TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 A3 306155-2/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

A3 306.155-2/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Holzschuster als Einzelrichterin über die Beschwerde des O.S., geb. 00.00.1971, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.09.2008, FZ. 08 07.815-EWEST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von O.S. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat bereits am 22.02.2006 einen (ersten) Asylantrag eingebracht. In der am 22.02.2006 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Niederschrift brachte er im Wesentlichen vor, dass sein Vater früher Mitglied der Regierungspartei PDP gewesen sei. Später sei dieser ausgetreten und im August 2005 der MASOP (nach der Schreibweise des Beschwerdeführers) beigetreten. Diese Organisation kämpfe für die Unabhängigkeit von Biafra. Sein Vater habe im Gefängnis sterben müssen, weil er von der PDP ausgetreten und der MASOP beigetreten sei. Er sei am 00.00.2006 gestorben und sei der Beschwerdeführer auf Grund dessen aus der Jugendorganisation, die die Regierung unterstützt habe, ausgetreten. Daraufhin habe man begonnen ihn zu bedrohen. Er habe Angst dasselbe Schicksal zu erleiden, wie sein Vater. Deshalb habe er sich zur Flucht entschlossen.

 

In der am 28.02.2006 durchgeführten Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater Mitglied der PDP-Partei gewesen sei. Sein Vater sei im August 2005 aus der Partei ausgetreten, weil er festgestellt habe, dass diese Partei korrupt sei. Sein Vater sei Mitglied der MASSOB geworden. Während dieser Zeit habe der Beschwerdeführer für eine Jugendorganisation namens Y. gearbeitet. Am 00.00.2006 sei sein Vater wegen verschiedener Auseinandersetzungen von den Mitgliedern der PDP getötet worden. Im Februar 2006 habe er diese Jugendorganisation verlassen und die PDP Mitglieder haben vermutet, dass er die Stelle seines Vaters in der MASSOB übernehmen wolle. Seitdem haben diese Mitglieder der PDP ihn verfolgt.

 

In der am 12.09.2006 vor dem Bundesasylamt Innsbruck durchgeführten Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass sein Vater Mitglied der Regierungspartei PDP für 6 Jahre gewesen sei. Sein Vater habe diese im August 2005 verlassen, weil die Partei korrupt gewesen sei. Er sei Mitglied in der MASSOB geworden. Die PDP habe seinen Vater verhaftet und sehr lange eingesperrt. Im November 2005 sei sein Vater nach Hause gekommen. Einige Wochen später sei sein Bruder von Unbekannten erschossen worden, worüber sich sein Vater so aufgeregt habe, dass er mit sehr hohem Blutdruck krank geworden sei. Er sei dann in ein Spital gebracht worden, worauf die Regierung aber angeordnet habe, ihn nicht zu behandeln. Sie haben gesagt, er solle sich doch von der MASSOB behandeln lassen. Doch diese habe keine Spitäler in Nigeria. Sein Vater sei dann im Jänner 2006 wieder verhaftet worden und in der Haft gestorben. Der Beschwerdeführer sei selbst Mitglied einer Jugendorganisation namens A. gewesen, die für die Regierung bei Wahlen Unterstützungsarbeit, wie Wahlkampagnen, zu leisten gehabt habe. Da er damit nicht einverstanden gewesen sei, sei er aus der Organisation ausgetreten. Daraufhin habe ihm die Regierung schlimme Konsequenzen angedroht, falls er nicht wieder in die Jugendorganisation zurückkehre. Er sei persönlich von der PDP bedroht worden. Später habe er ein Schreiben erhalten, worin er aufgefordert worden sei, entweder der Jugendorganisation wieder beizutreten, oder mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

 

Mit Bescheid vom 26.09.2006, FZ. 06 02.233-BAI, wurde der Antrag auf Internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt. Weiters wurde der Beschwerdeführer aus dem Österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 17.04.2008, FZ. 306.155-C1/6E/XII/37/06, gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z. 1 und § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unbestimmte, unplausible und widersprüchliche Aussagen getätigt habe, so dass der Schluss zu ziehen sei, dass der Beschwerdeführer die von ihm geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht selbst erlebt hat und seinem Vorbringen insgesamt die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

 

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2008, Zl. 2008/20/0356-4 abgelehnt.

