TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/29 C10 248127-0/2008

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Veröffentlicht am 29.10.2008
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Spruch

C10 248127-0/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. René BRUCKNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Tanja ANTOVIC über die Beschwerde des H.H., geb. 00.00.1962, StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.03.2004, FZ. 04 01.051-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG 1997 als unbegründet a b g e w i e s e n.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

I.1. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat am 20.01.2004 beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg (in der Folge: BAS), einen Asylantrag gemäß § 3 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (in der Folge: AsylG 1997), eingebracht.

 

Am 02.03.2004 fanden vor dem BAS zwei niederschriftliche Einvernahmen der Bf. im Asylverfahren statt.

 

Das BAS wies mit Bescheid vom 03.03.2004, AZ. 04 01.051-BAS, zugestellt am 04.03.2004, den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Bf. nach Vietnam gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig (Spruchpunkt II).

 

2. Gegen den og. Bescheid des BAS richtet sich die beim BAS am 16.03.2004 fristgerecht eingelangte Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat (in der Folge: UBAS) vom 03.03.2004. Die Bf. beantragte den angefochtenen Bescheid des BAT zu beheben, ihr gemäß § 7 AsylG 1997 in Österreich Asyl zu gewähren, in eventu gemäß § 8 AsylG festzustellen, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Vietnam unzulässig ist.

 

3. Der nunmehr zuständige Senat C10 des Asylgerichtshofes führte in der ggst. Rechtssache am 14.10.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Bf. teilnahm.

 

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens

 

I.2.1. Beweisaufnahme

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des BAS (OZ 0), beinhaltend die Niederschriften der Einvernahmen vor dem BAS vom 02.03.2004 und die Berufung der Bf. vom 16.03.2004.

 

Einvernahme der Bf. im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof (OZ 3Z).

 

Einsicht in folgende Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat der Bf.:

 

Deutsches Auswärtiges Amt (DAA), "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Situation in der Sozialistischen Republik Vietnam" vom 14.07.2008 mit Stand Juli 2008 (in der Folge: DAA, Bericht 2008).

 

US Department of State (USDS), "Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Vietnam" vom 11.03.2008 (in der Folge: USDS, Vietnam 2007).

 

UK Home Office - UK Border Agency (UKHO), "Country of Origin Information Report - Vietnam" vom 02.04.2008 (in der Folge: UKHO, Vietnam 2008).

 

UNHCR, Mitteilung vom 20.06.2003 betreffend Vietnam.

 

UNHCR, Mitteilung vom 22.08.2003 betreffend Vietnam.

 

UNHCR, Mitteilung vom 14.02.2007 betreffend Vietnam - Bestrafung wegen rechtswidriger Ausreise.

 

UNHCR, Mitteilung vom 23.04.2008 betreffend Anfragebeantwortung zu Refoulement - Vietnam.

 

Bundesasylamt (BAA), Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.03.2008 betreffend Vietnam - RF, Behandlung nach Rückkehr, Allgemeine Rückkehrsituation.

 

amnesty international (ai) Deutschland, Vietnam - Jahresbericht 2006 (in der Folge: ai, Vietnam 2006).

 

amnesty international (ai) Deutschland, Asylgutachten zur Republikflucht an das Verwaltungsgericht Frankfurt/M. vom 07.01.1997.

 

Human Rights Watch (HRW), "Country Summary - Vietnam" vom Jänner 2007 (in der Folge: HRW, Vietnam 2007).

 

Human Rights Watch (HRW), "The United States and Vietnam: Examining the Bilateral Relationship Testimony before the Senate Foreign Relations Subcommittee on East Asian and Pacific Affairs; Sophie Richardson" vom 12.03.2008.

 

Freedom House (FH), "Freedom in the World - Vietnam (2008)" (in der Folge: FH, Vietnam 2008).

 

I.2.2. Ermittlungsergebnis (Sachverhalt)

 

Der Asylgerichtshof geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

a) Zur Person des Beschwerdeführers:

 

1. Die Bf. führt ihren eigenen Angaben zufolge den Namen H.H., ist am 00.00.1962 in Hanoi (Vietnam) geboren und Staatsangehörige der Sozialistischen Republik Vietnam. Sie gehört der Volksgruppe der Kinh und der buddhistischen Religionsgemeinschaft an.

 

Die Bf. ist ledig und hat keine Kinder. In Österreich hat die Bf. weder Verwandte, noch lebt sie in aufrechter Lebensgemeinschaft. Sie arbeitet in Österreich in einem Restaurant als Hilfsköchin. Die Eltern der Bf. sind bereits in Vietnam verstorben. In Vietnam leben nach wie vor die Tochter der Bf., sowie der Vater ihres Kindes. Zu ihrer Tochter bzw. Freunden im Herkunftsstaat unterhält die Bf. nahezu keinen Kontakt mehr.

 

2. Der Bf. lebte von ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise aus Vietnam im Haus ihrer Eltern im Bezirk D., in der Stadt Hanoi. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie in der Heimat durch ihre Beschäftigung als Tellerwäscherin in verschiedenen Lokalen. Die Bf. besuchte in Vietnam vier Jahre lang die Volksschule.

 

3. Die Bf. ist in ihrem Herkunftsstaat weder vorbestraft noch wurde sie dort jemals erkennungsdienstlich behandelt. Sie gehörte nie einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung an. Sie hatte nie Probleme mit den Behörden oder der Polizei ihres Heimatstaates. Die Bf. wurde auch von Privatpersonen nicht bedroht bzw. hatte keine Probleme wegen ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Ethnie.

