C10 238700-0/2008/14E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. René BRUCKNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Tanja ANTOVIC über die Beschwerde des H.C., geb. 00.00.1972, StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2003, FZ. 03 03.799-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG 1997 als unbegründet a b g e w i e s e n.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (Bf.) hat am 30.01.2003 beim Bundesasylamt, Aussenstelle Traiskirchen (in der Folge: BAT), einen Asylantrag gemäß § 3 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (in der Folge: AsylG 1997), eingebracht. Am 10.02.2003 wurde der Asylantrag zuständigkeitshalber dem Bundesasylamt, Aussenstelle Salzburg (in der Folge: BAS) abgetreten.
Am 22.05.2003 fanden vor dem BAS zwei niederschriftliche Einvernahmen des Bf. im Asylverfahren statt.
Das BAS wies mit Bescheid vom 06.06.2003, AZ. 03 03.799-BAS, zugestellt am 10.06.2003, den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Bf. nach Vietnam gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig (Spruchpunkt II).
2. Gegen den og. Bescheid des BAS richtet sich die beim BAS fristgerecht eingelangte Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat (in der Folge: UBAS) vom 20.06.2003. Der Bf. beantragte den angefochtenen Bescheid des BAT dahingehend abzuändern, dass seinem Asylantrag stattgegeben und ihm gemäß § 7 AsylG 1997 gewährt werde, und in eventu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides dahingehend abzuändern, dass gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt werde, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat unzulässig sei.
3. Das Verfahren wurde am 03.04.2007 gem. § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt (OZ 6) und auf Grund eines Antrages auf Fortsetzung des Verfahrens am 19.04.2007 fortgesetzt (OZ 8).
4. Der nunmehr zuständige Senat C10 des Asylgerichtshofes führte in der ggst. Rechtssache am 30.09.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bf. teilnahm.
I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens
I.2.1. Beweisaufnahme
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des BAS (OZ 0), beinhaltend die Niederschriften der Einvernahmen vor dem BAS vom 22.05.2003 und die Berufung des Bf. vom 20.06.2003.
Einvernahme des Bf. im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof (OZ 13Z).
Einsicht in folgende, in der mündlichen Verhandlung eingebrachte Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des Bf.:
Deutsches Auswärtiges Amt (DAA), "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Situation in der Sozialistischen Republik Vietnam" vom 14.07.2008 mit Stand Juli 2008 (in der Folge: DAA, Bericht 2008).
US Department of State (USDS), "Country Reports on Human Rights Practices - 2007, Vietnam" vom 11.03.2008 (in der Folge: USDS, Vietnam 2007).
UK Home Office - UK Border Agency (UKHO), "Country of Origin Information Report - Vietnam" vom 02.04.2008 (in der Folge: UKHO, Vietnam 2008).
UNHCR, Mitteilung vom 20.06.2003 betreffend Vietnam.
UNHCR, Mitteilung vom 22.08.2003 betreffend Vietnam.
UNHCR, Mitteilung vom 14.02.2007 betreffend Vietnam - Bestrafung wegen rechtswidriger Ausreise.
UNHCR, Mitteilung vom 23.04.2008 betreffend Anfragebeantwortung zu Refoulement - Vietnam.
Bundesasylamt (BAA), Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.03.2008 betreffend Vietnam - RF, Behandlung nach Rückkehr, Allgemeine Rückkehrsituation.
amnesty international (ai) Deutschland, Vietnam - Jahresbericht 2006 (in der Folge: ai, Vietnam 2006).
amnesty international (ai) Deutschland, Asylgutachten zur Republikflucht an das Verwaltungsgericht Frankfurt/M. vom 07.01.1997.
Human Rights Watch (HRW), "Country Summary - Vietnam" vom Jänner 2007 (in der Folge: HRW, Vietnam 2007).
