D3 230120-0/2008/45E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des K.A., geb. 00.00.1972, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.06.2002, FZ. 02 03.376-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung 08.01.2003, 11.11.2005 und am 05.09.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird stattgegeben und K.A. gemäß § 7 AsylG idF BGBI 126/2002 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass K.A. Kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Asylwerber, ein georgischer Staatsangehöriger, gelangte am 03. Februar 2002 gemeinsam mit seiner Ehefrau D.N. nach Österreich und stellte am 04. Februar 2002 einen Asylantrag, wobei er zunächst angab, in Georgien Mitglied der Liberalen Partei gewesen zu sein und deswegen Repressalien erlitten zu haben.
Am 26. Februar 2002 wurde er vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, zunächst zu seinem Fluchtweg und anschließend wie folgt zu seinen Fluchtgründen einvernommen:
"Frage: Aus welchem Grund haben Sie Georgien verlassen?
Antwort: Im Jahre 1998 bin ich der Labour-Party beigetreten. Ich habe für diese Partei Werbung gemacht und das Volk aufgeklärt. Am 31. Oktober 1999 fanden in Georgien Parlamentswahlen statt. Ich war an diesem Tag in einem Wahllokal als Beobachter tätig. Es kam in diesem Wahllokal in Tiflis, zu Ausschreitungen. Es sind zwei Polizisten in das Wahllokal hineingekommen und einer von ihnen wollte mehrere Stimmzettel in die Wahlurne hineinwerfen. Da kam es dann zwischen Polizisten und mir zu einem Konflikt. Die Polizisten haben dann Verstärkung angefordert. Ich wurde dann auf die Polizeistation gebracht. Ich wurde dann auf der Polizeistation physisch unterdrückt, das bedeutet, dass ich leicht geschlagen wurde. Ich wurde bedroht und wurde mir gesagt, dass es mich nichts angeht, was dort im Wahllokal vor sich geht. Ich erklärte, dass ich als Beobachter der Labour Party im Wahllokal anwesend war. Ich wurde dann nach ca. zwei Stunden entlassen.
Frage: Hatte dieser Vorfall weitere Konsequenzen?
Antwort: Ja.
Frage: Welche?
Antwort: Dort wo sich dieser Vorfall ereignete, hatte ich ein Geschäft. Es befand sich ca. 500m vom Wahllokal entfernt. Die Polizisten wussten bereits, dass ich dieses Geschäft führe. Nach diesem Vorfall kamen dieselben Polizisten und noch weitere Polizisten in mein Geschäft und verlangten von mir, meine politischen Aktivitäten einzustellen. Zwei bis drei Monate später begannen diese Polizisten von mir Geld zu erpressen. Die Polizisten sagten, dass ich, da ich ein eigenes Geschäft habe, einen bestimmten Anteil abführen sollte. Ich habe das aber abgelehnt. Auch mit diesen Polizisten kam es zu einer Konfliktsituation. Ich wurde zweimal von diesen zu einem Polizeiposten gebracht und einen ganzen Tag lang festgehalten.
Frage: An welchen Tagen war das jeweils?
Antwort: Es war eigentlich ca. viermal, dass ich angehalten wurde. Die letzte eintägige Anhaltung war im Mai 2001.
Frage: Wann waren die anderen drei Anhaltungen?
Antwort: Das erste Mal war entweder im Februar oder März 2000, das Datum für das zweite Mal ist mir nunmehr unbekannt, die Anhaltung im Mai 2001 war entweder die Dritte oder Vierte, das kann ich jetzt nicht so genau sagen.
Frage: Was passierte dann?
Antwort: Die Polizisten haben mir damit gedroht, dass sie mir Drogen zustecken würden, damit sie einen Grund hätten, mich einzusperren. Sie kamen im Mai 2001, das genaue Datum ist mir unbekannt, zu fünft in mein Geschäft und haben gesagt, dass ich mit meiner politischen Tätigkeit aufhören sollte. Ich wurde dann auf den Polizeiposten gebracht. Das war die vorhin erwähnte letzte Anhaltung. Ich verlangte einen Rechtsanwalt, habe allerdings keinen erhalten. Ich habe eine Nacht in einer Zelle verbracht. Am nächsten Morgen verlangten die Polizisten dann Geld von mir. Ich musste ihnen Geld zahlen, und zwar 400,- US Dollar, erst dann wurde ich entlassen.
Frage: Was war der diesbezügliche Anhaltegrund?
Antwort: Sie kamen in mein Geschäft und nahmen mich mit.
Die Frage wird wiederholt.
Es wurde mir kein Grund mitgeteilt.
Frage: Was passierte dann?
Antwort: Ich ging nach der Entlassung zu meinen Parteifreunden, diesen war meine Situation bereits bekannt, ich konnte nicht mehr dort weiterleben und weiterarbeiten, weil ich keinerlei Garantien hatte, in Ruhe gelassen zu werden. Meine Parteifreunde haben mir zur Ausreise geraten. Ich wollte ursprünglich offiziell ausreisen, ich versuchte anfangs über ein Reisebüro ein Visum für Frankreich bzw. Deutschland zu erhalten, jedoch habe ich von beiden Ländern kein Visum erhalten.
Frage: Haben Sie somit all Ihre Gründe für das Verlassen Georgiens genannt?
Antwort: Die Drohungen seitens der Polizei habe ich ihnen mitgeteilt.
Frage: Haben Sie weitere Gründe für das Verlassen von Georgien?
Antwort: Es gibt keine weiteren Gründe für das Verlassen Georgiens.
Frage: War der oben angeführte Vorfall im Mai 2001 der insgesamt letzte Vorfall?
Antwort: Ja. Mein Geschäft habe ich meinem Bruder überlassen, ich selbst bin in einen anderen Bezirk von Tiflis gezogen, und zwar war das die oben angegebene Adresse in Tiflis, das ist auch die Adresse meiner Schwiegereltern und habe ich dort von August 2001 bis Dezember 2001 gewohnt.
Frage: Gab es während dieses Aufenthaltes an dieser Adresse irgendwelche Probleme?
Antwort: Nein, dort nicht. Ich konnte allerdings nicht mehr meinen Geschäften nachgehen.
Frage: Was würden Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Georgien befürchten?
Antwort: Es droht mir eine Gefahr, ich kann allerdings nicht konkret sagen, welcher Art diese Gefahr sein wird. Ich kann mich dort nicht frei bewegen und ungehindert meinen Geschäften nachgehen.
Frage: Warum siedeln Sie sich nicht in einer anderen Region Georgiens an, wo Sie vor diesen willkürlichen Polizeiübergriffen sicher gewesen wären?
Antwort: Sie hätten mich auch woanders gefunden, außerdem hätte ich an einem anderen Ort meine Parteiverpflichtungen nicht erfüllen können.
Frage: Können Sie diese Verpflichtungen nunmehr in Österreich weiter führen?
Antwort: Da ich unter normalen Umständen in Georgien nicht leben und arbeiten konnte, musste ich das Land verlassen.
Frage: Haben Sie somit all Ihre Gründe für das Verlassen Georgiens genannt? Sie haben genug Zeit, um nachzudenken.