 

4. Die Bf. ist am 20.11.2003 schlepperunterstützt mit einem gefälschten Reisepass aus Vietnam mit dem Flugzeug von Hanoi nach Russland und von dort über ihr unbekannte Länder nach Österreich gereist, wo sie schließlich am 20.01.2004 illegal einreiste.

 

5. Einen konkreten Anlass für die Ausreise der Bf. gab es nicht. Grund für die Ausreise der Bf. aus Vietnam waren schließlich die in Vietnam vorherrschenden Lebensbedingungen, fehlende finanzielle Mittel und das mangelnde wirtschaftliche Fortkommen der Bf. Andere Gründe für das Verlassen ihres Herkunftsstaates wurden nicht festgestellt.

 

b) Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

 

Der Asylgerichtshof trifft auf Grund der in der mündlichen Verhandlung erörterten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin:

 

1. Zur aktuellen politischen Situation in Vietnam:

 

Die Sozialistische Republik Vietnam befindet sich in einem wirtschaftlichen Transformationsprozess von einem planwirtschaftlich zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. Der Zehnte Parteitag der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) im April 2006 hat den 1986 eingeleiteten Kurs der Erneuerung ("Doi Moi") bestätigt. Reformen konzentrieren sich allerdings auf den Wirtschaftssektor, in der Politik hält die KPV an ihrem politischen Machtmonopol fest. Durchgreifende politische Reformen stehen nicht auf der Tagesordnung (DAA, Bericht 2008, 6; FH, Vietnam 2008, 1). Dennoch setzte die KPV gewisse Bemühungen fort, ihre formelle Verstrickung in Regierungsangelegenheiten zu reduzieren und räumte der Regierung bei der Durchführung tagespolitischer Aufgaben die Ausübung von Ermessen ein (USDS, Vietnam 2007, 1). Vietnam wurde im Jänner 2007, nach zwölf Jahre dauernden Gesprächen, als 150. Mitglied in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen. Im Jänner 2008 wurde Vietnam von der UNO-Generalversammlung für zwei Jahre als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat gewählt.

 

Die Gerichtsbarkeit ist nach der vietnamesischen Verfassung formell unabhängig, untersteht aber praktisch der durch die KPV allein ausgeübte Staatsgewalt. Das Justizpersonal ist mangelhaft ausgebildet (DAA, Bericht 2008, 6). Die meisten, wenn nicht alle Richter sind Mitglieder der KPV und wurden zumindest zum Teil nur auf Grund ihrer politischen Zuverlässigkeit ernannt. Anwälte sind meist schlecht ausgebildet und haben in Strafverfahren oft nur wenig Zeit, die gegen ihre Mandanten erhobenen Beweise zu prüfen (USDS, Vietnam 2007, 4 f; FH, Vietnam 2008, 4 f). 1995 wurde ein umfassendes Zivilgesetzbuch geschaffen. Der Staat kann danach - daran hat auch die seit dem 01.01.2005 geltende Zivilprozessreform nichts geändert - weitgehend in die Beziehungen zwischen privaten Rechtssubjekten eingreifen (DAA, Bericht 2008, 6).

 

Die innere Sicherheit liegt hauptsächlich in der Verantwortung des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit, wobei in einigen entlegenen Gegenden das Militär die Aufgaben der zuständigen Regierungsbehörden übernimmt und für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit berufen ist. Polizeieinheiten bestehen auf allen Verwaltungsebenen und unterliegen der Kontrolle der jeweiligen Volkskomitees. Die Polizeikräfte sind bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung grundsätzlich effektiv, aber die Fähigkeiten der Polizei, insbesondere im kriminalpolizeilichen Bereich, sind allgemein sehr niedrig. Die Ausbildung und die Ausstattung der Polizei sind unangemessen. Die Korruption ist ein signifikantes Problem unter den Polizeieinheiten aller Ebenen. Polizeiinterne Aufsichtsorgane existieren zwar, sind aber Gegenstand politischer Einflussnahme (USDS, Vietnam 2007, 2 f).

 

2. Ausreise von vietnamesischen Staatsangehörigen aus Vietnam:

 

Die Kontrollen an den vietnamesischen Außengrenzen sind streng. Für die Ausreise aus Vietnam muss ein vietnamesischer Staatsangehöriger einen Reisepass beantragen, auf dessen Ausstellung jedoch kein Rechtsanspruch besteht. Allerdings wird der Pass im Regelfall ohne Probleme ausgestellt; Passversagungen gegen Personen, die wegen angenommener regierungskritischer Äußerungen nicht ins Ausland reisen sollen, sind bekannt. Dem Antrag beizufügen sind eine Einladung oder ein sonstiger Nachweis des Reisegrunds sowie eine Wohnsitzbescheinigung der örtlichen Polizeidienststelle. Bei geschäftlichen oder Dienstreisen muss außerdem eine Bestätigung des Arbeitsgebers vorgelegt werden. Pässe sind grundsätzlich für alle Staaten gültig. Es werden auch Touristenreisen gestattet. Seit November 1997 benötigen Reisende keinen Ausreisesichtvermerk mehr. Im Zuge der fortschreitenden Integration Vietnams in das südostasiatische Staatenbündnis ASEAN wurde mit einigen Mitgliedstaaten die gegenseitige Visafreiheit für Inhaber von Dienst- und Diplomatenpässen vereinbart. Seit 01.06.2000 herrscht zwischen Thailand und Vietnam generell Visafreiheit. Vietnamesische Staatsangehörige können die grenznahen Gebiete der Nachbarstaaten China, Laos und Kambodscha im Rahmen des sog. "kleinen Grenzverkehrs" tageweise visumfrei besuchen (DAA, Bericht 2008, 21).