Human Rights Watch (HRW), "The United States and Vietnam: Examining the Bilateral Relationship Testimony before the Senate Foreign Relations Subcommittee on East Asian and Pacific Affairs; Sophie Richardson" vom 12.03.2008.
Freedom House (FH), "Freedom in the World - Vietnam (2008)" (in der Folge: FH, Vietnam 2008).
I.2.2. Ermittlungsergebnis (Sachverhalt)
Der Asylgerichtshof geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
a) Zur Person des Beschwerdeführers:
1. Der Bf. führt den Namen H.C., ist am 00.00.1972 in B. (Vietnam) geboren und Staatsangehöriger der Sozialistischen Republik Vietnam. Er gehört keiner Religionsgemeinschaft an. Der Bf. ist ledig und hat keine Kinder. Er ist derzeit als Arbeiter beschäftigt.
Der Bf. pflegt regelmäßig via Internet Kontakt mit einem Freund in Vietnam.
2. Der Bf. lebte von klein auf bis ca. ein Jahr vor seiner Ausreise bei seinen Adoptiveltern im Dorf L., Provinz Quang.
3. Der Bf. ist in seinem Herkunftsstaat weder vorbestraft noch wurde er dort jemals erkennungsdienstlich behandelt. Er war niemals im Gefängnis und gehörte nie einer politischen Partei oder einer bewaffneten Gruppierung an. Weiters hat er nie Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär seines Heimatstaates gehabt. Der Bf. wurde weder von den Behörden verfolgt noch von Privatpersonen bedroht.
4. Der Bf. ist im Dezember 2002 schlepperunterstützt aus Vietnam über Kambodscha und von Thailand per Flugzeug von Hanoi nach Bangkok und weiter nach Russland ausgereist. Am 30.01.2003 ist er unrechtmäßig nach Österreich eingereist.
5. Einen konkreten Anlass für die Ausreise des Bf. gab es nicht. Grund für die Ausreise des Bf. aus Vietnam waren das schlechte Verhältnis zu seinen Adoptiveltern. Andere Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates wurden nicht festgestellt.
b) Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Der Asylgerichtshof trifft auf Grund der in der mündlichen Verhandlung erörterten aktuellen Quellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
1. Zur aktuellen politischen Situation in Vietnam:
Die Sozialistische Republik Vietnam befindet sich in einem wirtschaftlichen Transformationsprozess von einem planwirtschaftlich zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. Der Zehnte Parteitag der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) im April 2006 hat den 1986 eingeleiteten Kurs der Erneuerung ("Doi Moi") bestätigt. Reformen konzentrieren sich allerdings auf den Wirtschaftssektor, in der Politik hält die KPV an ihrem politischen Machtmonopol fest. Durchgreifende politische Reformen stehen nicht auf der Tagesordnung (DAA, Bericht 2008, 6; FH, Vietnam 2008, 1). Dennoch setzte die KPV gewisse Bemühungen fort, ihre formelle Verstrickung in Regierungsangelegenheiten zu reduzieren und räumte der Regierung bei der Durchführung tagespolitischer Aufgaben die Ausübung von Ermessen ein (USDS, Vietnam 2007, 1). Vietnam wurde im Jänner 2007, nach zwölf Jahre dauernden Gesprächen, als 150. Mitglied in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen. Im Jänner 2008 wurde Vietnam von der UNO-Generalversammlung für zwei Jahre als nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat gewählt.
Die Gerichtsbarkeit ist nach der vietnamesischen Verfassung formell unabhängig, untersteht aber praktisch der durch die KPV allein ausgeübte Staatsgewalt. Das Justizpersonal ist mangelhaft ausgebildet (DAA, Bericht 2008, 6). Die meisten, wenn nicht alle Richter sind Mitglieder der KPV und wurden zumindest zum Teil nur auf Grund ihrer politischen Zuverlässigkeit ernannt. Anwälte sind meist schlecht ausgebildet und haben in Strafverfahren oft nur wenig Zeit, die gegen ihre Mandanten erhobenen Beweise zu prüfen (USDS, Vietnam 2007, 4 f; FH, Vietnam 2008, 4 f). 1995 wurde ein umfassendes Zivilgesetzbuch geschaffen. Der Staat kann danach - daran hat auch die seit dem 01.01.2005 geltende Zivilprozessreform nichts geändert - weitgehend in die Beziehungen zwischen privaten Rechtssubjekten eingreifen (DAA, Bericht 2008, 6).
