TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 D5 307622-1/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

D5 307622-1/2008/11E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde der S. D., geb. 00.00.1955, StA. von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.11.2006, FZ. 06 12.082-EAST-West, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3, § 8, § 10 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsangehörige, reiste ihren Angaben zufolge am 9.11.2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Am 15.11.2006 fand ihre Einvernahme vor der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau und am 21.11.2006 sowie am 23.11.2006 fanden ihre Einvernahmen vor dem Bundesasylamt statt. Mit Bescheid vom 27.11.2006, Zahl: 06 12.082-EAST-West, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (= Spruchteil I.) und erklärte, dass ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt werde (= Spruchteil II.); ferner verfügte das Bundesasylamt gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ihre Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien (= Spruchteil III.). Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 28.11.2006 fristgerecht eine Beschwerde.

 

Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 21.11.2006 beim Bundesasylamt gab die Beschwerdeführerin, zu ihren Fluchtgründen befragt, im Wesentlichen Folgendes an:

 

Sie sei verfolgt und eingeschränkt worden. Als eine Anhängerin der Zeugen Jehovas sei sie von der Polizei und der Kirche verfolgt worden. Sie habe mit ihrem Onkel ein Geschäft in Tiflis betrieben, jedoch sei es fast unmöglich gewesen, dieses Geschäft zu betreiben. Es sei oft in das Geschäft eingebrochen worden, letztlich sei es sogar in Brand gesteckt worden. Auch seien ständig Sprüche gegen die Anhänger der Zeugen Jehovas auf die Wände des Geschäftes geschrieben worden. Im Jahr 1998 sei sie auf der Straße niedergeschlagen worden und sei ihr im Zuge dieses Übergriffes die Nase gebrochen worden. Sie habe sich einer Operation unterziehen müssen und könne seither nicht mehr durch die Nase atmen. Ihr Onkel habe das Geschäft und auch seine Wohnung in Georgien verkauft und seien sie mit dem Geld nach Moskau gereist. Aber auch in Moskau seien die Georgier eingeschränkt und verfolgt worden. Im Falle einer Rückkehr nach Georgien werde sie weiterhin eingeschränkt und verfolgt werden, außerdem habe sie nichts mehr in Georgien. Weiters sei sie seit 1995 Diabetikerin und benötige Insulin. Im Jahr 1996 sei ihr die Gebärmutter entfernt worden und habe sie bereits zwei Mal eine Gehirnerschütterung erlitten.

 

Bei der Einvernahme am 23.11.2006 beim Bundesasylamt gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass sie im Zuge der Ersteinvernahme nur die Wahrheit gesagt habe und dass sie nichts ergänzen oder berichtigen könne.

 

Am 23.11.2006 fand bei der in der Erstaufnahmestelle West aufhältigen Ärztin Dr. M., Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin, eine Untersuchung gemäß

 

§ 30 AsylG 2005 statt, wobei festgestellt wurde, dass aus ärztlicher Sicht keine Bedenken bestehen würden, wenn die Beschwerdeführerin nach Georgien abgeschoben, zurückgeschoben bzw. zurückgewiesen werde und nach Georgien ausgewiesen werde. Dies war der Beschwerdeführerin auch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 23.11.2006 mitgeteilt worden.

 

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens folgende Dokumente im Original vor:

 

Personalausweis, ausgestellt am 6.8.2001 in D., bei welchem im AIS "Klassifizierung Echt" vermerkt ist.

 

Das Bundesasylamt stellte im o.a. Bescheid vom 27.11.2006 zunächst fest:

 

Die Staatsangehörigkeit und die Identität der Beschwerdeführerin stünden aufgrund des vorgelegten georgischen Personalausweises fest. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin eine Anhängerin der Zeugen Jehovas sei und sie in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Es habe weiters nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat die Lebensgrundlage entzogen wäre. Die Beschwerdeführerin habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 glaubhaft machen können.

