TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 E11 316436-1/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

E11 316.436-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Vorsitzenden und den Richterin Dr. Isabella ZOPF als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Frau BIRNGRUBER über die Beschwerde der A.L., geb. am 00.00.1969, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.11.2007, FZ. 06 01.026-BAL, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend auch BF genannt), eine Staatsangehörige von Armenien, stellte am 22.1.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates im Jahr 1993 brachte sie im Wesentlichen vor, dass es wirtschaftliche Gründe waren, warum sie mit ihrem Lebensgefährten nach Russland gegangen sei. Weiters sei ein Familienleben mit ihrem Lebensgefährten, aufgrund ihrer aserbaidschanischen Abstammung, in Armenien nicht möglich sei. Das Leben der BF wäre im Dorf nicht mehr sicher gewesen, da ihnen sowohl die ansässige armenische als auch aserbaidschanische Bevölkerung nicht wohl gesonnen sei. Zudem hätten die Verwandten eine Heirat zwischen einem Armenier und einer Aserbaidschanerin nicht erlaubt.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.11.2007, FZ. 06 01.026-BAL, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Ebenso ergab sich im Rahmen des geführten Familienverfahrens gem. § 34 AsylG kein vom den Spruchpunkten I - III abweichendes Ergebnis.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der BF als unglaubwürdig, da eine mit der BF durchgeführten Sprachanalyse ergab, dass ihre Zugehörigkeit zur aserischen Volksgruppe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Aus dem Ergebnis der Expertise sei zu schließen gewesen, dass die asylrelevante Fluchtgeschichte der BF, die sich auf den angeblichen Problemen wegen ihrer aserbaidschanischen Abstammung und der Beziehung zu ihrem armenischen Lebensgefährten aufgebaut hatte, als völlig unglaubwürdig zu qualifizieren sei. Zudem habe sich die BF bei ihren Angaben zum Aufenthalt in Russland in Zusammenschau mit den Angaben des Lebensgefährten in Widersprüche verstrickt. Im Ergebnis waren nach Ansicht des Bundesasylamtes die behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen und es war auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen.

 

Zur Refoulement-Entscheidung führte die Erstbehörde aus, dass mangels außergewöhnlicher Umstände für die BF im Falle einer Abschiebung nach Armenien daher keine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd. Art. 3 EMRK iVm. § 8 AsylG oder ein sonstiges Abschiebungshindernis bestehe.

 

Für die Erstbehörde stellte auch die Ausweisung der gesamten Familie in deren Herkunftsstaat keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Bezüglich der weit reichenden Begründung der 1.instanzlichen Entscheidung wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 13.12.2007 innerhalb offener Frist Berufung (jetzt Beschwerde) erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen das bereits in den Einvernahmen vor dem BAA geschilderte Geschehen wiederholt. Die BF moniert, dass den Feststellungen der Erstbehörde, dass sie keiner Verfolgungslage seitens des Staates, sondern lediglich seitens privater Personen ausgesetzt sei und dass Yeziden in Armenien nicht systematisch diskriminiert würden, keine Beweiswürdigung zu Grunde liege. Die Feststellung zur Nichtzugehörigkeit zur aserbaidschanischen Volksgruppe sei für die BF nicht nachvollziehbar. Die Eltern der BF seien Aserbaidschaner gewesen und die BF selbst jedoch bereits in Armenien geboren. Die mangelnden Aseri-Sprachkenntnisse seien darauf zurückzuführen, dass die BF nur wenig, bestenfalls innerhalb der Familie Aseri gesprochen habe und so auch in der Öffentlichkeit nicht auffallen wollte. Bezüglich der mangelnden Russischkenntnisse im Hinblick auf die lange Aufenthaltsdauer wurde ausgeführt, dass die BF außer mit ihren Arbeitgebern, einem Landwirte-Ehepaar, kaum Kontakt mit der russischen Bevölkerung hatte; außerdem sei die BF die meiste Zeit in Russland illegal aufhältig gewesen. Des weiteren zweifelt die BF das Ergebnis der telefonischen Sprachanalyse an, da ihr Gegenüber nur armenisch und russisch gesprochen habe und ihre aserischen Sprachkenntnisse dabei nicht abgeprüft worden seien. Zudem bezweifle die BF die Kompetenz des Instituts LINGUA zur Beurteilung ihrer Volksgruppenzugehörigkeit. Zur Untermauerung der angespannten Situation zwischen Armenien und Aserbaidschan wurden der Beschwerdeschrift ein Artikel des Harutiun CHATSCHATRIAN in den "Caucaz europenews" vom 00.00.2007 und zur Erläuterung der Situation ethnisch gemischter Paare in Armenien ein Gutachten der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 22.9.2003 beigefügt. Die widersprüchlichen Angaben bezüglich des Aufenthaltes in Russland hätten sich bei ordnungsgemäßer Einhaltung der Ermittlungspflicht der Erstbehörde leicht aufklären lassen. Eine Rückkehr nach Armenien stelle aufgrund der Gefährdungslage und des Umstandes, dass die BF bereits seit 1993 nicht mehr in Armenien aufhältig war, jedenfalls die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK dar.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

III. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu Ende zu führen war.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof hegt auch bezüglich des eingeholten Sprachgutachtens mit der BF und der daraus gewonnenen Erkenntnisse, dass die BF mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus Aserbaidschan stammt, keine Bedenken. Das Bundesasylamt war somit in der Lage, unter Anwendung von wissenschaftlichen Methoden, die Angaben der BF, dass sie in der Heimat wegen ihrer aserbaidschanischen Abstammung und der Beziehung zu einem Armenier Probleme hatte, zweifelsfrei zu widerlegen und als unglaubwürdig zu entkräften. Auch an der Seriosität und der Kompetenz des Sprachinstitutes LINGUA, das beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Bundesamt für Migration BFM, angesiedelt ist, zur Erstellung von linguistischen Gutachten und zur Feststellung der Volkszugehörigkeit der BF, hegt der Asylgerichtshof keinerlei Bedenken, zumal es sich hier um ein unabhängiges staatliches Institut handelt, das auch selbst keinerlei Interessen am Ausgang dieses Asylverfahrens verfolgt. Das Bundesasylamt hat auch in sehr anschaulicher Weise die aufgetretenen Widersprüche in den Aussagen der BF zum Aufenthalt in Russland aufgezeigt, um die mangelnde Glaubwürdigkeit der BF darzulegen. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Sofern in der Beschwerde seitens der Beschwerdeführerin gerügt wird, dass bei dem Telefonat zur Sprachanalyse der Gutachter nur armenisch und russisch mit der BF gesprochen habe und dabei ihre aserischen Sprachkenntnisse nicht abgeprüft worden seien, ist auszuführen, dass aus dem linguistischen Gutachten zweifelsfrei hervorgeht, dass sich die BF mehrfach weigerte Aseri zu sprechen und daraus geschlossen werden kann, dass die BF gar nicht Imstande ist, diese Sprache zu sprechen, obwohl ihr bewusst sein musste, dass ihr die Verweigerung und die permanente Ablehnung Aseri zu sprechen, zum Nachteil für die Beurteilung ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit gereichen würde. Der Asylgerichtshof ist - ebenso wie der Sachverständige und das Bundesasylamt - geneigt, der BF keine aserische Abstammung zuzurechnen. Auch die Angaben über den angeblichen 13-jährigen Aufenthalt in Russland erscheint in Anbetracht der mangelnden Sprach- sowie Lokalkenntnisse zweifelhaft und wird diese Ansicht auch durch das erstellte Sprachgutachten erhärtet. Zu den weiteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift, dass den Feststellungen der Erstbehörde keine Beweiswürdigung zu Grunde liege, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH das Bundesasylamt wie bereits oben ausgeführt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Von der BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Beweiswürdigung durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Auch der in der Beschwerde zitierten Artikel des Harutiun CHATSCHATRIAN in den "Caucaz europenews" vom 00.00.2007 zur angespannten Situation zwischen Armenien und Aserbaidschan und zur Erläuterung der Situation ethnisch gemischter Paare in Armenien das Gutachten der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 22.9.2003 sind von vornherein nicht geeignet die wesentlich aktuelleren Feststellungen des BAA zu Armenien in Zweifel zu ziehen (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348). Insbesondere wird durch diese Berichte bzw. in der Beschwerde, die auf die mangelnde Schutzfähigkeit der armenischen Behörden gegenüber jezidischen Minderheiten Bezug nimmt, in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für die BF ergeben soll, da die BF selbst mehrmals angegeben hatte, dass sie wegen der Zugehörigkeit zu den Jeziden keinerlei Probleme mit staatlichen Behörden in Armenien hatte, sondern die Probleme mit den Nachbarn aus der Beziehung zu einer Aseri herrührten. Der AsylGH ist vielmehr der Ansicht, dass die BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich ihren -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313, ebenso 30.8.2007, 2006/19/0554-7).

 

Im gegenständlichen Fall ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ihre vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG iVm § 8 Abs 1 AsylG 1997 im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 50 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 AsylG 1997 zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Wenn auch in Armenien eine wirtschaftlich schwierigere Situation als in Österreich besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Beschwerdeführerin, festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage in ihrem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine gesunde, erwachsene, arbeitsfähige Frau, die sich ihren Lebensunterhalt auch bisher mit Arbeiten in der Landwirtschaft, vorwiegend Viehzucht, verdient hat und es ist der BF auch zumutbar, wieder in diesem Beruf tätig zu werden. Überdies verfügt die BF in ihrem Heimatland über ein soziales Netz in Form von Familienangehörigen (Vater, Mutter, Bruder), die die BF ebenfalls in der Anfangsphase bei der Gründung einer eigenen Existenz unterstützen könnten.

 

Es wäre der Beschwerdeführerin auch zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Im Rahmen des Projekts ERSO (European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.project-erso.eu).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Aus dem Vorbringen der BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in deren Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben der BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde, nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, Minderheiten-Zugehörigkeit, non refoulement, private Verfolgung, soziale Verhältnisse, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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