TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 E2 300005-1/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

E2 300.005-1/2008-20E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des C. B., geb. 00.00.1979, StA. Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2006, FZ. 04 23.045-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997 hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: "BF"), laut Angaben bei der Antragstellung ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und inzwischen staatenlos, beantragte durch seinen rechtlichen Vertreter mit Schreiben vom 12.04.2004 die Gewährung von Asyl. Den Asylantrag begründete der BF im Wesentlichen damit, dass er in Österreich geboren und - mit einer Unterbrechung von 6 Jahren - aufgewachsen sei. Er habe den größten Teil seiner schulischen und seine gesamte berufliche Ausbildung (Installateur) in Österreich erhalten. Anfangs habe er mit seinen Eltern in Österreich gelebt und nunmehr lebe er mit seiner Frau und der gemeinsamen minderjährigen Tochter hier. Er habe in seiner Heimat den Militärdienst nicht abgeleistet. Vertreter des Militärs würden den nunmehr wieder in Bosnien und Herzegowina lebenden Vater öfters aufgesucht und mit Rache gedroht haben, weil der BF während des Bosnien-Krieges nicht anwesend war und das Volk verraten hätte. Aus diesem Grund befürchte er, bedroht und bei einer Rückkehr verfolgt zu werden. Außerdem würden die Leute aus der Umgebung drohen, da diesen bekannt sei, dass der BF keinen Militärdienst geleistet hatte. Der BF legte im erstinstanzlichen Verfahren zum Beweis eine Bescheinigung eines Ministeriums von Bosnien und Herzegowina, Republika Srpska vor, dass er in der Evidenz des Ministeriums, Abteilung D. geführt wird und seinen Militärdienst nicht abgeleistet hat.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2006, Zahl: 04 23.045-BAS, wurde der Asylantrag von C. B. gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen (Spruchpunkt I). Weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz für zulässig erklärt (Spruchpunkt II) und der BF gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Mit der Beschwerde wird der Bescheid in allen Spruchpunkten bekämpft und mangelhafte Sachverhaltsfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

4. Der Asylgerichtshof hat als Unabhängiger Bundesasylsenat für den 29.05.2008 und nach Antrag auf Vertagung am 13.06.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und dazu den BF, dessen Vertreter, einen Vertreter des Bundesasylamtes sowie einen Dolmetscher für die serbische Sprache geladen. Die Verhandlung wurde in Anwesenheit des BF, dessen Vertreters und des geladenen Dolmetschers durchgeführt. Ein Vertreter des Bundesasylamtes ist entschuldigt zur Verhandlung nicht erschienen.

 

II. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens:

 

1. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde Beweis erhoben durch:

 

Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt;

 

Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung;

 

Einsichtnahme in die Strafregisterauskunft des BF

 

Einsichtnahme in den Bescheid über die Annahme des Verzichts auf die Staatsbürgerschaft von Bosnien und Herzegowina

 

Einsichtnahme in folgende Länderdokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat und die Herkunftsregion des BF sowie deren Erörterung in der mündlichen Verhandlung:

 

Bericht des Auswärtigen Amtes Deutschland über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Bosnien und Herzegowina vom 07.08.2006 mit Stand Juli 2006;

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 26.05.2006, welcher eine Anfrage des Unabhängigen Bundesasylsenates unter anderem zu den Themen Sozialhilfe und Wehrdienst zu Grund liegt.

 

2. Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem Sachverhalt aus:

 

2.1. Zur Person des BF:

 

2.1.1. Der Beschwerdeführer ist am 00.00.1979 in Österreich geboren, lebte 2 Jahre mit seinen Eltern in Österreich und ist danach für die Dauer von ca. 6 Jahren nach Bosnien und Herzegowina ausgereist. Im November 1987 kehrte er mit seiner Familie wiederum nach Österreich zurück. Am 12.02.1993 wurde ihm ein unbefristeter Sichtvermerk erteilt. Seit Zustellung des Bescheides des Ministeriums für zivile Belange von Bosnien und Herzegowina vom 16.04.2008ist er nicht mehr Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und somit staatenlos. Er ist Angehöriger der serbischen Volksgruppe mit orthodoxem Glaubensbekenntnis.

 

Seine Schul- und Berufsausbildung als Gas- und Wasserleitungsinstallateur hat der BF in Österreich absolviert und in Österreich als Installateur und LKW-Fahrer zeitweise seinen Lebensunterhalt verdient. Die familiären Bindungen hat der BF hauptsächlich in Österreich. Lediglich sein Vater lebt seit ca. 9 Jahren wieder in der Heimat. Mit ihm hat der BF telefonischen Kontakt. In Österreich leben seine Mutter und ein Bruder sowie eine Tante und drei Onkeln.

 

Der BF ist seit 20.08.2004 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und er hat mit dieser Frau, mit der er schon vor seiner Verhaftung zusammengelebt hatte, eine gemeinsame Tochter, welche am 10.04.1997 geboren und ebenfalls österreichische Staatsbürgerin ist. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung war der BF nicht berufstätig.

 

Der BF wurde von österreichischen Strafgerichten insgesamt vier Mal jeweils wegen Einbruchsdiebstahles zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt. Die erste Verurteilung erfolgte am 26.11.1996, die letzte am 21.05.2002. Zuletzt wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt, welche mit 01.02.2004 als vollzogen gilt. Am 16.11.2004 wurde der BF bedingt - unter Festsetzung einer Probezeit von 3 Jahren - aus der Strafhaft entlassen. Die Probezeit ist in der Zwischenzeit ohne neuerliche Verurteilung abgelaufen.