 

In der Folge traf das Bundesasylamt auf Seite 12 bis 25 des o.a. Bescheides Länderfeststellungen zur Lage sowie zur Religionsfreiheit in Georgien im Allgemeinen und zur medizinischen Versorgung im Besonderen.

 

Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt darin im Wesentlichen aus:

 

Im konkreten Fall habe die Beschwerdeführerin den Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprochen. Insbesondere durch den persönlichen Eindruck, den die Beschwerdeführerin bei der Einvernahme hinterlassen habe, sei die von der Beschwerdeführerin präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge - unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellungen - als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren gewesen.

 

Im konkreten Fall habe die Beschwerdeführerin auf die Befragung, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe, in nur einem Satz geantwortet, dass sie verfolgt und eingeschränkt werde. Aus folgenden Gründen sei nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin eine Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas sei: So habe die Beschwerdeführerin behauptet, getauft worden zu sein, sie könne jedoch keine Angaben dazu machen, wie die Taufe von sich gegangen sei. Sie habe zwar behauptet, es zu wissen, aber nicht aussprechen zu können. Weiters sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen, auf konkret gestellte Fragen in Zusammenhang mit der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, diese vollständig bzw. korrekt zu beantworten. Insbesondere habe sie nicht die einzige religiöse Feier der Zeugen Jehovas benennen können, auch nicht wann diese gefeiert werde. Auch die Frage nach der Behandlung von Verstößen gegen die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas habe sie nicht beantworten können. Weiters habe die Beschwerdeführerin auf direkte Befragung angegeben, dass sie nur Mitglied der Zeugen Jehovas gewesen sei und dies nicht gepredigt habe.

 

Die Beschwerdeführerin habe weiters angegeben, von 1995 bis 2002 von der Polizei und auch von der Kirche verfolgt worden zu sein. Trotzdem habe die Beschwerdeführerin im Jahr 2001 ohne Probleme den Personalausweis und einen Reisepass erhalten. Eine behördliche Verfolgung könne daher nicht festgestellt werden. Auch habe die Beschwerdeführerin bestätigt, bis zu ihrer Ausreise gearbeitet zu haben und an der gemeldeten Adresse gewohnt zu haben. Wenn die Beschwerdeführerin tatsächlich fast täglich überfallen worden wäre, sei nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin, obwohl die Verfolgung bereits seit 1995 bestanden hätte, bis zum Jahr 2002 im Herkunftsstaat ausgeharrt und diesen nicht schon vorher verlassen habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie ein Geschäft, welches täglich überfallen worden sei und in welchem die Beschwerdeführerin Probleme mit den Leuten gehabt habe,

 

7 Jahre lange existieren habe können. Denn sollte die Beschwerdeführerin tatsächlich täglich mit Beschimpfungen an der Geschäftsmauer konfrontiert gewesen sein, sei nicht nachvollziehbar, dass wirklich Leute im Geschäft des Onkels, welcher ebenfalls ein Anhänger der Zeugen Jehovas gewesen sein solle, einkaufen würden.

 

Weiters habe die Beschwerdeführerin legal im Jahr 2002 nach Russland ausreisen können und sei bei der Ausreise auch von Sicherheitswacheorganen kontrolliert worden. Ebenso deute der Umstand, dass sie problemlos ausreisen habe können und offenbar keine Bedenken gehabt habe, sich der Passkontrolle auszusetzen, darauf hin, dass sie weder selbst Verfolgungshandlungen seitens der Behörden ihres Herkunftsstaates befürchtet habe, noch zu befürchten gehabt hätte. Daher werde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei eine Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, auf Grund des Nichtwissens von speziell auf Zeugen Jehovas abgezielter Fragen kein Glauben geschenkt.