Antwort: Ich suche um politisches Asyl an. Die georgische Labour-Party hat beim Gerichtshof in Straßburg zwei Beschwerden wegen Wahlmanipulation eingebracht.
Frage: Hat Ihre Frau eigene Fluchtgründe?
Antwort: Nein. Sie hat keine eigenen Fluchtgründe. Sie musste wegen mir die Heimat verlassen.
Frage: Haben Sie die Dolmetscherin einwandfrei verstanden?
Antwort: Ja".
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. Juni 2002, Zahl: 02 03.376-BAT, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 04. Februar 2002 gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen und unter Spruchteil II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Georgien gemäß § 8 Asylgesetz für zulässig erklärt.
In der Begründung des Bescheides wurde zunächst die Einvernahme zum Fluchtweg und anschließend die oben bereits vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme zu den Fluchtgründen dargestellt, sowie festgehalten, dass der Asylwerber einen nationalen Führerschein, sowie ein sonstiges Dokument (Parteiausweis der Labour-Party) vorgelegt habe. Spezifische Länderfeststellungen zu Georgien erfolgten nicht.
Beweiswürdigend wurde lediglich ausgeführt, dass die Behörde das Vorbringen des Asylwerbers der gegenständlichen Entscheidung zugrunde lege.
Zu Spruchteil I. wurde insbesondere ausgeführt, dass eine nicht näher definierte Bedrohung durch korrupte Polizeibeamte, deren Handlungen nicht staatlich sanktioniert seien, nicht einer Verfolgungssituation nach der Genfer Flüchtlingskonvention entspräche und auch nicht dahingehend verstanden werden könne, dass der Heimatstaat generell in Folge Fehlens funktionierender Staatsgewalt nicht in der Lage wäre, derartige Verfolgungshandlungen zu unterbinden. Das Handeln der korrupten Polizeibeamten unterliege in Georgien einem Disziplinar- und Strafrecht und habe die betreffende Person die Möglichkeit, durch Verlegung des Wohnsitzes einer potentiellen Gefahr aus dem Wege zu gehen. Wenn die Verfolgungshandlung durch Unbekannte von kriminellen Gründen im privaten Interesse und ohne staatliche Billigung des Täters geleitet werde, so könne darin keine asylrelevante Verfolgung erkannt werden, zumal der Asylwerber auch nicht in der Lage gewesen sei, die Bedrohungssituation zu konkretisieren. Auch auf die politische Überzeugung oder die Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit zurückgehenden Motive für die Handlungsweisen dieser Privatpersonen seien den Aussagen des Asylwerbers nicht zu entnehmen und sei die behauptete Gefahr damit offensichtlich nicht auf Gründe zurückzuführen, die in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt seien. Besondere Umstände, aus denen hervorgehe, dass Vertreter staatlicher Gewalt individuelle Verfolgungshandlungen gegen den Asylwerber persönlich aus Gründen, die in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt seien, gerichtet hätten, habe nicht festgestellt werden können und sei von ihm auch nicht behauptet worden. Vielmehr habe er angegeben, niemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär in seinem Heimatland gehabt zu haben. Auch spreche die legale anstandslose Ausreise mit dem eigenen Reisepass gegen ein gesteigertes, behördliches Interesse an der Person des Asylwerbers. Es habe sohin kein asylrechtlich relevanter Sachverhalt festgestellt werden können und ebensowenig Umstände ermittelt werden können, dass der Asylwerber auf Grund einer persönlichen Eigenschaft oder seiner beruflichen oder sozialen Stellung einer erhöhten Gefährdung im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Das Bundesasylamt sei daher nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht gelangt, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Asylwerber in seinem Herkunftsstaat Verfolgung drohe und sei der Asylantrag aus diesem Grunde abzuweisen gewesen.
Zu Spruchteil II. wurde insbesondere ausgeführt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 Absatz 2 Fremdengesetz bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei und dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung erkannt habe, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen habe, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun sei. Wie schon in der Begründung zur Entscheidung über den Asylantrag angeführt, habe der Asylwerber keine asylrelevanten Fluchtgründe in Vorlage gebracht, weshalb auch nicht von einer Gefahr im Sinne des § 57 Fremdengesetz ausgegangen werden könne. Auch aus der allgemeinen Lage im angegebenen Land allein ergäbe sich eine solche Gefährdung nicht und überdies habe er nicht konkret und in sich stimmig eine Bedrohung im Sinne des § 57 Absatz 1 Fremdengesetz geltend gemacht. Die Behörde sei daher zur Ansicht gelangt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Asylwerber im Falle seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, Gefahr liefe, in Georgien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber in einem (von seiner hiezu bevollmächtigten Ehefrau in russischer Sprache verfassten) Schreiben Berufung. In dieser behauptete der Asylwerber zunächst, dass hinsichtlich seiner Person die Menschen- und Flüchtlingsrechte verletzt worden seien und ihm die gesetzlichen Bestimmungen dem österreichischen Asylrecht nicht erläutert worden sein und ihm keine Kopie des Protokolls ausgehändigt worden sei, weiters habe die Dolmetscherin ignoriert, dass er vor dem 25. Dezember 2001 Flüchtling aus Abchasien im eigenen Land gewesen sei. Während des Interviews habe die Referentin auf ihn Druck ausgeübt und Fragen nicht korrekt gestellt, sowie seine Antworten nicht ernst genommen. Er habe versucht, sein Gespräch vom Hauptthema auf andere Themen zu lenken und sei er in Anbetracht dessen der Ansicht, dass eine unrichtige Entscheidung gefällt worden sei. Die Ehefrau des Asylwerbers habe im Interview folgendes vorbringen wollen: Sie sei in Abchasien geboren und dort aufgewachsen und habe bis 1993 dort gelebt und sei von jenem Tag an Flüchtling auf dem georgischen Staatsgebiet gewesen. 1995 habe sie ein Studium begonnen und 2001 die Fächer Physik, Fachgebiet Angewandte Mathematik abgeschlossen. 1998 habe sie den Berufungswerber geheiratet und im selben Jahr sei ihr Ehemann der Labour-Party Georgiens beigetreten und seien nach den Parlamentswahlen im Oktober 1979 Mitglieder dieser Partei, darunter auch ihr Mann, zum Ziel politischer Verfolgungen durch staatliche Behörden geworden. Sie hätten bis zuletzt auf eine Besserung der Situation in Georgien gehofft, aber die Lage habe sich von Tag zu Tag verschlechtert. Die Geschäfte ihres Ehemannes seien dreimal ausgeraubt worden und sei im September 2001 auch die Wohnung ausgeraubt worden, wobei sie den Verdacht gehabt hätten, dass die staatlichen Behörden ihre Hand im Spiel gehabt hätten. Diese ganze Situation habe sich auch auf die psychische Situation der Tochter ausgewirkt. Nach langen Überlegungen hätten sie den Entschluss gefasst, das Vermögen zu verkaufen und das Land zu verlassen und das Kind bei der Mutter der Ehefrau des Berufungswerbers zurückzulassen. Beim Verlassen des Landes hätten ihnen die Grenzbehörden mitgeteilt, dass - wenn sie in irgendeinem anderen Land um politisches Asyl ansuchen würden -, sie nach den georgischen Gesetzen straffällig würden. Nachdem sie sich bis 31. Januar illegal in der Türkei aufgehalten hätten, sei es ihnen gelungen, mit Hilfe zweier Türken nach Österreich zu kommen.