 

Am 28.08.2008 hat der nunmehrige Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In der am 29.08.2008 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab er im Wesentlichen an, dass dieselben Fluchtgründe gelten würden, wie bei seinem ersten Asylantrag. Zusätzlich wolle er angeben, dass ihm seine Mutter telefonisch mitgeteilt habe, dass am 26.05.2008 sein Bruder und seine Schwester und auch andere Menschen in seinem Heimatland (Enugu State) verhaftet worden seien. Als seine Schwester und sein Bruder verhaftet worden seien, habe der State Security Service eigentlich nach dem Beschwerdeführer gesucht.

 

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29.08.2008 erklärte der Beschwerdeführer, dass er zusätzlich zu dem, was er schon im Februar 2006 mitgeteilt habe, sagen wolle, dass seine Familie durch das Tun des State Security Services in Nigeria sehr gelitten habe. Zunächst sei es das Töten seine Bruders C. und dann seines Vaters gewesen. Der Aufenthalt seines Bruders E. und seiner Schwester F. bleibe unbekannt. Am 26.05.2008 seien bewaffnete Männer gekommen, die behauptet haben, dass sie vom State Security Service wären und hätten diese nach dem Beschwerdeführer gefragt. Dann haben sie seinen Bruder und seine Schwester mitgenommen. Die Leute in Enugu State haben den 41. Gedenktag des nichtbestehenden Biafrastaates mit einer Feier begehen wollen. Im Zuge dieser Veranstaltungen seien viele Leute verhaftet worden, das ist das, was seine Mutter gesagt habe. Wenn er nach Nigeria zurückkehre, dann wäre er in Gefahr.

 

In der am 02.09.2008 erfolgten Niederschrift von der Erstaufnahmestelle West wiederholte der Beschwerdeführer seine bereits gemachten Angaben.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12.09.2008, FZ. 08 07.815 EAST-West, hat das Bundesasylamt diesen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria verfügt. Dies - kurz zusammengefasst - mit folgender Begründung:

 

Der erste Asylantrag vom 22.02.2006, AIS-Zahl 06 02.233 EAST-West, sei rechtskräftig abgewiesen worden. In dieser Entscheidung sei auch der Refoulement-Sachverhalt im Sinne des § 57 FrG (jetzt § 50 FPG) berücksichtigt worden. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen und sei es mangels glaubhaften Kerns des neuen Vorbringens zu keiner entscheidungsrelevanten und zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderung gekommen. Der Beschwerdeführer habe seit der rechtskräftigen Entscheidung seines ersten Asylantrages Österreich nicht verlassen. Da er zwischen dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Verfahrens und dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung des zweiten Verfahrens keine Änderung der Situation seines Privat- und Familienlebens vorgebracht habe, könne die Ausweisung daher auch in diesem Verfahren keinen Eingriff in Art. 8 EMR darstellen.

 

