D5 255195-0/2008/7E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde des K.R., geb. 00.00.1985, StA. von Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2.11.2004, FZ. 03 09.378-BAT, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der (damals noch minderjährige) Beschwerdeführer, ein usbekischer Staatsangehöriger tatarischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste seinen Angaben zufolge am 22.3.2003 zusammen mit seiner Mutter (AIS Zl. 03 09.375) illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Am 25.3.2003 fand die Einvernahme der Mutter als gesetzliche Vertreterin des (damals noch minderjährigen) Beschwerdeführers statt. Am 22.8.2003 und am 22.12.2003 fanden die Einvernahmen des (mittlerweile volljährigen) Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt statt. Mit Bescheid vom 2.11.2004, Zahl: 03 09.378-BAT, wies das Bundesasylamt in Spruchteil
I. den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab und erklärte in Spruchteil II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 für zulässig. Gleichzeitig verfügte das Bundesasylamt in Spruchteil III. dieses Bescheides die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet". Nachdem dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 4.11.2004 zugestellt worden war, erhob er dagegen fristgerecht eine Beschwerde.
Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22.8.2003 beim Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer zu seinem Asylantrag im Wesentlichen Folgendes an:
Man habe ihn aus nationalen und religiösen Gründen verfolgt. Man habe ihn zusammengeschlagen. Er sei blond und sehe nicht wie ein ethnischer Usbeke aus. Man habe ihn wegen dieses Aussehens dauernd schikaniert. Man habe ihn auch dazu zwingen wollen, den islamischen Glauben anzunehmen, was er aber abgelehnt hätte.
Das alles hätte vor eineinhalb Jahren begonnen und wären dies die Landbewohner gewesen: Zuerst hätten sie normal mit ihm gesprochen und ihn zu Hause besucht, um ihn im Guten dazu zu überreden zum Islam überzutreten. Dann hätten sie ihn aber auf der Straße zusammengeschlagen. Meistens seien drei Leute gekommen, die ihn zum Glaubenswechsel bringen hätten wollen. Letztendlich hätte er schon Angst gehabt, auf die Straße zu gehen.
Einmal habe man ihm das Nasenbein und das Schlüsselbein gebrochen. Man habe ihm auch die Rippen gebrochen. Man habe ihm mit Keulen auf die Beine geschlagen.
Er könne sich nicht mehr genau daran erinnern, wann die einzelnen Vorfälle gewesen wären. Einmal hätte er auch eine Gehirnerschütterung gehabt. Er sei dauernd zusammengeschlagen worden.
Einmal habe er seinen Hund im Hof gelassen und hätten sie diesen einfach erstochen.
Diese Leute hätten seine Mutter immer nach ihm gefragt und dieser gesagt, dass sie unbedingt zum Islam übertreten müssten, ansonsten würde man ihnen die Kehlen durchschneiden. Man habe ihm auch mit Kastration gedroht.
Konkret befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er diese Sachen nicht zur Anzeige gebracht hätte, weil das keinen Sinn gehabt hätte. Es würden ja nur Usbeken bei der Polizei arbeiten. Seine Mutter und er hätten es einmal versucht, doch man habe sie nur ausgespottet. Man hätte die Anzeige gar nicht entgegengenommen.
Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22.12.2003 beim Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen noch einmal das Gleiche an. Auf den Vorhalt der Einvernehmenden in dieser Einvernahme, dass der usbekische Staat gegen islamistische Gruppierungen vorgehe, gab der Beschwerdeführer dazu an, dass ihm dies nicht bekannt sei; es würden islamistische Gruppen und Nationalisten existieren; wenn ihn der Staat vor diesen Leuten geschützt hätte, wäre er nicht aus Usbekistan weggegangen.
Im o.a. Bescheid vom 2.11.2004 stellte das Bundesasylamt zunächst als maßgebenden Sachverhalt fest:
Es werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei. In seinem Fall sei zum jetzigen Zeitpunkt kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 57 FrG festzustellen gewesen.
Auf S 8f traf das Bundesasylamt im o.a. Bescheid Länderfeststellungen zur innerpolitischen Lage Usbekistans.
Das Bundesasylamt führte sodann im o.a. Bescheid als Beweiswürdigung lediglich aus, dass die von dem Beschwerdeführer "getätigten Ausführungen zum Gegenstand dieses Bescheides erhoben" werden.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes führte das Bundesasylamt im o.a. Bescheid zu § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (= Spruchteil I.) insbesondere aus:
Der Beschwerdeführer habe im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme keinerlei Umstände anführen können, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er persönlich in seinem Heimatstaat bzw. dem Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes Verfolgungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, das heißt aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt wäre. Zu den von ihm ins Treffen geführten Übergriffen durch Islamisten sei anzuführen, dass aus diesen keinesfalls eine Verfolgung aus einem der obzitierten Gründe ableitbar sei, zumal Übergriffe durch Private die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen könnten. Wie auch bereits in den Länderfeststellungen genannt, gehe der usbekische Staat gegen islamische Fundamentalisten vor, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass eine Person, die Probleme mit Islamisten habe, keinen Schutz erhalten würde. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer grundsätzlich jeglicher Schutz vor Übergriffen islamischer Fundamentalisten versagt geblieben wäre.
