TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 C2 261168-2/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

C2 261168-2/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Marth als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Fischer-Szilagyi als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Geiger Anja über die Beschwerde des S.A., geb. 00.00.1990, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2007, FZ. 05 05.422-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung von S.A. vom 19.12.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2007, Zahl: 05 05.422-BAW, wird abgewiesen gemäß § 7 AsylG.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

I.1. Verfahrensgang

 

Die nunmehr berufende Partei hat am 16.4.2005 einen Asylantrag gestellt.

 

Vor der Asylantragstellung wurde die nunmehr berufende Partei am 16.04.2005 durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Wien einvernommen. Vor diesem wurde der Asylantrag gestellt und wie folgt begründet: "Ich habe in meinem Heimatland Schafe für jemand anderen gehütet, es kamen Bewaffnete und raubten die Schafe. Der Besitzer der Schafe glaubte mir nicht und wollte von mir Geld. Ich wurde einen Tag von ihm in einen Keller eingesperrt und ich bin dann deshalb aus meinem Heimatland geflüchtet." (Siehe Seite 9 f)

 

In der Einvernahme am 19.04.2005 wurde der Berufungswerber kurz zu seinen Fluchtgründen befragt und wiederholte zusammengefasst die unter ii. dargestellten und vor der Polizei angegebenen Fluchtgründe. Nach Durchführung einer Rechtsberatung wurde der Berufungswerber am 25.04.2005 abermals einer Einvernahme unterzogen. In dieser gab es jedoch keine Befragung hinsichtlich seiner Fluchtgründe.

 

Mit Bescheid vom 23.05.2005 wurde der Antrag des Berufungswerbers wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückgewiesen. Nach rechtzeitiger Berufung wurde dieser Bescheid jedoch durch Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.10.2005 behoben.

 

Der Berufungswerber wurde am 12.06.2006 abermals einer Einvernahme unterzogen und wiederholte in dieser zusammengefasst wieder seine vorgebrachten Fluchtgründe (Siehe Seite 347 ff).

 

Nach Beischaffung von medizinischen Unterlagen wurde der Berufungswerber zu einem medizinischen Sachverständigen (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) geladen, welcher im Gutachten vom 19.06.2007 (Seite 385 ff) ausführt, dass der Berufungswerber für ein bis zwei Jahren eine "Emotional Instabile Persönlichkeit" von impulsiven Typ festzustellen gewesen wäre. Durch regelmäßige psychotherapeutische Behandlungen hätte sich das Zustandsbild jedoch wesentlich gebessert. Zum Zeitpunkt des Gutachtens sei keine ausreichende Symptomatik fassbar, die zu einer Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen würde, wobei eine solche abgelaufene Posttraumatische Belastungsstörung nicht mit völliger Sicherheit ausschließbar sei. Der Berufungswerber sei in der Lage sein Interesse im Verfahren wahrzunehmen, wenn Bedacht genommen wird, dass dieser erst 17 Jahre alt sei.

 

Am 13.09.2007 wurde der Berufungswerber abermals ergänzend einvernommen und gab über Vorhalt des Gutachtens zu diesem keine Stellungnahme ab.

 

Nach Durchführung des dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der unter i. bezeichnete Asylantrag der berufenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 13.12.2007 erlassen am 18.12.2007, abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der berufenden Partei nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG unzulässig ist. Der berufenden Partei wurde darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.12.2008 erteilt. Das Bundesasylamt hat im gegenständlichen Bescheid die Abweisung des Asylantrages damit begründet, dass der nunmehrige Berufungswerber keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung in Afghanistan glaubwürdig machen konnte. Dies wurde wie folgt begründet:

 

"Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan gründen sich auf die o.a. Quellen.

 

Die Behörde schenkt dem Amtswissen deshalb größere Glaubwürdigkeit weil dieses aus verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen stammt, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Die ausgewogene Auswahl der Quellen zeigt in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmend das geschilderte Bild über die aktuelle Lage in Afghanistan.

 

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers ergeben sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen hinsichtlich seiner afghanischen Staatszugehörigkeit bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt, sowie den Angaben des Dolmetschers, wonach der Antragsteller aufgrund seiner Aussprache und der Verwendung seiner Muttersprache ein Afghane ist.

 

Die Feststellung zur erkennungsdienstlichen Behandlung in Griechenland und den dort vom ASt zu seiner Person gemachten Angaben ergibt sich aus der Zustimmungserklärung der griechischen Behörden vom 07.05.2005.

