B7 312.091-2/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Beisitzerin über die Beschwerde des H.A., geb.00.00.1981, StA. Republik Kosovo, vom 01.09.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2008, Zl. 08 00.264-BAE, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde von H.A. wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird H.A. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo nicht zuerkannt.
III. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wird H.A. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Beschwerdeführer brachte vor, Staatsangehöriger von Serbien und Angehöriger der albanischen Volksgruppe aus der vormaligen Provinz Kosovo (nunmehr Republik Kosovo) zu sein, den im Spruch angeführten Namen zu führen und am 03.01.2008 (neuerlich) illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Er stellte am 07.01.2008 in Österreich einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 19.02.2008 eingebracht wurde.
Bereits am 24.01.2007 hatte der Beschwerdeführer in Österreich einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.04.2007, AZ. 07 00.879 BAL, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); weiters wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Republik Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Serbien, Republik Kosovo gemäß § 10 Abs. 1 Z2 AsylG 2005 ausgesprochen (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers über den Fluchtgrund - die Familie und der Beschwerdeführer selbst würden wegen der Zusammenarbeit des Vaters während des Krieges mit den Serben von zwei Maskierten, welche den Vater bereits im Sommer 1999 mit Eisenstangen geschlagen hätten, nach Rückkehr der Familie aus Albanien bzw. der Haftentlassung eines der beiden Täter im Dezember 2006 neuerlich mit der Ermordung bedroht, wobei das Geld zunächst nur für die Flucht des Beschwerdeführers gereicht habe - sei als unglaubwürdig zu beurteilen und ferner von der Schutzfähigkeit und -willigkeit der Sicherheitsbehörden im Kosovo auszugehen. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.05.2007, Zl. 312.091-1/2E-XVIII/58/07, zugestellt am 28.06.2007, wurde der Berufung gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben; dieses erste Asylverfahren ist daher rechtskräftig negativ abgeschlossen.
Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG 2005 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, konkret das Stadtpolizeikommando Eisenstadt, am 07.01.2008 auf Grund der neuerlichen Antragstellung gab der Beschwerdeführer, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, sein Vater habe im Jahr 1999 mit den Serben zusammen gearbeitet und sei von zwei Unbekannten als Spion bezeichnet und ebenso wie die gesamte Familie mit der Ermordung bedroht worden, worauf die Familie und der Beschwerdeführer nach Albanien geflohen und erst im Dezember 2005 wieder zurückgekehrt seien. Der Beschwerdeführer sei im Jänner 2007 nach Österreich geflohen und sodann im Juli oder September wieder in den Kosovo zurückgekehrt, wo er vor ca. zweieinhalb Monaten von einem Unbekannten mit einem Messer am Rücken verletzt worden und daher erneut nach Österreich geflohen sei.
Am 19.02.2008, 10.04.2008, 28.04.2008 sowie am 23.07.2008 erfolgten erstinstanzliche Einvernahmen vor dem Bundesasylamt jeweils im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der albanischer Sprache; diese Einvernahmen gestalteten sich im Wesentlichen wie folgt:
Einvernahme am 19.02.2008:
"F: Haben Sie für das gegenständliche Verfahren einen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten?
A: Nein.
F: Entsprechen die Angaben die Sie bisher in Österreich gemacht haben alle der Wahrheit?
A: Ja.
F: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung vor dem Stadtpolizeikommando Eisenstadt am 07.01.2008 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemacht haben richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?
A: Ja.
F: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben, insbesondere zu Ihrer Person oder vorgelegten Dokumenten und den Angaben bezüglich Ihres Fluchtweges oder Fluchtgrundes etwas berichtigen?
A: Nein.
Ich bin serbischer Staatsangehöriger, Provinz Kosovo und gehöre der moslemischen Religionsgemeinschaft an und bin Angehöriger der Volksgruppe der Albaner.
F: Haben Sie jemals einen Reisepass besessen oder beantragt?
A: Ja. Der Reisepass ist im Kosovo.
F: Wann wurde er ausgestellt?
A: In F. ca. im Jahr 2003.
F: Verfügen Sie über weitere Dokumente oder können Sie solche beschaffen?
A: Ich habe einen Führerschein bei mir.
F: Haben Sie Österreich verlassen, nachdem Ihr erstes Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde?
A: Ja.
F: Wann?
A: Vor ca. 6 Monaten.
F: Wie?
A: Mit Hilfe eines Schleppers. Ich habe Euro 500 bezahlt.
F: Wie genau erfolgte die Ausreise?
A: Mit einem Kombi. 2 Mal musste ich zu Fuß über die Grenzkontrolle gehen.
F: woher hatten Sie Euro 500?
A: Ich habe hier bei einer Österreicherin privat gearbeitet. Ich habe eine Garage gebaut.
F: Wo?
A: In Mödling. Genauer kann ich es nicht sagen.
F: Wie groß war die Garage?
A: 5 mal 4 Meter. Ich habe die Garage gemauert. Mit Ziegel.
F: Welche Ziegel?
A: Weiße Ziegel.
F. Was meinen Sie damit? Wie heißen die Ziegel genau?
A: Ziegel eben.
F: Welches Format?
A: Ich weiß es nicht.
F: Wo genau war die Baustelle?
A: Ich weiß die Adresse nicht.
F: Haben sie dort alleine gearbeitet?
A: Ja.
F: Wie sind sie dort hingekommen?