Die innere Sicherheit liegt hauptsächlich in der Verantwortung des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit, wobei in einigen entlegenen Gegenden das Militär die Aufgaben der zuständigen Regierungsbehörden übernimmt und für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit berufen ist. Polizeieinheiten bestehen auf allen Verwaltungsebenen und unterliegen der Kontrolle der jeweiligen Volkskomitees. Die Polizeikräfte sind bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung grundsätzlich effektiv, aber die Fähigkeiten der Polizei, insbesondere im kriminalpolizeilichen Bereich, sind allgemein sehr niedrig. Die Ausbildung und die Ausstattung der Polizei sind unangemessen. Die Korruption ist ein signifikantes Problem unter den Polizeieinheiten aller Ebenen. Polizeiinterne Aufsichtsorgane existieren zwar, sind aber Gegenstand politischer Einflussnahme (USDS, Vietnam 2007, 2 f).
Die Intensität staatlicher Repressionen ist regional und lokal unterschiedlich. Ausweichmöglichkeiten des Einzelnen sind aufgrund weit verbreiteter Armut im ländlichen Bereich (insbesondere im Zentralen Hochland und in den Bergregionen im Nordwesten) und aufgrund administrativer Niederlassungsbeschränkungen Grenzen gesetzt. So ist die Umschreibung des Familienbuches auf einen neuen Wohnort nicht ohne weiteres möglich; dieser bleibt Nebenwohnort, d. h. man hat kein Recht, hier ein Auto anzumelden, zu heiraten, ein Haus zu kaufen usw. Soweit finanzielle Mittel vorhanden sind, kann der Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen erkauft werden (DAA, Bericht 2008, 15).
Repressionen Dritter, für die der vietnamesische Staat verantwortlich wäre, weil er nicht ausreichend eingreift und schützt, sind nicht bekannt (DAA, Bericht 2008, 14).
2. Lage der ethnischen Minderheiten in Vietnam:
In Vietnam leben ca. 85 Millionen Menschen, wobei die Volksgruppe der Kinh - ethnische Vietnamesen - fast 88% der Bevölkerung ausmacht. Etwa neun Millionen Menschen gehören 53 oder 54 - je nach Zählweise - unterschiedlichen ethnischen Minderheiten an. Die vietnamesische Verfassung von 1992 postuliert die Gleichheit aller ethnischen Gruppen; jede von ihnen hat das Recht, ihre kulturelle Identität zu erhalten. Diskriminierung aufgrund einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit ist verboten. Zwischen dem Lebensstandard ethnischer Vietnamesen und dem der ethnischen Minderheiten klafft immer noch eine große Lücke. Die Angehörigen der Minderheitenvölker leben in der Regel in wenig zugänglichen Bergregionen im Norden und im Zentralen Hochland oder aber im Mekong-Delta (DAA, Bericht 2008, 9). Mittlerweile ist das ernsthafte Bemühen der vietnamesischen Regierung erkennbar, die Lage der Minoritätenvölker durch wirtschaftliche Hilfsprogramme zu verbessern. Insgesamt scheint sich die Situation entspannt zu haben. Eine Reihe von Expertengruppen wurde ins Zentrale Hochland entsandt, um die Situation zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten (DAA, Bericht 2008, 10).