 

3. Illegale Ausreise aus Vietnam und illegaler Verbleib im Ausland:

 

Gemäß Art. 274 des am 21.12.1999 von der vietnamesischen Nationalversammlung beschlossenen und mit 01.07.2000 in Kraft getretenen neuen vietnamesischen Strafgesetzbuches (in der Folge: vStGB), Nr. 15/1999/QH10, stehen die illegale Ausreise aus Vietnam und die illegale Einreise in Vietnam sowie der illegale Verbleib im Ausland oder in Vietnam unter Strafe. Als Strafen sind unter der Voraussetzung, dass wegen einer dieser Tatvarianten bereits eine sog. administrative Sanktion verhängt worden ist und eine solche Tat fortgesetzt oder neuerlich gesetzt wird, Geldstrafen zwischen fünf und fünfzig Millionen Dong oder Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten und zwei Jahren vorgesehen.

 

Der in den Übersetzungen mit "Illegally leaving or entering the country; illegally staying abroad or in Vietnam" bzw. "Sortie illicite du Vietnam, entrée illicite au Vietnam et séjour illicite à l'étranger ou au Vietnam" betitelte Art. 274 vStGB lautet:

 

"Those who illegally leave or enter the country or stay abroad or in Vietnam, have already been administratively sanctioned for such act but continue the violation, shall be subject to a fine of between five million dong and fifty million dong or a prison term of between three months and two years."

 

(Englische Übersetzung aus: World Legal Information Institute, http://www.worldlii.org/vn/legis/pc66/s274.html.)

 

"Est puni de 5.000.000 à 50.000.000 de dongs d'amende ou de trois mois à deux ans d'emprisonnement, le fait, pour toute personne, de sortir illégalement du Vietnam, d'entrer illégalement au Vietnam ou de séjourner illégalement à l'étranger ou au Vietnam, alors que cette personne a déjà fait l'objet d'une sanction administrative pour le même acte."

 

(Französische Übersetzung aus: Maison du Droit Vietnamo-Française, Hanoi, http://www.maisondudroit.org/CodePenal_versionFr/begin.htm.)

 

Im Gegensatz zur früheren strafrechtlichen Bestimmung über die im allgemeinen Sprachgebrauch als "Republikflucht" bezeichnete Straftat iSd. Art. 89 des bis 01.07.2000 geltenden vStGB (in der Folge: vStGB-alt) ist dem Tatbild des nunmehr geltenden Art. 274 vStGB kein Hinweis auf die Bekämpfung einer oppositionellen Gesinnung als Zielsetzung der angeordneten Strafnorm mehr zu entnehmen. Art. 89 vStGB-alt mit dem Titel "The crime of illegally emigrating from, illegally immigrating to or illegally remaining in a foreign country" hatte folgenden Wortlaut:

 

"1. The penalty for anyone who illegally emigrates from, illegally immigrates to or illegally remains in a foreign country is a warning, reeducation without detention for a period of up to one year or from three months to two years in prison.

 

2. This article does not apply to foreigners who come to the Socialist Republic of Vietnam seeking political asylum."

 

(Englische Übersetzung aus: amnesty international Deutschland, Asylgutachten zur Republikflucht an das Verwaltungsgericht Frankfurt/M. vom 07.01.1997.)

 

Während etwa die Androhung einer "Umerziehung" ("reeducation") zweifellos als unverhältnismäßig zu qualifizierende Maßnahme zur Bekämpfung einer oppositionellen (iSv. regierungskritischen oder regierungsfeindlichen) politischen Gesinnung bewertet werden muss (vgl. VwGH 21.03.2002, Zlen. 99/20/0520, 0521; 22.05.2003, Zl. 2000/20/0420; 22.05.2003, Zl. 2001/20/0268; 02.03.2006, Zl. 2003/20/0342), ist eine solche Strafe für den gegenständlichen Straftatbestand im geltenden vietnamesischen Strafrecht nicht mehr ausdrücklich vorgesehen. Die politischen Beweggründe, die zur vorliegenden geänderten Fassung der Strafbestimmung geführt hatten, konnten vom Asylgerichtshof auch nach Vornahme eingehender Recherchen, insbesondere in den herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, nicht in Erfahrung gebracht werden.

 

Es kann aber im Hinblick auf den Wortlaut der nunmehr geltenden

Bestimmung des Art. 274 vStGB jedenfalls festgehalten werden, dass

nicht mehr nur alleine der illegale Verbleib im Ausland als

Tatbildvariante ("anyone who ... illegally remains in a foreign

country"), sondern auch der illegale Verbleib in Vietnam selbst

("Those who ... illegally ... stay abroad or in Vietnam") mit Strafe

bedroht ist. Im Vergleich zur früheren Bestimmung des Art. 89 vStGB-alt liegt jedoch ein wesentlicher Unterschied für eine Bestrafung nach Art. 274 vStGB im Vorliegen einer zusätzlichen Voraussetzung zur Erfüllung des objektiven Tatbildes, dass gegen den Täter bereits vorher schon einmal eine administrative Sanktion aus dem gleichen Grund verhängt worden sein muss und der Täter trotz dieser über ihn bereits verhängten Sanktion ein tatbildmäßiges Handeln im Sinne einer der in Art. 274 vStGB vorgesehenen Varianten fortsetzt oder neuerlich setzt ("[...] have already been administratively sanctioned for such act but continue the violation" bzw. "[...] cette personne a déjà fait l'objet d'une sanction administrative pour le même acte").