A; Ich wurde von der Frau abgeholt, in Wiener Neustadt. Den Namen der Frau weiß ich nicht.
F: Mit welchem Auto wurden Sie abgeholt?
A: Ich weiß es nicht.
F: Wie lange sind Sie gefahren?
A: Ca. eine halbe Stunde.
F: Wie oft waren sie dort?
A: Ungefähr 12 Tage.
F: Was haben sie für einen Mörtel verwendet?
A: Sand mit Zement.
F: Wie haben sie gemischt?
A: Mit einer Mischmaschine.
F: Welches Verhältnis?
A: 3 mit eins.
F: Haben Sie die Garage auch verputzt?
A: Nein.
F: Wie haben Sie Kontakt mit der Frau aufgenommen?
A: Wir haben uns zufällig in einem Kaffeehaus in Wiener Neustadt getroffen. Sie saß am Nebentisch und hat mich angesprochen, ob ich eine Garage machen kann.
F: Welchen Beruf haben sie gelernt?
A: Ich habe ein eigenes Lokal gehabt.
F: Haben Sie je als Maurer gearbeitet?
A: Zu Hause habe ich auch am Bau mit meinem Vater gearbeitet. Wir haben auch unser Haus selber gebaut.
F: Wo leben Ihre Eltern derzeit?
A: In Albanien. Seit 1999 bis 2005 war meine Familie in Albanien. Von 2005 bis Dezember 2006 waren wir im Kosovo. Dann sind wir wieder nach Albanien. Vor 6 Monaten bis zu meiner Ausreise waren wir alle gemeinsam im Kosovo. Meine Familie ist wieder nach Albanien gefahren.
F: Haben Sie irgendwelche Beweismittel, dass sie nun im Kosovo wieder aufhältig waren?
A: Ich habe ein Fax, das ich am 12.10.2007 in P. im Krankenhaus wegen einer Stichverletzung war.
F: Warum haben Sie die Bestätigung faxen lassen? Warum haben Sie die Bestätigung nicht mitgenommen?
A: Der Schlepper hat gesagt, ich dürfe nichts mitnehmen.
F: Wann genau wurden Sie verletzt?
A: Am 08.10.2007. Ich war 4 Tage im Krankenhaus. Im Unfallkrankenhaus in P.
F: Haben Sie Anzeige erstattet?
A: Das Spital hat Anzeige erstattet. Von der Polizei wurde ich ganz wenig befragt.
F: Haben Sie eine Anzeigebestätigung?
A: Nein.
F: Woher haben Sie die Bestätigung des Spitals?
A: Vom Spital.
F: Wer hat sie gefaxt?
A: Mein Nachbar im Kosovo hat sie gefaxt.
F: Wie haben Sie Ihren Nachbarn erreicht?
A: Ich habe ihn angerufen.
F: Welche Nummer?
A: Ich weiß die Nummer. Ich habe einen Zettel in der Haft. Diesen Zettel habe ich aus meiner Heimat mitgebracht. Ich hatte den Zettel in meiner Hose.
F: Über welchen Staat reisten Sie nun bei Ihrer neuerlichen Einreise in das EU-Gebiet ein?
A: Ich weiß es nicht. Ich bin in F. in einen geschlossenen Kombi eingestiegen. Wir mussten 2 Mal zu Fuß durch einen Wald gegangen. Eine und eineinhalb Stunden.
F: Wo haben Sie sich während der Fahrt nach Österreich im Fahrzeug aufgehalten?
A: Ich war hinten versteckt.
F: Haben Sie auf der Fahrt nach Österreich Grenzkontrollen wahrgenommen?
A: Nein.
F: Wann genau haben Sie Ihre Heimat verlassen?
A: Am 03.01.2008.
F: Wann hat Ihre Familie die Heimat verlassen?
A: Am selben Tag.
F: Warum sind sie nicht mit Ihrer Familie nach Albanien gereist?
A: Wo Sie in Albanien wohnen, ist nicht genug Platz beim Freund meines Vaters.
F: Wann genau sind Sie in Österreich angekommen?
A: Am 05.01.2008 in Wiener Neustadt.
F: Wo haben Sie dort gewohnt?
A: In einer Nebengasse vom Hauptplatz. Dort habe ich eine gemietete Wohnung.
F: Wer wohnt dort noch?
A: Dort habe ich mit anderen Asylwerbern gewohnt. Ich hatte noch einen Schlüssel. Ich habe 130 Euro pro Monat bezahlt.
F: Wann haben Sie zuletzt bezahlt?
A: Nach dem 2. Negativ.
F: Trotzdem durften sie nun wieder dort wohnen?
A: Ich hatte kein Schlüssel mehr. Gegen 16:00 kam ich in Wiener Neustadt an. Ich ging dort spazieren. Ich konnte dort nicht mehr in die Wohnung. Ich habe einen Freund angerufen und wir wollten in Eisenstadt in eine Disco gehen. In Eisenstadt wurden wir von der Polizei angehalten und ich wurde festgenommen.
F: Warum wollten Sie in Eisenstadt in eine Disco gehen, wo sie doch um Asyl ansuchen wollten?
A: Ich wollte nur ein Getränk und dann nach Traiskirchen fahren. Mein Freund hat mir gesagt, wir gehen zuerst was trinken und dann fahren wir nach Traiskirchen.
F: Was können Sie über die Reiseroute innerhalb Österreichs angeben?