 

Über den BF wurde von der Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 27.05.2003, Zahl: Sich40-21869-2002, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren bis 05.08.2013 verhängt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wurde mit den rechtskräftigen Verurteilungen begründet. Das Aufenthaltsverbot ist seit 05.08.2003 rechtskräftig. Die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.

 

Der BF war bis zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Besitze eines unbefristeten Sichtvermerkes und hielt sich daher bis dahin legal im Bundesgebiet von Österreich auf. Sein derzeitiger Aufenthalt gründet sich auf § 19 AsylG 2003.

 

2.2. Zum Asylvorbringen:

 

Der BF bringt vor, in seiner Heimat asylrelevant verfolgt zu werden und dort im Falle der Rückkehr keine Lebensgrundlage zu haben. Er habe in Bosnien und Herzegowina den Militärdienst nicht abgeleistet. Deshalb werde er von den dortigen Militärbehörden verfolgt. Außerdem würden ihm Leute aus der Umgebung vorwerfen, dass er nicht am Bosnien-Krieg teilgenommen und deshalb sein Heimatland verraten hätte. Eine Ausweisung sei außerdem unzulässig, da er seine gesamten familiären Bindungen in Österreich habe und durch die Ausweisung in seinem Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens beeinträchtigt werde.

 

Das Asylvorbringen ist - wie unten noch näher darzustellen sein wird - weder glaubhaft noch rechtlich begründet. Es wurde aus dem Stande der Strafhaft, kurz vor der Entlassung gestellt, um eine aufgrund des rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbotes drohende Abschiebung zu verhindern. Im Falle der Rückkehr droht dem BF weder asylrelevante Verfolgung seitens staatlicher Behörden noch eine solche von Privaten. Außerdem würde der BF im Falle der Rückkehr weder einer unmenschlichen Bestrafung noch einer die Existenz bedrohenden Lage ausgesetzt werden. Eine Ausweisung würde allerdings das Recht auf Achtung des Familienlebens ungerechtfertigt beeinträchtigen.

 

2.3. Zum Herkunftsland des BF:

 

"Der Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina (BIH) wurde im Dezember 1995 nach dreieinhalbjährigem Krieg durch das Daytoner Rahmenabkommen für den Frieden geschaffen. Er ist aufgeteilt in zwei flächenmäßig gleich große Landesteile (Entitäten): die Republika Srpska mit der Hauptstadt Banja Luka und die Föderation mit der Hauptstadt Sarajewo. Sarajewo ist gleichzeitig Hauptstadt des Gesamtstaats. Die BIH-Gesamtstaatsverfassung wurde im Anhang des Dayton-Abkommens verabschiedet. BIH ist ethnisch fragmentiert.

 

Die Republika Srpska (RS) ist zentral organisiert und in Gemeinden gegliedert. Über 90% der RS-Bevölkerung sind heute serbischer Herkunft.

 

Die Föderation (FBIH) gliedert sich in zehn Kantone; jeder Kanton setzt sich aus mehreren Gemeinden zusammen. Der südwestliche Teil der FBIH wird mehrheitlich von Kroaten bewohnt (Kantone 8 und 10: Westherzegowina und Livno), ebenso im Norden der FBIH der Kanton 2 (Posavina). In Mittel- und Nordbosnien (Kantone 1, 3, 4, 5, 9: Una-Sana, Tuzla, Zenica-Doboj, Podrinje, Sarajewo) überwiegen die Bosniaken. In Zentralbosnien (Kanton 6) gibt es kroatische Enklaven (z.B. Busovaca, Kiseljak, Vitez) in mehrheitlich bosniakischem Gebiet, auch der Kanton 7 (Herzegowina-Neretva) ist gemischt (kroatisch/bosniakisch)." (Quelle: Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bosnien und Herzegowina vom 07.08.2006)

 

"Repressionen Dritter

 

Es kommt gelegentlich zu Übergriffen auf Personen oder deren Angehörigen aufgrund ihrer politischen Aktivitäten durch Dritte. 2004 wurde z.B. im Ostern der RS (Milici) ein Menschenrechtsaktivist niedergeschlagen. Im Wahlkampf kam es 2004 zu Einschüchterungen von Reportern durch Unbekannte. Ein Reporter wurde in Bosansko Grahovo im Westbosnischen Kanton der FBIH nachts in seinem Haus brutal zusammengeschlagen. Ihm wurden offenbar wegen seiner Berichterstattung die Beine gebrochen. In 2005 sind dem Auswärtigen Amt keine Vorfälle bekannt geworden.

 

Ausweichmöglichkeiten

 

Soweit es sich bei den Opfern von Repressionen um Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgruppen handelt, können sie ihnen grundsätzlich dadurch entgehen, dass sie sich in einen anderen Teil des Staatsgebiets begeben. Die Rückkehr in Mehrheitsgebiete ist für alle drei Ethnien möglich. Der UNHCR weist aber darauf hin, dass sich die Lage für Einzelfälle, z.B. Zeug(inn)en aus Kriegsverbrecherprozessen, Kriegstraumatisierte und intern Vertriebene, anders darstellen kann.

