S13 400.860-1/2008/4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde der C. auch C. auch K.Z., geb. 00.00.1977, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 16.07.2008, FZ. 08 04.310 EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Verwaltungsverfahren und Sachverhalt
Verfahren vor dem Bundesasylamt
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste mit ihrem Mann und vier minderjährigen Kindern illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 15.05.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Eurodac-Anfrage vom selben Tag ergab, dass sie bereits am 08.05.2008 in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte. Am selben Tag wurde die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Tschetschenisch durchgeführt.
Am 16.05.2008 richtete das Bundesasylamt aufgrund des Ergebnisses der Eurodac-Abfrage ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) an die zuständige polnische Behörde.
Am 21.05.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und dass zu diesem Zwecke Konsultationen mit Polen gemäß der Dublin II-VO geführt werden.
Mit Schreiben vom 21.05.2008 erklärte sich Polen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin und ihrer vier minderjährigen Kinder bereit.
Am 21.06.2008 erfolgte die Untersuchung der Beschwerdeführerin zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren durch Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.
Am 08.07.2008 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Tschetschenisch einvernommen.
Mit Bescheid vom 16.07.2008, FZ. 08 04.310 EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid).
Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Die Beschwerdeführerin wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist (II.).
Beschwerde
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin am 29.07.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben. Die Beschwerde langte am 05.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.
In der Beschwerdeschrift bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ein Bruder ihres Mannes in Österreich lebe. Dieser sei bereits integriert und sei ihrem Mann eine große Hilfe. Seit der Flucht seines Bruders habe der Ehemann der Beschwerdeführerin mit seinem Bruder soweit wie möglich telefonischen Kontakt gehalten und in Österreich habe er bereits einige Male bei ihm übernachtet. Eine Ausweisung stelle daher einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar. Weiters wurde die Anerkennungsrate für tschetschenische Flüchtlinge aus dem Jahr 2005 kritisiert und vorgebracht, dass die Existenzgrundlage für Personen mit "pobyt tolerowany" nicht gesichert sei. Zur Untermauerung dieses Vorbringens wurde auf Berichte diverser NGOs aus den Jahren 2005 und 2006 verwiesen.
Beweismittel
Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung am 15.05.2008 und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 08.07.2008 und weitere Beweismittel verwendet.
Parteivorbringen der Beschwerdeführerin
1. In der Erstbefragung am 15.05.2008 hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes angegeben (AS 9):
Sie habe ihr Heimatland gemeinsam mit ihrer Familie am 05.05.2008 legal mit ihrem eigenen Reisepass verlassen und sei über Polen in die EU eingereist. Sie habe in Polen einen Asylantrag gestellt und sich dort von 05.05.2008 bis 14.05.2008 aufgehalten. Danach sei sie mit dem Zug nach Österreich gefahren.
Ihr Heimatland habe sie verlassen, da zweimal maskierte Leute gekommen seien und sich ihr Mann deshalb Sorgen gemacht habe. Ferner habe ihr Mann zwar eine Arbeit gehabt, jedoch keinen Lohn erhalten.
Über ihren Aufenthalt in Polen könne sie nur sagen, dass sich ihr Sohn dort verkühlt habe und nicht ärztlich behandelt worden sei.
Sie wolle nicht nach Polen zurück, da ihr Schwager hier in Österreich sei.
2. In der Einvernahme am 08.07.2008 hat die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert (AS 79):
Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesasylamtes, sie nach Polen zu überstellen, gab sie an, dagegen hätte sie nichts zu sagen. Konkrete Gründe, die dagegen sprechen würden, das Verfahren in Polen zu führen, könne sie nicht nennen.
Das Ziel sei Österreich gewesen, weil hier ihr Schwager lebe. Dies habe ihr Mann so entschieden.
Weitere Beweismittel
1. Laut Eurodac-Abfrage vom 15.05.2005 hat die Beschwerdeführerin bereits am 08.05.2008 in Lublin (Polen) einen Asylantrag gestellt (vgl. AS 5).
2. Die polnischen Behörden haben sich mit Schreiben vom 21.05.2008 gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin und ihrer vier minderjährigen Kinder für zuständig erklärt (vgl. AS 61).
3. Die gutachterlichen Stellungnahme vom 21.06.2008 von Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, kommt zu dem Ergebnis, dass der Überstellung nach Polen keine schweren psychischen Störungen entgehen stehen würden, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden.
4. Dem Asylwerberinformationssystem ist zu entnehmen, dass der Schwager der Beschwerdeführerin (= Bruder ihres Mannes), B. auch B.A., geb. 00.00.1977, StA. Russische Föderation, am 08.11.2005 nach Österreich eingereist ist. Sein Asylantrag wurde am 30.05.2007 in der zweiten Instanz rechtskräftig positiv entschieden; sohin lebt der Schwager der Beschwerdeführerin als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich.
Sachverhalt nach Beweiswürdigung
Nach Würdigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:
1. Die Beschwerdeführerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren vier minderjährigen Kindern in Polen eingereist und stellte dort am 08.05.2008 einen Asylantrag. Am 14.05.2008 hat die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Familie Polen verlassen, ohne den Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten und ist in der Folge illegal nach Österreich eingereist.