A: Ich weiß nichts Genaues.
F: Haben Sie je bei einer Vertretungsbehörde eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ein Visum oder einen Aufenthaltstitel beantragt oder erhalten?
A: Nein.
F: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?
A: Nein.
F: Wurden Sie in einem anderen Land von den Behörden angehalten und untergebracht?
A: Nein.
F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
A: Nein.
F: Sind Sie vorbestraft?
A: Nein.
F: Wurden Sie jemals von den Behörden in Ihrem Herkunftsland erkennungsdienstlich behandelt?
A: Ja. Bei der Ausstellung meines Führerscheins.
F: Waren Sie jemals im Gefängnis?
A: Nein.
F: Gehörten Sie jemals selbst einer politischen Partei an?
A: Nein.
F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit Ihren heimatstaatlichen Behörden bzw. werden Sie von Ihren heimatstaatlichen Behörden - etwa Polizei, Militär oder sonstigen Behörden - offiziell in Ihrem Herkunftsland gesucht, besteht ein Haftbefehl gegen Sie?
A: Nein.
F: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten Gruppierung an?
A: Nein.
F: Welche Ausbildung haben Sie?
A: Ich habe 8 Jahre Grundschule.
F: Wann haben Sie wo in welcher Funktion gearbeitet?
A: Ich habe als Kellner gearbeitet. Ich hatte in F. ein eigenes Lokal. Namens B.. Ich habe das Lokal gemietet. Ich habe jetzt nach meiner Rückkehr wieder ca. 3 Monate als Kellner dort gearbeitet. Es ist im Zentrum von F.
F: Was es Ihnen möglich mit dem Verdienst dieser Anstellung in Ihrem Herkunftsland ausreichend Ihren Lebensunterhalt zu finanzieren?
A: Ja.
F: Sie haben bereits im Zuge der Erstbefragung angegeben, weswegen Sie Ihr Herkunftsland verlassen haben. Möchten Sie nun weitere Gründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?
A: In der Nacht war ich nach Hause unterwegs. Ich wurde von maskierten Männern bedroht. Ich wurde von den Männern niedergestochen. Sie haben mir gesagt, meine Familie ist daran schuld. Jemand ist zufällig vorbeigekommen und die haben mich nach F. ins Spital gebracht, von dort wurde ich nach P. gebracht. Dies war am 08.10.2007.
F: Waren danach weitere Vorfälle?
A: Nein.
F: Warum haben Sie dann erst im Jänner 2008 das Land verlassen?
A: Ich hatte kein Geld. Ich konnte das Land nicht verlassen. Meine Brüder in Russland haben mir das Geld im Jänner geschickt.
F: Wurden sie nach dem Angriff bedroht?
A: Nein. Ich habe mich nach dem Vorfall versteckt. Ich bin nicht mehr aus dem Haus gegangen.
F: Haben Sie Beweismittel, welche Sie ins Verfahren einbringen möchten?
A: Ich habe die Bestätigung, dass ich am 12.10.2007 im Spital behandelt wurde. Weiters habe ich eine Stichverletzung am Rücken. (Anmerkung: Der Asylwerber zeigt die Verletzung. Es handelt sich um eine ca. 3 cm lange Narbe, die leicht gerötet ist.)
F: Haben Sie sonst Probleme, außer den geschilderten, in Ihrem Herkunftsland?
A: Nur die ersten Verfahren genannten Gründe.
F: Was hätten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Herkunftsland zu befürchten?
A: Mein Leben ist in Gefahr und ich wurde bedroht.
F: Haben Sie alles angegeben?
A: Ja."
Einvernahme am 10.04.2008:
"F: Sind Ihre Angaben zum Reiseweg (Anmerkung: Dem Asylwerber werden die Angaben zum Reiseweg vom Einvernahmeleiter im Wesentlichen wiedergegeben.), die Sie anlässlich der vorangegangenen Einvernahmen machten, vollständig und wahrheitsgemäß?
A: Ja.
F: Reisten Sie legal oder illegal in Österreich ein?
A: Ich reiste illegal in Österreich ein.
F: Haben Sie sich zwischenzeitlich Dokumente besorgt?
A: Nein.
F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?
A: Ich besaß einen Reisepass. Der UNMIK-Reisepass befindet sich in der Republik Kosovo.
F: Haben Sie in Österreich eine besondere private Bindung beziehungsweise besteht ein Familienleben in Österreich?
A: Nein.
F: Sind Sie in der Republik Kosovo vorbestraft?
A: Nein.
F: Wie war Ihre wirtschaftliche Situation in der Republik Kosovo?
A: Ich arbeitete als Kellner.
F: Erteilten Sie jemanden eine Vollmacht (Vollmacht betreffend der Vertretung im Asylverfahren oder Zustellvollmacht)?
A: Nein.
F: Leiden Sie an einer Krankheit oder nehmen Sie derzeit Medikamente?
A: Ja. Ich fühle mich sehr schwach. Es wäre mir lieber, dass die Einvernahme heute nicht weitergeführt wird.
F: Haben Sie bezüglich des Reiseweges sonst noch etwas anzugeben?
A: Nein.
Anmerkung: Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes wird dem Antragsteller mitgeteilt, dass die heutige Einvernahme unterbrochen wird. Der neue Ladungstermin ist der 28.04.2008."