 

Wer sich als Angehöriger einer konstitutiven Volksgruppe - also als Bosniake, Kroate oder Serbe - aus einem sog. "Minderheitsgebiet" in ein "Mehrheitsgebiet" begibt, findet dort "seine" Verwaltung vor. Diese Ausweichmöglichkeiten sind attraktiv für diejenigen, die in die kroatisch dominierten und wirtschaftlich besser gestellten Gegenden ausweichen, sie sind unattraktiv hinsichtlich der wirtschaftlich am Boden liegenden Gegenden der RS, v.a. im Osten des Landes.

 

Todesstrafe

 

EMRK-Protokoll Nr. 6 trat 2003 in Kraft, die Todesstrafe ist abgeschafft. Laut Verfassung garantieren der Gesamtstaat und die Entitäten allen Personen die in der EMRK und den Zusatzprotokollen verankerten Rechte. Beide Entitäten haben inzwischen die Todesstrafe aus den Strafgesetzbüchern gestrichen. Bereits verhängte Todesurteile wurden schon seit Kriegsende nicht vollstreckt bzw. in Haftstrafen umgewandelt."

 

(Quelle: Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bosnien und Herzegowina vom 07.08.2006)

 

"1. Situation für Rückkehrer

 

a. Grundversorgung

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, insbesondere Grundnahrungsmitteln, aber auch mit Kleidung und Heizmaterial, ist landesweit sichergestellt.

 

Die Ernährungslage für Rückkehrer ist jedoch im Zusammenhang mit dem niedrigen Lebensstandard der Gesamtbevölkerung zu sehen. Der durchschnittliche monatliche Nettolohn in der FBIH liegt bei umgerechnet ca. 290 Euro, in der RS bei ca. 200 Euro. Die Versorgungslage für viele Familien bleibt wegen fehlender Einkommen und hoher Arbeitslosigkeit (ca. 40%) schwierig.

 

Ein besonderes Problem ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit (ca. 70%).Die durchschnittliche Rentenhöhe (ca. 60-100 Euro) ist ohne in ländlichen Gebieten übliche, in den Städten oft nicht mögliche Subsistenzwirtschaft unzureichend für eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln für eine Einzelperson. Sozialhilfe beläuft sich auf umgerechnet 5-50 Euro. Ein Fünftel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze und hat weniger als 150 Euro monatlich zur Verfügung. Die Armut in BIH gilt als ein Grund für die sinkende Lebenserwartung. Laut einem UNICEF-Bericht lag die Sterblichkeitsrate 1970 bei 7/000, 2003 bei 8/000. Die Kindersterblichkeit lag 2005 bei 14.5/000 (europäischer Durchschnitt: 9.3/000).

 

Humanitäre Hilfsprogramme aus dem Ausland, z.B. in Form von einkommensschaffenden Maßnahmen für Rückkehrer, spielen nach wie vor eine Rolle. Die Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Wiederherstellung von Wohnraum sind auf beide Landesteile ausgerichtet. Mangels anderer Möglichkeiten müssen Rückkehrer häufig in Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden. Ebenso wie die Belegung variiert auch die Qualität der Unterkünfte. Mitte 2006 waren laut UNHCR noch ca. 1.300 Asylbewerber, Flüchtlinge und intern Vertriebene in Sammelunterkünften untergebracht:

 

Die Behandlung der Rückkehrer durch Dritte ist abhängig davon, ob eine Rückkehr in Minderheitengebiete oder Mehrheitsgebiete vorliegt. In Minderheitengebieten kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Rückkehrer oder zur Zerstörung ihrer Wohnungen und Häuser. Die Situation in vormals umstrittenen Städten hat sich jedoch verbessert. Während sich die Vorfälle in der FBIH meist auf verbale Angriffe und Sachbeschädigungen beschränkten, kommt es auch heute noch in der RS zu Angriffen mit Schusswaffen, schwerer Sachbeschädigung, dem Einsatz von Sprengstoff, Körperverletzungen und Todesfolgen. Die meisten Übergriffe in der FBIH ereignen sich in kroatischen Mehrheitsgebieten: Capljina, Livno sowie West-Mostar. Aber auch Diskriminierungen von kroatischen Rückkehrern sind nicht ausgeschlossen, z.B. in der Gegend um Vare¿.

 

Städtische Gebiete wie Zenica und Sarajewo sind in besonderem Maße Rückkehrziele für

 

Minderheiten, Diskriminierungen haben dort eher Ausnahmecharakter.

 

Rückkehrer in Mehrheitsgebiete sind zuweilen Konflikten ausgesetzt. Ursachen hierfür können ökonomischer Natur sein (Eigentumsverhältnisse, angespannter Arbeitsmarkt), z.T. bestehen gegen Rückkehrer aber auch Ressentiments. Sie finden daher oft eine unfreundliche Aufnahme bis hin zu gelegentlichen Feindseligkeiten. In Einzelfällen werden Rückkehrer als vermeintlich vermögende und privilegierte Personen beraubt oder erpresst."

 

(Quelle: Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bosnien und Herzegowina vom 07.08.2006)

 

Anfragebeantwortung durch VB Attachè Michael Maierl, 23.7.2007

 

Nach der Abschaffung der Wehrpflicht existiert in Bosnien-Herzegowina nur noch eine professionelle Armee: diese ist dem Verteidigungsministerium untergeordnet. Wer der Einberufung in der Vergangenheit nicht gefolgt ist, wird nicht gerichtlich verfolgt. Zwar wurde dazu kein besonderes Gesetz (Amnestie) erlassen, dies ist eine"leise" Entscheidung. Die Angelegenheiten bezüglich Wehrpflicht, Evidenz der wehrpflichtigen Personen usw. wurden in der Vergangenheit von Büros des Verteidigungsministeriums in den Gemeinden bearbeitet. Diese Büros sind aufgelöst worden, die Evidenz der Wehrpflichtigen Personen ist nicht mehr in der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums und dort auch nicht mehr präsent.