 

Auf Grund der explizit angeordneten Vorlagerung einer administrativen und damit nicht strafgerichtlich angeordneten Sanktion im Falle einer erstmaligen illegalen Ein- oder Ausreise bzw. eines erstmaligen illegalen Aufenthalts in oder außerhalb Vietnams kann davon ausgegangen werden, dass eine tatbildliche Verurteilung nach Art. 274 vStGB im Falle der Rückkehr eines vietnamesischen Staatsangehörigen nur dann in Frage kommen könnte, wenn gegen diesen bereits vorher schon eine administrative Sanktion verhängt wurde und der Betreffende neuerlich ein tatbildmäßiges Handeln (zB eine neuerliche illegale Ausreise aus Vietnam) setzt. Unter Berücksichtigung des für eine Bestrafung nach Art. 274 vStGB geforderten erhöhten Unrechtsgehalts (Fortsetzungs- oder Wiederholungstat) ist auch der Schluss zulässig, dass die angeführten administrativen Sanktionen im Vergleich zu den strafrechtlich vorgesehenen Strafen weniger streng sind. So sieht das vietnamesische Recht in anderen Rechtsbereichen als dem Strafrecht, insbesondere im Wirtschafts- und Arbeitsrecht, unterschiedliche Arten von administrativen Sanktionen wegen Ordnungswidrigkeiten oder weniger schweren Vergehen vor: Es sind dies meist Verwarnungen, Geldbußen, Lizenzentzug oder in bestimmten Fällen Beschlagnahmen.

 

Die in Art. 274 vStGB angedrohten Geld- und Gefängnisstrafen (Geldstrafen von fünf bis fünfzig Millionen Dong bzw. Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zwei Jahren) sind im Vergleich zum früheren Art. 89 vStGB-alt zwar gleichgeblieben, doch erscheinen diese nunmehr unter Berücksichtigung der vorherigen (erfolglosen) Verhängung von administrativen Sanktionen und dem Zweck der Verhinderung der weiteren Fortsetzung oder neuerlichen Setzung der vom Straftatbestand umfassten Delikte als nicht unverhältnismäßig.

 

Aus dem unterschiedlichen Wortlaut beider Bestimmungen kann im Hinblick auf den Regelungszweck der Norm daher der zulässige Schluss gezogen werden, dass der geltende Straftatbestand des Art. 274 vStGB hauptsächlich auf die Einhaltung der den Grenzübertritt und den Aufenthalt regelnden Vorschriften von In- und Ausländern gleichermaßen und damit auf die Aufrechterhaltung der grenz- und fremdenpolizeilichen Ordnung Vietnams abzielt und nicht primär - im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage nach Art. 89 vStGB-alt - auf eine überwiegend politisch motivierte Strafverfolgung.

 

Weder dem deutschen Auswärtigen Amt noch anderen westlichen Botschaften in Vietnam liegen aktuelle Informationen über tatsächliche Strafverfolgungsmaßnahmen gegenüber Rückkehrern wegen ungenehmigter Ausreise oder unerlaubtem Aufenthalt im Ausland gemäß dem neuen Art. 274 vStGB vor. Auch im Kontext mit der Rückführung von vietnamesischen Staatsangehörigen aus Lagern in Südostasien sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer wegen illegaler Ausreise strafrechtlich belangt worden wären. Praktische Probleme bei der Wiedereingliederung werden durch die vietnamesischen Behörden und die Reintegrationsprogramme des UNHCR angegangen (DAA, Bericht 2008, 19 f).

 

2006 hat der UNHCR in insgesamt vier Erkundungsmissionen keine nennenswerten Beschwerden auf Seiten der Rückkehrer bzw. abgeschobenen Personen feststellen können. Demgegenüber berichtet Human Rights Watch in einem von UNHCR kritisierten Bericht vom Juni 2006 über andauernde Misshandlungen und Drangsalierungen von Rückkehrern. Eine Erkundungsreise der EU-Troika-Botschafter im Oktober 2006 ergab, dass die Mehrzahl der befragten Rückkehrer (insgesamt 28, keiner davon zuvor vom UNHCR interviewt) nach eigenen Angaben vergleichsweise gut behandelt wurde und keine größeren Probleme zu gewärtigen hatte (DAA, Bericht 2008, 20).

 

Mehrere westliche Staaten führen vietnamesische Staatsangehörige, die keinen Aufenthaltstitel besitzen oder straffällig geworden sind, zwangsweise zurück. Dazu zählen in der EU Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Finnland. Andere Mitgliedstaaten wie die Niederlande halten die Abschiebung abgelehnter Asylwerber nach Vietnam für möglich, haben dies aber aus praktischen Gründen (zB Fehlen gültiger Reisedokumente, Zugriffsentzug) noch nicht durchsetzen können. Bilaterale Rückführungsregelungen mit EU-Mitgliedstaaten bestehen mit Deutschland, Großbritannien, Polen und der Slowakei.

 

So unterliegen beispielsweise Rückführungen vietnamesischer Staatsangehöriger von der Bundesrepublik Deutschland in die Sozialistische Republik Vietnam dem zwischen beiden Staaten abgeschlossenen Rückübernahmeabkommen von 1995, das am 21.09.1995 in Kraft trat (dBGBl. II S. 743 ff). In einem Briefwechsel vom 21.07.1995 zum deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommen hat Vietnam ausdrücklich in völkerrechtlich verbindlicher Weise zugesichert, auf eine Strafverfolgung von Rückkehrern wegen ihrer unerlaubten Ausreise und ihres unerlaubten Aufenthalts in Deutschland zu verzichten.