Einvernahme am 28.04.2008:
"Im Jahre 1999 war es so, dass mein Vater mit den Serben zusammengearbeitet hat. Als er von einem Lokal unterwegs nach Hause war, wurde er von zwei maskierten Personen angehalten und mit Eisenstangen geschlagen. Diese beiden sagten zu meinem Vater, dass sie ihn umbringen werden, weil er ein Spion sei. Die Maskierten sagten, dass sie der UCK angehören. Mein Vater kam nach Hause. Er war blutüberströmt und sagte, dass wir unverzüglich das Land verlassen müssen, weil wir bedroht sind. Eine Woche später gingen wir nach Albanien. Zwei meiner Brüder gingen nach Russland. Mein Vater hatte damals Glück, dass ihm nicht mehr zugestoßen ist, weil zwei Passanten zufällig vorbeigekommen waren. Von 1999 bis 2005 waren wir in Albanien (Ortschaft: Durres) bei einem Freund meines Vaters aufhältig. Im Jahre 2005 hörte mein Vater, dass die beiden Maskierten im Gefängnis sind. Danach entschieden wir uns für eine Rückkehr in den Kosovo. Wir lebten dort ganz normal bis Dezember 2006. Einer der Maskierten schickte andere Personen, die sich erkundigt haben, wo sich meine Familienmitglieder aufhalten. Die damaligen Angreifer meines Vaters wollten uns alle umbringen. Im Dezember 2006 entschloss ich mich zur Abreise. Ich wurde im Jänner 2007 nach Österreich geschleppt und stellte den ersten Asylantrag. Gleichzeitig zog meine Familie wieder nach Albanien. Nach etwa sechs Monaten war mein Asylverfahren in Österreich aus. Ich entschloss mich zur Rückkehr und tat dies auf illegalem Weg. Nach der Rückkehr konnte ich zwei oder drei Monate normal leben. Meine Familie kehrte auch aus Albanien zurück. Um den 15.10.2007, als ich am Abend aus der Stadt unterwegs nach Hause war, wurde ich von drei Maskierten angehalten. Sie wollten mich umbringen (Wir werden deine ganze Familie verschwinden lassen!). Alle waren mit Messern bewaffnet. Einer verletzte mich mit dem Messer auf dem Rücken. Ich rannte weg. Weit kam ich aber nicht, weil ich ohnmächtig wurde. Das Glück war aber auf meiner Seite. Zum Tatort kamen Passanten, weshalb die Maskierten von mir abgelassen haben. Die Passanten riefen im Krankenhaus in F. an. Das Krankenhaus in F. rief im Krankenhaus in P. an, wohin ich dann gebracht wurde. Im Krankenhaus in P. lag ich etwa fünf Tage. Ich wurde operiert. Die Wunde wurde genäht. Ferner war es so, dass das Krankenhaus die Polizei verständigt hat. Die Polizisten kamen zu mir ins Krankenhaus und erkundigten sich nach meinen Personaldaten. Sonst wurde ich von diesen nichts befragt. Die Täter wurden, so viel ich weiß, nicht ausgeforscht. Nach der Entlassung aus dem Spital begab ich mich nach Hause. Ich wohnte in der Stadt F. Wir haben ein Haus. Ich verließ kaum das Haus bis zur Ausreise.
F: Wie oft wurden Sie ab Mitte/Ende 2007 von den Maskierten bedroht?
A: Es gab nur den einen Vorfall, den ich zuvor geschildert habe.
F: Was machte Ihr Vater im Jahre 1999, oder vorher, für die Serben?
A: So weit ich weiß, hat er nichts Schlimmes gemacht. Er arbeitete mit den Serben und der serbischen Polizei zusammen und wurde deshalb von den Albanern gehasst.
F: Worin bestand die Tätigkeit Ihres Vaters für die Serben?
A: So viel ich weiß hat er nichts Schlimmes gemacht. Dennoch wurde er von den Albanern als Spion bezeichnet.
F: Haben Sie nie mit Ihrem Vater über dessen Tätigkeit für die Serben gesprochen, zumal Ihre Familie deshalb über Jahre hinweg bedroht wurde?
A: Ich konnte nicht mit meinem Vater darüber sprechen.
F: Weshalb konnten Sie nicht mit Ihrem Vater darüber sprechen?
A: Ich fand, dass das für mich zu schwierig war.
F: Können Sie das begründen?
A: Nein.
F: Haben Sie auch für die Serben gearbeitet?
A: Nein. Nur mein Vater.
F: Kennen Sie jene Maskierten, die Ihren Vater angegriffen haben?
A: Diese tragen die Spitznamen TOP und SHAOLIN.
F: Kennen Sie jene Maskierten, von denen Sie angegriffen wurden?
A: Nein.
F: Befinden sich in der Nähe des Hauses öffentliche Einrichtungen?
A: Dort stehen eigentlich nur Häuser. Zehn Minuten entfernt steht eine Moschee. Fünf Minuten entfernt steht eine Schule (G.).
F: War das der Grund der Asylantragstellung?
A: Ja.
F: Wollen Sie Ihre Angaben näher ausführen?
A: Nein.
F: Waren Sie in der Republik Kosovo jemals in Haft oder wurden Sie jemals festgenommen?
A: Nein.
F: Hatten Sie in der Republik Kosovo jemals Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?
A: Nein.
F: Wurden Sie in der Republik Kosovo jemals aus religiösen Gründen verfolgt?
A: Nein.