 

BAMF, Informationszentrum Asyl und Migration, Bosnien und Herzegowina,

 

Länderreport Band 1, April 2007

 

Das Militär wurde 2005 reformiert. Durch das neue Verteidigungsgesetz und das Wehrdienstgesetz wurde eine gesamtstaatliche Armee geschaffen. Die Armeen der Entitäten wurden abgeschafft, die Wehrpflicht ebenfalls. Es finden auch keine Rekrutierungen mehr statt. Die Streitkräfte befinden sich nach Abschaffung der Wehrpflicht 2005 mit noch überwiegend rein ethnischen Verbänden in einem Transformationsprozess. 2006 wurden ein gesamtstaatliches Verteidigungsministerium sowie ein streitkräftegemeinsamer Generalstab gegründet. Auch wurde auf multiethnische Bataillonsstruktur umgestellt. Ziel ist, bis Ende 2007eine Armee mit 10.000 Zeit- und Berufssoldaten zu schaffen, die in ihrer Struktur dann weitgehend NATO-Standards angeglichen sein soll.

 

3. Beweiswürdigung

 

3.1. Die Identität, Herkunft und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und den unbedenklichen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

 

3.2. Die vier rechtkräftigen Verurteilungen des BF wegen Einbruchsdiebstahles durch österreichische Strafgerichte sind dem beigeschafften Strafregisterauszug zu entnehmen und werden vom BF auch nicht bestritten.

 

3.3. Der Asylgerichtshof folgt den Angaben des BF darüber, dass er in Bosnien und Herzegowina den Militärdienst nicht abgeleistet hat. Dies vor allem deshalb, weil er erwiesenermaßen den größten Teil seines Lebens in Österreich verbracht hat und die Nichtableistung des Militärdienstes auch vom Verteidigungsministerium von Bosnien und Herzegowina zweifelsfrei bestätigt wurde.

 

Die Angaben des BF über die in seinem Heimatort drohende Verfolgung seitens staatlicher Organe und von Privaten sind jedoch nicht glaubhaft. Über den BF wurde ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot verhängt. Es drohte ihm unmittelbar nach der Entlassung aus der Strafhaft die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina, dessen Staatsangehöriger der BF zu diesem Zeitpunkt noch war. Der BF hat bis dahin zu keiner Zeit je einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt, obwohl er sich bereits jahrelang (seit seiner Kindheit) in Österreich aufgehalten hat - dies nicht einmal, als angeblich sein Elternhaus angezündet worden war. Auch dieses Ereignis ist als nicht glaubhaft anzusehen. Der BF hat im gesamten erstinstanzlichen Verfahren und auch in der Berufung ein derartiges Ereignis nicht erwähnt, obwohl er schon bei der ersten Einvernahme aufgefordert worden war, alle Tatsachen im Zusammenhang mit seinem Asylansuchen mitzuteilen. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat er keinen genaueren Zeitpunkt als die Jahre 2000 bis 2001 für dieses Ereignis genannt. Dass der BF gehindert gewesen wäre, diesen Umstand schon zu einem frühern Zeitpunkt anzuführen bzw. genauere Angaben dazu zu machen, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Aufgrund des Umstandes, dass dieses Ereignis erst in der Beschwerdeverhandlung erstmals erwähnt wurde und der äußerst vagen Beschreibung geht der Asylgerichtshof davon aus, dass es nicht den Tatsachen entspricht. Andernfalls hätte der BF angesichts der Wichtigkeit eines derartigen Ereignisses im Hinblick auf ein Asylvorbringen wohl schon früher, wenn nicht gleich zu Beginn des Asylverfahrens darauf hingewiesen.

 

Die Stellung des Asylantrages steht somit ausschließlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der drohenden Abschiebung wegen der Begehung beträchtlicher Straftaten in Österreich. Der Asylgerichtshof zieht daraus den Schluss, dass der BF nun eine Scheinbegründung geltend macht, um der drohenden Abschiebung zu entgehen. Die scheinbar befürchtete Vorgangsweise der Militärbehörde in Bosnien und Herzegowina deckt sich auch keineswegs mit der derzeitigen Lage im Herkunftsland, wo die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wurde und eine staatliche Verfolgung schon aus diesem Grunde ausgeschlossen werden kann. Aber auch die Verfolgung durch Private ist nicht plausibel. Auch wenn eine skeptische oder vielleicht sogar feindselige Einstellung der ansässigen Bevölkerung gegenüber Rückkehrern möglich ist und insbesondere auch aufgrund der vorliegenden Berichte nicht immer von der Hand gewiesen werden kann, ist im gegenständlichen Fall eine solche nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Zum einen befindet sich der Vater des BF bereits seit einigen Jahren wieder in seiner Heimat und geht dort unbehelligt seiner Arbeit als Landwirt nach. Zum anderen war der BF zur Zeit des Bosnien-Krieges im Alter von 13 - 16 Jahren. Damit hätte er bereits als Kind am Bosnien-Krieg teilnehmen müssen. Ein aus der Nichtteilnahme resultierender Vorwurf ist unter diesen Umständen nicht wahrscheinlich. (Dieser würde sich bei Wahrunterstellung wohl eher gegen den Vater des BF richten, der sich während des Bosnien-Krieges ebenfalls in Österreich aufgehalten hat.)