Nach Stellung eines Asylantrages seien sie in das Flüchtlingslager Traiskirchen überstellt worden und seien sie dort unter furchtbaren Bedingungen untergebracht worden. Nach dem Interview in Traiskirchen seien sie in eine andere Pension untergebracht worden und seien sie der Ansicht, dass in ihrem Fall die Menschen- und Flüchtlingsrechte und die Rechte einer werdenden Mutter im 5. Schwangerschaftsmonat verletzt worden seien. Für den Fall, dass sie einen zweiten Negativbescheid erhielten, suchen sie um legale Ausreise in ein sicheres Drittland an. Georgien befinde sich derzeit in einer politischen Krise und habe die Korruption große Ausmaße angenommen und herrschten Anarchie und Willkür in diesem Land. Das Land werde von der Familie des Präsidenten regiert, in deren Hand sich alle Großunternehmen befinden und existierten für sie keine Gesetze. In Anbetracht dieser Umstände seien viele Mitglieder der Partei des Berufungswerbers Opfer von Verfolgungen und Erpressungen seitens der Staatsmacht geworden. .....
Weiters legte der Berufungswerber einen Mitgliedsausweis bei der georgischen Labour-Party (im Original), sowie ein Unterstützungsschreiben dieser Partei aus 2001 vor. Weiters wurde die Geburtsbestätigung des Sohnes K.G., geboren am 00.00.2002, vorgelegt und in der Folge mehrfach Schreiben an verschiedene Institutionen. Darin wurde vor allem über die Unterbringung in der Pension, das nach der Meinung der Berufungswerber geringe Taschengeld und dergleichen Umstände, die den Aufenthalt in Österreich betreffen, Beschwerde geführt. Weiters wurden verschiedene Zeitungsartikel von georgischen Zeitungen, die von der Berufungsbehörde übersetzt wurden, vorgelegt. Wegen des Drängens des Berufungswerbers hinsichtlich eines Verhandlungstermins wurde ein solcher von der Berufungsbehörde für den 08. Januar 2003 anberaumt, wozu sich die Behörde erster Instanz entschuldigen ließ.
Der Berufungswerber führte über Befragen durch den Verhandlungsleiter dabei folgendes aus:
VL: Welche berufliche oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?
BW: Ich habe die Mittelschule abgeschlossen und anschließend an der Technischen Universität studiert. Ich bin Bauingenieur.
VL: Welche berufliche Tätigkeit haben Sie von wann bis wann ausgeübt?
BW: 1995 absolvierte ich die Hochschule und arbeitete anschließend ein Jahr auf einer Baustelle. Nach einem Jahr eröffnete ich ein privates Lebensmittelgeschäft. Dieses Geschäft habe ich bis zum Sommer 2001 betrieben, dann übergab ich das Geschäft meinem Bruder. Etwas später fuhr ich dann nach Österreich. Mein Bruder hat in der Zwischenzeit das Geschäft geschlossen.
VL: Haben Sie sich politisch betätigt?
BW: Ja.
VL: Seit wann?
BW: Seit Dezember 1998 bin ich Mitglied der Labour - Partei.
VL: Wie sind Sie mit dieser Partei in Kontakt gekommen?
BW: Diese Partei wurde 1996 gegründet. Ich wusste über die Tätigkeit dieser Partei Bescheid und durch die Propaganda bin ich zu dieser Partei gestoßen.
VL: Warum schlossen Sie sich gerade dieser Partei an?
BW: Zu welcher Partei sollte ich gehen? Zu Schewardnadse - Partei wollte ich nicht gehen. Seit ich auf der Welt bin, ist Schewardnadse in Georgien an der Macht. Es gibt auch andere Parteien.
VL: Was hat Ihnen an der Labour - Partei so gefallen, dass Sie ihr beigetreten sind?
BW: Ich hatte keinerlei verwandtschaftliche Kontakte zu der Leitung der Partei. Sie entspricht am ehesten meinen Ansichten.
VL: Wie wurden Sie Mitglied?
BW: Ich ging zu dieser Partei und machte mich mit ihrem Programm bekannt. Speziell zu einer Abteilung, die für die Jugend zuständig war. Das dauerte ungefähr ein Monat, indem ich die Partei kennen lernte. Dann füllte ich einen Antrag auf Mitgliedschaft aus und wurde ihr Mitglied.
VL: Wofür tritt diese Partei ein?
BW: Es sollte die postkommunistische Regierung sollte in eine echte Demokratie übergeführt werden. Das gelang teilweise unter Gamsachurdia - Zeiten. Aber diese Regierung wurde - wie wir wissen - durch eine Putsch abgesetzt. Dann kam der Schewardnadse an die Macht und praktisch seine ganze Familie, die sich die Macht aufteilt. Im Kabinett sind viele seiner Verwandten. Viele wichtige Unternehmen, ob groß oder klein, sind in den Händen seiner Verwandtschaft. Ziel unserer Partei war, Georgien in demokratische Bahnen zu bringen. Es sollten die Leute an die Macht kommen, die Georgien auf einen demokratischen Weg führen können. Aber das gelang uns nicht. Nach meiner Ansicht und nach der Ansicht meiner Partei, wurde in Georgien seit der Machtübernahme Schewardnadses 1992 eine kriminelle Gesellschaft geschaffen, in der ein Überleben unmöglich ist.
VL: Sind viele ehemalige Anhänger Gamsachurdias später zur Labour - Partei übergewechselt?
BW: Ich kenne einige, die von Gamsachurdia zur Labour - Partei gegangen sind, aber es sind nicht sehr viele. Die Mehrzahl der Anhänger Gamsachurdias, die so genannten Sviadisten, hatten andere Interessen. Die Mehrzahl war in Westgeorgien daheim, viele sind auch nach Tschetschenien gegangen, wo sie Schutz vor Verfolgung gesucht haben.
VL: Orientiert sich die Labour - Partei Ihrer Meinung nach an den sozialdemokratischen Parteien Westeuropas?
BW: Das ist eine Partei des linken Zentrums. Als Modell galt die englische Labour - Partei.
VL: Wer ist der Obmann der georgischen Labour - Partei?
BW: Shalva Natelashvilli.
VL: Welche Aktivitäten haben Sie für die Labour - Partei entfaltet?
BW: Vor 1999, da gab es Parlamentswahlen in Georgien habe ich Werbung und Propaganda gemacht, verteilte Broschüren. Ein Mal im Monat musste ich in der Parteizentrale in Tbilisi Dienst machen. Ich war für die Jugendabteilung tätig. Es kamen Jugendliche in die Parteizentrale und ich klärte sie über die Ziele der Partei auf und machte Propaganda.
VL: Wie hat die Labour - Partei bei den Parlamentswahlen 1999 abgeschnitten?