 

Aus dem im Akt befindlichen psychiatrisch-neurologischen Gutachten von Univ. P. ergibt sich die Feststellung zum Gesundheitszustand des ASt.

 

Im Asylverfahren ist es aber nicht ausreichend, dass der Antragsteller Behauptungen aufstellt, sondern muss er diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, den Handlungsabläufen und den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Antragsteller persönlich glaubwürdig auftreten.

 

Das Vorbringen des ASt vermochte diesen Voraussetzungen jedoch nicht zu entsprechen, da er insbesondere zu seinen persönlichen Daten widersprüchliche Angaben gemacht und er auch sein Fluchtvorbringen keinesfalls schlüssig und logisch nachvollziehbar dargestellt hat.

 

Zu seiner Person hat der ASt zunächst am 16.04.2005 bei einer niederschriftlichen Einvernahme im PK Margareten im Beisein eines Dolmetschers angegeben, dass er S.A. heißen würde und 1989 - wann genau, wisse er nicht - geboren sei.

 

Abweichend davon gab der ASt im Zuge der Einvernahme in der EAST Ost an, am 00.00.1990 (=00.00.1369) geboren zu sein - das Geburtsdatum, das er der Polizei gegenüber angegeben habe, würde nicht stimmen. Im Übrigen kenne er sein genaues Geburtsdatum, weil ihm dieses seine Mutter gesagt hätte.

 

Bei der Einvernahme in der Außenstelle Wien hingegen behauptete der ASt nun aber, er wäre am 00.00.1990 geboren (=00.00.1369) - und behauptete ungeachtet dessen, dass die Einvernahmen in der EAST Ost im Beisein eines Rechtsberaters als gesetzlichen Vertreters durchgeführt und vom Dolmetscher rückübersetzt wurde schlicht, er hätte immer dieses Datum angegeben.

 

Beweismittel, insbesondere identitätsbezeugende Dokumente - für die Angaben zu seiner Person konnte der ASt nicht in Vorlage bringen. Vor allem ergibt sich weiters aus dem eingeleiteten Konsultationsverfahren aber auch, dass der ASt in Griechenland unter dem Namen S.A., S.A..1983 geb., StA: Afghanistan, in Erscheinung getreten ist.

 

Weitere Widersprüche in den persönlichen Angaben des ASt resultieren ferner daraus, dass er in der EAST Ost noch davon sprach, sein Vater sei vor ca. 10 Jahren verstorben während er in der Außenstelle Wien behauptete, dieser wäre vor ca. 6 Jahren verstorben - und dass er nun im Gegensatz zu den bisherigen Angaben auch nicht mehr von seiner Mutter, sondern von seiner Stiefmutter sprach, obwohl er bei Aufnahme der Daten noch dezidiert angab, dass sein Vater verstorben sei, seine Mutter aber noch leben würde.

 

Somit ist dem ASt schon aufgrund dieser angeführten Widersprüche die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen und kann schon allein deshalb seinem Fluchtvorbringen auch keine Glaubwürdigkeit beschieden werden.

 

Betrachtet man nun aber das Fluchtvorbringen des ASt selbst, so erscheint auch dieses keinesfalls plausibel nachvollziehbar.

 

Zunächst ist zu erwähnen, dass der ASt in der EAST Ost auch zu seinem Aufenthalt in Griechenland widersprüchliche Angaben tätigte - und zwar trotz zuvor erfolgter Belehrung über die möglichen Konsequenzen falschern Angaben - und diese erst auf Vorhalt des Datums der erkennungsdienstlichen Behandlung korrigierte.

 

Während der ASt in der Außenstelle Wien davon sprach, er wäre nach dem Diebstahl von 50 Schafen, die er als Hirte beaufsichtigt hätte, nach Hause gegangen und von den Besitzern der Schafe für einen Tag und eine Nacht lang in einer ihrer Unterkünfte - genau in einem Zimmer eines der Schafbesitzer - festgehalten worden, hatte er in der EAST Ost dazu noch angegeben, vom Besitzer der Schafe im Keller festgehalten worden und dann geflüchtet zu sein. Der ASt beschrieb den Raum, in welchem er festgehalten wurde, in der Außenstelle Wien dezidiert als Zimmer - und nicht wie in der EAST Ost behauptet als Keller und ergibt sich daraus nun, dass er zu einem wesentlichen Element seiner Fluchtgeschichte, nämlich zur Anhaltung durch die Schafbesitzer eindeutig widersprüchliche Angaben gemacht hat. Abgesehen davon ist es auch keinesfalls nachvollziehbar, warum der ASt als Schafhirte, der dies seinen Angaben zufolge immerhin schon drei, vier Jahre lang im Sommer gemacht haben will, nicht einmal die Dauer der Trächtigkeit eines Schafes weiß - und warum man überhaupt ihn, der als gefesselter Hirte zu den Schafbesitzern zurückkam, dann des Schafdiebstahles bezichtigen sollte.