 

3.4. Die Feststellungen zur Situation im Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina, zur dortigen Sicherheitslage und Rückkehrsituation stützen sich auf die aus der internationalen Berichterstattung allgemein bekannten Tatsachen sowie auf die zitierten aktuellen Quellen. Die Parteien des Verfahrens sind den in der Beschwerdeverhandlung erörterten Feststellungen nicht entgegengetreten. Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der mit der internationalen Berichterstattung übereinstimmenden Inhalte besteht für den Asylgerichtshof kein Grund, die Richtigkeit der Länderfeststellungen in Zweifel zu ziehen. Die zitierten Berichtsauszüge ergeben ein ausgewogenes und anschauliches Bild über die derzeitige Lage im Herkunftsland des BF.

 

4. Rechtlich folgt:

 

4.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter zu führen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Richter stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

4.2. Gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: AsylG) hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951, BGBL. Nr. 55/1955, iVm Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

4.3. Gem. § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG), wenn ein Asylantrag abzuweisen ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Wenn der Asylantrag abzuweisen ist und die Überprüfung gem. Abs. 1 ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde gem. Abs. 2 leg. cit. diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBL I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Im § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wird auf die Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen. Folglich ist hinsichtlich der Prüfung des Refoulements auf § 50 FPG abzustellen.

 

Gem. § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gem. Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

5. Abweisung des Antrages auf Gewährung von Asyl gemäß § 7 Asylgesetz

 

5.1. Der BF macht Drohung durch Angehörige der Militärbehörde aber auch durch Privatpersonen geltend, weil er den Militärdienst in Bosnien und Herzegowina nicht abgeleistet hat bzw. während des Bosnien-Krieges mit seiner gesamten Familie in Österreich aufhältig war und damit nicht am Krieg teilgenommen hat. Er werde von der in seiner Heimat ansässigen Bevölkerung als "Verräter" angesehen.

 

5.2. Die staatliche Verfolgung ist im konkreten Fall - wie sich aus den erörterten Länderberichten ergibt - nicht wahrscheinlich. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Militärbehörde den BF, der nicht am Krieg teilgenommen hat bzw. altersbedingt noch gar nicht wehrpflichtig war, mehr als 14 Jahre nach Ende des Krieges strafrechtlich wegen Verweigerung des Militärdienstes oder aus anderen Gründen verfolgt. In der Republik Bosnien und Herzegowina wurde im Jahr 2005 die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft. Eine Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes trifft den BF daher nicht. Somit hat er auch keine Verfolgung aus dem Grund zu befürchten, dass er dem Militärdienst bisher nicht nachgekommen ist. Andererseits würde die Furcht vor Ableistung des Militärdienstes grundsätzlich keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft darstellen, da die Militärdienstpflicht alle in einem entsprechenden Alter befindlichen männlichen Staatsbürger in gleicher Weise trifft (VwGH 28.02.1996, 95/01/0489). Schließlich ist festzustellen, dass der BF auf die bosnische Staatsbürgerschaft verzichtet hat und dieser Verzicht von der Republik Bosnien und Herzegowina auch bereits angenommen wurde. Die Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes würde auch aus diesem Grund nicht bestehen.

 

5.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dem Staat zuzurechnende Verfolgungshandlung nicht nur dann vor, wenn diese unmittelbar von staatlichen Organen aus Gründen der Konvention gesetzt werden, sondern es kann eine dem Staat zuzurechnende asylrelevante Verfolgungssituation auch dann gegeben sein, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, von Privatpersonen ausgehende Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, sofern, diesen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - Asylrelevanz zukommen sollte (VwGH 08.07.2000/ 99/20/0203; 21.09.2000, 98/20/0557). Dem BF wäre es als bosnischen Serben möglich, zumindest in das Gebiet der Republika Srpska zurückzukehren. Dort würde er serbische Verwaltung vorfinden; d.h. im Falle der Bedrohung durch Private auch polizeilichen Schutz in Anspruch nehmen können. Der BF hat nicht behauptet und auch nicht glaubhaft dargelegt, dass ihm die serbisch besetzte Polizei auf dem Gebiet der Republika Srpska, im Falle der Bedrohung durch Private keinen Schutz gewähren würde.

 

5.4. Das vom BF erstattet Vorbringen entspricht - wie schon oben ausgeführt - nicht den Tatsachen. Schon von daher ist es nicht geeignet, unter die Bestimmungen des Asylgesetzes und der Genfer Flüchtlingskonvention subsumiert zu werden, da das Vorbringen jedenfalls glaubhaft sein muss, um es auf seine Asylrelevanz prüfen zu können (zur Glaubhaftmachung vergleiche stellvertretend für viele VwGH 16.09.1993, 92/01/0787). Folglich ist es dem BF nicht gelungen, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen asylrelevanter Verfolgung iSd Artikel 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) glaubhaft zu machen. In Ermangelung des Vorliegens dieser conditio sine qua non kann daher der Asylantrag des BF vom 12.11.2004 nicht positiv beschieden werden.