 

Die Beschwerdeführerin habe weiters angegeben, dass ihr 1998 die Nase gebrochen worden sei. Auf direkte Befragung, von wem die Nase gebrochen worden sei, habe die Beschwerdeführerin keine Auskunft gegeben, sondern nur behauptet, dass sie verfolgt werde, weil sie Zeugin Jehovas sei. Da die Beschwerdeführerin jedoch eine Anzeige bei der Polizei getätigt habe, könne nicht von einer Misshandlung durch die Polizei ausgegangen werden. Es sei sogar festzustellen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der getätigten Anzeige bei der Polizei davon ausgegangen sei, dass diese schutzwillig sei. Denn wäre die Beschwerdeführerin tatsächlich der Meinung, keinen Schutz von der Polizei zu erhalten, hätte sie wohl auf die Anzeige verzichtet.

 

Weiters sei anzuführen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Onkel im Jahr 2002 nach Russland ausgereist sei und dort gearbeitet habe, jedoch in Russland nicht um Asyl angesucht habe.

 

Überdies sei angeführt, dass der Übergriff in ihrem Herkunftsstaat, der zu einem Nasenbruch geführt habe, nicht bis zu ihrer Ausreise angedauert habe. Für eine Asylgewährung könnten aber nur solche Gründe maßgebend sein, die Ursache für die Flucht gewesen seien. Da sich der von ihr geschilderte Vorfall mit dem Nasenbruch bereits vier Jahre vor ihrer Ausreise abgespielt habe, fehle es nunmehr am notwendigen zeitlichen Konnex zur Ausreise und es komme diesem deshalb keine Relevanz mehr zu. Auch sonst habe die Beschwerdeführerin keine Verfolgung wegen ihrer Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK erwähnt bzw. verneinte die Beschwerdeführerin auch die darauf abzielenden Fragen.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes führte das Bundesasylamt im o.a. Bescheid zu § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (= Spruchteil I.) insbesondere aus:

 

Voraussetzung für die Gewährung von Asyl sei, dass die Beschwerdeführerin individuell gegen sie gerichtete staatliche Verfolgung im Sinne des AsylG oder die Gefahr solcher Verfolgung befürchten müsse. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert worden sei, sei dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit in Georgien die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden könne, und die von ihr behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könnten, und sei auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht nicht näher zu beurteilen gewesen.

 

In Bezug auf die Entscheidung über den subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (= Spruchteil II.) führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus:

 

Im vorliegenden Fall sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise gearbeitet habe. Weiters besitze die Beschwerdeführerin in Russland mit ihrem Onkel eine Wohnung, habe sie in Russland selbst Geld verdient und könne somit selbstständig für sich sorgen. Bezüglich der Angaben der Beschwerdeführerin, dass diese seit 1995 Diabetikerin sei, sei anzuführen, dass die Beschwerdeführerin laut ihren Angaben sowohl im Herkunftsstaat als auch in Russland behandelt worden sei. Somit habe die Beschwerdeführerin selbst bestätigt, dass eine Behandlung und Versorgung mit Insulin im Herkunftsstaat möglich sei. Weiters habe die in der Erstaufnahmestelle West aufhältige Ärztin bezüglich der Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Georgien keine medizinischen Bedenken hinsichtlich § 30 AsylG 2005 feststellen können. Im konkreten Fall handle es sich bei der Beschwerdeführerin um eine arbeitsfähige und voll handlungsfähige Frau. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass bei der Beschwerdeführerin keine individuellen Umstände vorliegen würden, die dafür sprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr nach Georgien in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung iSd Art. 3 EMRK darstellen würde. Es hätten sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine Verletzung bzw. Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 FrG ergeben.