 

Somit erscheint, abgesehen von der bereits geschilderten persönlichen Unglaubwürdigkeit des ASt, auch dessen Fluchtvorbringen selbst widersprüchlich und nicht plausibel nachvollziehbar.

 

Wie sich aus dem im Akt befindlichen ärztlichen Gutachten ergibt, kann beim ASt zwar eine abgelaufene, posttraumatische Belastungsstörung nicht ausgeschlossen werden, jedoch ist sein Verhalten diagnostisch am ehesten einer instabilen Persönlichkeit vom impulsiven Typ zuzuordnen und ist der ASt auch in der Lage, seine Belange im Verfahren im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst wahrzunehmen. Aus dem Gutachten ergibt sich aber auch nicht, dass die Ursache für eine allenfalls vergangene posttraumatische Belastungsstörung gerade in den vom ASt geschilderten und als fluchtauslösend erachteten Ereignissen ihren Ursprung hat.

 

Im Zusammenhang mit der vom ASt behaupteten nicht gegebenen Schulbildung ist daher aber wohl jedenfalls davon auszugehen, dass es dem ASt zumutbar ist und er auch dazu in der Lage ist, wahrheitsgemäße Angaben zu seiner Person und auch zu seinem Fluchtvorbringen zu machen - was dieser aber, wie gezeigt, ganz eindeutig nicht gemacht hat. Im Übrigen konnte der ASt auch zu seinem Fluchtvorbringen keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen.

 

In einer Gesamtschau betrachtet gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechendem Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere auf Grund des Vorbringens des Antragstellers zu seiner Person, aber auch zu seinen Fluchtgründen, zu dem Schluss kommt, dass der maßgebende, von diesem behauptete seine Person aber auch den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt, nicht den Tatsachen entspricht."

 

Mit am 19.12.2007 beim Bundesasylamt eingebrachter Berufung wurde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid berufen. In der Berufung wiederholte der Berufungswerber im Wesentlichen sein Vorbringen, gab den bisherigen Verfahrensgang wieder und brachte allgemeine Feststellungen zur Situation in Afghanistan vor. Weiters gab er an, dass der Berufungswerber in den insgesamt vier niederschriftlichen Einvernahmen in den wesentlichen Punkten gleichlautend den Sachverhalt präsentiert hätte, der sehrwohl unter den entsprechenden Passagen der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumieren wäre. Hinsichtlich der Widersprüche gab der Berufungswerber an, dass es nicht relevant sei ob der Berufungswerber in einem Zimmer oder einem Kellerabteil festgehalten worden sei. Tatsache sei, dass der Berufungswerber widerrechtlich festgehalten und ihm die Möglichkeit genommen war, sich an eine Dienststelle der lokalen Sicherheitsbehörde um entsprechenden Schutz zu wenden. Ebenso sei nachvollziehbar, dass der minderjährige Berufungswerber seine Stiefmutter, die er die längste Zeit als Mutter bezeichnet hätte, da sie seine erwachsene weibliche Bezugsperson gewesen sei. Der Berufungswerber hätte sie in guter Absicht als seine Mutter bezeichnet. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar in weit die angeblichen Widersprüche nicht mangelhafter Übersetzung geschuldet wären. Der Dolmetscher in der Erstaufnahmestelle Ost wäre ein aus dem Irak stammender Kurde, der die Sprache Farsi nicht im erforderlichen Ausmaß beherrschen würde. Auch hätte man in der Beweiswürdigung nicht entsprechend berücksichtigt, dass die Vorfälle bereits fünf Jahre vergangen gewesen wären. Zum genauen Wortlaut der Berufung siehe die Seiten 513 ff.

 

Im Verfahren vor dem Bundesasylamt wurden die in dem im Spruch bezeichneten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Berufungswerbers in das Verfahren als Beweismittel eingeführt.

 

Weiters wurden im Verfahren vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Asylgerichtshof seitens der berufenden Partei keine Beweismittel vorgelegt bzw. konnten - mangels Identitätsnachweis - solche von Amts wegen nicht beigeschafft werden.