F: Sind Sie Mitglied einer politischen Partei?
A: Nein.
F: Wurden Sie in der Republik Kosovo jemals wegen Ihrer politischen Überzeugung verfolgt?
A: Nein.
F: Was befürchten Sie, im Falle der Rückkehr in der Republik Kosovo erleiden zu müssen?
A: Mein Leben wäre in Gefahr. Die Maskierten werden mich umbringen, weil mein Vater mit den Serben zusammengearbeitet hat. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich die Republik Kosovo nicht verlassen.
F: Haben Sie betreffend des Vorfalles Anzeige bei der KPS, UNMIK-Polizei oder der KFOR erstattet?
A: Nein. Die Polizei hatte aber Kenntnis über meinen Vorfall.
F: Wo befindet sich Ihre Familie jetzt?
A: Momentan befinden sie sich wieder in Albanien.
F: Bestehen Einwände, dass Ihre Angaben allenfalls über die Österreichische Botschaft überprüft werden und Ihre Identität dabei auch der Vertrauensanwalt oder der österreichische Polizeiattache in Kosovo einsieht?
A: Nein. Es bestehen keine Einwände.
F: Brachten Sie alle Gründe, auf die sich Ihr Asylantrag stützt, vor?
A: Ja."
Im Anschluss an diese Einvernahme wurde seitens des Bundesasylamtes eine Anfrage im Wege der Staatendokumentation an den Verbindungsbeamten im Kosovo gerichtet, deren Ergebnis im Bericht vom 03.07.2008 dargestellt wurde (Wiedergabe durch den Asylgerichtshof anonymisiert):
"1. Kann erhoben werden, ob der Vater des Antragstellers tatsächlich 1999 für die Serben gearbeitet und daher als Spion betrachtet wurde/wird?
2. Kann erhoben werden, ob der Antragsteller von Unbekannten mit einem Messer attackiert wurde, weil sein Vater ein Kollaborateur war?
3. Es wird eine aktuelle Beurteilung der Situation für ethnische Albaner, denen eine Zusammenarbeit mit den Serben vorgeworfen wird, benötigt (+ Schutzfähigkeit der Polizei).
Antwortschreiben vom 03.07.2008, Zahl: 159/08:
Am 01.07.2008 wurden die Erhebungen vor Ort in F. durchgeführt. Die Auffindung der Familie hatte einen enormen Zeitaufwand zur Folge und war dann nur durch einen glücklichen Zufall (Erhalt der Telefonnummer) möglich. Aus Übersichtsgründen die Basisdaten für die Familie:
I. Familie H. - Tel.: +++++++++: Vater: R. (XX.XX.19XX geboren).
Mutter: M. (XX.XX.19XX geboren, Mädchenname: G. aus V.; L.) mit folgenden Kindern: 1. S. (19XX geboren, verheiratet, 2 Kinder,
Kasachstan aufhältig, Ehefrau: X. B. aus G. (F.)). 2. A. (19XX geboren, verheiratet, 2 Kinder, K. aufhältig, Ehefrau: I. S. aus T.), 3. A. (XX.XX.19XX geboren, Asylwerber in Österreich). 4. N. XX.XX.19XX geboren, verheiratet, 1 Kind, Elternhaus wohnhaft,
Ehefrau: M. B. aus R. (F.)).
II. Wirtschaftliche Verhältnisse: Die Familie bewohnt einen Neubau in Eigentum am Stadtrand von F, es gibt für diesen Straßenzug noch keinen offiziellen Namen. Die angegebene Adresse "R" existiert nur in der Umgangssprache (hier dafür für drei verschiedene Straßen). Die beiden Brüder - S. und A. - arbeiten für den aus dem Kosovo stammenden Unternehmer und Politiker P. in K. (mit entsprechenden Verdienstmöglichkeiten). Ein Bruder - N. - arbeitet seit ca. einem Monat in einer Imbissstube. Der Vater arbeitete ca. 20 Jahre (bis 1993 die Firma G. in Mazedonien, ist jetzt laut eigenen Angaben herzkrank (Herzinfarkt Jänner 2007) und hat noch keinen Pensionsanspruch.
III. Auskunftspersonen und Gesprächsatmosphäre: Da wir fernmündlich Kontakt mit der Familie aufnahmen, verblieb auch für diese entsprechende Vorbereitungszeit. Ein Bruder
- N. - lotste uns zur Wohnadresse. Anwesend waren die Eltern und Bruder N., die restlichen Frauen hielten sich in einem Nebenraum auf und wohnten der Befragung bei. Ich hatte mich ausgewiesen und auf die Freiwilligkeit sowie den Grund der Befragung verwiesen. Wir wurden in das Haus gebeten und im Wohnzimmer wurde Fruchtsaft serviert. Es herrschte eine normale Atmosphäre.
IV. Hintergrundinformation A.: XX.XX.19XX geboren, 8 Jahre
Grundschule in F., 4 Jahre Gymnasium in F., April 1999: Flucht nach Albanien (während des bewaffneten Konflikts), Anschließende Zeit siehe Beantwortung der Detailfragen, Arbeit in einer Imbissstube in
F., November 2006: Aufenthalt in Österreich, Dezember 2007: Rückkehr in den Kosovo, Jänner 2008: Ausreise nach Österreich. Gegenwärtiger
Aufenthalt: ca. 10 km von Wien entfernt. Telefon: + ++++++.