Außerdem habe er die Personen, die ihn zusammengeschlagen hätten, nur mäßig beschreiben können, weshalb lediglich eine Anzeige gegen unbekannte Personen vorgelegen haben könne, nach welchen man allerdings auch in westlichen Demokratien nicht fahnden könne, was aber keinesfalls darauf hindeute, dass man nicht gewillt sei, Schutz zu bieten.
Das Bundesasylamt gelange daher zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung drohe und sei sein Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen gewesen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesasylamt betreffend die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (= Spruchteil II.) im Wesentlichen aus:
Das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 57 Abs. 2 FrG 1997 sei bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG sei es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildern würde und dass diese Gründe objektivierbar seien. Diese Voraussetzung sei jedoch im Falle des Beschwerdeführers nach Ansicht des Bundesasylamtes keinesfalls gegeben. Er habe nämlich vorgebracht, er befürchte Verfolgung durch Privatpersonen. Eine Gefährdung seiner Person im Sinne des § 57 FrG sei daher keinesfalls gegeben.
Gegen diesen o.a. Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 18.11.2004 fristgerecht eine Beschwerde, in der er eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte, dies aber nicht individuell begründete.
Er stelle daher folgende Anträge,
den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - bezüglich des Spruchpunktes I. zu beheben
ihm in Österreich Asyl zu gewähren,
festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 8 AsylG nach Usbekistan unzulässig sei.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der Beschwerdeführer hat in seinem Asylantrag im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
Man habe ihn aus nationalen und religiösen Gründen verfolgt. Man habe ihn zusammengeschlagen. Er - ein Tatare orthodoxen Glaubens - sehe nicht wie ein ethnischer Usbeke aus. Man habe ihn deswegen dauernd schikaniert. Man habe ihn auch dazu zwingen wollen, den islamischen Glauben anzunehmen, was er aber abgelehnt hätte. Dann hätten die islamischen Landbewohner ihn auf der Straße zusammengeschlagen. Meistens seien drei Leute gekommen, die ihn zum Glaubenswechsel bringen hätten wollen. Letztendlich hätte er schon Angst gehabt, auf die Straße zu gehen. Einmal habe man ihm das Nasenbein und das Schlüsselbein gebrochen. Man habe ihm auch die Rippen gebrochen. Man habe ihm mit Keulen auf die Beine geschlagen. Er könne sich nicht mehr genau daran erinnern, wann die einzelnen Vorfälle gewesen wären. Einmal hätte er auch eine Gehirnerschütterung gehabt. Er sei dauernd zusammengeschlagen worden. Deshalb habe er in der Folge mit seiner Mutter Usbekistan verlassen müssen.
Dem Bundesasylamt ist anzulasten, dass es sich in der Begründung des o. a. Bescheides, ausgehend von der bloßen (beweiswürdigenden) Feststellung, dass die getätigten Ausführungen des Beschwerdeführers "zum Gegenstand dieses Bescheides" erhoben werden, nicht ordnungsgemäß mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat, und zwar aus folgenden Gründen:
1.1. Da seitens des Beschwerdeführers im Rahmen der zwei niederschriftlichen Einvernahmen im Wesentlichen jeweils gleichlautend von den Vorkommnissen in seinem Herkunftsstaat erzählt wurde, sich seine Aussagen und jene seiner Mutter hinsichtlich der fluchtauslösenden Ereignisse decken und beide ihre "Fluchtgeschichte" mit eigenen Erlebniswahrnehmungen geschildert haben, erscheint für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes die Vorgangsweise des Bundesasylamtes nicht nachvollziehbar, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht auseinanderzusetzen, sondern lediglich durch die Verwendung allgemein gehaltener Textbausteine die Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit eines Vorbringens anzuführen und daran anschließend in nur einem Satz festzuhalten, dass die getätigten Ausführungen "zum Gegenstand dieses Bescheides erhoben" werden.
1.2. Weiters mangelt es dem o.a. Bescheid an aktuellen Länderfeststellungen zum konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers. Das Bundesasylamt hat keine einzige Quelle bzw. keinen einzigen aktuellen Länderbericht zum Vorbringen des Beschwerdeführers, einerseits zur Situation der tatarischen Minderheit sowie der orthodoxen Religionsgemeinschaft und andererseits zur daraus resultierenden Situation für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat, herangezogen bzw. entsprechende Feststellungen getroffen, die der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt werden hätten können. Wenn das Bundesasylamt in der rechtlichen Würdigung des o.a. Bescheides ausführt, dass die vom Beschwerdeführer dargestellten Übergriffe seitens islamischer Fundamentalisten nicht asylrelevant seien, sondern es sich um "Übergriffe durch Private" handeln würde und dass von einer Billigung derartiger Übergriffe durch den usbekischen Staat nicht ausgegangen werden könnte, hält der zuständige Senat des Asylgerichtshofes dem entgegen, dass derartige Argumentationen bzw. Begründungen nur auf der Basis von (zuvor getroffenen) konkreten Länderfeststellungen zur Situation der Tataren und der orthodoxen Religionszugehörigen in schlüssiger Weise möglich sind.