Obwohl sich die Regierung offiziell gegen die Diskriminierung von ethnischen Minderheiten ausspricht, dauerte die seit langem existierende gesellschaftliche Diskriminierung ethnischer Minderheiten an. Trotz des spürbaren Wirtschaftswachstums des Landes, kommen Angehörige ethnischer Minderheiten oft nicht in den Genuss der verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen (USDS, Vietnam 2007, 20; FH, Vietnam 2008, 5). Die Regierung setzte einerseits ihre bereits ergriffenen Maßnahmen zur Auseinandersetzung mit den Ursachen der Unzufriedenheit auf Seiten der ethnischen Minderheiten fort und startete andererseits auch neue Maßnahmen. Diese umfassten spezielle Programme zur Verbesserung der Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen und zur Ausweitung des Straßenzugangs und der Stromversorgung von ländlichen Gemeinden und Dörfern. Die Regierung teilte den ethnischen Minderheiten im Rahmen eines speziellen Programms Land im Zentralen Hochland zu, wobei es Beschwerden gab, dass die Implementierung dieses Programms nicht gleichmäßig erfolge. Weiters unterhielt die Regierung ein Programm zur Abhaltung von Unterricht in einigen lokalen Minderheitensprachen bis zur fünften Schulstufe (USDS, Vietnam 2007, 20).
3. Minderheit der ethnischen Chinesen ("Hoa"):
Zu einer der größten der ethnischen Minderheiten in Vietnam zählen die Chinesen oder - wie sie im offiziellen vietnamesischen Sprachgebrauch genannt werden - die Angehörigen der "Hoa". Die einst ansehnliche Gemeinschaft der ethnischen Chinesen (Hoa) ging zahlenmäßig zurück, nachdem zahlreiche von ihnen, meist als "Boat People" Ende der 1970er Jahre, aus Vietnam geflüchtet waren. Grund dafür waren unter anderem die Verstaatlichung von Unternehmen und das Verbot von privat geführten Geschäften nach dem Anschluss Südvietnams an das kommunistische Nordvietnam im Jahr 1976 sowie die generell vorherrschende prekäre politische, wirtschaftliche, soziale und humanitäre Lage. Als Folge der vietnamesischen Invasion in Kambodscha und dem Sturz der Roten Khmer Anfang 1979 kam es im Februar und März 1979 zu schweren und verlustreichen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Vietnam und der Volksrepublik China in den an China angrenzenden Teilen Nordvietnams (Chinesisch-Vietnamesischer Krieg oder "Erziehungskrieg"). Zahlreiche ethnische Chinesen flüchteten unter anderem aus Angst vor Repressionen über den Landweg oder über den Seeweg aus Vietnam nach in die VR China.
Bei der Volkszählung von 1989 wurden 962.000 ethnische Chinesen gezählt. Aktuell wird die Zahl auf ca. 1,5 bis 2 Millionen geschätzt (Bevölkerungsanteil ca. 2%). Die ethnischen Chinesen sind grundsätzlich gut in die vietnamesische Gesellschaft integriert. Im Übrigen wird diese Gruppe von der vietnamesischen Regierung nicht aktiv diskriminiert oder unterdrückt. Die Chinesen sind über das ganze Land verstreut, wobei eine geschätzte halbe Millionen ethnischer Chinesen in Ho-Chi-Minh-Stadt (vormals: Saigon) lebt. Es gibt nur begrenzte Informationen hinsichtlich der kulturellen Besonderheiten der ethnischen Chinesen. Sie sprechen Mandarin und überwiegend auch Vietnamesisch. Seit den früheren 1980er Jahren verminderten sich langsam die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Restriktionen gegen Chinesen. 1982 wurde ein Gesetz verabschiedet, welches die Angehörigen der Volksgruppe der Hoa als gleichberechtigte vietnamesische Staatsangehörige anerkannte. Beschränkungen im Arbeitsbereich wurden 1986 beseitigt. Die Chinesen konnten ihren wirtschaftlichen Einfluss wieder stärken, als die vietnamesische Regierung Ende der 1980er Jahre ein wirtschaftliches Liberalisierungsprogramm startete. Mitte der 1990er Jahre wurden alle offiziellen Politiken, die die Beteiligung der Chinesen in der politischen Sphäre eingeschränkt hatten, formal aufgehoben (siehe die in UKHO, Vietnam 2008, 37 f, zitierten Quellen).
