TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 A3 225855-0/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

A3 225.855-0/2008/12E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Holzschuster als Vorsitzende und den Richter Mag. Lammer als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin VB Wilhelm über die Beschwerde des O.I., geb. 00.00.1983, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.12.2001, FZ. 01 22.364-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.09.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von O.I. wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG i.d.F. BGBl. I 101/2003 i.V.m. § 50 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I 100/2005 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von O.I. nach Nigeria zulässig ist.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer behauptet Staatsangehöriger von Nigeria und am 26.09.2001 illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Am 26.09.2001 hat dieser beim Bundesasylamt einen Asylantrag eingebracht und wurde er hierauf hin vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die englische Sprache niederschriftlich einvernommen. Diese niederschriftliche Einvernahme wird zum Bestandteil des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.12.2001, FZ. 01 22.364-BAG, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Mit der fristgerecht eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wird dargelegt, dass die Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde nicht richtig seien. Er habe glaubhaft angegeben, dass seine Eltern von den Bakassis ermordet worden seien, weil sie Mitglieder der "Centre Church" gewesen seien. Auch habe er mit seinen Eltern diese Kirche besucht. Bereits im April 2001 sei der Pastor dieser Kirche mit Namen E. von den Bakassis ermordet worden. Dies aus dem Grunde, weil die Bakassis angenommen haben, dass E. Menschen umgebracht habe. Die Bakassis würden seit der Ermordung von Pastor E. sämtliche Mitglieder der "Centre Church" verfolgen und umbringen. So wie sie es auch bei seinen Eltern getan hätten. Ihm sei die Flucht gelungen, indem er aus dem Fenster gesprungen und davongelaufen sei. Die Bakassis würden nämlich allen Mitgliedern dieser Kirche vorwerfen, dass sie über die Taten von Pastor E. Bescheid gewusst und nichts dagegen unternommen haben. Er habe Angst, dass er im Falle einer Rückkehr nach Nigeria auch von den Bakassis getötet werde. Er könne sich in seiner Heimat auch nicht an die Polizei wenden und diese um Schutz bitten, da diese zu schwach sei. Die Polizei sei in seiner Heimat die Gruppe der Bakassis. Aus diesem Grunde sei er nach Österreich geflüchtet. Er sei davon überzeugt, dass er in Nigeria keinen Schutz vom Staat zu erwarten habe, da die Provinz- als auch die Zentralregierung von Nigeria diese Art der Verbrechensbekämpfung toleriere und die Bakassis damit den Status von einer Polizeitruppe hätte. Daher suche er Schutz in Österreich. Die belangte Behörde verkenne also, dass ihm bei Abschiebung in seine Heimat asylrelevante Verfolgung drohe. Sollte er in seine Heimat abgeschoben werden, müsse er damit rechnen, dass er getötet werde.

 

Über diese Berufung (nunmehr Beschwerde) hat der Asylgerichtshof ein ergänzendes Ermittlungsverfahren im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Erörterung folgender Berichte:

 

Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06. November 2007 (Beilage A);

 

Bericht des US Department of State vom 11. März 2008, Nigeria (Beilage B);

 

ACCORD - Länderbericht vom August 2004, Nigeria (Beilage C);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, Jänner 2007 (Beilage D).

 

Die für die Berufungsverhandlung des Weiteren vorgesehene Parteienvernehmung des Beschwerdeführers musste unterbleiben, zumal dieser trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung zur Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unentschuldigt nicht erschienen ist.

 

Auf Grundlage der vor dem Bundesasylamt durchgeführten Einvernahme und des dargestellten ergänzenden Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Die von ihm behaupteten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zu Grunde gelegt. Der Reiseweg des Beschwerdeführers (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Zur allgemeinen politischen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (insbesondere in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Volksgruppen Ijaw und Itsekiri. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Rahmen der im April 2007 stattgefundenen Wahlen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen in einigen Gliedstaaten, denen Menschen zum Opfer gefallen sind. Die nigerianische Bevölkerung leidet großteils unter Verarmung, doch ist die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Zu der Negativfeststellung hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe:

 

Das Bundesasylamt verweist im angefochtenen Bescheid zu Recht darauf, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers in einigen Punkten mit den Naturgesetzen bzw. mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen und eindeutig realitätswidrigist. Diese Realitätswidrigkeit bezieht sich unter anderem auf die Angaben des Beschwerdeführers, wonach die Bakassis eine Kette und ein Messer tragen. Wenn ein Krimineller auf der Strasse gehe und ein Bakassi komme vorbei, dann färbe sich das Messer rot. Dann wisse der Bakassi, dass das ein Krimineller sei. Ferner ist die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach die Bakassis unverwundbar seien, realtitätswidrig. So behauptete er nämlich, dass ein Bakassi nicht durch die Kugel verletzt werde, wenn man auf ihn schieße. Die Bakassis seien nicht verletzbar. Da die diesbezüglichen Behauptungen offensichtlich realtitätswidrig sind, ist der Asylgerichtshof zur Auffassung gelangt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur behaupteten Verfolgung durch die Bakassis die Glaubwürdigkeit zu versagen ist.

