A4 306.606-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin VB Wilhelm über die Beschwerde der S.E., geb. 00.00.1980, StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.10.2006, FZ. 05 00.699-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I., Spruchpunkt II. und Spruchpunkt III. abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1. Die (nunmehrige) Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, reiste am 17.01.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Asylgewährung. Zu ihrem Fluchtweg und ihren Fluchtgründen wurde sie im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache am 19.01.2005 sowie am 03.10.2006 niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab sie im Wesentlichen an, am 00.00.1980 in Benin City (Nigeria) geboren worden zu sein. Sie führte aus, dass im Dezember 2004 viele Leute von bewaffneten "Räubern" getötet worden wären. Ihre Mutter wäre getötet worden und hätte sie ihre Geschwister nicht mehr finden können. Sie hätte niemanden, der sich um sie kümmere und habe "jemanden" getroffen, der sie gerettet hätte. Dieser habe sie auf ein Schiff gebracht und die Reise hätte begonnen. Die "Räuber" hätte sie nicht gekannt. An die Polizei habe sie sich nicht wenden können, da alle Polizisten von den "Räubern" getötet worden wären. Diese "Räuber" habe sie aber persönlich nicht gesehen, sie sah nur tote Menschen und flüchtende Leute. Deshalb habe sie sich entschieden weg zu gehen.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.10.2006, FZ. 05 00.699-BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Das Bundesasylamt legte die geltend gemachten Fluchtgründe mangels Glaubwürdigkeit der Entscheidung nicht zugrunde.
3. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht und zulässig Berufung (nunmehr Beschwerde).
Sie führt aus, dass sie versucht hätte, die an sie gestellten Fragen möglichst genau zu beantworten und hätte in dem Umfang geantwortet, wie sie befragt worden wäre. Bezüglich ihrer Mutter hätte sie die Frage entweder falsch verstanden oder sei diese falsch übersetzt worden. Überdies wäre sie über den Mord an der Mutter und den Verbleib der Geschwister nicht befragt worden. Die Behörde habe es unterlassen, sie genau zu befragen und wäre sie daher Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
II. Der Asylgerichtshof hat über die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 (in der Folge AsylG) hat über die Berufung, die gemäß § 23 AsylGHG nunmehr als Beschwerde zu gelten hat, der Asylgerichtshof zu entscheiden; da keine der in § 61 Abs. 3 AsylG angeführten Ausnahmen vorliegen, hat der Asylgerichtshof in einem Senat von zwei Richtern zu entscheiden.
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.
Umstände, wonach eine individuelle und konkrete Gefährdung der Beschwerdeführerin bestünde, konnten nicht festgestellt werden, sodass sich aus dem konkreten Vorbringen keine Umstände ergeben, die eine Asylgewährung indizieren könnten.
Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für die Beschwerdeführerin gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass die Beschwerdeführerin schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die ein allenfalls asylrechtlich relevantes Merkmal teile, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Fluchtgrundes nicht glaubhaft und nicht asylrelevant ist, und sich auch aus der allgemeinen Situation in ihrem Heimatland allein keine relevante Gefährdung ergibt, womit die Gewährung von Asyl nicht in Betracht kommt. Die diesbezüglichen Ausführungen der Erstinstanz im bekämpften Bescheid werden zum Inhalt der vorliegenden Entscheidung erhoben.
Gemäß § 8 AsylG hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
§ 8 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG). Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Gem. § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Überdies ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).
Der Prüfungsrahmen des § 50 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat beschränkt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, Zl. 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.
Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend eine ausreichend konkrete Gefährdungssituation nicht glaubhaft ist, sodass sich aus diesem auch keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ableiten lässt.
Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 50 Abs.1 und 2 FPG bedroht wäre.
Die Behörde gelangt daher zur Ansicht, dass keine Gründe für die Annahme bestehen, dass die Beschwerdeführerin im Heimatland im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre, womit festzuhalten ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Es besteht kein Anhaltspunkt, wonach mit einer Ausweisung in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin eingegriffen würde. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird verwiesen.
Doch selbst bei Bestehen eines Privat- oder Familienlebens im Bundesgebiet wäre, die Ausweisung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat erkannt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Da sich der Aufenthalt der Beschwerdeführerin bloß auf einen ungerechtfertigten Asylantrag stützte, ist bei einer Abwägung der Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber dem öffentlichen Interesse an der öffentlichen Ordnung letzterer der Vorzug zu geben, sodass selbst bei Bestehen eines Privat- oder Familienlebens im Bundesgebiet die Ausweisung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist.
Von einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erscheint (§ 41 Abs. 7 AsylG).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.