4. Ausreise von vietnamesischen Staatsangehörigen aus Vietnam:
Die Kontrollen an den vietnamesischen Außengrenzen sind streng. Für die Ausreise aus Vietnam muss ein vietnamesischer Staatsangehöriger einen Reisepass beantragen, auf dessen Ausstellung jedoch kein Rechtsanspruch besteht. Allerdings wird der Pass im Regelfall ohne Probleme ausgestellt; Passversagungen gegen Personen, die wegen angenommener regierungskritischer Äußerungen nicht ins Ausland reisen sollen, sind bekannt. Dem Antrag beizufügen sind eine Einladung oder ein sonstiger Nachweis des Reisegrunds sowie eine Wohnsitzbescheinigung der örtlichen Polizeidienststelle. Bei geschäftlichen oder Dienstreisen muss außerdem eine Bestätigung des Arbeitsgebers vorgelegt werden. Pässe sind grundsätzlich für alle Staaten gültig. Es werden auch Touristenreisen gestattet. Seit November 1997 benötigen Reisende keinen Ausreisesichtvermerk mehr. Im Zuge der fortschreitenden Integration Vietnams in das südostasiatische Staatenbündnis ASEAN wurde mit einigen Mitgliedstaaten die gegenseitige Visafreiheit für Inhaber von Dienst- und Diplomatenpässen vereinbart. Seit 01.06.2000 herrscht zwischen Thailand und Vietnam generell Visafreiheit. Vietnamesische Staatsangehörige können die grenznahen Gebiete der Nachbarstaaten China, Laos und Kambodscha im Rahmen des sog. "kleinen Grenzverkehrs" tageweise visumfrei besuchen (DAA, Bericht 2008, 21).
5. Illegale Ausreise aus Vietnam und illegaler Verbleib im Ausland:
Gemäß Art. 274 des am 21.12.1999 von der vietnamesischen Nationalversammlung beschlossenen und mit 01.07.2000 in Kraft getretenen neuen vietnamesischen Strafgesetzbuches (in der Folge: vStGB), Nr. 15/1999/QH10, stehen die illegale Ausreise aus Vietnam und die illegale Einreise in Vietnam sowie der illegale Verbleib im Ausland oder in Vietnam unter Strafe. Als Strafen sind unter der Voraussetzung, dass wegen einer dieser Tatvarianten bereits eine sog. administrative Sanktion verhängt worden ist und eine solche Tat fortgesetzt oder neuerlich gesetzt wird, Geldstrafen zwischen fünf und fünfzig Millionen Dong oder Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten und zwei Jahren vorgesehen.
Der in den Übersetzungen mit "Illegally leaving or entering the country; illegally staying abroad or in Vietnam" bzw. "Sortie illicite du Vietnam, entrée illicite au Vietnam et séjour illicite à l'étranger ou au Vietnam" betitelte Art. 274 vStGB lautet:
"Those who illegally leave or enter the country or stay abroad or in Vietnam, have already been administratively sanctioned for such act but continue the violation, shall be subject to a fine of between five million dong and fifty million dong or a prison term of between three months and two years."
(Englische Übersetzung aus: World Legal Information Institute, http://www.worldlii.org/vn/legis/pc66/s274.html.)
"Est puni de 5.000.000 à 50.000.000 de dongs d'amende ou de trois mois à deux ans d'emprisonnement, le fait, pour toute personne, de sortir illégalement du Vietnam, d'entrer illégalement au Vietnam ou de séjourner illégalement à l'étranger ou au Vietnam, alors que cette personne a déjà fait l'objet d'une sanction administrative pour le même acte."