BW: In Wirklichkeit gewannen wir 18 % der Stimmen, aber offiziell haben wir nicht ein mal 7 % bekommen. Ab 7 % kam die Partei ins Parlament. Damit war die Partei im Parlament nicht vertreten. Es war eine massive Wahlfälschung. Mein Konflikt mit der Polizei begann bei diesen Wahlen.
Vorhalt: Nach den dem Unabhängigen Bundesasylsenat vorliegendem Dokumentationsmaterial war die Labour - Partei nach den Parlamentswahlen 1998 mit 8 Abgeordneten vertreten. Was sagen Sie dazu?
BW: Nein, das ist nicht richtig. Vielleicht sind es die ehemaligen Mitglieder der Labour - Partei, die diese Partei schon verlassen haben. In verschiedenen Bezirken z. B. in Tbilisi sind sie in den Bezirksvertretungen vertreten, nicht aber im Parlament.
VL: Wie begannen Ihre Probleme mit der georgischen Polizei?
BW: Ich war Wahlbeobachter bei den Parlamentswahlen 1999 in Tbilisi. Es kamen zwei Polizisten in das Wahllokal und sie hatten mehrere Stimmzettel in der Hand und warfen sie in die Wahlurne. Wie viel Stimmzettel sie genau hatten, weiß ich nicht. Ich konnte sie nicht zählen, aber es waren viele. Das war der Auslöser des Konflikts. Ich bin als Wahlbeobachter gegen diese Wahlfälschung aufgetreten. Daraufhin haben mich die Polizisten zuerst beleidigt und dann tätlich angegriffen, dann verhafteten sie mich und brachten mich auf die Polizeistelle, wo ich ungefähr 2 Stunden lang verhört und bedroht wurde. Ich habe dort gleich einen Anwalt verlangt. Das wurde zynisch abgelehnt. Sie forderten mich auf, meine politische Tätigkeit aufzugeben und diesen Vorfall zu vergessen. Ich kannte diese Polizisten vom Sehen, weil ungefähr 500m von dem Wahllokal entfernt mein Lebensmittelgeschäft war. Es waren keine einfachen Polizisten, sondern höhere Offiziere.
VL: Haben Sie die Polizisten auch misshandelt?
BW: Ja, ich wurde misshandelt. Sie haben mich geschubst und grob angegriffen. Wirklich geschlagen wurde ich nicht. Sie haben mich wie einen Verbrecher verhaftet und mit Gewalt in das Auto hineingedrängt. Nachher erkundigte ich mich, ob es eine offizielle Verhaftung war. Dabei erfuhr ich, dass diese Verhaftung nicht offiziell registriert war.
VL: Waren Sie als Wahlbeobachter der Labour - Partei offiziell zugelassen?
BW: Ja.
VL: Hatten Sie noch weitere Schwierigkeiten mit der georgischen Polizei?
BW: Seit diesem Vorfall hatte ich immer wieder Probleme mit der Polizei.
VL: Welche?
BW: Ich wurde als Geschäftsinhaber regelmäßig zu Zahlungen gezwungen.
VL: Womit drohten Ihnen die Polizisten für den Fall, dass Sie nicht zahlen sollten?
BW: Sie drohten wieder mit Verhaftungen. Sie haben mir auch gedroht, dass sie mir Drogen unterschieben würden und mich dann verhaften würden. Solche Fälle sind schon oft vorgekommen. Ich hatte nicht nur mit der Polizei Probleme, das Geschäft wurde öfters überprüft, ein Mal wurde das Geschäft sogar behördlich gesperrt und dieser Fall dem Gericht übergeben. Es wurde behauptet, dass meine Gewerbepapiere nicht in Ordnung waren und ich die Steuer nicht zahlte.
VL: Wie hat das Gericht dann in Ihrem Fall entschieden?
BW: Der Richter verlangte offen von mir, dass ich ihm einen Betrag ca. in der Höhe eines Fünftels den Betrag meiner Steuern zahlen sollte, dann würde das Verfahren eingestellt werden. Vorher war die Finanzprüfung bei mir und verlangte so hohe Steuern, dass ich mein Geschäft gleich schließen hätte können. Ich habe dem Richter den verlangten Betrag bezahlt. Der Richter hat gemeint, dass meine Partei diesen Betrag locker zahlen kann. Ich wurde gezwungen, diesen Betrag zu bezahlen und in meiner Anwesenheit wurden die Akten vernichtet. Ich wollte haben, dass ein Parteifreund von mir als Zeuge bei der Geldübergabe dabei ist, aber das wurde nicht zugelassen. Dieser Akt wurde beim Gericht auch nicht registriert.
VL: Standen die Schutzgelderpressungen der Polizisten im Zusammenhang mit Ihrer politischen Tätigkeit?
BW: Ja. In Georgien muss man einen Beschützer haben. Ich hatte ein seriöses mittleres Geschäft, aber ich konnte es nicht weiter betreiben wegen der Schwierigkeiten, die ich bekam. Außerdem wurde das Geschäft drei Mal während der Öffnungszeiten ausgeraubt. Das erste Mal waren es drei Personen und das zweite und dritte Mal waren es vier Personen. Ein Mal waren sie maskiert, ein anderes Mal wieder ganz ohne Masken. Sie waren bewaffnet mit Kalaschnikov - Gewehren und Makarov - Pistolen. Ich habe den Verdacht, dass diese Raubüberfälle auch von der Polizei ausgingen. Alle drei Male ging ich zur Polizeistelle und wollte die Fälle anzeigen. Aber sie sagten mir, eine Anzeige würde nichts bringen und die Täter würden nicht gefasst werden.
VL: Haben Sie sich auch wegen der Schutzgelderpressungen bei einer höheren Polizeidienststelle oder dem Innenministerium beschwert oder sonst irgendwie eine Anzeige erstattet?
BW: Nein, habe ich nicht. Das hat in Georgien keinen Sinn.
VL: Wurden auch andere Personen, die sich politisch nicht betätigt haben, Opfer von Schutzgelderpressungen?
BW: Wahrscheinlich ja, aber bei mir war der Zusammenhang offensichtlich. Sie haben zu viel Geld verlangt, sodass ich mein Geschäft nicht mehr weiterführen konnte. Ich zahlte die offiziellen Steuern und noch Schutzgeld, das war zu viel.
VL: Haben Sie die Polizisten, die Geld von Ihnen verlangten, auch aufgefordert, Ihre politische Arbeit einzustellen?
BW: Ja, das sagten sie. Sie kamen ungefähr alle 2 Wochen ein Mal. Sie fingen mit zynischen Sprüchen wegen meiner politischen Tätigkeit an. Sie sagten z.B., dass dieses Land nicht der Labour - Partei gehört und dass es nicht das Land des Shalva Natelashvili ist. Ich wurde mit meinem privaten Auto oft aufgehalten und zwar nicht von der Straßenpolizei, sondern von der Kriminalpolizei. Sie durchsuchten mich, ohne irgendwelche Ausweise zu zeigen oder einen Durchsuchungsbefehl vorzuweisen. Jeder dieser Vorfälle bereitete mir großen nervlichen Stress. Das Leben wurde unerträglich für mich. Auch meine Tätigkeit in meinem Geschäft wurde seit Mai 2001 unmöglich.