 

In Bezug auf die verfügte Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (= Spruchteil III.) führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus:

 

Einzig der Onkel der Beschwerdeführerin sei in Österreich aufhältig. Doch auch dessen Asylverfahren sei negativ entschieden worden. Ansonsten hätten sich keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführerin ergeben. Es liege somit kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor. Die Ausweisung stelle keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 28.11.2006 fristgerecht eine Beschwerde, in welcher sie Folgendes geltend machte:

 

Sie habe gemeinsam mit ihrem Onkel D. Z. von 1998 bis 2002 in Tiflis ein eigenes Geschäft geführt. Da sie Anhänger der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas seien und somit von zwei Seiten - sowohl vom Staat (Polizei) als auch von der Kirche - bedrängt worden seien, hätten sie viele Demütigungen über sich ergehen lassen müssen. Beleidigungen sowohl verbalen als auch physischen Charakters. Es seien permanent Fremde und unerwünschte Gäste mit Gewalt in die Wohnung eingedrungen, um eventuelle Sektenversammlungen der Zeugen Jehovas zu lokalisieren. Öfters habe man ihnen auf der Straße aufgelauert, um sie danach auf erniedrigende Weise anzugreifen. Einmal sei sie sogar derartig zusammengeschlagen worden, dass sie einen bleibenden gesundheitlichen Schaden, eine gebrochenes Nasenbein, davongetragen habe. Seit diesem Vorfall sei sie nicht mehr im Stande, durch die Nase zu atmen. Immer wenn sie nach Hause gekommen seien, seien an den Wänden des Geschäftes irgendwelche Jehova herabwürdigende Beschimpfungen gestanden. So sei es auf Dauer weitergegangen, bis man am Ende das Geschäft in Brand gesteckt habe. Sie hätten dies zwar bei der Polizei zur Anzeige gebracht, aber erfolglos, sie seien einfach außer Acht gelassen worden. Danach hätten sie sich entschieden, die Wohnung zu verkaufen und das Land zu verlassen. Im Jahr 2002 hätten sie alles verkauft und seien nach Moskau gegangen. Am Anfang sei es ihnen dort ziemlich gut gegangen, auch das kleine Geschäft sei gut gelaufen. Aber ab Oktober 2006, als ethnische Verfolgungsaktionen gegen Georgier begonnen hätten, seien sie auch nicht verschont geblieben. Die Freunde ihres Onkels hätten ihnen geraten, das Land zu verlassen, und hätten sie dabei unterstützt. Es sei ihnen nichts anderes übriggeblieben. Im Falle der Rückkehr in ihr Heimatland erwarte sie nichts anderes als neuerliche Angriffe, auch hätten sie keine Wohnung mehr. Sie sei schwer krank. Sie leide an Diabetes und sei von der Insulinverabreichung abhängig. Außerdem habe sie noch viele andere ernstzunehmende Probleme, wie Bluthochdruck, Struma (Vergrößerung der Schilddrüse) und Verengung von Blutgefäßen. Mit Rücksichtnahme auf ihre Gesamtsituation flehe sie, ihr zu helfen und Asyl zu gewähren.

 

Am 6.12.2006 langte eine Beschwerdeergänzung ein, in der sie ihre bisher im Verfahren getätigten Aussagen wiederholte und ergänzend ausführte, dass sie den o.a. Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger und fehlender Sachverhaltsdarstellung bekämpfe. Sie habe erstinstanzlich versucht, darzulegen, dass ihre Bedrohungssituation mit den Verhältnissen in ihrem Heimatland übereinstimme und kein wirksamer Schutz durch die Sicherheitsbehörden gewährleistet sei. Zum Beweis ihrer Glaubwürdigkeit beantrage sie ihre persönliche Einvernahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung und stellte weiters folgende Anträge:

 

Der Asylgerichtshof möge

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihr internationaler Schutz gewährt und der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde; in eventu

 

den angefochtenen Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverweisen; in eventu

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien (richtig wohl: Georgien) zuerkannt und ihr ein befristetes Aufenthaltsrecht erteilt werde; in eventu

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt betreffend die Ausweisung ersatzlos behoben oder zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen werde,

 

ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 21.1.2008 war ein gegen die Beschwerdeführerin geltendes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich für die Dauer von 10 Jahren erlassen worden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

1.1. Das Bundesasylamt hat mit der Beschwerdeführerin zwei ausführliche Befragungen durchgeführt. Der aufgrund dieser ausführlichen Befragungen festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und ausführliche Länderfeststellungen zu Georgien finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, von einander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln. Auch unter Berücksichtigung des im Sommer 2008 neu aufgeflammten Konfliktes im Kaukasus ist festzustellen, dass dieser aufgrund seiner räumlichen Begrenzung nicht sachverhaltsrelevant ist, denn der Konflikt betrifft die Krisengebiete Südossetien, Abchasien sowie allfällige angrenzende andere Staatsgebiete, jedenfalls nicht die Region Tiflis, woher die Beschwerdeführerin stammt. Festzustellen ist, dass die nach ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesasylamtes zur Gänze der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde weder die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes im o.a. Bescheid substantiiert bekämpft, noch ihre erstinstanzlich vorgebrachten Fluchtgründe in glaubwürdiger Weise ergänzt bzw. konkretisiert.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur am 30.6.2008 außer Kraft getretenen (vgl. BGBl. I Nr. 87/2008) Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, "wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will" (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.6.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, war der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen, da sich insbesondere in der Beschwerde, in welcher die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht substantiiert bekämpft wurde, kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof im Fall der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 7 leg. cit. unterbleiben konnte.

 

1.2. Die Beschwerdeführerin hat ihren Asylantrag damit begründet:

Sie werde aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas von der Polizei und der Kirche verfolgt. Es seien immer wieder Beschimpfungen und Übergriffe vorgefallen; auf der Straße sei sie 1998 so geschlagen worden, dass ihre Nase operiert werden habe müssen. Auch sei immer wieder in das Geschäft und in die Wohnung eingebrochen worden, letztlich sei das Geschäft sogar in Brand gesteckt worden. Auf Grund der ständig wiederkehrenden Übergriffe habe sie Georgien verlassen müssen.

 

Das Bundesasylamt hat im o.a. Bescheid vom 27.11.2006 bereits zu Recht festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin präsentierte Fluchtgeschichte bzw. Bedrohungssituation aufgrund der Allgemeinheit und Oberflächlichkeit ihrer Angaben keinesfalls als glaubhaft zu qualifizieren ist (siehe S 25ff des o.a. Bescheides).

 

Die Beschwerdeführerin wurde im Zuge der erstinstanzlichen Einvernahmen mehrmals dazu aufgefordert, von ihren asylrelevanten Gründen und insbesondere von ihrem fluchtauslösenden Ereignis zu berichten, worauf sie jedoch auf konkrete Befragung lediglich in einem lapidaren Satz ausgeführt hat, dass sie "als Zeugin Jehovas verfolgt und eingeschränkt" worden sei (AS 43 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes). Selbst bei konkretem Nachfragen und gezielter Fragestellung waren ihre Ausführungen äußerst vage und knapp gehalten, wodurch einmal mehr der Eindruck entstanden ist, dass die Beschwerdeführerin nicht von persönlich Erlebtem, sondern von etwas "Auswendiggelerntem" berichtet hat.

 

Daher ist insgesamt der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes sowie dessen Schlussfolgerung zu folgen, wonach die Beschwerdeführerin keine Zeugin Jehovas ist und die von ihr geschilderte Fluchtgeschichte eine frei erfundene Rahmengeschichte ohne Wahrheitsgehalt darstellt.

 

Mit ihrem Beschwerdevorbringen, worin die Beschwerdeführerin letztlich lediglich ihre erstinstanzlichen Angaben erneut vorgebracht hat, hat diese den einschlägigen Argumenten des Bundesasylamtes nichts in schlüssiger Weise entgegensetzen können.

 

1.3. Wie sich bereits aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt ergibt, leidet die Beschwerdeführerin an Diabetes.

 

Bereits das Bundesasylamt hat richtigerweise unter zugrunde Legung der Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in Georgien ausgeführt, dass diese in Georgien grundsätzlich gewährleistet ist, die kostendeckende Bezahlung der medizinischen Behandlung aber nicht in allen Fällen möglich ist. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, dass sie an Diabetes leide und von der Insulinverabreichung abhängig sei, ist entgegenzuhalten, dass nach den Länderfeststellungen und Ausführungen des Bundesasylamtes eine hinreichende angemessene medizinische Versorgung gewährleistet ist. Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin, die bereits seit 1995 an Diabetes leidet und erst im Jahr 2002 aus Georgien ausgereist ist, bereits vor ihrer Ausreise eine ausreichende Behandlung und Versorgung mit Insulin in Georgien erhalten hatte und dass ihr dies dort auch bei einer etwaigen Rückkehr wiederum möglich sein muss.

 

Hinsichtlich der weiteren gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin, wie Bluthochdruck, Struma (Vergrößerung der Schilddrüse) sowie Verengung der Blutgefäße, ist auszuführen, dass all diese Erkrankungen bereits in der Gutachtlichen Stellungnahme vom 23.11.2006 festgestellt wurden, diese jedoch aus ärztlicher Sicht weder einer Rückschiebung nach Georgien noch einer Ausweisung aus Österreich entgegenstehen. Des Weiteren ist der Beschwerdeführerin zumutbar, die selbst angegeben hat, bis zu ihrer Ausreise gearbeitet zu haben, in Georgien wieder einen Arbeitsplatz anzunehmen, um für ihren Lebensunterhalt (und ihre Medikamente) zu sorgen.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die Rückkehr in den Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin zumutbar ist, da die noch aktuellen Krankheiten der Beschwerdeführerin auch dort behandelt werden können.

 

1.4. Folgendes ist als maßgebender Sachverhalt festzustellen:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger von Georgien. An der Identität und Nationalität der Beschwerdeführerin hat bereits das Bundesasylamt keinen Zweifel gehabt.

 

Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Vorbringen, dass sie in Georgien aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas von der Polizei und der Kirche verfolgt bzw. bedroht worden sei, eine Fluchtgeschichte konstruiert, die nicht den Tatsachen entspricht.

 

Die Beschwerdeführerin ist an Diabetes erkrankt und daher insulinpflichtig.

 

2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:

 

2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1.7.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren nach leg. cit. gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Daher ist das Verfahren der Beschwerdeführerin von dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes (D/5) weiterzuführen.

 

2.2. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

2.3. Zum Status eines Asylberechtigten:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden auf Antrag mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 3 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, Zl. 98/01/0318). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).

 

Im Hinblick auf die die Asylgewährung regelnden Bestimmung des § 3 AsylG 2005 wird im Vergleich zur Vorgängerbestimmung des § 7 AsylG 1997 festgehalten, dass die (zu letzterer ergangene) höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gilt, gleichermaßen auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen entspricht nicht den Tatsachen, wie schon das Bundesasylamt zu Recht festgestellt hat (siehe oben 1.2.). Auch unter Berücksichtigung des im Sommer 2008 neu aufgeflammten Konfliktes im Kaukasus ist aufgrund der räumlichen Begrenzung im Fall der Beschwerdeführerin eine asylrelevante Gefährdung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK auszuschließen, zumal diese nicht aus den betroffenen Krisengebieten Südossetien und Abchasien, sondern aus Tiflis stammt. Die Beschwerdeführerin konnte somit nicht darlegen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte und sind die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

 

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Georgien keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht, und der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil I. des

o. a Bescheides zu bestätigen.

 

2.4. Zum subsidiären Schutz:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

 

Im Vergleich zur Vorgängerbestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 1997, der nur auf § 57 FrG verwiesen hat, bezieht sich die Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr direkt auf die EMRK. Angesichts des im Wesentlichen identen Regelungsinhalts des bis 31.12.2005 in Kraft stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 1997 im Verhältnis zum seit 1.1.2006 in Geltung stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - abgesehen vom im letzten Halbsatz dieser Bestimmung nunmehr enthaltenen Tatbestand einer eventuellen ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes - lässt sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung gleichermaßen auf die seit 1.1.2006 geltende Rechtslage anwenden.

 

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.2.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Im Sinne der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.3.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

 

Die Beschwerdeführerin ist an einer Diabetes erkrankt und daher insulinpflichtig.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat einer Reihe von Erkenntnissen den gemäß Art. 3 EMRK bei medizinischen Rückkehrhindernissen relevanten Maßstab dargelegt. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Schwelle, die überschritten sein muss, damit im Falle von Erkrankungen von einer Verletzung des Art. 3 EMRK ausgegangen werden kann, in der Tat hoch: Das einzige Urteil, in dem eine Abschiebung (nach St. Kitts) aus medizinischen Gründen für unzulässig erklärt wurde, ist D. v. United Kingdom Urteil vom 2.5.1997, Reports 1997-III, § 49. In diesem Fall litt der Antragsteller an AIDS im Endstadium und war eine adäquate Behandlung nicht garantiert. Bei körperlichen Erkrankungen sind im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht z. B. für AIDS in Tansania sowie Togo AMEGNIGAN v. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, NDANGOYA v. Schweden, 22.6.2004, Rs 17868/03 und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina HUKIC v. Schweden, 27.9.2005, Rs 17416/05) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant (vgl. auch OVDIENKO v. Finnland, 31.5.2005, Rs 1383/04). Nach EGMR (vgl. auch VwGH 28.6.2005, Zl. 2005/01/0080) hat sich die Prüfung auf die allgemeine Situation im Zielland als auch auf die persönlichen Umstände des Antragstellers zu erstrecken. Für die Prüfung der allgemeinen Situation wurden Berichte anerkannter Organisationen (z.B. der WHO), aus denen jedenfalls eine medizinische erreichbare Grundversorgung, wenn auch nicht kostenfrei, hervorgeht, als ausreichend angesehen. Für die Prüfung der persönlichen Situation wurde insbesondere auf Verwandte und Bezugspersonen im Zielland abgestellt, wenn auch nicht als zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abschiebung. Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allenfalls "erhebliche Kosten" verursachen, ist nach der Judikatur des EGMR nicht ausschlaggebend.

 

Wie oben unter 1.3. ausgeführt, weist die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin nicht jene besondere Schwere auf, die nach der obigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vorliegen muss, um die Außerlandesschaffung eines Fremden als Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend zu werten.

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen, die für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.8.2001 wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im gegenständlichen Asylverfahren nicht hervorgekommen, sodass der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil II. des o.a. Bescheides zu bestätigen war.

 

2.5. Zur Ausweisung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG). Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entfernter verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Im gegenständlichen Fall kommt der Beschwerdeführerin weder ein Aufenthaltsrecht zu, noch liegt eine Verletzung von Art. 8 EMRK vor. Laut eigenen Angaben der Beschwerdeführerin ist zwar auch ihr Onkel in Österreich aufhältig, es handelt sich jedoch ebenfalls um einen Asylwerber und um keinen dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden. Es fehlen auch sonstige Anhaltspunkte für andere soziale Bindungen in Österreich.

 

Daher hat das Bundesasylamt zu Recht die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG nach Georgien ausgewiesen und beim Ausspruch des Spruchteiles III. des o.a. Bescheides die Judikatur der Höchstgerichte insofern berücksichtigt, als die Ausweisung eines Asylwerbers nur in den gemäß § 8 Abs. 1 AsylG geprüften Herkunftsstaat ausgesprochen werden darf (vgl. VfGH 17.3.2005, G 78/04, G 88/04, G 182/04 u. G 183/04; sowie VwGH 13.12.2005, Zl. 2005/05/0625).

 

2.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Abschiebungshindernis, Ausweisung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, medizinische Versorgung, non refoulement, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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