 

5.5. Aber auch im Falle der Wahrunterstellung des Vorbringens wäre die Asylgewährung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Die Flüchtlingseigenschaft kommt nicht zu, wenn eine "inländische Fluchtalternative" offen steht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates beziehen. Dieser Begriff trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art I Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (zB. VwGH 10.03.2994, 93/01/0079 "In keinem Teil des Herkunftsstaates darf Verfolgungssicherheit bestehen," mit Verweis auf Steiner, Österreichisches Asylrecht, 30; siehe auch VwGH 08.06.2000, 99/20/0597 u.a.). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614; 08.09.1999, 98/01/0503; 08.06.2000, 99/20/0597; 19.10.2000, 98/20/0430). Auch wenn - unter der Voraussetzung, dass das Vorbringen den Tatsachen entspricht - eine Rückkehr in die Herkunftsregion seiner Eltern (der BF hat außer einem maximal 6-jährigen Aufenthalt keinen weiteren Bezug zu dieser Region) - wegen Feindseligkeiten seitens der örtlich ansässigen Bevölkerung eine Eingliederung fraglich erschiene, stünde es dem BF frei und wäre ihm auch zuzumuten, Aufenthalt in einer anderen Region der Republika Srpska oder in einer der größeren Städte von Bosnien und Herzegowina zu nehmen, wo einerseits ethnische Gegensätze aufgrund der stärkeren Anonymität im urbanen Umfeld nicht eine derart gravierende Rolle spielen und andererseits die Möglichkeiten für den Aufbau einer Existenz vielfältiger vorhanden sind als in ländlichen Gebieten. In aus Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative resultierenden schlechteren wirtschaftlichen oder sozialen Bedingungen allein kann keine staatliche Verfolgung erblickt werden, vorausgesetzt, der Asylwerber gerät in dem in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage, die ihm jegliche Existenzgrundlage entzieht (VwGH 08.06.2000, 99/20/0597; 19.10.2000, 98/20/0430). Im konkreten Fall könnte die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage dadurch abgefedert werden, dass sein Vater, der sich seit ca. 9 Jahren wieder in seiner Heimat aufhält und eine Landwirtschaft betreibt, den BF unterstützt. Die Inanspruchnahme der Unterstützung innerhalb der Familie wäre zumutbar und würde dem BF zumindest für die Anfangszeit bis er sich selbst eine Existenzgrundlage geschaffen hat, vor einer Notlage bewahren. Insofern wäre ein Mindestmaß an Existenz gesichert und dem BF die Existenzgrundlage nicht entzogen. Gründe in der Person des BF, welche die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative unzumutbar erscheinen lassen, konnte der Asylgerichtshof nicht feststellen. Der BF machte keinerlei Gründe geltend, die in seiner Person liegen und gegen die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen würden. Im Verfahren sind solche auch sonst nicht hervorgekommen. Er ist weder krank noch in einem Alter, das ihn hindern würde, etwa durch Ausübung seines Installateurberufes oder als Kraftfahrer, unter Umständen auch durch Annahme von Hilfsarbeiten die für sein Leben notwendigen Mittel zu beschaffen. Wenn auch die wirtschaftlichen Bedingungen in der Republika Srpska schlechter als in Österreich sind, schließt dies ein wirtschaftliches Fortkommen nicht aus bzw. lässt dies die Annahme nicht zu, dass dem BF dadurch die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre.

 

Im Ergebnis stünde dem BF daher die innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung und wäre ihm eine solche auch zumutbar. Somit wäre im Falle der Wahrunterstellung des Vorbringens die Asylgewährung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen.

 

6. Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz:

 

6.1. Der Fremde hat glaubhaft zu machen, dass er im Sinne des § 50 Absatz 1 und Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz (vormals § 57 Absatz 1 und 2 Fremdengesetz) aktuell bedroht ist, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, Zahl 2000/01/0443; VwGH 26.2.2002, Zahl 99/20/0509). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, Zahl 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 Absatz 1 Asylgesetz zu beachten (VwGH 25.1.2001, Zahl 2001/20/0011, damals noch zu § 8 Asylgesetz vor der Novelle 2003). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, Zahl 93/18/0214). Der Prüfungsrahmen des § 50 Fremdenpolizeigesetz (vormals § 57 Fremdengesetz) ist durch § 8 (nunmehr: § 8 Absatz 1) Asylgesetz auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt (VwGH 22.4.1999, Zahl 98/20/0561).

 

6.2. Aber auch für diesen Fall gilt, dass dies nur dann relevant wird, wenn ein glaubhaftes Vorbringen dargelegt wurde. Dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits oben unter Pkt. II.5 ausführlich erläutert. Weiters ist für den Fall der Wahrunterstellung ebenfalls auf das Vorhandensein einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative zu verweisen. Der vorliegende Fall wurde bereits unter II.5. einer asylrechtlichen Prüfung unterzogen und festgestellt, dass dem BF die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zumutbar ist. Insofern braucht es lediglich eines Verweises auf die dortigen Ausführungen und kann aus dem gleichen Grund keine konkrete Gefährdung des BF im Falle der Abschiebung in den Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina gem. § 50 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz festgestellt werden.