 

Es verbleibt in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass ein entsprechendes bilaterales Rückübernahmeabkommen zwischen der Sozialistischen Republik Vietnam und der Republik Österreich bislang nicht abgeschlossen wurde.

 

4. Sonstige Strafverfolgung im Falle der Rückkehr:

 

Rückkehrer unterstehen allgemein dem vietnamesischen Strafrecht. Sollten vor der Ausreise aus Vietnam Straftaten begangen worden sein, muss - wegen sehr restriktiver Verjährungsregelungen - mit einer Strafverfolgung nach der Rückkehr gerechnet werden. Der Grundsatz "ne bis in idem" ist in Art. 28 Abs. 3 vStGB enthalten (DAA, Bericht 2008, 19).

 

Das Dekret Nr. 31-CP vom 14.04.1997 betreffend "Vorschriften über die administrative Haft" ("Regulation on Administrative Probation"), mit dem bei Vergehen gegen die nationale Sicherheit, die als nicht so schwerwiegend genug erscheinen, um ein Strafverfahren einzuleiten, eine administrative Haftstrafe verhängt werden konnten (vgl. DAA, Bericht 2008, 7), wurde im März 2007 aufgehoben (USDS, Vietnam 2007, 3).

 

Im Jahr 2002 wurde bereits mit der Ordinance Nr. 44/2002/PL-UBTVQH10 betreffend Sanktionen gegen Verwaltungsvergehen ("Sanctions against Administrative Violations") eine - im Vergleich zum Dekret Nr. 31-CP noch restriktivere - Rechtsvorschrift erlassen, mit der Personen, die verdächtigt werden, eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darzustellen, nicht nur in Verwaltungshaft genommen, sondern unter Hausarrest gestellt oder ohne weiteres Verfahren in sog. "Social Protection Centres", "Rehabilitation Camps" oder psychiatrischen Anstalten angehalten werden können (vgl. DAA, Bericht 2008, 7). Ein Dekret aus dem Jahr 2001 sieht zudem die Möglichkeit eines bis zu fünfjährigen Hausarrests im Anschluss an die Verbüßung einer Haftstrafe vor. Es handelt sich dabei um ein Mittel, von dem gegenüber entlassenen politischen Häftlingen häufig Gebrauch gemacht wird (DAA, Bericht 2008, 7 f).

 

5. Exilpolitische Betätigung im Ausland vor der Rückkehr:

 

Auch eine oppositionelle Betätigung im Ausland führt nach beständigen Ausführungen des deutschen Auswärtigen Amtes in seinen Lageberichten über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Vietnam und in seinen Auskünften an deutsche Verwaltungsgerichte grundsätzlich zu keinen asylrelevanten Konsequenzen im Falle einer Rückkehr nach Vietnam. Dem deutschen Auswärtigen Amt sind demnach bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen Rückkehrer wegen exilpolitischer Aktivitäten Repressalien der vietnamesischen Behörden ausgesetzt gewesen wären. Es seien weiterhin auch keine Fälle bekannt, in denen in Vietnam lebende Angehörige exilpolitisch tätiger Vietnamesen durch die dortigen Behörden unter Druck gesetzt worden wären (Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.06.2006, 9 LB 104/06). Rückkehrern kann allerdings im Einzelfall eine Bestrafung wegen Propaganda gegen die sozialistische Gesellschaftsordnung drohen (zB Art. 88 vStGB). Dies hänge vom Inhalt der jeweiligen politischen Aktivitäten ab. Sollte der Betreffende auf Grund seiner Tätigkeit im Ausland Bekanntheit in Vietnam erlangt haben, sei allerdings eine Einreiseverweigerung wahrscheinlicher als eine strafrechtliche Verfolgung nach ihrer Rückkehr (DAA, Bericht 2008, 19).

 

6. Strafverfolgung und Haftbedingungen:

 

In Vietnam ist bei der Strafverfolgung und bei der Strafzumessungspraxis keine Diskriminierung nach bestimmten Merkmalen (Rasse, Religion usw.) feststellbar. Die Haftbedingungen für politische Straftäter sind härter als bei anderen Inhaftierten. Es gibt Fälle von jahrelanger Isolationshaft. Besuche bei politischen Straftätern sind limitiert, Briefe werden zensiert (DAA, Bericht 2008, 13). Die Haftbedingungen in vietnamesischen Gefängnissen entsprechen im Allgemeinen dem niedrigen Lebensstandard des Landes (einfache, ungekühlte bzw. ungeheizte Gebäude, in denen bis zu 60 Gefangene in einem Raum auf Strohmatten schlafen, niedrige Hygienestandards). Eine ärztliche Versorgung in den Haftanstalten ist grundsätzlich gegeben, aber mangelhaft. Alarmierend ist die hohe Rate der mit HIV- bzw. AIDS-infizierten Häftlinge. Die Strafvollzugsverordnung von 1992 führt die Rechte und Pflichten der Häftlinge auf und garantiert insbesondere auch Grundrechte der Häftlinge. Es liegen jedoch Berichte vor, dass die Wirklichkeit in den Gefängnissen anders aussieht, insbesondere in Haftanstalten und Umerziehungslagern außerhalb der Hauptstadt Hanoi, wo die Verhältnisse noch deutlich hinter diesen Standards zurückbleiben (DAA, Bericht 2008, 17; USDS, Vietnam 2007, 2).