Mit der fristgerecht eingebrachten Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus, dass er vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, im Zuge seiner weiteren Einvernahme glaubwürdig, detailliert und ohne Widersprüche dargelegt habe, dass bereits vor seiner Ausreise aus Nigeria sein Bruder C. und sein Vater getötet worden seien, weiters habe man damals auch ihm, seinem Bruder E. und seiner Schwester F. nach dem Leben getrachtet. Am 26.05.2008 wären laut telefonischer Auskunft seiner Mutter bewaffnete Männer vom State Security Service zu ihnen nach Hause gekommen und haben sich diese neuerlich nach dem Aufenthalt des Beschwerdeführers erkundigt. Sie habe geantwortet, dass sie den Beschwerdeführer seit beinahe 3 Jahren nicht gesehen habe und sie dessen genauen Aufenthalt nicht wisse. Aus diesem Grund habe der State Security Service seinen Bruder und seine Schwester mitgenommen und diese glaublich in einem staatlichen Gefängnis festgehalten, da er nach mehreren Telefonaten mit seiner Mutter erfahren habe, dass diese seit dem besagten Tag im Mai nichts mehr von seinem Bruder und seiner Schwester gehört habe und diese nicht auffindbar seien. Sie habe den gegenständlichen Übergriff des State Security Service sehr wohl bei den zuständigen nigerianischen Sicherheitsbehörden angezeigt, jedoch seien von diesen daraufhin keinerlei Aktivitäten gesetzt worden und sei seine Mutter gegenüber dem State Security Service quasi machtlos. Sein neues Vorbringen werde auch durch die tatsächlichen Daten hinsichtlich der politischen Vorgänge in Nigeria unterstützt. Um den 26.Mai 2008 herum sei der 41. Gedenktag des nicht mehr bestehenden Biafrastaates gewesen und sei dieser Tag in Enugu State von der Bevölkerung mit einer großen Feier begangen worden. Im Zuge dieser Feiern seien zahlreiche Leute festgenommen worden, wie dies auch mit seinen beiden Geschwistern geschehen sei. Er sei nach wie vor bemüht, die Beweismittel von seiner Mutter aus Nigeria zu bekommen und werde er diese der Beschwerdeinstanz bei Vorliegen ehest möglich übermitteln. Die entscheidende Behörde hätte sich jedenfalls selbst mit der Glaubwürdigkeit seine Vorbringens auseinandersetzen und die allgemeine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beachten müssen, sich insbesondere mit dem Punkt auseinandersetzen müssen, ob das neuerliche Vorbringen nicht zumindest im Kern eine neue Tatsache im Vergleich zum ersten Vorbringen darstelle und jedenfalls nicht irgendeinen glaubwürdigen Inhalt habe. Dadurch dass die Erstbehörde sich inhaltlich überhaupt nicht damit auseinandergesetzt habe, ob die nunmehr von ihm vorgebrachten Tatsachen zumindest im Kern, im Vergleich zum ersten Verfahren, ein neues Vorbringen darstelle, sondern die zurückweisende Entscheidung lediglich mit der Umglaubwürdigkeit des ersten Vorbringens begründe, liege jedenfalls eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Allein die Tatsache, dass man sich auf die bereits angeblich festgestellte Unglaubwürdigkeit des ersten Vorbringens stützte und daher ohnehin jedes andere Vorbringen unglaubwürdig sei, sei für die Begründung einer zurückweisenden Entscheidung im Sinne des § 68 AVG nicht ausreichend.

 

Der Asylgerichtshof hat über die Beschwerde wie folgt erwogen:

 

Dem Erkenntnis werden die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen zu dem Umstand, dass der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet seit der rechtskräftigen Entscheidung seines ersten Asylantrages nicht wieder verlassen hat, zu Grunde gelegt. Das Bundesasylamt hat auch zutreffend festgestellt, dass das erste Asylverfahren des nunmehrigen Beschwerdeführers rechtskräftig abgeschlossen wurde. Des Weiteren geht das Bundesasylamt zutreffend davon aus, dass dem Beschwerdeführer in Österreich kein sonstiges (nicht auf das Asylgesetz gestütztes) Aufenthaltsrecht zukommt und dass die Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in Art. 8 EMRK darstellt. Ausgehend von diesen Sachverhaltsfeststellungen hat der Asylgerichtshof erwogen wie folgt:

 

Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag zurückgewiesen hat, ist Gegenstand des vorliegenden Erkenntnisses des Asylgerichtshofes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

 

Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides

 

begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

"Sache" des Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969; VfSlg 7240/1973; VwGH 08.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, 1265 mwH). Im vorliegenden Fall ist Sache des Berufungsverfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des zweiten Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951; VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, 1433 mwH).

 

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z. B. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977,

 

2609/76).

 

Entschiedene Sache liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Antragsteller zwar einen geänderten Sachverhalt behauptet, das neue Vorbringen jedoch keinen "glaubhaften Kern" aufweist (siehe dazu insbesondere VwGH 29.09.2005, Zl. 2005/20/0365 mit weiteren Nennungen).

 

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich der nunmehrige Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren lediglich auf ein Fortbestehen der bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geschilderten Bedrohungssituation und auf ein angebliches Telefonat mit seiner in Nigeria lebenden Mutter berufen hat. Die bloße Behauptung, dass die bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren geschilderte Bedrohungssituation fortbesteht, kann nicht als neuer Sachverhalt gewertet werden, über welchen eine neuerliche inhaltliche Entscheidung über das Asylbegehren erforderlich machen würde. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren auch keine neu entstandenen Beweismittel vorgelegt, sondern sich lediglich in allgemeiner Weise auf ein in der Vergangenheit mit seiner Mutter geführtes Telefonat berufen und in den Raum gestellt, künftig allenfalls Beweismittel vorlegen zu können. Der bloß allgemeine Hinweis auf ein in der Vergangenheit geführtes Telefonat kann nicht als neu entstandenes Beweismittel gewertet werden. Es liegen nämlich keinerlei Aufzeichnungen über dieses Telefonat vor und kann von der erkennenden Behörde in keiner Weise nachvollzogen werden, ob das behauptete Telefonat tatsächlich geführt wurde. Da der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren

 

solcherart weder einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt behauptet noch neu entstandene Beweismittel vorgelegt hat, hat das Bundesasylamt den nunmehr entscheidungsgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Selbst wenn man davon ausginge, dass in den Angaben des Beschwerdeführers, wonach in Nigeria (lt. Mitteilung der Mutter) weiterhin nach ihm gesucht werde, eine neue Sachverhaltsbehauptung gelegen ist, so würde dieses neue Vorbringen keinen "glaubhaften Kern" aufweisen. Wie bereits oben dargelegt, hat der nunmehrige Beschwerdeführer bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren widersprüchliche, unbestimmte und unplausible Angaben gemacht. Einen Beleg für die fortdauernde Bedrohung in Nigeria konnte er ebenfalls nicht erbringen, sondern berief sich im erstinstanzlichen Verfahren lediglich auf ein mit seiner Mutter geführtes Telefonat.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 bilden auch abweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem Asylgesetz 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Im Zuge des nunmehrigen Verfahrens wurde auch nicht dargetan, dass sich die allgemeine Situation in Nigeria seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens in relevanter Weise verändert hätte, etwa das nunmehr jeder nach Nigeria abgeschobenen Person eine gegen Art. 3 EMRK drohende Behandlung drohen würde. Der Beschwerdeführer hat auch in der Beschwerdeschrift keine konkreten Umstände dargetan, die auf eine relevante Änderung der allgemeinen Situation in Nigeria seit dem 22.04.2008 (Datum der Rechtskraft der ersten abweisenden Asylentscheidung) hindeuten würden.

 

Die erkennende Behörde gelangt sohin zum Ergebnis, dass das Bundesasylamt den nunmehrigen (neuerlichen) Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

 

Auch der Ausspruch über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) ist im Ergebnis zutreffend. Dies aus folgenden Erwägungen:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Asylgesetzes 2005 ist zu entnehmen, dass dies auch dann gelten soll, wenn diese Zurückweisung des Antrages - wie im vorliegenden Fall - wegen entschiedener Sache, sohin gemäß § 68 Abs. 1 AVG erfolgt (siehe die Erläuterungen zu § 37 Asylgesetz 2005, 952 Blg. Nr. 22.GP, 55).

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 lediglich dann unzulässig, wenn erstens dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder zweitens diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, stellt die Ausweisung keinen Eingriff in das durch Artikel 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar, zumal der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt erklärte, keine in Österreich aufhältigen Familienangehörigen zu haben. Es liegt somit kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich vor. Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben dar.

 

Eine besondere schützenswerte Integration des Beschwerdeführers in Österreich konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, sodass nicht von einem schützenswerten Privatleben in Österreich im Sinne von

Artikel 8 Abs. 1 EMRK auszugehen ist.

 

Selbst wenn man schützenswerte Interessen der Beschwerdeführers darin erblickt, dass er sich seit ca. 2 3/4 Jahren in Österreich aufhält, so ist die Ausweisung durch die in Artikel 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen, insbesondere durch das öffentliche Interesse, und zwar aus dem Interesse am wirtschaftlichen Wohl des Landes (Verhinderung einer ungeordneten Zuwanderung) gerechtfertigt und in einer demokratischen Gesellschaft zur Erreichung dieses Zieles notwendig. Dem Beschwerdeführer musste überdies bekannt sein, dass die so genannte vorübergehende Aufenthaltsberechtigung ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens gewährt; es war demnach voraussehbar, dass es im Falle einer negativen Asylentscheidung zu einer Aufenthaltsbeendigung kommt. Dadurch wird sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich gegenüber den erwähnten öffentlichen Interessen herabgemindert.

 

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin in beiden Spruchpunkten als rechtmäßig, weshalb der Beschwerde nicht Folge zu geben war. Der Beschwerde war keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil die in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 umschriebenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Von der der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 erster Satz AsylG 2005 Abstand genommen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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