 

6.3. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in dessen Herkunftsstaat Artikel 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt würde oder für den BW als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes gegeben ist (§ 50 Absatz 1 Fremdenpolizeigesetz). Es besteht kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. In Bosnien und Herzegowina besteht aktuell keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgesetzt wäre. Der BF hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" glaubhaft behauptet, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte. Auch in diesem Zusammenhang ist in Betracht zu ziehen, dass dem BF die Aufenthaltsnahme in serbischen Gebieten des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina oder in einer der größeren Städte offen steht und infolge seiner nicht beeinträchtigten psychischen und physischen Verfassung zumutbar ist. Einen internationalen oder innerstaatlichen Konflikt, der den BF im Falle der Rückkehr als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt am Leben bedroht, gibt es im Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina derzeit nicht.

 

Es ergab sich somit kein Abschiebungshindernis, so dass die Gewährung von subsidiärem Schutz ausgeschlossen ist.

 

7. Zulässigkeit der Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien Herzegowina gemäß § 8 Absatz 2 Asylgesetz:

 

7.1. Ausgehend von den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17.03.2005, Vfslg. 17.516, dargestellten Rechtgrundsätzen haben die Asylbehörden gem. § 8 Abs. 2 AsylG ihre den Asylantrag abweisende und Refoulementschutz verneinende Entscheidung im Regelfall mit einer Ausweisung des Asylwerbers in den Herkunftsstaat zu verbinden.

 

7.2. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 26.06.2007, Zl. 2000/01/0479, erlaubt Art. 8 Abs. 2 EMRK Eingriffe in die grundrechtliche Position des Asylwerbers - so sie gesetzlich vorgesehen sind - nur soweit, als diese Maßnahmen in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Die Regelung erfordert daher eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen (Hinweis Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; und jüngst das E des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2007, B 2126/06, mit Verweis auf die vom EGMR entwickelten Kriterien im Fall Boultif und im Fall Üner). In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden und seiner Familienangehörigen sowie die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist - wie der Verfassungsgerichtshof in dem obzitierten Erkenntnis klargestellt hat und es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen entspricht - neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, die bei Ausweisungsentscheidung der Asylbehörden heranzuziehen sind, auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. dazu etwa die hg. E vom 20. März 2001, Zl. 98/21/0448, vom 24. April 2007, Zl. 2007/18/0173, und jeweils vom 15. Mai 2007, Zl. 2006/18/0107, und Zl. 2007/18/0226).

 

In dem - zu einer Ausweisung nach dem Asylgesetz 2005 - ergangenen Erkenntnis vom 29. September 2007, B 1150/07, führt der VfGH aus, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht. Hiebei nennt der VfGH - jeweils mit Hinweisen auf Rechtsprechung des EGMR - die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft werde, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung. Letztlich hebt der VfGH hervor, dass auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen sei.

 

Im Ergebnis bringt der BF in der Beschwerde vor, die Ausweisung sei unverhältnismäßig und im Hinblick auf das Wohlverhalten seit der Entlassung aus der Strafhaft sowie in der Probezeit von 3 Jahren nicht zur Verhinderung von strafbaren Handlungen erforderlich.

 

Der Asylgerichtshof betrachtet den BF als Einwanderer der zweiten Generation mit einer nur mehr marginalen Beziehung zu Bosnien und Herzegowina. Er ist in Österreich als Kind bosnischer Serben, die legal in Österreich aufhältig waren, geboren und hat den größeren Teil seiner Kindheit, die Schul- und Berufsausbildung sowie sein gesamtes Leben als Erwachsener in Österreich verbracht. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde hat er sich bereits seit über 18 Jahre - seit 1987 rechtmäßig - in Österreich aufgehalten, lebt seit vielen Jahren mit der österreichischen Staatsangehörigen S. H. zusammen, welche er 2004 geheiratet hat. Dieser Beziehung entstammt das Kind C. N., geb. am 00.00.1997. Die minderjährige Tochter N. beherrsche nach den Beschwerdeausführungen die bosnische Sprache nur in einigen Bruchstücken. Mit Ausnahme seines Vaters lebt die gesamte Familie des BF (Mutter und Bruder) noch immer in Österreich. Es ist auch festzustellen, dass der BF auf die Staatsbürgerschaft von Bosnien und Herzegowina durch Erklärung verzichtet hat und dieser Verzicht von der Republik Bosnien und Herzegowina auch angenommen wurde. Der BF ist somit als staatenlos anzusehen, da ihm in der Zwischenzeit eine andere Staatsbürgerschaft nicht verliehen wurde.

 

7.3. Es ist unbestritten und wurde auch vom Bundesasylamt nicht in Zweifel gezogen, dass die Ausweisung einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des BF darstellt. Es bleibt auch unbestritten, dass seit 05.08.2003 ein rechtkräftiges und gültiges Aufenthaltsverbot gegen den BF vorliegt und sich dieser somit seit diesem Datum nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhält. Das Aufenthaltsverbot hat die bereits oben erwähnten strafgerichtlichen Verurteilungen zur Grundlage. Der Asylgerichtshof hat auch festgestellt, dass der Asylantrag unbegründet ist und nur mit dem Zweck gestellt wurde, die aufgrund des Aufenthaltsverbotes drohende Abschiebung zu verhindern.