Diese Feststellungen ergeben sich sowohl aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin als auch aus der Eurocac-Abfrage, wonach der Asylantrag in Polen am 08.05.2008 gestellte wurde und der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin am 15.05.2008 bereits in Österreich eingetroffen war.
2. Es besteht keine Gefahr, dass die Beschwerdeführerin der Bedrohung oder Verfolgung oder einer sonstigen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK in Polen ungeschützt ausgesetzt ist.
Der Asylgerichshof stellt fest, dass die Beschwerdeführerin keine drohende Verfolgung in Polen vorgebracht hat. Zum Beschwerdevorbringen betreffend die geringe Anerkennungsquote für tschetschenische Flüchtlinge in Polen sowie die fehlende Existenzgrundlage für Personen mit "pobyt tolerowany" ist zunächst anzuführen, dass sich sämtliche, in der Beschwerde angeführte Berichte, lediglich auf die Jahre 2005 und 2006 beziehen, die im Vergleich zu den wesentlichen jüngeren Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid, die nahezu ausschließlich aus den Jahren 2007 und 2008 stammen, veraltet sind. Ferner ist auf das im erstinstanzlichen Bescheid beschriebene "Tschetschenen-Refoulement" zu verweisen, demgemäß Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit nicht in die Russische Föderation ausgewiesen werden.
3. Die Beschwerdeführerin leidet nicht an einer belastungsabhängigen, krankheitswertigen psychischen Störung oder einer sonstigen physischen Erkrankung, welche einer Überstellung nach Polen entgegenstehen könnte.
Dies ergibt sich aus der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren von Dr. D., der die Beschwerdeführerin weder während des erstinstanzlichen Verfahrens noch im Rahmen der Beschwerdeausführungen entgegengetreten ist.
4. Ein Bruder des Ehemanns der Beschwerdeführerin lebt mit seiner Familie seit dem 08.11.2005 in Österreich und hat seit dem 30.05.2007 den Status eines anerkannten Konventionsflüchtlings. Zu diesem Schwager besteht kein über das übliche Maß hinausgehendes, besonderes Verhältnis.
Dies ergibt sich daraus, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach seit der Flucht des Schwagers aus Tschetschenien im Jahr 2004 lediglich telefonischer Kontakt bestanden habe und auch nach der Ankunft in Österreich bis auf gegenseitige Besuche kein besonders intensiver Kontakt, der über kleine Unterstützungshandlungen hinausgeht, bestehe. Ferner ergibt sich die Feststellung zur Person des Schwagers der Beschwerdeführerin aus dem Auszug aus dem Asylwerberinformationssystem; jene betreffend das Nichtvorliegen eines gemeinsamen Haushaltes aus der Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Rechtlicher Rahmen
Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.
Gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, wieder aufzunehmen.
Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist. Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH 11.06.2001, B 1541/00; VfGH 15.10.2004, G 237/03 u. a.; VfGH 17.06.2005, B 336/05)
Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.
Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.
Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof
Die Beschwerde ist fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.
Mit Beschluss vom 11.08.2008 hat der Asylgerichtshof der Beschwerde gemäß § 37 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung
Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrags der Beschwerdeführerin nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung nach Polen verfügt hat.
Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt
Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.
Der Beschwerdeführerin wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung vor Erlass des angefochtenen Bescheides - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Ihr wurde weiters vor der Einvernahme und innerhalb von 20 Tagen ab Einbringen ihres Antrags schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen Zuständigkeit Polens zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).
Unzuständigkeit Österreichs
Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ausschließlich Polen zuständig ist.
Zur Zuständigkeit Polens
Was zunächst die Feststellung der Zuständigkeit Polens betrifft, so hat das Bundesasylamt diese Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid richtigerweise auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO gestützt, da die Beschwerdeführerin bereits in Polen am 08.05.2008 einen Asylantrag gestellt hat und sich während der Prüfung dieses Asylantrages unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates, nämlich in Österreich, aufgehalten hat.
Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt
Schließlich besteht auch keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich wegen der damit verbunden Ausweisung nach Polen im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.
Was eine Verletzung von Art. 3 EMRK betrifft, so ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 2. und 3.) dass die Beschwerdeführerin nicht konkret Gefahr läuft, durch die Überstellung nach Polen einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Sie wäre nämlich dort weder der ernsten Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt noch würde sich ihr physischer oder psychischer Gesundheitsszustand derart verschlechtern, dass eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung in Polen keine Hilfe versprechen würde.
Es liegt auch kein Eingriff auf das Recht auf Schutz des Privatlebens vor, da in der Person der Beschwerdeführerin nicht von einer verfestigten Integration in Österreich gesprochen werden kann.
Was eine Verletzung von Art. 8 EMRK betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid mit der familiären Situation der Beschwerdeführerin in Österreich befasst hat und zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass - wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 4.) ergibt - keine über das übliche Maß hinausgehende familiäre Beziehung zu ihrem Schwager in Österreich besteht, insbesondere liegt kein gemeinsamer Haushalt oder eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit vor, und daher kein Eingriff in das Rechts auf Familienleben vorliegt, wenn die Beschwerdeführerin nicht zum Verfahren in Österreich zugelassen würde.
Rechtmäßigkeit der Ausweisung
Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach Polen betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurückgewiesen wurde.
Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG oder gegen § 10 Abs. 3 AsylG unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter 3.2.2. gemachten Ausführungen.
Da die Ausweisung nach Polen rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.