und sogar zum Priester geweiht werden können. Dem Beschwerdeführer war es weiters auch nicht möglich, zur Funktion seines Vaters in der Ogboni-Gesellschaft konkrete Aussagen zu tätigen. Da sein Vater jedoch Mitglied dieser Geheimgesellschaft gewesen sein soll und der einzige Sohn

 

- gemäß den Angaben des Beschwerdeführers - zwingend geopfert hätte werden sollen, müsste der Beschwerdeführer wohl über gewisse Mindestkenntnisse über die Ogboni-Gesellschaft und die Stellung seines Vaters in dieser verfügen.

 

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, sein Vater und Angehörige der Ogboni könnten ihn überall durch "Juju" finden, handelt es sich - unbeschadet der subjektiven Befürchtungen und Ängste des Beschwerdeführers - um offensichtlich realitätswidrige Behauptungen.

 

Im Übrigen deuten die Feststellungen zu traditionellen Religionsgemeinschaften und Geheimgesellschaften in Nigeria darauf hin, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entsprechen. Aus den Feststellungen ergibt sich nämlich, dass traditionelle Religionsgemeinschaften bzw. Geheimgesellschaften in der Regel keinen Zwang zum Beitritt ausüben, die Verweigerung des Beitrittes keine lebensbedrohende Folgen hat und es zu keinen rituellen Tötungen mehr kommt.

 

Zusammenfassend ist die erkennende Behörde zur Auffassung gelangt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur behaupteten rituellen Tötung durch die Ogboni-Gesellschaft die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

 

Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers könnten nicht getroffen werden, weil dieser im Zuge des Verfahrens kein wie immer geartetes Identitätsdokument vorgelegt hat.

 

Der Reiseweg von Nigeria nach Österreich konnte nicht festgestellt werden, zumal der Beschwerdeführer nur allgemeine, nicht objektivierbare Angaben macht.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Lage in Nigeria gründen sich auf die der Verhandlungsschrift vom 02.10.2008 angeschlossenen Berichte I., IV. und VII. Diesen Berichten ergibt sich, dass die nigerianische Staatsgewalt - abgesehen von zeitlich und lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen verfeindeter ethnischer oder religiöser Gruppen - grundsätzlich funktionsfähig ist. Die Feststellungen zu internen Fluchtmöglichkeiten innerhalb Nigerias gründen sich auf Beilage I., Seite 18, Punkt 3.

 

Die Feststellungen zu den in Nigeria verbreiteten Kultgemeinschaften und Geheimgesellschaften gründen sich auf den von Accord verfassten Bericht Nigeria, Beilage V. und IX. Es ergibt sich daraus, dass Personen, die sich den traditionellen Kultgemeinschaften nicht anschließen wollen, zwar ausgegrenzt werden können, aber keine Bedrohung ihres Lebens befürchten müssen. Den Berichten sind keine aktuellen Feststellungen zu rituellen Tötungen zu entnehmen.

 

In Hinblick auf die vorliegenden detaillierten und weitgehend übereinstimmenden aktuellen Länderberichte konnte von der Einholung eines Gutachtens zur innenpolitischen Situation einschließlich Kultgemeinschaften Abstand genommen werden.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

Gemäß § 7 Asylgesetz hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentrales Element dieses Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Diese begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation der Asylwerberin Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Unter Verfolgung ist ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in diesen Staat zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe (angeblich drohende Opferung durch Geheimgesellschaft) nicht glaubhaft machen konnte.

 

Demnach war der Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages der Erfolg zu versagen. Da das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Verfolgungssituation nicht glaubhaft ist, kommt den Beschwerdeausführungen, die sich auf die Möglichkeit, staatlichen Schutz zu erlangen, beziehen, keine Bedeutung zu.

 

Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers ist Folgendes auszuführen:

 

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde (§ 8 Abs 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz idF BGBl. I 126/2002) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 57 Abs. 2 FrG und § 8 Abs 1 AsylG).

 

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 FrG idgF ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 1 des 6. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 57 Abs. 1 FrG in der durch BGBl I 126/2002 geänderten Fassung inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG in der ursprünglichen Fassung (BGBl I 75/1997) deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG idF BGBl I 75/1997 weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 57 Abs. 1 FrG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt daher nach Ansicht der erkennenden Behörde keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 Abs. 1 und 2 FrG vor. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die seine Person betreffenden Fluchtgründe (angebliche drohende Opferung durch Geheimgesellschaft) nicht glaubhaft machen konnte.

 

Es besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 57 Abs. 1 FrG unzulässig machen könnten. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Feststellung, wonach in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht und die Staatsgewalt funktionsfähig ist. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die religiös oder ethnisch bedingten Unruhen zeitlich und lokal auf einzelne Städte Nigerias begrenzt sind. Der Beschwerdeführer hat im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 57 Abs. 1 FrG darstellen könnte.

 

Da die Grundversorgung mit Lebensmitteln im städtischen Bereich gewährleistet ist, besteht auch kein Anhaltspunkt, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückführung in eine aussichtslose Situation geraten könnte.

 

Die Beschwerde erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als nicht berechtigt.

 

Da die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat Nigeria zulässig ist, hat die Behörde den Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der Ausweisung zu verbinden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass kein Familienleben im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegt, das einer Ausweisung entgegenstehen könnte. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer ledig ist und in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte hat.

 

Auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid wird verwiesen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
25.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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