(Französische Übersetzung aus: Maison du Droit Vietnamo-Française, Hanoi, http://www.maisondudroit.org/CodePenal_versionFr/begin.htm.)
Im Gegensatz zur früheren strafrechtlichen Bestimmung über die im allgemeinen Sprachgebrauch als "Republikflucht" bezeichnete Straftat iSd. Art. 89 des bis 01.07.2000 geltenden vStGB (in der Folge: vStGB-alt) ist dem Tatbild des nunmehr geltenden Art. 274 vStGB kein Hinweis auf die Bekämpfung einer oppositionellen Gesinnung als Zielsetzung der angeordneten Strafnorm mehr zu entnehmen. Art. 89 vStGB-alt mit dem Titel "The crime of illegally emigrating from, illegally immigrating to or illegally remaining in a foreign country" hatte folgenden Wortlaut:
"1. The penalty for anyone who illegally emigrates from, illegally immigrates to or illegally remains in a foreign country is a warning, reeducation without detention for a period of up to one year or from three months to two years in prison.
2. This article does not apply to foreigners who come to the Socialist Republic of Vietnam seeking political asylum."
(Englische Übersetzung aus: amnesty international Deutschland, Asylgutachten zur Republikflucht an das Verwaltungsgericht Frankfurt/M. vom 07.01.1997.)
Während etwa die Androhung einer "Umerziehung" ("reeducation") zweifellos als unverhältnismäßig zu qualifizierende Maßnahme zur Bekämpfung einer oppositionellen (iSv. regierungskritischen oder regierungsfeindlichen) politischen Gesinnung bewertet werden muss (vgl. VwGH 21.03.2002, Zlen. 99/20/0520, 0521; 22.05.2003, Zl. 2000/20/0420; 22.05.2003, Zl. 2001/20/0268; 02.03.2006, Zl. 2003/20/0342), ist eine solche Strafe für den gegenständlichen Straftatbestand im geltenden vietnamesischen Strafrecht nicht mehr ausdrücklich vorgesehen. Die politischen Beweggründe, die zur vorliegenden geänderten Fassung der Strafbestimmung geführt hatten, konnten vom Asylgerichtshof auch nach Vornahme eingehender Recherchen, insbesondere in den herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, nicht in Erfahrung gebracht werden.
Es kann aber im Hinblick auf den Wortlaut der nunmehr geltenden
Bestimmung des Art. 274 vStGB jedenfalls festgehalten werden, dass
nicht mehr nur alleine der illegale Verbleib im Ausland als
Tatbildvariante ("anyone who ... illegally remains in a foreign
country"), sondern auch der illegale Verbleib in Vietnam selbst
("Those who ... illegally ... stay abroad or in Vietnam") mit Strafe
bedroht ist. Im Vergleich zur früheren Bestimmung des Art. 89 vStGB-alt liegt jedoch ein wesentlicher Unterschied für eine Bestrafung nach Art. 274 vStGB im Vorliegen einer zusätzlichen Voraussetzung zur Erfüllung des objektiven Tatbildes, dass gegen den Täter bereits vorher schon einmal eine administrative Sanktion aus dem gleichen Grund verhängt worden sein muss und der Täter trotz dieser über ihn bereits verhängten Sanktion ein tatbildmäßiges Handeln im Sinne einer der in Art. 274 vStGB vorgesehenen Varianten fortsetzt oder neuerlich setzt ("[...] have already been administratively sanctioned for such act but continue the violation" bzw. "[...] cette personne a déjà fait l'objet d'une sanction administrative pour le même acte").