V. Zu den Fragen im Detail:
1. Arbeit des Vaters für Serben: Der Vater arbeitete für eine Firma
G. in Mazedonien, diese Arbeit beendete er 1993. Anschließend führte er Gelegenheitsarbeiten, darunter lt. seinen Angaben auch in serbischen Häusern durch. Daraus den Vorwurf einer Kollaboration ableiten zu wollen, ist logisch nicht nachvollziehbar.
2. Attacke mit Messer durch Unbekannte: Trotz einer möglichen Absprache zwischen Asylwerber und Familie ergaben sich einige logisch nicht nachvollziehbare Fakten. Seitens der Familie wurde der Vorfall wie folgt geschildert: A. wäre während des Tages auf dem Nachhauseweg gewesen, als er von einer Gruppe von maskierten Unbekannten attackiert worden wäre. Der Vorfall habe sich in der Nähe des Wohnhauses der Familie ereignet und wäre im Dezember 2007 gewesen, unmittelbar danach hätte A. aus Sicherheitsgründen den Kosovo verlassen.
Widersprüche und Lage des Elternhauses: Dieses befindet sich am Stadtrand, wobei die nicht asphaltierte Straße auf beiden Seiten durchgehend von Wohnhäusern gesäumt wird. Ein Vorfall der geschilderten Art zur Tageszeit hätte mit Sicherheit entsprechendes Aufsehen und Reaktionen hervorgerufen. Der Vater gab dann an, von diesem Vorfall überhaupt nichts gewusst zu haben, auch nicht dass sein Sohn dann fünf Tage im Krankenhaus in P. aufhältig gewesen wäre. Die Familie gab an, A. wäre im Dezember 2007 nach Hause gekommen und der Vorfall hätte sich im Dezember 2007 ereignet, A. selbst gab den 15.10.2007 als Tatzeit an, laut Bestätigung war es der 12.10.2007.
Folgende Bestätigung wurde vorgewiesen: Ausstellungsdatum:
Universitätsklinik P. vom 12.10.2007 Dr. A. mit der Diagnose: ST. POST VULNUS SCISSUM REG LUMBOL. E DORSI. Die Familie gab an, A. habe bei diesem Vorfall eine Stichverletzung an der linken Schulter erlitten. In der Bestätigung scheint die Verletzung auf sowie eine Wiederbestellung zur Entfernung der Nähte. Laut Familie fand A. keine Zeit, eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Anmerkung:
bei Verletzungen bestünde eine Verpflichtung des Krankenhauses zur Verständigung der Polizei.
3. Schutzfähigkeit für Personen, welche der Kollaboration beschuldigt werden: Der Begriff "Kollaboration mit Serben" ist als solcher entsprechend zu hinterfragen. Im Regelfall wird KOLLABORATION mit SERBEN als
3.1. Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen - Polizei, Armee, etc. - verstanden, vorwiegend auch durch Weitergabe von vertraulichen Informationen (Intelligence Service), bzw.
3.2. ein Weiterverbleib in verschiedenen staatlichen Einrichtungen nach der Kündigungswelle 1989 und 1990 von Albanern.
Während der erste Personenkreis - Kooperation mit staatlichen Stellen - je nach bekannter Qualität der Informationen und der Kollaboration - vor allem nach dem Ende des bewaffneten Konflikts 1999 einer Gefährdung ausgesetzt war, ist für die zweite Gruppe eine Unterscheidung anzustellen: es gab zahlreiche Albaner, welche in verschiedenen Funktionen - darunter aktive Polizei und Armee - tätig blieben. Darunter auch solche, welche dann mit der UCK / KLA kooperierten. Personen wären dann gefährdet, wenn gezielte Zusammenarbeit gegen albanische Landsleute mit den Serben erfolgt und dies auch in der Öffentlichkeit bekannt gewesen wäre. Die Durchführung von handwerklichen Arbeiten in Häusern von Serben, Handel und Geschäfte bzw. Kontakt mit Serben war schon aus wirtschaftlichen Gründen eine Notwendigkeit für Kosovo Albaner im täglichen Umgang. Aus den Angaben, welche der Asylwerber und die Familie machten, kann aus ho. Sicht logisch kein Vorwurf einer Kollaboration nachvollzogen werden.
Schutzfähigkeit der Polizei: Da im gegenständlichen Fall keine Anzeige erstattet worden war, könnten - falls der Vorfall stattgefunden hat - auch keine entsprechenden Maßnahmen erfolgen. Die funktionierende Arbeit von KOSOVO POLICE SERVICE dokumentiert sich in den täglichen Polizeiberichten (Festnahmen von Verdächtigen in ähnlichen Fällen), etc. Ein jüngster Bericht vergleicht die Sicherheitssituation in WESTEUROPA mit dem WESTBALKAN (darunter Kosovo) und dokumentiert mit Fakten, dass Gewaltverbrechen (Mord, Einbruchsdiebstahl, Raub) im Westbalkan gerechnet auf 100.000 Einwohner wesentlich seltener vorkommen. Gegen eine Gefährdung von Familienmitgliedern (Söhnen) spricht auch: Arbeit des N. in einer Imbissstube im Zentrum von F. (B. ist der Eigentümer, nahe P. Bankgebäude); Rückkehr der (aus Angst aus dem Kosovo ausgereisten Söhne S. und A.) zum Urlaubsaufenthalt (S. und A. waren 2008 je auf ca. 3 Wochen Urlaub im Kosovo in F. im Elternhaus).
