C2 267615-0/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Marth als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Geiger Anja über die Beschwerde des A.R., geb. 00.00.1988, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.01.2006, FZ. 04 25.907-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Berufung von A.R. vom 18.01.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.01.2006, Zahl: 04 25.907-BAW, wird abgewiesen gemäß § 7 AsylG.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
I.1. Verfahrensgang
Die nunmehr berufende Partei hat am 27.12.2004 einen Asylantrag gestellt.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem er am 3.1.2005, am 2.6.2005 und am 31.8.2005 von Organwaltern des Bundesasylamtes einvernommen worden war, wurde der unter i. bezeichnete Asylantrag der berufenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 16.1.2006, erlassen am 17.1.2006, abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der berufenden Partei nach Afghanistan nicht zulässig ist, der berufenden Partei wurde eine befristende Aufenthaltsberechtigung erteilt. Das Bundesasylamt hat im gegenständlichen Bescheid die Abweisung des Asylantrags damit begründet, dass der nunmehrige Berufungswerber in Afghanistan keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung zu gegenwärtigen hätte. Dies wird in der Beweiswürdigung wie folgt begründet: "Die Feststellungen zur Person des Antragstellers ergeben sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen hinsichtlich seiner afghanischen Staatszugehörigkeit bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt, dem vorgelegten (und von der erkennenden Behörde als echt klassifizierten) afghanischen Reisepass, sowie den Angaben des Dolmetschers, wonach der Antragsteller aufgrund seiner Aussprache und der Verwendung seiner Muttersprache ein Afghane ist.
Im Asylverfahren ist aber nicht ausreichend, dass der Antragsteller Behauptungen aufstellt, sondern muss er diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, den Handlungsabläufen und den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Antragsteller persönlich glaubwürdig auftreten.
Die Aussagen des Antragstellers zu seinem Fluchtgrund entsprechen aber diesen Anforderungen nicht, da der Antragsteller sein Vorbringen in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Wien am 02.06.2005 in wesentlichen Punkten steigerte und sich in den diesbezüglichen Aussagen auch gravierende Widersprüche befanden. So schilderte der Antragsteller in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost am 03.01.2005, dass er deshalb aus Afghanistan geflohen sei, weil die Taliban seiner Mutter damit gedroht hätten, ihn anstelle seines nach Österreich geflüchteten Bruders in Sippenhaft zu nehmen. Von diesem Sachverhalt grundsätzlich abweichend gab der Antragsteller in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Wien am 02.06.2005 an, dass er auch von den Mujaheddin verfolgt worden wäre, weil die Taliban nach der Freilassung seines Bruders einige Mitglieder der Mujaheddin festgenommen hätten und nunmehr die Mujaheddin wegen des zeitlichen Zusammenhangs angenommen hätten, dass sein Bruder Mujaheddin an die Taliban verraten hätte. Eine plausible Rechtfertigung für diesen gravierenden Widerspruch konnte der Antragsteller nicht darlegen, vielmehr behauptete der Antragsteller, dass ihm die Niederschrift in der Erstaufnahmestelle nicht rückübersetzt worden wäre, und dies obwohl der Antragsteller bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost im Beisein seines Rechtsberaters die Richtigkeit der Niederschrift mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Dass es sich bei dem vom Antragsteller in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Wien am 02.06.2005 vorgetragenen Sachverhalt offenbar um ein reines Konstrukt handelt, ergibt sich aber auch aus dem vom Antragsteller in der österreichischen Botschaft in Teheran eingebrachten Antrag gem. § 16 AsylG 1997, zumal der Antragsteller im Antrags- und Befragungsformular noch schriftlich bekannt gab, dass er wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Herrschaft der Taliban Afghanistan verlassen hätte. Zudem lassen sich die Angaben des Antragstellers auch zeitlich nicht in Einklang bringen, da der Antragsteller Afghanistan verließ als noch die Taliban und nicht die Mujaheddin an der Macht waren.