 

7. Todesstrafe:

 

Das vietnamesische Strafrecht enthält als schwerste Art der Bestrafung die Todesstrafe. Das seit 01.07.2000 gültige vietnamesische Strafgesetzbuch (vStGB) reduzierte die mit der Todesstrafe bedrohten Straftaten von 45 auf 29. Dabei handelt es sich um besonders schwere Straftaten wie Mord, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Spionage, Rebellion, Terrorismus, Sabotage, Geldfälschung u.a. Des Weiteren sind auch sog. "white-collar-crimes" (zB Bestechung, Bestechlichkeit, Veruntreuung und Betrug ab einer bestimmten Größenordnung) und Drogendelikte mit der Todesstrafe bedroht. Von der Todesstrafe ausgenommen sind jugendliche Straftäter bis 18 Jahre, Schwangere und Mütter, die Kinder im Alter von ein bis drei Jahren versorgen (Art. 35 vStGB). Nach Medienberichten wurde im Jahr 2006 in 72 Fällen die Todesstrafe verhängt und in 49 Fällen vollstreckt). Es handelt sich dabei um die veröffentlichten Fälle, die tatsächliche Zahl dürfte aber erheblich höher sein. Genaue Angaben über die Zahl der tatsächlich Hingerichteten liegen nicht mehr vor, seit Informationen dieser Art im Jänner 2004 als Staatsgeheimnis eingestuft wurden (ai, Vietnam 2006, 3). Jedoch wurden laut dem vietnamesischen Justizministerium im Jahr 2007 206 Todesurteile verhängt. Medienberichten zufolge wurden mindestens 25 Urteile tatsächlich vollstreckt. Die diesbezügliche Berichterstattung beschränkt sich auf Hinrichtungen wegen Drogenbesitzes bzw. Drogenhandels (DAA, Bericht 2008, 16).

 

Zusicherungen, die Todesstrafe nicht zu verhängen oder zu vollstrecken, hat die vietnamesische Regierung mit Verbalnote des Außenministeriums in Einzelfällen abgegeben (DAA, Bericht 2008, 16; FH, Vietnam 2008, 5).

 

8. Folter:

 

Folter ist nach Art. 71 der vietnamesischen Verfassung verboten, ihre Anwendung ist jedoch strafrechtlich nicht mit Strafe bewehrt. Es gibt Berichte über vereinzelte Übergriffe von Sicherheitsorganen bei der Festnahme, in der Untersuchungshaft und während der Vernehmung. Jedoch liegen über eine systematische oder weit verbreitete Anwendung von Folter keine Informationen vor. Die vietnamesische Regierung bemüht sich, die Angehörigen der Sicherheitsbehörden im korrekten Umgang etwa mit Straftätern zu schulen. Vietnam ist der Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen bislang nicht beigetreten. Deren Unterzeichnung wurde von der vietnamesischen Regierung zwar wiederholt angekündigt, aber bisher nicht vollzogen (DAA, Bericht 2008, 15 f).

 

9. Grundversorgung, soziale Sicherheit und medizinische Versorgung:

 

Der allgemeine Lebensstandard, insbesondere in den ländlichen Gebieten, ist sehr niedrig. Vietnam zählt zu den ärmsten Staaten der Welt (Pro-Kopf-Einkommen 2007: 835 US-Dollar). Die Arbeitslosigkeit in ländlichen Gebieten ist sehr hoch und es herrscht eine hohe, insbesondere saisonale Unterbeschäftigung. Das Angebot an Grundnahrungsmitteln ist gesichert. Seit 2005 sind Arbeitnehmer mit festen Verträgen von mindestens drei Monaten, Pensionäre, Kriegsveteranen, Kinder unter sechs Jahren und Mitglieder des Gesundheitsfonds für Arme pflichtversichert in der Krankenversicherung. Bis 2010 soll die allgemeine Krankenversicherungspflicht eingeführt werden. Eine staatliche Sozialhilfe oder eine Arbeitslosenversicherung existiert hingegen nicht. Rückkehrer sind auf eigene finanzielle Mittel oder subsidiäre Unterstützung durch Familie, Verwandtschaft oder Freunde angewiesen, da eine staatliche Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis fehlt. Der medizinische Standard entspricht nicht dem europäischen Niveau, ist aber gemessen am Entwicklungsstand des Landes relativ hoch. Die Gesundheitsversorgung hat sich in den letzten Jahren verbessert, die Lebenserwartung liegt elf Jahre über der von Staaten mit vergleichbarem Pro-Kopf-Einkommen. Für bedürftige ältere Menschen sowie für Kriegsversehrte besteht die Möglichkeit, bei den örtlichen Volkskomitees einen Antrag auf eine Bescheinigung zu stellen, die den Inhaber zu einer günstigen, gegebenenfalls auch kostenlosen Krankenbehandlung berechtigt. Generell ist in Vietnam die Behandlung der meisten Krankheitsbilder möglich. Manche Behandlungen sind jedoch nur in Hanoi oder anderen größeren Städten durchführbar. Das Ausbildungsniveau der vietnamesischen Ärzte ist recht hoch (DAA, Bericht 2008, 17 f).

 

I.3. Beweiswürdigung

 

I.3.1.

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur ggst. Rechtssache vorliegenden Akten des BAS und des Asylgerichtshofes.

 

I.3.2.

 

1. Die Feststellungen zur Identität (Name und Alter), Staatsangehörigkeit und Herkunft der Bf. sowie ihrem persönlichen Umfeld und ihren Lebensbedingungen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren vor dem BAS und in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vom 14.10.2008.