VL: Wurden Sie auch verhaftet?
BW: Ja, im Mai 2001 wurde ich verhaftet. Ungefähr 24 Stunden wurde ich angehalten.
VL: Wurden Sie dabei auch misshandelt?
BW: Ich wurde beleidigt. Zuerst in meinem Geschäft und dann auf der Polizeistation.
VL: Was war der Grund Ihrer Anhaltung?
BW: Sie kamen wieder, um von mir ein Schutzgeld zu verlangen. Ich verweigerte es. Da wurde ich verhaftet und zur Polizeistelle gebracht. Dort verlangten sie nochmals das Geld und beleidigten mich. Es gab auch leichte körperliche Angriffe. Ich verlangte, dass die Verhaftung offiziell protokolliert wird, aber das verweigerten sie. Ich habe dann eingesehen, dass ich das nicht weiter aushalten konnte. Entweder hätte ich auch körperlich zurückgeschlagen, dann hätte es noch schlimmer werden können. Deshalb stimmte ich zu, das Schutzgeld zu zahlen. Ich zahlte das Geld, dann wurde ich entlassen. Dann hörte ich mit meinem Geschäft auf. Im August 2001 verkaufte ich meine Wohnung. Ich versuchte legal nach Europa zu kommen.
Vorhalt: In Ihrer erstinstanzlichen Einvernahme haben Sie angegeben, dass Sie viermal angehalten wurden, wobei die letzte Anhaltung vom Mai 2001 datiert. Stimmt das?
BW: Ja, das stimmt.
VL: Wann fanden die anderen Anhaltungen statt?
BW: Das erste Mal war ungefähr Februar/März 2000. Das zweite Mal weiß ich nicht genau, wann das war. An das letzte Mal im Mai 2001 kann ich mich genau erinnern, weil das war der Höhepunkt meines Konflikts in der Polizei.
VL: Gab es einen Zusammenhang zwischen den Anhaltungen und Ihrer politischen Tätigkeit?
BW: Ja, natürlich. Das kam alles aus der Politik heraus.
VL: Wie war das feststellbar?
BW: Bei jedem Konflikt und bei jeder Verhaftung wurde meine Partei erwähnt und ich beschimpft. Sie verlangten auch direkt, dass ich mit meiner politischen Tätigkeit aufhöre.
VL: Warum waren Sie als einfaches Parteimitglied für die georgische Polizei so interessant?
BW: Das hat die Ursache in dem Konflikt bei den Parlamentswahlen 1999.
VL: Hatten Sie nach Ihrer letzten Anhaltung im Mai 2001 bis zu Ihrer Ausreise aus Georgien noch Probleme mit der Polizei?
BW: Ich hatte keine Probleme mehr, weil ich die meiste Zeit untergetaucht war und mich versteckt hielt, z.B. bei den Eltern meiner Frau.
VL: Wann haben Sie Ihren Fluchtentschluss gefasst?
BW: Im August 2001 habe ich meine Wohnung verkauft und versuchte offiziell ein Visum für Europa zu bekommen. Ich stellte Anfang November 2001 beim französischen Konsulat einen Antrag auf ein Touristenvisum, nur für mich. Ich bekam eine abschlägige Antwort. Dann versuchte ich bei der deutschen Botschaft ein Visum zu bekommen. Auch das wurde abgelehnt, das war Anfang Dezember 2001. Ich war gezwungen, legal in die Türkei zu gehen und von dort einen Weg zu suchen, wie ich nach Europa kommen kann. Ich sprach darüber auch mit dem Vorsitzenden der Partei Natelashvilis und mit dem Sekretär für internationale Beziehungen Zurab Zhvania.
VL: Was haben Ihnen die beiden Herren gesagt?
BW: Mein Entschluss stand schon fest. Ich habe eine englische Übersetzung meines Parteiausweises verlangt und es wurde auch ein Brief verfasst, in welchem die Partei um Hilfe bei den ausländischen Konsulaten ersucht. Die beiden Herrn haben mir auch geraten, Georgien zu verlassen. Die Situation war schon so angespannt. Entweder hätten sie mich eingesperrt oder ich musste gehen.
VL: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie nach Georgien zurückkehren würden?
BW: Ich würde direkt im Gefängnis landen.
VL: Warum glauben Sie das?
BW: Als Verräter des Landes würde ich ins Gefängnis gesteckt werden. In der georgischen Verfassung steht, wenn man in einem anderen Land um Zuflucht ersucht hat, wird man als Verräter bestraft.
Am Schluss der Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter gemäß § 45 Absatz 3 AVG den Parteien des Verfahrens folgende Dokumente vor und räumte eine Frist von vier Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien, erstellt vom deutschen auswärtigen Amt, vom 08.04.2002
Lageanalyse Georgien Februar 2002, erstellt von der schweizerischen Flüchtlingshilfe
Erkenntnisse des deutschen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zum Herkunftsland Georgien, vom 05.05.1999 (auszugsweise)
Erkenntnisse des deutschen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zum Herkunftsland Georgien, die Labour - Partei Georgiens vom 07.09.1999
Der Berufungswerber führte aus, dass es für ihn keinen Weg zurück nach Georgien gäbe, weil sein Heimatland ihn nicht beschützen könne und dass er einen Bescheid über seine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsmarktservices B. habe.
Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte nur der Berufungswerber Gebrauch, wobei er zunächst ausführte, dass es falsch sei, dass im georgischen Parlament zwei Abgeordnete der Labour-Party vertreten seien. Immerhin habe der Sturz von Sviad Gamsachurdia in Georgien zu einem Bürgerkrieg geführt und komme das Problem von Abchasien Schewardnadse und seiner Familie sehr entgegen; sobald es für sie gefährlich werde, würden sie das Abchasienproblem wieder hochheben und die ganze Aufmerksamkeit der Bevölkerung werde in diese Richtung gelenkt. Genauso künstlich sei das Pankisi-Problem geschaffen worden und würden sich dabei viele georgische Staatsbeamte bereichern. Das ganze Regime stecke bis zum Hals in der Korruption und in kriminellen Handlungen. Seinen Informationen nach hätten bereits 1,5 bis 1,8 Millionen Menschen Georgien verlassen und Zuflucht in anderen Ländern gesucht. Von Polizisten, die acht bis zwölf Monate kein Gehalt bekämen, könne man nicht verlangen, dass sie ihre Pflicht tadellos erfüllen würden. Deren Ziel sei es, sich zu bereichern, zu stehlen, umzubringen, mit Drogen zu handeln und selbst zu konsumieren. Wegen dieser und anderer Faktoren sei der Berufungswerber und seine Familie gezwungen gewesen, das Land zu verlassen und in Österreich um politisches Asyl anzusuchen.
Der Berufungswerber erstattete noch weitere Schriftsätze. In einem weiteren Schreiben führten die Berufungswerber darüber Beschwerde, ihre Tochter, K.T. nicht sehen zu können und führten sie weiters aus, dass die politische Lage in Georgien wegen der Wahlen sehr angespannt sei.