 

7.4. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte können selbst langjährig niedergelassene Fremde, die im Gastland geboren wurden oder aufgewachsen sind, aus Art. 8 EMRK kein Recht ableiten , nicht wegen ihrer Straffälligkeit abgeschoben (resp. ausgewiesen) zu werden. Es ist lediglich zu beachten, dass bei Verhängung der Ausweisung ein fairer Ausgleich zwischen dem Recht des BF auf Achtung seines Privat- und Familienlebens auf der einen und dem öffentlichen Interesse an der Verhütung von Straftaten auf der anderen Seite getroffen wird. Dabei sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die Kriterien, welche der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte etwa im Fall Maslov gegen Österreich (Urteil vom 22.03.2007, Kammer I, Bsw. Nr. 1.638/03) ausgearbeitet hat, von wesentlicher Bedeutung. Diese sind: Die Art und Schwere der vom BF begangenen Straftaten; die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich; die Zeit, die zwischen Begehung der Straftaten und der Verhängung des Aufenthaltsverbotes vergangen ist und das Verhalten des BF in dieser Zeit und schließlich seine sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zu Österreich und zu seinem Herkunftsland Bosnien und Herzegowina.

 

7.5. Der BF ist ausschließlich wegen zahlreicher Begehung von Einbruchsdiebstählen rechtskräftig verurteilt worden. Der Asylgerichtshof stellt nicht in Abrede, dass die vom BF begangenen Straftaten von einer gewissen Schwere waren und dass insbesondere die Häufigkeit und kurze Aufeinanderfolge in zeitlicher Hinsicht negativ ins Gewicht fallen. Es sind auch die schweren Strafen nicht unbedeutend, immerhin wurden Haftstrafen von insgesamt mehr als vier Jahren verhängt. Eine Verurteilung wegen einer Gewalttat findet sich darunter aber nicht. In der Gesamtschau ist dennoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die zwei ersten Verurteilungen (von insgesamt vier) noch als Jugendstraftat geahndet wurden. Bei den weiteren Straftaten war der BF noch mindestens ein Mal als "junger Erwachsener" (vom 18. bis zum 21.Lebensjahr) anzusehen. Schließlich ist zu beachten, dass stets eine vorzeitige Entlassung unter Festsetzung einer Probezeit von jeweils 3 Jahren erfolgt war. Im ersten Fall musste die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe zwar wegen neuerlicher Straffälligkeit widerrufen werden. Bei der letzten Verurteilung war jedoch die bedingte Entlassung am 16.11.2004 insoweit erfolgreich als der BF bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht wieder neuerlich straffällig geworden war und sich seither offenbar wohl verhalten hat. Dies mildert die Befürchtung, dass der BF weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen wird.

 

Was die Festigkeit seine sozialen, kulturellen und familiären Bindungen in Österreich betrifft, stellt der Asylgerichtshof fest, dass der BF die entscheidenden Jahre seiner Kindheit und Jugend hier verbrachte und alle engen Familienmitglieder hier leben. Er hat sich in Österreich ein eigenes Familienleben schon zu einem Zeitpunkt aufgebaut als er noch im Besitze eines unbefristeten Sichtvermerkes war und dies nicht erst während des schwebenden Asylverfahrens. Wenn auch die Eheschließung erst nach Verhängung des Aufenthaltsverbotes erfolgt war, hat der BF zuvor schon mit seiner späteren Ehefrau zusammengelebt und mit ihr seit 1997 eine gemeinsame Tochter. Die Ehefrau und die Tochter sind österreichische Staatsbürgerinnen. Beide sind in Österreich geboren. Eine (Mit-)Übersiedelung der engsten Familienmitglieder in die Heimatregion des BF mit nachfolgender (Re-)Integration in das bosnisch-serbische Umfeld, zu dem der BF selbst - wenn überhaupt - nur mehr eine lose Bindung über seinen Vater haben kann, erscheint unter diesen Umständen objektiv nicht zumutbar. Die minderjährige Tochter ist überdies nicht mehr in einem Alter (11 Jahre), in dem derartige Veränderungen des Lebensumfeldes gewöhnlich ohne gravierende, u. U. auch nachteilige Auswirkungen in ihrer Entwicklung vor sich gehen würden.

 

Hinsichtlich seiner Bindungen an Bosnien und Herzegowina zieht der Asylgerichtshof zwar in Betracht, dass er die Sprache seiner Heimat beherrscht. (Er beherrscht aber auch die deutsche Sprache, so dass die Beschwerdeverhandlung in Deutsch geführt werden konnte.) Außer seinem Vater hat er jedoch keine engeren Verwandten mehr in Bosnien und Herzegowina. Überdies hat der BF die Staatsbürgerschaft von Bosnien und Herzegowina erklärtermaßen und auch wirksam aufgegeben, was gravierend für die gewollte Aufgabe von Bindung an den Heimatstaat spricht.

 

7.6. Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere der Art und Schwere der Straftaten, die als nicht gewalttätige Delinquenz in zum größten Teil jugendlichem Alter betrachtet werden müssen, dem Wohlverhalten des BF nach seiner Haftentlassung und dem Fehlen von Bindungen zu seinem Herkunftsland, sowie der Unzumutbarkeit einer Nachfolge der engsten Familienmitglieder erscheint die Ausweisung unverhältnismäßig zum verfolgten Ziel und würde diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen. Die vom Bundesasylamt mit Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides verfügte Ausweisung war daher ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Aufenthaltsverbot, bestehendes Familienleben, Ehe, Glaubhaftmachung, innerstaatliche Fluchtalternative, Interessensabwägung, mangelnde Asylrelevanz, Militärdienst, non refoulement, private Verfolgung, soziale Verhältnisse, Spruchpunktbehebung-Ausweisung, staatlicher Schutz, strafrechtliche Verfolgung, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
10.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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