In einer Gesamtschau betrachtet gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem Denkgesetzten und den Erfahrungen des Lebens entsprechendem Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere auf Grund des Vorbringens des Antragstellers zu dem Schluss kommt, dass der maßgebende, von diesem behauptete und den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt, nicht den Tatsachen entspricht." Zum genauen Wortlaut des Bescheides siehe den Verwaltungsakt.
Mit am 20.1.2006 bei der Behörde eingebrachter Berufung wurde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid berufen. In dieser wurde neben einer abermaligen zusammenfassenden Darstellung der vorgetragenen Fluchtgründe des Berufungswerbers bestritten, dass die Angaben unglaubhaft seien. Der Berufungswerber hätte sein Vorbringen entsprechend seiner intellektuellen Fähigkeiten geschildert. Auf die im Bescheid klar und nachvollziehbar aufgezeigten Widersprüche geht die Berufung nicht ein. Zum genauen Wortlaut der Berufung siehe den Verwaltungsakt.
Im Verfahren vor dem Bundesasylamt wurden die in dem im Spruch bezeichneten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Berufungswerbers in das Verfahren als Beweismittel eingeführt.
Weiters wurden im Verfahren vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Asylgerichtshof folgende Beweismittel vorgelegt oder von Amts wegen beigeschafft:
Ein auf den Berufungswerber lautender afghanischer Reisepass samt Visum für Österreich vom 15.11.2004 bis zum 14.3.2005 und
der Botschaftsakt über den Asylantrag des Berufungswerbers in der österreichischen Botschaft in Teheran.
I.2. Feststellungen und Beweiswürdigung
Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die oben erwähnten Beweismittel und auf den gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof.
Die berufende Partei führt den Namen A.R., ist am 00.00.1988 geboren und afghanischer Staatsangehöriger.
Die Identität der berufenden Partei steht auf Grund eines vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokuments fest.
Im Herkunftsstaat kommt es zu keiner systematischen Verfolgung von Gruppen, denen der Berufungswerber angehört.
Dies ergibt sich aus den oben angeführten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei. Insoweit der Berufungswerber angegeben hat einer Gruppe anzugehören, die im Herkunftsstaat verfolgt wird oder werden soll, siehe iii..
Die berufende Partei hat eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung durch staatliche Organe oder durch Privatpersonen nicht glaubhaft gemacht.
Eine Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen hat der Berufungswerber vor dem Bundesasylamt zwar behauptet, jedoch hat das Bundesasylamt nach Durchführung eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens schlüssig dargestellt, warum den Angaben des Berufungswerbers nicht zu glauben war. Das Bundesasylamt hat die Widersprüche im Vorbringen und die Anpassung der Fluchtgeschichte an die jeweils aktuelle historische Realität - der Verfolger war immer zum Zeitpunkt der Einvernahme an der Macht befindliche Gruppe - im Herkunftsland des Berufungswerbers klar und in sich logisch dargestellt. Diesen Ausführungen ist der Berufungswerber in der Berufung nicht in geeigneter Weise entgegengetreten, vielmehr hat die Berufung auf die offenbar mangelnden intellektuellen Fähigkeiten des Berufungswerbers abgestellt, die aber - auch unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Berufungswerbers -nicht in der Lage sind, zu erklären, warum sich seine Vorbringen jeweils im Kern unterscheiden. Daher wird der zitierte Teil der Beweiswürdigung zum Gegenstand dieses Bescheides erhoben.
Eine andere Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen wurde weder behauptet noch ist eine solche hervorgekommen.
Daher ist keine Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft gemacht worden oder anders hervorgekommen.
II.
II.1.: Zur Berufung/Beschwerde gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides
Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Die berufende Partei konnte keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende Verfolgung glaubhaft machen. Eine solche ist auch nicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt.
Darüber hinaus gab es keine Familienangehörigen, bezüglich deren ein Familienverfahren zu führen war. Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.
II.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.