4. Sonstige Informationen:
4.1. Die Angabe - Aufenthalt der gesamten Familie von 1999-2005 in Albanien, Durres - wurde bei der Befragung mit folgenden Fakten als unglaubwürdig und unrichtig eruiert: Angabe der Familie nach Vorhalt der Fakten, im August 1999 in den Kosovo zurückgekehrt zu sein; Arbeiten des A. in einer Imbissstube nach 2000 bzw. 2001; Geburt der verschiedenen Enkelkinder im KOSOVO: XX.XX.20XX, L. in F., Krankenhaus, XX.XX.20XX, L. in F. Krankenhaus. N. hatte die Schule in F. (F.) im Jahr 2001 beendet (konnte dann auf Nachfrage das Abschlusszeugnis nicht finden und gab vorerst an, "außerordentlicher Schüler" gewesen zu sein! Hausbau nach 1999 (man hätte die Arbeiten einer Firma übertragen, bei Nachfrage waren es dann "private Leute" welche das Haus gebaut hätten) - Finanzierung durch Verkauf eines anderen Hauses 1998.
4.2. Registrierung der Familienmitglieder wie folgt:
Anmerkung: bei der Registrierung ist die persönliche Anwesenheit der Person erforderlich, es wird ein Lichtbild angefertigt und die Fingerabdrücke (Daumen links und rechts) abgenommen.
A.: UNMIK ID Nr. XX vom XX.XX.20XX; UNMIK Driving License vom XX.XX.20XX
Angabe der Familie (N.) auf Vorhalte: die Driving License hätte A. "gekauft".
N.: UNMIK ID Nr. XX vom XX.XX.20XX
Die Eltern sind unter dem Namen "A" registriert:
A. R. (Vater): UNMIK ID Nr. XX vom XX.XX.20XX
VI. Zusammenfassung und Evaluierung:
1. Entgegen den Angaben des Asylwerbers wohnt die Familie in F..
2. Entgegen den Angaben des Asylwerbers wurde der Aufenthalt in Albanien von 1999-2005 auf 1999 (April bis August 1999) verifiziert.
3. Trotz vorgelegter "Bestätigung" (im Anlassfall kann noch eine Überprüfung erfolgen) gibt es starke Widersprüche über den Vorfall der Messerattacke durch unbekannte und bewaffnete Personen.
4. Der Vater oder andere Familienmitglieder waren nie Opfer einer Attacke oder in einen Vorfall bzgl. Sicherheit involviert.
5. Aufgrund der Angaben des Asylwerbers, der erhobenen Fakten, der Widersprüche in den Aussagen, der fehlenden Anzeigeerstattung des angeblichen Vorfalls (Messerattacke) und der Urlaubsaufenthalte der Brüder wird aufgrund des angegebenen Grundes - Kollaboration des Vaters mit Serben - keine Gefährdung für den Asylwerber angenommen."
Einvernahme am 23.07.2008:
"F: Wie geht es Ihnen? Sind Sie in der Lage, die heutige Einvernahme durchzuführen?
A: Es geht mir psychisch nicht gut. Ich möchte die Einvernahme verschieben.
Anmerkung: Dem Asylwerber wird mitgeteilt, dass heute keine Einvernahme durchgeführt wird und der die Ermittlungsergebnisse zwecks Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme ausgefolgt bekommt.
F: Stehen Sie in psychiatrischer Behandlung?
A: Nein.
F: Ihnen werden die Länderinformationen (Beilage 1) und das Ergebnis der Botschaftsanfrage in Kopie überreicht. Innerhalb von drei Wochen können Sie dem Bundesasylamt dazu eine schriftliche Stellungnahme übermitteln. Haben Sie das verstanden?
A: Ja. Ich nehme das zur Kenntnis."
Im Verfahren brachte der ASt. die im Akt ersichtlichen Beweismittel in Vorlage:
UNMIK-Führerschein Nr. XX, ausgestellt am XX.XX.20XX,
Bericht der Universitätsklinik in P., datiert mit 12.10.2007, gefaxt am 19.01.2008,
Bestätigung der Universitätsklinik P., datiert mit 12.10.2007. gefaxt am 09.04.2008.
Stellungnahme vom 28.07.2008 zum Erhebungsbericht des Verbindungsbeamten
Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 14.08.2008, Zahl: 08 00.264-BAE, wurde dem Beschwerdeführer gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) sowie der Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Lage im Kosovo und gelangte in rechtlicher Hinsicht zu der Beurteilung, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt betreffend die Gründe für seine Verletzung als nicht glaubhaft zu beurteilen war und somit ein asylrelevanter Sachverhalt nicht festgestellt werden konnte und ferner von der Schutzfähigkeit und - willigkeit der Sicherheitsbehörden im Kosovo auszugehen ist.
Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 19.08.2008, erhob der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten, mit Schriftsatz vom 01.09.2008 fristgerecht Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausführt, dass die Behörde auf Grund der von ihr getroffenen negativen Feststellungen bzw. mangels eines festgestellten Sachverhaltes, auf welchem eine Beweiswürdigung oder eine rechtliche Beurteilung hätte aufbauen können, keine Entscheidung treffen hätte dürfen.