In dem Ermittlungsverfahren des Bundesasylamtes wurde in diesem Zusammenhang weiters nicht geprüft, ob sich der Beschwerdeführer und seine Familie vor etwaigen weiteren Übergriffen der islamischen Fundamentalisten unter staatlichen Schutz hätte stellen können.
Ohne notwendiger Befassung mit entsprechendem Länderdokumentationsmaterial zur Situation des Beschwerdeführers bei einer etwaigen Rückkehr, war es dem Bundesasylamt aber auch verwehrt, die Frage zu beurteilen, ob die zu erwartenden Übergriffe seitens der Islamisten asylrelevant sein könnten oder eben nicht.
Die auf das mangelhafte Ermittlungsverfahren gestützten - oben bereits genannten - Begründungen des Bundesasylamtes für die Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers stellen daher schwere Mängel im o.a. Bescheid dar.
1.3. Angesichts obiger Erwägungen ist als maßgebend festzuhalten, dass im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren vor dem Bundesasylamt schwere Mängel aufgetreten sind, die von fehlenden Ermittlungen bis zu mangelhaften Begründungen im erstinstanzlichen Bescheid reichen.
1.4. Im weiterzuführenden Verfahren wird das Bundesasylamt folglich das Vorbringen des Beschwerdeführers eingehend und umfassend zu würdigen haben, wobei eine abschließende Beurteilung der Angaben des Beschwerdeführers auf deren Asylrelevanz nur im Zusammenhang mit aktuellen und umfassenden Länderfeststellungen zur Situation des Beschwerdeführers und der Prüfung erfolgen kann, ob hinsichtlich etwaiger weiterer Übergriffe der islamischen Fundamentalisten die Schutzwilligkeit bzw. -fähigkeit des Herkunftsstaates gegeben wäre.
2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1.7.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren nach leg. cit. gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes (D/5) weiterzuführen.
2.2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden.
(...)
Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. März 2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' iSd § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084).
Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt: "Einem zurückweisenden Bescheid iSd § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis vom 20.4.2006, Zl. 2003/01/0285)."
Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.6.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof.
2.4. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt.
Die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft mit dem Hinweis auf die fehlende Asylrelevanz des Beschwerdeführers könnte im gegenständlichen Fall nach Ansicht des zuständigen Senates des Asylgerichtshofes nur dann das maßgebende Ergebnis einer Prüfung sein, wenn dem Beschwerdeführer damit entgegengetreten werden könnte, dass nach vollständiger Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere zur Situation von Tataren und orthodoxen Religionszugehörigen bei Übergriffen islamischer Fundamentalisten - keine Umstände zu Tage treten, die auf eine Gefährdung iSd GFK schließen lassen. Nur in dieser Form hätte das Bundesasylamt im gegenständlichen Fall eine abschließende (negative) Glaubwürdigkeitsprüfung in schlüssiger Weise vornehmen können.
Das Bundesasylamt hat es unterlassen, "brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen" (VwGH v. 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084; vgl. auch VwGH v. 30.9.2004, Zl. 2001/20/0135), die eine verlässliche Beurteilung ermöglichen würden, ob dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Usbekistan asylrelevante Verfolgung droht.
Hinsichtlich der gebotenen Ermittlungen zur Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.4.2001, Zl. 99/20/0301, ausgeführt, dass zur Abgrenzung einer konkreten, von einem Asylwerber vorgebrachten Fluchtgeschichte zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat eine - je nach Fall unterschiedliche detaillierte - Ermittlung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat notwendig sei. Darüber hinaus erweise sich die Ermittlung dieser Situation auch im Bereich der Feststellung nach § 8 AsylG als unentbehrlich, stelle sie doch den Hintergrund für die Beurteilung der Zulässigkeit einer der dort genannten Rückbringungsmaßnahmen dar (ibid).
Aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens fehlt eine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Da für die Lösung der Frage, ob der Beschwerdeführer der Gefahr einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt ist, die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens notwendig ist, hätte es im konkreten Fall jedenfalls weitergehender Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers bedurft.
Folglich ist das Ermittlungsverfahren betreffend die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers mangelhaft geblieben und erweisen sich auch die darauf gestützten Begründungen im o.a. Bescheid als mangelhaft. Die aufgezeigten Mängel sind wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vermeidung der Mängel zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte führen können.
Fest steht, dass das Bundesasylamt den Sachverhalt im gegenständlichen Fall so mangelhaft ermittelt hat, dass die Durchführung oder Wiederholung einer Einvernahme unvermeidlich erscheint.
Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes ist der Ansicht, dass die schweren Mängel vom Bundesasylamt zu sanieren sind, da im gegenteiligen Fall der Großteil des Ermittlungsverfahrens vor dem Asylgerichtshof als gerichtliche Beschwerdeinstanz verlagert würde und somit - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - der zweiinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen würde.
Aus den dargelegten Gründen ist gemäß § 66 Abs. 2 AVG der o.a. Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.