 

Die Feststellungen zur Ausreise der Bf. mit einem gefälschten Reisepass aus Vietnam in die Russische Föderation stützen sich auf deren eigene glaubhafte und Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof.

 

Die Feststellungen zur Reiseroute der Bf. von Vietnam nach Russland und in der Folge über ihr unbekannte Staaten nach Österreich stützen sich ebenfalls auf die diesbezüglichen Angaben der Bf., welche von der Bf. sowohl vor dem BAS, als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in übereinstimmender Weise vorgetragen wurden.

 

2. Zu den Fluchtgründen der Bf.:

 

Den Angaben der Bf. in Bezug auf ihren Fluchtgrund war - wie auch von der Erstbehörde zu Recht festgestellt - teilweise die Glaubwürdigkeit zu versagen.

 

Bereits die Angaben der Bf. vor dem BAS sprechen dafür, dass diese ihren Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat. So erklärte die Genannte, dass ihr Leben in ihrer Heimat sehr schwer gewesen sei, ihre Mutter sei krank gewesen, zudem habe sie ihr Kind nicht versorgen können. Sie habe schließlich durch ihre Arbeit in einem Restaurant Kontakt zu Leuten bekommen, welche ihr gesagt hätten, dass sie im Falle ihrer Ausreise Hilfe bekommen würde, Freiheit sowie auch die Möglichkeit viel Geld zu verdienen. Sie habe die Reise durch den Verkauf ihres Hauses (im September 2003) finanziert, den konkreten Entschluss auszureisen habe sie schließlich einen Monat vor Verkauf des Hauses gefasst.

 

Schon diese Angaben der Bf. zeichnen ein eindeutiges Bild, dahingehend, dass die Bf. insbesondere aufgrund ihrer schlechten finanziellen (und der sonstigen schwierigen) Lebenssituation ihre Heimat verlassen hat. Diese Sichtweise bestätigte die Bf. auch durch ihre weiteren Angaben vor dem BAS, indem sie ausführte, der Hauptgrund, warum sie ihre Heimat verlassen habe sei, dass sie eine bessere Zukunft und ein besseres Leben gesucht habe. In diesem Zusammenhang führte die Genannte auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof aus, dass ihr viele Leute in Vietnam gesagt hätten, dass man im Ausland besser betreut werde. Festzuhalten ist, dass die diesbezüglichen Angaben der Bf. glaubwürdig und nachvollziehbar waren.

 

Das weitere Vorbringen der Bf., wonach diese in ihrer Heimat aufgrund der militärischen Betätigung ihres Großvaters Benachteiligungen zu gegenwärtigen hatte, war jedoch nur teilweise glaubwürdig. Sofern die Bf. in diesem Zusammenhang ausführt, dass ihr Großvater in der Kolonialzeit auf der Seite der Franzosen (und somit gegen die Regierung) gewesen sei, und sie deswegen "den Hass der anderen Menschen gegen sie gespürt habe", so mag dies den Tatsachen entsprechen, festzuhalten bleibt jedoch, dass diese (nur) gesellschaftliche Benachteiligung im gegenständlichen Fall keine asylrelevante Verfolgung zu begründen vermag. Dem weiteren Vorbringen der Bf., wonach sie aufgrund der regimekritischen Einstellung ihres Großvaters theoretisch kein Recht gehabt habe, die Schule zu besuchen, bzw. sie Probleme bei der Arbeitssuche gehabt habe, war jedoch die Glaubwürdigkeit zu versagen. Im Zuge der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erklärte die Bf. selbst, vier Jahre lang die Schule besucht zu haben, dass ihr der Schulbesuch daher nur "theoretisch" offen gestanden sei, ist nicht ersichtlich, zumal sie zuvor nie davon gesprochen hatte, dass man ihr den Zugang zu einer schulischen Ausbildung verweigert habe. Sofern die Bf. ihre Flucht überdies damit begründet, dass sie aufgrund der früheren militärischen Tätigkeit ihres Großvaters keine Arbeit gefunden habe, so ist dem entgegenzuhalten, dass - wie auch von der Erstbehörde zu Recht ausgeführt - es nicht plausibel erscheint, dass potentielle Arbeitgeber für minderqualifizierte Arbeiten derart umfangreiche Nachforschungen tätigen. Vielmehr ist angesichts des niedrigen Bildungsniveaus der Bf. davon auszugehen, dass die Bf. wegen ihrer mangelnden Ausbildung Schwierigkeiten hatte, Arbeit zu finden. Festzuhalten bleibt, dass zwar grundsätzlich auch wirtschaftliche Benachteiligungen asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (siehe dazu VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 2000/20/0539), im vorliegenden Fall erklärte die Bf. jedoch selbst, als Tellerwäscherin tätig gewesen zu sein, davon dass ihr in der Heimat daher jegliche Existenzgrundlage entzogen worden wäre, kann nicht gesprochen werden.

 

3. Schließlich wurden seitens der Bf. weitere Fluchtgründe nicht behauptet.

 

I.3.3.

 

1. Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Bf. ergeben sich aus den angeführten und in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.

 

Hierbei wurden Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des deutschen Auswärtigen Amtes, des britischen UK Home Office (Border Agency) und des US Department of State, ebenso herangezogen, wie auch von internationalen Organisationen wie dem UNHCR oder allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie Human Rights Watch, amnesty international oder Freedom House.