Weiters habe der Verbindungsbeamte die Auskünfte der Familie des Beschwerdeführers falsch wiedergegeben. Es sei nämlich unrichtig, dass der Vater des Beschwerdeführers angegeben hätte, von einem Attentat nichts gewusst zu haben und dass die Familie angegeben hätte, der Vorfall habe sich im Dezember 2007 ereignet.
Weiters sei die Erhebung durch einen uniformierten Beamten erfolgt, was dazu geführt haben könnte, dass der Vater des Beschwerdeführers eingeschüchtert gewesen und aus Angst nicht seine gesamten Tätigkeiten für die Serben geschildert habe.
Weiters sei in der Beweiswürdigung angeführt worden, dass der Beamte den Aufenthalt der Familie in Albanien im Jahr 1999 unter Einbeziehung der Enkelkinder verifiziert habe, die Enkelkinder jedoch nicht bei der Familie leben würden.
Ferner finde die zusammenfassende Feststellung, dass der Vater des Beschwerdeführers nie Opfer einer Attacke oder in einen Vorfall betreffend Sicherheit verwickelt gewesen sei, keine Deckung im Bericht des Verbindungsbeamten.
Weiters wird in der Beschwerde gerügt, dass der Verbindungsbeamte beweiswürdigende Aussagen in seinem Bericht vorwegnehme, was der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche, wonach es nicht dem Sachverständigen, sondern der Verwaltungsbehörde obliege, eine Würdigung der vorliegenden Beweise vorzunehmen.
Das Attentat auf den Beschwerdeführer habe sich um 20:00 oder 21:00 Uhr ereignet, weshalb kein Widerspruch darin zu erblicken sei, dass die Familie des Beschwerdeführers im Gegensatz zu dessen Angaben, der Vorfall habe sich am Abend ereignet, angegeben habe, das Attentat sei am Tag passiert.
Zu den beweiswürdigenden Aussagen des Bundesasylamtes, dass der Verbindungsbeamte betreffend die Angaben des Beschwerdeführers, er sei von der Polizei zu dem Vorfall befragt worden, keine Anzeige habe ausfindig machen können, wurde eingewendet, dass die Polizei zwar die Daten des Beschwerdeführers aufgenommen habe, eine weitere angekündigte Kontaktaufnahme mit der Familie und dem Beschwerdeführer nicht stattgefunden habe, weshalb anzunehmen sei, dass die Polizei es unterlassen habe, eine Anzeige aufzunehmen und nicht Willens sei den Beschwerdeführer zu schützen.
Überdies sei es durch die Aushändigung des Berichtes des Verbindungsbeamten in deutscher Sprache zur Verletzung des Rechts auf Parteiengehör gekommen und es sei dem Beschwerdeführer keine effektive Gelegenheit zur substantiellen Stellungnahme gegeben worden, was der Verfahrensrichtlinie (RL 2005/85/EG vom 01.12.2005, über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft) widerspreche, wonach Art. 10 Abs. 1 Z b iVm Art 12 vorsehe, dass dem Asylwerber vor der Entscheidung der Behörde Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung unter Beiziehung eines Dolmetschers zu geben sei.
Des Weiteren habe der Behörde die Verpflichtung oblegen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, psychisch erkrankt zu sein, nachzugehen und entsprechende Ermittlungen anzustellen. Es sei unzulässig, alleine aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer sich von Jänner bis Juli 2008 keiner Behandlung unterzogen habe, den Schluss zu ziehen, dass dieser offensichtlich kein Bedürfnis nach medizinischer Betreuung habe.
Auch habe die Behörde es unterlassen, das Privatleben des Beschwerdeführers zu prüfen. Bei der Einvernahme seien keine konkreten Fragen danach gestellt worden, sodass die Aussage, wonach kein schützenswertes Privatleben des Beschwerdeführers bestehe, lediglich auf einer Vermutung beruhe.
Abschließend wurde beantragt, ein psychologisches Gutachten einholen zu lassen.
Auf Grundlage der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch die Behörde erster Instanz am 19.02.2008, 10.04.2008, 28.04.2008 und am 23.07.2008 sowie auf Grundlage der Beschwerde vom 01.09.2008 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an, führt den im Spruch angeführten Namen und reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.
Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in der Republik Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht oder dass dem Beschwerdeführer im Kosovo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Zur Situation im Kosovo wird festgestellt:
1. a. Allgemeines:
Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 3-5]
1. b. Lageentwicklung:
1..b.1. Kosovo unter UN - Verwaltung
Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]
1. b.2. Statusverhandlungen
Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21. Oktober 2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pri¿tina bzw. Belgrad begannen am 22. Februar 2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 02.02.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt.
Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 01.08.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro (Kosovo), 29.11.2007, Seite 7; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:
Entscheidungen Asyl 03/2008, Seite 2]
1. b.3. Wahlen
Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen entsprechend der internationalen und europäischen Standards verlaufen sind. [Kosovo - Bericht 20.03.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, Seite 28]
Am 9. Jänner 2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15 Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner LDK
und drei den Minderheiten zu. [APA 09.01.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt]
1. b.4. Unabhängigkeit des Kosovo
Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.
Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt.
Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATOSoldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung
einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. Noch ist offen, wann und wie die Befugnisse auf die EU übergehen sollen. Es fehlen klare Regelungen für den Wechsel der Zuständigkeiten.
UNMIK kann sich formal aber erst dann aus dem Kosovo zurückziehen, wenn die noch geltende UN-Resolution 1244 durch den Sicherheitsrat außer Kraft gesetzt wird.
Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische St