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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art144 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des N, geboren am 12. Dezember 1966, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Tunis vom 22. Jänner 1997, Zl. 187/97, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit dem angefochtenen, in französischer Sprache und ohne weitere Begründung ergangenen Bescheid der Österreichischen Botschaft in Tunis vom 22. Jänner 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Sichtvermerk für die Gültigkeitsdauer von sechs Monaten zu erteilen, unter Hinweis auf § 10 Abs. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1997, Zl. B 516/97-14, wurde die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt.
Am 15. Dezember 1997 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Erteilung eines Sichtvermerkes, welcher ihm am gleichen Tag für die Gültigkeitsdauer von sechs Monaten erteilt wurde.
Über Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Jänner 1998 trat der Verfassungsgerichtshof die genannte Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VfGG an den Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Beschwerdeführer führt mit Schriftsatz vom 19. März 1998 ergänzend aus, dass dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu entnehmen seien und keine auf Begründungselemente gestützte Beurteilung der Rechtsfrage. Er verkenne zwar nicht, dass die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland das AVG nicht anzuwenden hätten, doch seien in Sichtvermerksangelegenheiten die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, wie sie nunmehr im § 69 FrG positiviert seien, zu beachten.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den ihm am 15. Dezember 1997 erteilten Sichtvermerk aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid noch als verletzt erachte. Hiezu teilte er mit, dass er sich durch die Verweigerung des beantragten Sichtvermerkes weiterhin in Rechtspositionen, die von der sogenannten Wohnsitzfrist, also vom Aufenthalt in Österreich, abhängig seien (insbesondere betreffend das Staatsbürgerschaftsrecht, Sozialversicherungsrecht und Ausländerbeschäftigungsrecht) verletzt erachte.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin - unabhängig von der Frage der Parteistellung im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren -, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. den hg. Beschluss vom 16. März 1994, Zl. 94/03/0015, mit weiterem Judikaturhinweis).
Unbestritten bleibt vom Beschwerdeführer, dass ihm (erst) am 15. Dezember 1997, somit aber noch vor Einbringung seines Antrages auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, ein Sichtvermerk für die Dauer von sechs Monaten erteilt wurde.
Daher ist zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen. Bei einer Sukzessivbeschwerde sind die Prozessvoraussetzungen nach dem Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu beurteilen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. November 1979, Slg. 9970/A, sowie das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0238). Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof noch nicht in seinem Beschwerdeschriftsatz an den Verfassungsgerichtshof beantragt hat, sondern erst gemäß § 87 Abs. 3 VfGG nach Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof. Auch in einem solchen Fall wird die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit dem Abtretungsantrag zu einer Sukzessivbeschwerde, die nicht erst mit der Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof, sondern schon in dem Zeitpunkt als beim Verwaltungsgerichtshof erhoben anzusehen ist, in dem sie beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1994, Zl. 94/14/0126). Da dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein Sichtvermerk noch nicht erteilt war und somit zu diesem Zeitpunkt eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid noch gegeben war, ist die Beschwerde als zulässig anzusehen.
Soweit der Beschwerdeführer nun zur Frage des - nach der Beschwerdeerhebung weggefallenen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Juni 1994, Zl. 93/18/0313) - Rechtschutzinteresses geltend macht, dass ungeachtet des ihm mittlerweile erteilten Sichtvermerkes der Behebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof für seine Rechtsposition "deklaratorische Bedeutung" zukomme, übersieht er, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Wegfall des Rechtschutzinteresses zu einer bloß abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist, war nach ständiger hg. Rechtsprechung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG von der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auszugehen.
Der Eintritt der Gegenstandslosigkeit nach der Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und vor der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Folge (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Mai 1994, Zl. 94/19/0285).
Im Hinblick darauf, dass weder die Auffassung des Beschwerdeführers noch die der belangten Behörde ohne nähere Prüfung als zutreffend oder unzutreffend angesehen werden kann, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 VwGG).
Wien, am 24. April 2001
Schlagworte
AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998210077.X00Im RIS seit
20.09.2001