A1 402.060-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des H.T., geb. 00.00.1991, StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1.10.2008, Zl. 08 05.899- EAST West, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG, § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 idF BGBL I Nr. 4/2008 mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wird H.T. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen".
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Am 29.1.2008 stellte der Beschwerdeführer erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er in Marokko weder Familie noch sonstige Angehörige gehabt, er auf der Straße gelebt und oft nichts zu essen und zu trinken gehabt hätte. In Österreich erhoffe er sich eine bessere Zukunft, nämlich eine gute Ausbildung und Arbeit.
Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Innsbruck vom 20.5.2008 gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen, gemäß § 8 leg cit der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer gemäß § 10 leg cit aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen.
Begründend führte das Bundesasylamt dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland ausschließlich aufgrund der finanziellen Probleme und der wirtschaftlichen Lage verlassen habe und auch der Beschwerdeführer eine staatliche Verfolgung seiner Person ausschließe. Darüber hinaus stellte das Bundesasylamt fest, dass eine Betreuung Minderjähriger in Marokko sowohl durch staatliche als auch private Organisationen möglich sei und der Beschwerdeführer durch eine Rückkehr nach Marokko in keine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Der Beschwerdeführer habe sich der Grundversorgung in Österreich entzogen und halte sich zurzeit als Obdachloser auf.
Dieser Bescheid erwuchs aufgrund eines von Dr. Johannes Zach als gesetzlicher Vertreter des Beschwerdeführers am 9.6.2008 abgegebenen Berufungsverzichts am 9.6.2008 in Rechtskraft, in welchem insbesondere dem Bundesasylamt in der Prognose beigepflichtet wurde, wonach ein Aufenthalt im Heimatland des Beschwerdeführers schon deshalb keine Verschlechterung für ihn bedeuten kann, weil er in Österreich offenbar ein gleiches Leben wie in seiner Heimat führen will.
Am 8.7.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den zweiten, nunmehr verfahrensgegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz.
Dabei hielt er an den im Rahmen des ersten Asylantrages getätigten Aussagen fest und erklärte, dass diese stimmen und auch jetzt noch gelten würden, zu ergänzen habe er nichts.
Über die Beschwerde hat der Asylgerichtshof hat erwogen in nichtöffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegt eine Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 68 AVG vor, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.
Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, 93/08/0207). Sache des vorliegenden Verfahrens über die Beschwerde iSd § 66 Abs 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.
Das Bundesasylamt hat den Sachverhalt umfassend ermittelt, den Asylwerber eingehend befragt, darauf aufbauend richtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen und den richtig festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt.
Der Asylgerichtshof schließt sich der erstinstanzlichen Begründung an und erhebt diese zu seiner eigenen.
Im zweiten Asylverfahren wiederholte der Beschwerdeführer sowohl in seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme in der EAST West die bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und stützt damit seinen nunmehrigen Asylantrag in erster Instanz auf das bereits rechtskräftig negative erste Asylverfahren.
Einer neuerlichen Entscheidung darüber steht jedoch die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen.
Auch in seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer nichts an, was der Rechtsansicht des Bundesasylamtes und somit des Asylgerichtshofes entgegenstünde, der neuerliche Asylantrag wurde daher vom Bundesasylamt zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen.
Als einziger Beschwerdepunkt verbleibt letztlich - neben der Rüge, im Spruchpunkt II. und auf Seite 41 des erstinstanzlichen Bescheides Nigeria und nicht Marokko als Zielstaat angeführt zu haben (dazu weiter unten) - dass der faktische Abschiebemöglichkeit von Marokkanern im allgemeinen zu einer in Österreich dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung führen könnte. Damit verkennt der Beschwerdeführer insofern die Rechtslage, als im gegenständlichen Verfahren nur auf den Herkunftsstaat bezogene Gründe zu beurteilen waren.
Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Nach Abs 2 leg cit sind Ausweisungen nach Abs 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.
Nach Abs 3 leg cit ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Nach Abs 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und wird diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.
Lediglich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides war insofern einer Korrektur zuzuführen, als der Zielstaat, in welchen die Ausweisung des Beschwerdeführers zu erfolgen hat, nicht Nigeria, sondern vielmehr Marokko zu lauten hat. Bei der Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria durch den erstinstanzlichen Bescheid handelte es sich offensichtlich nur um einen Schreibfehler, welcher lediglich den Spruch des angefochtenen Bescheides und nicht den gesamten Bescheid betraf, da sich die inhaltliche Prüfung der Ausweisung des Bundesasylamtes sehr wohl auf das tatsächliche Heimatland des Beschwerdeführers, nämlich Marokko, bezog.
Da sohin gegenständlich die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005, nämlich die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache, vorliegen, weiters keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, nämlich weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht noch familiäre Beziehungen, die eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirken könnten (§ 10 Abs 2 leg cit) sowie auch kein Anhaltspunkt für einen Aufschub der Durchführung der Ausweisung vorliegt (§ 10 Abs 3 leg cit), war auch der Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt der Erfolg versagt.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 4 AsylG entfallen.