 

I.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

 

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die oben erwähnten Beweismittel und auf den gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei ist minderjährig und afghanischer Staatsangehöriger.

 

Die berufende Partei ist laut ihren eigenen Angaben, die dieser zu letzt gemacht hat, spätestens am 23.12.1990 geboren. Von diesem Geburtsdatum ist auch im Hinblick auf die Angaben des Sachverständigen im Gutachten auszugehen. Die berufende Partei ist daher zum Entscheidungszeitpunkt noch minderjährig. Die Staatsangehörigkeit der berufenden Partei steht aufgrund ihrer Sprach- und Ortskenntnisse fest.

 

Im Herkunftsstaat kommt es zu keiner systematischen Verfolgung von Gruppen, denen der Berufungswerber angehört.

 

Dies ergibt sich aus den oben angeführten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei. Insoweit der Berufungswerber angegeben hat einer Gruppe anzugehören, die im Herkunftsstaat verfolgt wird oder werden soll, siehe iii. und iv.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch staatliche Organe nicht glaubhaft gemacht.

 

Eine Verfolgung durch staatliche Organe wurde von der berufenden Partei weder vorgebracht bzw. hat sich auch - infolge Nachfragens seitens der Behörde - nicht ergeben. Daher ist keine Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft gemacht worden oder anders hervorgekommen.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch Privatpersonen aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung nicht glaubhaft gemacht.

 

Das Bundesasylamt hat nach Durchführung eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens festgestellt, dass dem Berufungswerber nicht zu glauben sei. Dem ist der Berufungswerber lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, dass aufgrund seines Alters und aufgrund des Umstandes, dass der Dolmetscher in der Erstaufnahmestelle Ost seine Sprache nicht einwandfrei beherrscht hätte, Widersprüche aufgetreten wären, die der Sache nicht relevant wären, er hätte sein Vorbringen schlüssig dargestellt.

 

Allerdings hat das Bundesasylamt richtig erkannt, dass dem Berufungswerber aufgrund seiner zahlreichen widersprüchlichen Angaben zu seiner Person aber auch zu seiner Mutter - hier ist die Entschuldigung des Berufungswerbers in der Berufung, dass er zwischen Mutter und Stiefmutter nicht unterschieden hätte, als unglaubhafte Rechtfertigung für einen in der Sache wesentlichen Widerspruch zu sehen - die persönliche Glaubwürdigkeit abzusprechen war. Eine Person die nicht bereit ist, den Asylbehörden den richtigen Namen und das richtige Geburtsdatum zu nennen, macht dies, so zeigt die Lebenserfahrung, um eine Überprüfung hinsichtlich seiner Identität und tatsächlichen Situation durch die Behörde zu verunmöglichen. Schließlich ist der Umstand, dass der Berufungswerber nicht in der Lage war, die Dauer der Trächtigkeit eines Schafes, die für einen Schafhirten im täglichen Leben wohl äußerst relevant ist, darzustellen, als weiteren Hinweis für die Unglaubwürdigkeit seiner Fluchtgeschichte zu sehen. Daher hat das Bundesasylamt richtig erkannt, dass die Fluchtgeschichte des Berufungswerbers unglaubhaft ist, auch wenn man das jungendliche Alter des Berufungswerbers bedenkt. Dem ist der Berufungswerber wie dargetan in der Berufung nicht entsprechend entgegengetreten.

 

Weiters könne - wie in der Berufung ausgeführt - der Widerspruch der berufenden Partei, ob er in Afghanistan in einem Zimmer oder einem Kellerabteil festgehalten wurde, nicht so verfahrensrelevant sein. Tatsache sei, dass der berufenden Partei die Freiheit entzogen wurde und er keine Möglichkeit hatte, sich an eine Dienststelle der lokalen Sicherheitsbehörden um entsprechenden Schutz vor weiteren erniedrigender und unmenschlicher Behandlung und Strafe wenden konnte.

 

Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich - wie vom Berufungswerber unrichtig dargestellt - nicht nur um diesen einen Widerspruch gehandelt hat. Das gesamte Vorbringen der berufenden Partei war durchzogen von Widersprüchen, Unstimmigkeiten und offensichtlich falschen Angaben. Richtig ist, dass dieser Widerspruch für sich allein nicht verfahrensrelevant hätte sein können - insbesondere, wenn der Rest des Vorbringens stimmig und darüber hinaus asylrelevant gewesen wäre - aber er war ein weiteres Indiz dafür, dass nicht einmal die Kerngeschichte widerspruchsfrei vorgebracht werden konnte. Es wurde bereits umfassend dargestellt, dass die berufenden Partei weder zu seiner Identität noch zu seinem Fluchtweg oder Fluchtgrund einheitliche Angaben gemacht hat und nicht dieser Widerspruch für sich allein verfahrensrelevant war, sondern das Vorbringen in einer Gesamtbetrachtung zu sehen ist und daher als unglaubwürdig beurteilt wurde.