In einem Schreiben vom 11. Dezember 2003 führte der Berufungswerber einleitend aus, dass in Georgien alles Ungesetzliche gesetzlich geworden sei. Am 02. November 2003 hätten Parlamentswahlen stattgefunden und sei bereits im Sommer 2003 in die Zentrale der Labour-Party eingebrochen worden und hätten Aktivisten der Nationalistischen Partei dort viel Schaden angerichtet. Außerdem hätten die Wahlen sehr demokratisch ausgesehen, aber es sei alles nur ein Schein gewesen. Die so genannte "Revolution der Rosen" sei in Wirklichkeit ein Putsch mit Unterstützung von Schewardnadse und seiner Familie gewesen. Die Wahlen vom 02. November seien für ungültig erklärt worden (die Labour-Party habe dabei 12 Prozent oder 20 Mandate ohne Fälschungen erhalten) und seien neue Wahlen für den 04. Januar 2004 angekündigt worden und sei schon jetzt klar, dass der neue Präsident Michael Saakashvili heißen werde. Das Volk werde wieder betrogen und Schewardnadse regiere nach wie vor über seine politischen Nachfolger. Schließlich führte der Berufungswerber aus, dass er seine Staatsbürgerschaft öffentlich verneinen möchte und sich nur mehr Emigrant nennen möchte.
Mit Schreiben vom 24. Januar 2005 ersuchte die Berufungsbehörde den länderkundlichen Sachverständigen T.O. um Erstellung eines begründeten länderkundlichen Gutachtens, insbesondere zur Frage, ob das Vorbringen des Berufungswerbers (Verfolgung wegen Zugehörigkeit zur Labour-Partei) nach seinen länderkundlichen Kenntnissen möglich und plausibel erscheine und ob der Berufungswerber bei einer Rückkehr nach Georgien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgung zu rechnen habe.
Nach Urgenz mit Schreiben vom 11. Juni 2005 erstattete der Sachverständige mit Datum 30. August 2005 folgendes
Länderkundliches Gutachten
"Einleitend ist zu bemerken, dass Georgien eine demokratische Republik ist. Eine neue demokratische Verfassung wurde am 24. August 1995, zusätzlich 2004 vom Georgischen Parlament verabschiedet. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit.
Eine umfassende Reform des materiellen Strafrechts, Strafprozessrechts, Strafvollzugsrecht und Zivilrecht ist inzwischen dank intensiver Beratung durch den Europarat in Kraft getreten.
Ein bedeutender reformpolitischer Fortschritt in Georgien ist die Betonung der Unabhängigkeit der Richter und Gerichte.
Die Richter sind weisungsfrei. Die Unabhängigkeit der Richter wird durch die Unversetzbarkeit der Richter gesichert.
Die Unabhängigkeit der Gerichte ist verfassungsrechtlich garantiert (§§ 82 bis 91).
Wenn der Berufungswerber K. in seiner niederschriftlichen Aussage vom 26. Februar 2002 behauptet, dass ein Polizist während der Anwesenheit des Berufungswerbers mehrere Stimmzettel in die Wahlurne werfen wollte, ist auszuführen: Es gibt nach georgischem Wahlrecht pro Wahllokal einen Vorsitzenden, der im Wahllokal alles überwacht. Ich halte es daher für unwahrscheinlich, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Polizisten und dem Berufungswerber K. als Vertreter des Wahlsubjektes gekommen ist.
Wenn der Berufungswerber K. tatsächlich Mitglied der Labour-Partei war, könnte er wohl nur als Vertreter des Wahlsubjektes aufgetreten sein (§ 71 des georgischen Wahlrechtes), nicht aber als Wahlbeobachter, wie von ihm selbst angegeben. Im Übrigen scheint der Berufungswerber K. in der zu dem Gutachten beigefügten Liste der Parteimitglieder der Labour-Partei von Georgien aus 1999 nicht auf.
Die Zugehörigkeit zur Labour-Partei stellt keinen gesetzlichen Verfolgungsgrund dar, in Georgien werden Mitglieder von Oppositionsparteien von Regierungsseite nicht verfolgt, dies ist nicht der heutige Arbeitsstil der Regierung von Michail SAAKASCHWILI, noch am 29. Dezember 2004 nannte der Vorsitzende der Labour-Partei, Schalva NATELASCHWILI, ungestraft den Präsidenten von Georgien, Michail SAAKASCHEILI, einen Terroristen.
Im Juli dieses Jahres hat NATELASCHWILI in einer Pressekonferenz erklärt, dass das Attentat auf US Präsident George BUSH vom 10. Mai 2005 eine bewusste Planung des SAAKASCHWILI gewesen wäre. Auch in diesem Fall kam es zu keiner Verfolgung des Vorsitzenden der Labour-Partei.
Die Georgische Arbeiterpartei ("Sakartvelos Leoboristuli Partia, Schromis Partia) ist eine linkspopulistische Partei. Sie wurde 1995 gegründet. Ihr Vorsitzender, der Rechtsanwalt Schalwa NATELASCHWILI, war bis 2003 einer der populärsten Politiker im Land.
Seit der Gründung 1995 konnte die Labour-Partei bereits frei ihre Meinung in Georgien äußern, tat dies auch, soweit dies bekannt ist und konnte auch damals sich selbst und ihre Mitglieder schützen. Sie hatten ständige Veranstaltungen, auf denen ihre Mitglieder agitieren, durften.
Der Vorsitzende der Labour-Partei NATELASCHWILI, durfte zuletzt sogar in den USA im Nixon-Zentrum eine Rede halten und dabei die heutige Politik seiner Regierung heftig kritisieren.
Bei der Arbeiterpartei handelt es sich um eine Partei, die derzeit mit drei Abgeordneten im Georgischen Parlament vertreten ist, die Direktmandate gewonnen haben. Der Vorsitzende der Arbeiterpartei Schalwa NATELASCHVILI ist ein in Georgien ausgebildeter Rechtsanwalt.
Die Arbeiterpartei vertritt eine scharfe sozialistische Haltung, befürwortet eine kostenlose Gesundheitsversorgung, kostenfreie Bildungseinrichtungen und kostenlose soziale Dienste. Sie wendet sich gegen die strategisch wichtigen Unternehmen, die sich im georgischen Staatseigentum befinden.
Nach der Samtenen Revolution im Jahr 2003 sank die Popularität der Partei, weil NATELASCHWILI sich gegen die Revolution stellte und ihre Anführer persönlich angriff. Dutzende aktive Parteimitglieder haben die Partei seither verlassen. Sie protestieren gegen NATELASCHWILIS Fundamentalopposition zur politischen Wende in Georgien.
Nach den verlorenen Parlamentswahlen im März 2004 (165 Parteimitglieder), verschärfte die Arbeiterpartei ihren fundamentaloppositionellen Kurs mit antisemitischen Klischees. NATELASCHWILI rief die Bevölkerung zum zivilen Ungehorsam gegen die Regierung auf. Er warnte vor einer angeblichen Bedrohung Georgiens durch amerikanische, jüdische und armenische Lobbys, die dem Land Kultur, Religion, Glaube und Erziehung nehmen wollten.