 

Untermauert wird dies ferner dadurch, wonach der Beschwerdeführer, wie von der erstinstanzlichen Behörde bereits dargelegt, nicht in der Lage war, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Auch gab der Beschwerdeführer auf konkrete Fragen oft ausweichende Antworten, weshalb der Asylgerichtshof davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer die von ihm geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und er insgesamt unrichtige Angaben zu seiner Bedrohungssituation gemacht hat.

 

Zu verweisen ist weiters darauf, dass der Beschwerdeführer am Beschwerdeverfahren nicht mitgewirkt hat, indem er trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung zu der am 10.09.2008 durchgeführten Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist. Er ist somit seiner Obliegenheit zur Mitwirkung am Beschwerdeverfahren nicht nachgekommen, in dem er der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unentschuldigt fern geblieben ist. Dieses unentschuldigte Fernbleiben deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer einer neuerlichen Befragung zu den Fluchtgründen ausweichen wollte, zumal diese nicht den Tatsachen entsprechen und die neuerliche Befragung weitere Widersprüche und Ungereimtheiten nach sich ziehen könnte.

 

Hinsichtlich des Reiseweges von Nigeria nach Österreich war eine Negativfeststellung zu treffen, weil die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers unbestimmt und nicht objektivierbar sind.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen Situation in Nigeria ergeben sich aus den in der Verhandlung erörterten Beilagen A bis D. Insbesondere ist auf die Abschnitte I. sowie II.3.1. der Beilage A, sowie auf die Beilage D zu verweisen, woraus sich ergibt, dass derzeit in keinem Teil von Nigeria eine Bürgerkriegssituation herrscht. Vielmehr kommt es lediglich zu vereinzelten lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen (in der Regel zwischen der Mehrheitsbevölkerung und ethnischen oder religiösen Minderheiten). Die Feststellung betreffend Grundversorgung mit Nahrungsmitteln gründet sich auf den Abschnitt IV.1 der Beilage A. Auf die in der Berufungsschrift Bezug genommenen Zeitungsartikeln und Berichte brauchte nicht eingegangen werden, weil das Bundesasylamt aktuellere Berichte zur Situation in Nigeria herangezogen hat.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 war dieses Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (AsylG) zu Ende zu führen. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 hat über die Berufung, die gemäß § 23 AsylGHG nunmehr als Beschwerde zu gelten hat, der Asylgerichtshof zu entscheiden; da keine der in § 61 Abs. 3 AsylG angeführten Ausnahmen vorliegt, hat der Asylgerichtshof in einem Senat von zwei Richtern zu entscheiden.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit im Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Der Berufung (nunmehr Beschwerde) war demnach hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages nicht Folge zu geben.

 

2. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers ist wie folgt auszuführen:

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Anzumerken ist, dass sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre (§ 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 FPG) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 50 Abs. 2 FPG und § 8 Abs. 1 AsylG), es sei denn es bestehe eine inländische Fluchtalternative.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 50 Abs. 1 FPG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 1 des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 50 Abs. 1 FPG inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 50 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht des Asylgerichtshofes keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG vor. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die seine Person betreffenden Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Es besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK unzulässig machen könnten. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Feststellung, wonach in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht und die Staatsgewalt funktionsfähig ist. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die religiös oder ethnisch bedingten Unruhen zeitlich und lokal auf einzelne Städte Nigerias begrenzt sind. Der Beschwerdeführer hat im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen könnte. Wie aus den Feststellungen hervorgeht, würden dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keine "außergewöhnlichen Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens drohen.

 

Die Beschwerde erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als nicht berechtigt.

 

Eine Ausweisung war nicht auszusprechen, weil die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die damalige Rechtslage noch keine solche enthielt und die Ausweisungsentscheidung nicht vom Asylgerichtshof als Überprüfungsinstanz nachgetragen werden kann.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
25.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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