 

Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der übereinstimmenden Aussagen darin, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

2. Die in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden den Parteien zur Akteneinsicht angeboten. Die den Parteien eingeräumte Möglichkeit zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme wurde nicht in Anspruch genommen. Die Parteien sind weder den in das Verfahren eingeführten Quellen noch den auf diesen beruhenden und in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen substantiiert entgegengetreten.

 

3. Im Übrigen hat die Bf. im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage in ihrem Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Anzuwendendes Recht

 

1. In der ggst. Rechtssache sind gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, iVm. § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 idF der AsylG-Novelle 2003 BGBl. I Nr. 101/2003, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) anzuwenden, zumal der Asylantrag des Bf. am 20.01.2004 und damit vor dem relevanten Stichtag 01.05.2004 gestellt wurde.

 

2. Weiters anzuwenden sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, und des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, in der jeweils geltenden Fassung.

 

3. Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF BGBl. I Nr. 2/2008, ab 01.07.2008 die beim UBAS anhängigen Verfahren weiterzuführen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01.07.2008 der Begriff "Beschwerde". Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Einrichtung des Asylgerichtshofes finden sich in den Art. 129c ff. B-VG.

 

4. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 idF des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 01.07.2008 beim UBAS anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des UBAS, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des UBAS geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Die ggst. Rechtssache wurde bis 30.06.2008 von einem zum Richter des Asylgerichtshofes ernannten Mitglied des UBAS geführt. Eine mündliche Verhandlung in der ggst. Rechtssache fand bis 30.06.2008 nicht statt. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes war das Verfahren daher von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat C9 weiterzuführen.

 

5. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 23 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Der Asylgerichtshof ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamtes zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides

 

1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Als Flüchtling iSd. der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 23.09.1998, Zl. 1998/01/0224). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet.

 

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine sog. inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.

 

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein.

 

3. Als glaubhaften Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates gab die Bf. vor dem BAS ihre schwierige wirtschaftliche Situation an, sowie dass sie Vietnam für eine bessere Zukunft und ein besseres Leben verlassen habe. Dem weiteren Vorbringen der Bf., wonach Sie wegen der regimekritischen Einstellung ihres Großvaters in Vietnam nirgendwo Arbeit finden könne, war auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die Glaubwürdigkeit zu versagen. Weitere Fluchtgründe wurden von der Bf. im erstinstanzlichen Verfahren vor dem BAS nicht vorgebracht.

 

Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof hielt die Bf. diese Aussagen aufrecht bzw. brachte keinerlei weiteren Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgungssituation im Herkunftsstaat vor.

 

4. Die von der Bf. in ihrer Berufung sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erhobene Behauptung, dass ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Vietnam eine Verfolgung wegen des Straftatbestandes der "Republikflucht" drohe, kann auf Grund der bereits angeführten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht nachvollzogen werden.

 

Weder aus den erörterten herkunftsstaatlichen Erkenntnisquellen noch aus dem Vorbringen der Bf. im gesamten Verfahren sind irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Bf. als vietnamesische Staatsangehörige im Falle ihrer Rückkehr nach Vietnam mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen würde, allein und nur wegen eines Verstoßes gegen Art. 274 vStGB strafrechtlich verfolgt zu werden. Eine mögliche Bestrafung nach Art. 274 vStGB setzt ihrerseits voraus, dass wegen illegaler Ausreise oder illegalem Aufenthalt im Ausland bereits eine administrative Sanktion verhängt worden wäre. Im Fall eines erstmaligen Verstoßes findet die Strafbestimmung des Art. 274 vStGB keine Anwendung.

 

Auf Grund des im Verfahren vor dem Asylgerichtshof geäußerten Vorbringens der Bf. und den bereits dargelegten Feststellungen ist daher davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit iSd. Art. 274 vStGB im Falle der Rückkehr der Bf. nach Vietnam nicht gegeben sind. Die Bf. war unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses aus Vietnam ausgereist und vor dieser Ausreise aus Vietnam noch nie im Ausland gewesen. Eine Verfolgung und Bestrafung der Bf. wegen illegaler Ausreise oder illegalem Verbleib im Ausland ist bislang nicht erfolgt.

 

6. Die Bf. konnte somit keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen eine solche ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

II.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides

 

1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrages - von Amts wegen vorzunehmen. Dabei verweist § 8 AsylG 1997 auf § 57 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, wonach gemäß Abs. 1 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

2. Auf die Frage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichthof, was im Falle ihrer Rückkehr nach Vietnam passieren würde, erklärte die Bf. vor dem BAS, dass sie dort nicht mehr leben könne, wie sie kein Geld mehr habe und ihre Zukunft noch schlimmer werden würde.

 

In der mündlichen Verhandlung gab die Bf. an, dass sie Vietnam nicht mehr liebe und sie aus diesem Grund nicht mehr zurückkehren wolle.

 

3. Die Bf. ist arbeitsfähig und gesund und wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit ihrer bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Im Übrigen besteht im Herkunftsstaat der Bf. eine als hinreichend zu bewertende Existenzsicherung für nicht selbsterhaltungsfähige Menschen. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059) liegt nicht vor.

 

4. Dass die Bf. im Falle der Rückkehr in ihrer Herkunftsstaat einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

 

5. Selbst wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe als gesetzliche Strafsanktion für besonders schwere Straftaten vorgesehen ist, so hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens für die Bf. kein reales Risiko ergeben, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer dem 6. bzw. 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen werden würde.

 

6. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die Bf. somit nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Eine solche Gefahr ist auch nicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

II.4.

 

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, strafrechtliche Verfolgung, Urkundenfälschung, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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