Eine politische Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur georgischen Arbeiterpartei kann per heute ausgeschlossen werden, nicht einmal der Führer dieser politischen Bewegung, Schalwa NATELASCHWILI, hat Grund zu entsprechenden Befürchtungen, obwohl sein politischer Kurs gar nicht dem des Präsidenten entspricht, er nimmt sich diesbezüglich auch kein Blatt vor dem Mund, sondern äußerst seine oppositionellen Bedenken mehr als offen, und nicht nur im Lande, sondern auch im Ausland, wo er den derzeitigen Präsident SAAKASCHWILI als Diktator bezeichnet. Auch wollten die Oppositionsparteien ein Bündnis gegen die Regierung bilden, was ohne den legistischen Hintergrund wohl nicht möglich Hintergrund wohl nicht möglich wäre.
Die Opposition, darunter auch die Labour-Partei des Schalva NATELASCHWILI, will jedenfalls ein Mehrparteiensystem im Georgischen Parlament erreichen.
Nach meinem Dafürhalten kann der Berufungswerber K. derzeit nicht behaupten, dass er nur wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppierung, nämlich zur Labour-Partei, verfolgt würde, ich halte dies für unwahrscheinlich.
Es fehlt, wie erwähnt, an allen gesetzlichen Grundlagen zur politischen Verfolgung in Georgien, und dies bereits seit Jahren, wie der Machtwechsel in Georgien beweist, wo der Präsident SCHEWARDNADSE durch die Rosenrevolution zu seinem Rücktritt gezwungen wurde, ihm folgten danach demokratisch gewählte Regierungen, die insbesondere der Korruption den Kampf angesagt hatten.
Die Situation in Georgien hat sich seit Anfang 2004 geändert, Neuwahl des SAAKASCHWILI als Präsident, dies wurde von der ganzen Welt gesehen und anerkannt und diese Tatsache verpflichtet die neue, gewählte Regierung zur Demokratie und Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere im Umgang mit den oppositionellen Parteien, daher auch mit deren Mitgliedern und Anhängern".
Mit Schreiben vom 01. September 2005 wurde zu dem länderkundlichen Gutachten gemäß § 45 Absatz 3 AVG das Parteiengehör eingeräumt und ausgeführt, dass der länderkundliche Sachverständige aus Georgien stammt, absolvierter Jurist in Georgien ist und in Russland als Rechts- und Staatsanwalt tätig gewesen sei und anschließend nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland dort Sachverständiger für das Recht der GUS-Staaten, sowie Dolmetscher gewesen sei und bereits zahlreiche länderkundliche Gutachten betreffend Georgien auch für den Unabhängigen Bundesasylsenat erstattet habe.
Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte wiederum der Berufungswerber Gebrauch: Er führte zunächst aus, dass er mit der Aussage Georgien sei ein demokratischer Staat nicht einverstanden sei und dass man das Einparteienparlament nicht demokratisch nennen könne und sei die judikative Macht im Land weiter unter dem Einfluss staatlicher Ämter, unter anderem des Präsidenten SAAKASCHWILI. Am 27. August 2005 sei der Gründer des Fernsehsenders 2002 Shalva RAMISCHWILI und sein Vorsitzender David KOCHOREIDSE festgenommen worden.
Der Sachverständige habe die Liste der so genannten Beobachter bei der Wahl dazugelegt, dies sei jedoch eine Liste der Kandidaten der Labour-Party für das Parlament und sei er auf dieser Liste nicht zu finden, weil er nicht für die Labour-Party für das Parlament kandidiert habe. Bereits im Jahre 1999 wurde Georgiens heutiger Staatspräsident SAAKASCHWILI als Abgeordneter des Kreises Vake von SCHEWARDNADSES Partei als Abgeordneter ins Parlament gewählt.
Mit der Behauptung des Sachverständigen, dass er im heutigen Georgien nicht verfolgt werden könne, sei er kategorisch nicht einverstanden. Dass die Realität in Georgien anders aussehe, beweise auch der Umstand, dass der Premierminister Surab SCHWANIA im Februar 2005 unter misteriösen Umständen ermordet worden sei und bis heute auch seine Familie die wahren Ursachen seines Todes nicht herausfinden hätte können. Es befänden sich auch Journalisten von oppositionellen Fernsehsendern in Haft. Anschließend ersuchte der Berufungswerber um ein persönliches Gespräch mit seiner Familie.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2005 erstattete Rechtsanwalt Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ als Vertreter des Berufungswerbers eine Stellungnahme, verbunden mit einem Antrag auf Gutachtenserörterung. Im Schriftsatz wurde kritisiert, dass in dem Gutachten des länderkundlichen Sachverständigen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Georgien unzureichend dargestellt worden seien: Wenn der Sachverständige behauptet, die Situation in Georgien habe sich seit Anfang 2004 geändert, nachdem Saakashvili als Präsident gewählt worden sei und diese Tatsache verpflichte die neue Regierung zur Demokratie und Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere im Umgang mit den oppositionellen Parteien, so wiederspieglen diese Ausführungen die Einstellungen des Gutachters; maßgeblich zur Beurteilung der Gefährdung des Berufungswerbers seien jedoch nicht politische oder programmatische Äußerungen, sondern die Feststellung des Sachverhaltes. Gemäß der Kurzdarstellung der Schweizer Flüchtlingshilfe vom Februar 2005 habe sich die Menschenrechtssituation trotz großer Hoffnungen, die mit der Wahl Saakaschvilis verbunden gewesen seien, nicht allzu stark gebessert. Die verschiedenen NGO'S seien alarmiert über die zunehmende Anzahl von Menschenrechtsverletzungen, die an Gefangenen in Georgien begangen würden. Saakaschvilis Maßnahmen zur Umsetzung politischer und wirtschaftlicher Reformen stützten sich auch auf Menschenrechtsverletzungen und Gewalt und würden gemäß Reporter ohne Grenzen die Pressefreiheit eingeschränkt und zahlreiche Zeitungen und TV-Sender geschlossen. Diese Einschätzung werde auch von Amnesty-International geteilt. Amnesty-International bezweifle weiters die Rechtmäßigkeit der im November 2003 abgehaltenen Parlamentswahlen; von der Opposition habe nur das Wahlbündnis "Neue Rechte -Industriepartei" ausreichend Stimmen erhalten, um Vertreter ins Parlament entsenden zu können, praktisch gäbe es damit keine Opposition im Parlament. Die Labour-Partei ist jedoch nach allen maßgeblichen Quellen im Parlament nicht vertreten, weil sie die für den Einzug ins Parlament nötige Hürde an 7% Wählerstimmen nicht erreicht habe. Regierungskritische Journalisten seien Repressionen, sowie dem Verlust des Arbeitsplatzes ausgesetzt gewesen sei und in der Untersuchungshaft sollen zumindest zwei Tatverdächtige in Folge Folterungen und exzessiver Gewaltanwendung durch Polizeibeamte gestorben sein. Es gäbe sowohl willkürliche Anhaltungen, als auch politische Gefangene, die Pressefreiheit sei eingeschränkt und habe sich die Situation hinsichtlich der Pressefreiheit sogar verschlechtert. In Georgien verfüge der Präsident über äußerst viel Macht, es gäbe wenig Kontrolle, eine schwache Opposition, eine schwache Zivilgesellschaft und eine noch nicht ausreichende, unabhängige und funktionierende Justiz, sowie eine unterentwickelte bzw. nicht existierende lokale Demokratie und eine zensurierte Medienwelt. Es sei nicht nachvollziehbar, welche Mitglieder des Parlamentes der Sachverständige der Labour-Partei zuordne. Gemäß einem beigelegten Schreiben der Labour-Partei in Englisch, werde diese unterdrückt und sei ihrer Ansicht nach das Wahlergebnis nur auf Grund des Drucks vom Präsident Saakaschvili auf alle Institutionen zustande gekommen.
Zur individuellen Verfolgungssituation wurde ausgeführt, dass es durchaus zutreffend sein mag, dass der Berufungswerber nicht nach dem Wortlaut des georgischen Wahlgesetzes Beobachter der Wahl gewesen sei, er sei jedenfalls aber von seiner Partei dazu bestimmt worden, die Wahl zu beobachten und sei die Funktion, die ihm von seiner Partei zugewiesen worden, jene gewesen, die Korrektheit der Wahl zu beobachten und zu überprüfen. Auch der Berufungswerber verfüge über die von dem Sachverständigen angeführte Liste, es handle sich dabei jedoch nicht um die Liste der Parteimitglieder, sondern um jene der Kandidaten der Partei. Im Wahllokal in Tiflis, in dem der Berufungswerber tätig gewesen sei, haben sich fünf Mitglieder der Kommission der Vorsitzenden und zwei Stellvertreter, sowie acht Vertreter von Parteien und einige internationale Beobachter befunden. Dem Schriftsatz wurden der Amnesty-International Deutschland Jahresbericht über Georgien von 2002, ein Kurzbericht der Schweizer Flüchtlingshilfe über Georgien, ein Bericht der International Helsinki Federation for Human Rights und andere Berichte von NGO'S, sowie ein Schreiben der georgischen Labour-Party in georgischer und englischer Sprache beigefügt.
In Stattgebung des Antrages auf Gutachtenserörterung beraumte die Berufungsbehörde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 11. November 2005 an, zu der sich die Behörde erster Instanz entschuldigen ließ und der Vertreter des Berufungswerbers unentschuldigt nicht erschien.
Dabei brachte der Berufungswerber zunächst folgendes vor:
So wie es im Gutachten von Herrn T. stand, dass ich als Parteimitglied nicht als Beobachter bei der Wahl dabei sein durfte, lege ich eine Bestätigung der georgischen Labourpartei vor, dass ich tatsächlich als Beobachter dieser Partei bei der Parlamentswahl am 30.10.1999 in der Stadt Tiflis war.
Herr T. hat auch ein Liste der Mitglieder der Labourpartei vorgelegt. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Liste um eine Liste jener Personen, die für die Labourpartei bei den Parlamentswahlen kandidiert haben. Als erster steht gleich der Vorsitzende der Partei. Da ich nicht kandidierte, stehe ich nicht auf dieser Liste. Diese Liste habe ich schon im Jahre 2002 gehabt.
Sodann wurde der Berufungswerber vom Verhandlungsleiter wie folgt ergänzend befragt:
VL: Halten Sie Ihr bisheriges Vorbringen aufrecht?
BW: Ja.
VL: Wollen Sie Ihr Vorbringen im Hinblick auf die geänderten politischen Verhältnisse in Georgien irgendwie ergänzen?
BW: In Georgien hat sich die politische Situation nicht wesentlich verändert. Die Regierung ist gleich wie früher. Es wurde nur die Person an der Spitze, nämlich der Staatspräsident ausgetauscht. Sonst hat sich nicht viel geändert. Damals als ich im Jahr 2002 beim Bundesasylamt und später auch in zweiter Instanz meine Interviews hatte, hätte ich nie gedacht, dass Michael Saakaschwili Präsident wird. Damals am 30.Oktober 1999, als mein Problem entstanden ist, hat gerade Michael Saakaschwili für die Bürgerunion kandidiert. Dann wurde er in das Parlament gewählt und mein Konflikt ist unmittelbar durch die Bürgerunion und durch die Polizei entstanden. Der Leiter der Polizeistelle, wo ich damals festgehalten wurde, hat heute eine hohe Position im Innenministerium. Ich kann seinen Namen auch nennen. Der eine ist der jetzige Polizeichef von Tiflis. Der damalige stellvertretende Leiter der Polizeistelle hat heute auch eine hohe Position im Innenministerium von Adjarien.
VL: Möchten Sie sonst noch irgendetwas zur Begründung Ihres Asylantrages vorbringen?
BW: Ich wollte damit nur sagen, dass das Innenministerium immer noch so handelt wie zu den Zeiten von Schewardnaze, weil gerade die Polizei Saakaschwili ihm einen Platz im Parlament ermöglicht hat.
VL: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie nach Georgien zurückkehren würden?
BW: Ich wäre ernsthaft in Gefahr bei einer Rückkehr nach Georgien wegen meiner politischen Ansichten. Mit der Rechtswidrigkeit, die in Georgien herrscht, könnte ich nicht leben und würde mit Sicherheit im Gefängnis landen.
Der Sachverständige möchte auch einige Fragen an den Berufungswerber richten:
SV: Wo waren Sie als Wahlbeobachter?
BW: In Tiflis.
SV: Welche Adresse hatte dieses Wahllokal?
BW: So genau weiß ich die Hausnummer nicht, aber es war in der XY Straße.
SV: Wie viele Wähler waren in diesem Wahllokal registriert?
BW: Ich könnte mich heute in der genauen Zahl irren, aber es sollten fünftausend bis sechstausend gewesen sein. Ich war kein Mitglied der Wahlkommission.
SV: Sie schreiben in Ihrer Stellungnahme bzw. in jener Ihres Anwaltes, dass die Labourpartei nach allen maßgeblichen Quellen im Parlament nicht vertreten sind. Aber es ist die Labourpartei mit drei Abgeordneten vertreten.
BW: Können Sie mir die Namen nennen?
SV: Artschemaschwili Ilia, Dolischwili Temur und Tedoradze Ramas.
SV möchte anmerken, dass die vom Berufungswerber genannte Adresse des Wahllokales nicht stimmt. Diese Information habe ich von der zentralen Wahlkommission Georgiens. Dort waren 1600 Wahlberechtigte registriert.
Das von dem Berufungswerber vorgelegte Dokument über die Teilnahme als Wahlbeobachter der Labourpartei bei den Parlamentswahlen im Oktober 1999 entspricht genau den Angaben in meinem Gutachten. Weil das georgische Wahlgesetz kennt genau zwei Arten von Wahlbeobachtern, solche die bei der Zentralwahlkommission registriert sind und Vertreter des Wahlsubjektes. Genau so steht es in meinem Gutachten, dass Herr K. nur als Vertreter ei