 

Zu dem Vorwurf, dass das jugendliche Alter der berufenden Partei in die Beurteilung der Glaubwürdigkeit Eingang finden hätte müssen, ist festzustellen, dass selbst bei Berücksichtigung des jugendlichen Alters die oben dargestellten Widersprüche unauflöslich bleiben.

 

Schließlich ist anzuführen, dass die vom Berufungswerber dargestellte Verfolgung - so sich diese ereignet hätte - auch nicht asylrelevant gewesen wäre. Er wurde vom ehemaligen Auftraggeber wegen des Verlustes seiner Schafe verfolgt, ohne dass ihm dieser eine politische Gesinnung unterstellt hätte. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Ebenso keine Anhaltspunkte gibt es dafür, dass die Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion, Nationalität oder Zughörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgt wäre; vielmehr wäre die Verfolgung erfolgt, weil der Berufungswerber die Schafe verloren hatte und diese nicht zahlen konnte. Darin ist allerdings keine asylrelevante Verfolgung zu sehen. Diese allenfalls erfolgte Verfolgung wäre daher nur im Hinblick auf Artikel 2 und 3 EMRK bzw. § 8 AsylG zu prüfen. Dass die Behörden dem Berufungswerber aufgrund der obengenannten asylrelevanten Umstände kein Schutz gewährt haben, hat dieser nicht einmal behauptet. Vielmehr wären die Behörden in Afghanistan nicht in der Lage ihm Schutz zu bieten. Das würde allerdings bedeuten, dass der Berufungswerber selbst für den Fall der Richtigkeit seiner Fluchtgeschichte keinen Anspruch auf die Gewährung von Asyl hätte. Daher wurde, da eine andere asylrelevante Verfolgung nicht behauptet wurde, eine solche nicht glaubhaft gemacht.

 

II.

 

II.1.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

In der Berufung wurde vorgebracht, der Bescheid des Bundesasylamtes werde infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit und falscher Beweiswürdigung bestritten.

 

1. Der Berufungswerber brachte vor, dass der am 16.4.2005 in der EAST-Ost eingebrachte Asylantrag zugelassen wurde, sei ein Indiz dafür, dass das Vorbringen der berufenden Partei asylrelevante Tatsachen dargestellt hat, da ansonsten der Antrag auf Gewährung von Asyl "als offensichtlich unbegründet abzuweisen" gewesen wäre.

 

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden, zumal die berufende Partei übersieht, dass die Erstbehörde mit Griechenland ein Konsultationsverfahren geführt hat, als auch aus dem Bescheid vom 23.5.2005 geht klar hervor, dass die Erstbehörde nie die Absicht hatte sich inhaltlich in das Verfahren einzulassen (welches in Folge zu einem Ergebnis nach § 6 AsylG führen hätte können) und dieses sohin auch nicht gemäß § 24a Abs. 8 AsylG zulassen wollte, sondern der Antrag der berufenden Partei, wegen der Zuständigkeit Griechenlands, als unzulässig zurückgewiesen werden hätte sollen. Der Irrtum der Behörde hinsichtlich der Frist ist in diesem Fall nicht relevant. Dass die Zulassung des Verfahrens für eine Asylgewährung auch nur ein Indiz wäre, ist dem Gesetz in keinster Weise zu entnehmen.

 

2. Das weitere Vorbringen der Berufung bezieht sich auf die allgemeine Sicherheitslage und das Rechtssystem in Afghanistan, es wurde auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitiert. Die berufende Partei verkennt in diesem Zusammenhang, dass allgemein gehaltene Fakten bzw. die allgemeine Situation in einem Herkunftsstaat nicht geeignet sind ein konkretes asylrelevantes Vorbringen zu ersetzen. Die allgemeine Situation in Afghanistan wurde - infolge der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung - entsprechend berücksichtigt, mangels asylrelevanten Vorbringens wurde jedoch der Asylantrag abgewiesen.

 

Darüber hinaus gab es keine Familienangehörigen, bezüglich deren ein Familienverfahren zu führen war. Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

II.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
24.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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