Auf Grund der explizit angeordneten Vorlagerung einer administrativen und damit nicht strafgerichtlich angeordneten Sanktion im Falle einer erstmaligen illegalen Ein- oder Ausreise bzw. eines erstmaligen illegalen Aufenthalts in oder außerhalb Vietnams kann davon ausgegangen werden, dass eine tatbildliche Verurteilung nach Art. 274 vStGB im Falle der Rückkehr eines vietnamesischen Staatsangehörigen nur dann in Frage kommen könnte, wenn gegen diesen bereits vorher schon eine administrative Sanktion verhängt wurde und der Betreffende neuerlich ein tatbildmäßiges Handeln (zB eine neuerliche illegale Ausreise aus Vietnam) setzt. Unter Berücksichtigung des für eine Bestrafung nach Art. 274 vStGB geforderten erhöhten Unrechtsgehalts (Fortsetzungs- oder Wiederholungstat) ist auch der Schluss zulässig, dass die angeführten administrativen Sanktionen im Vergleich zu den strafrechtlich vorgesehenen Strafen weniger streng sind. So sieht das vietnamesische Recht in anderen Rechtsbereichen als dem Strafrecht, insbesondere im Wirtschafts- und Arbeitsrecht, unterschiedliche Arten von administrativen Sanktionen wegen Ordnungswidrigkeiten oder weniger schweren Vergehen vor: Es sind dies meist Verwarnungen, Geldbußen, Lizenzentzug oder in bestimmten Fällen Beschlagnahmen.
Die in Art. 274 vStGB angedrohten Geld- und Gefängnisstrafen (Geldstrafen von fünf bis fünfzig Millionen Dong bzw. Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zwei Jahren) sind im Vergleich zum früheren Art. 89 vStGB-alt zwar gleichgeblieben, doch erscheinen diese nunmehr unter Berücksichtigung der vorherigen (erfolglosen) Verhängung von administrativen Sanktionen und dem Zweck der Verhinderung der weiteren Fortsetzung oder neuerlichen Setzung der vom Straftatbestand umfassten Delikte als nicht unverhältnismäßig.
Aus dem unterschiedlichen Wortlaut beider Bestimmungen kann im Hinblick auf den Regelungszweck der Norm daher der zulässige Schluss gezogen werden, dass der geltende Straftatbestand des Art. 274 vStGB hauptsächlich auf die Einhaltung der den Grenzübertritt und den Aufenthalt regelnden Vorschriften von In- und Ausländern gleichermaßen und damit auf die Aufrechterhaltung der grenz- und fremdenpolizeilichen Ordnung Vietnams abzielt und nicht primär - im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage nach Art. 89 vStGB-alt - auf eine überwiegend politisch motivierte Strafverfolgung.
Weder dem deutschen Auswärtigen Amt noch anderen westlichen Botschaften in Vietnam liegen aktuelle Informationen über tatsächliche Strafverfolgungsmaßnahmen gegenüber Rückkehrern wegen ungenehmigter Ausreise oder unerlaubtem Aufenthalt im Ausland gemäß dem neuen Art. 274 vStGB vor. Auch im Kontext mit der Rückführung von vietnamesischen Staatsangehörigen aus Lagern in Südostasien sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer wegen illegaler Ausreise strafrechtlich belangt worden wären. Praktische Probleme bei der Wiedereingliederung werden durch die vietnamesischen Behörden und die Reintegrationsprogramme des UNHCR angegangen (DAA, Bericht 2008, 19 f).
2006 hat der UNHCR in insgesamt vier Erkundungsmissionen keine nennenswerten Beschwerden auf Seiten der Rückkehrer bzw. abgeschobenen Personen feststellen können. Demgegenüber berichtet Human Rights Watch in einem von UNHCR kritisierten Bericht vom Juni 2006 über andauernde Misshandlungen und Drangsalierungen von Rückkehrern. Eine Erkundungsreise der EU-Troika-Botschafter im Oktober 2006 ergab, dass die Mehrzahl der befragten Rückkehrer (insgesamt 28, keiner davon zuvor vom UNHCR interviewt) nach eigenen Angaben vergleichsweise gut behandelt wurde und keine größeren Probleme zu gewärtigen hatte (DAA, Bericht 2008, 20).
Mehrere westliche Staaten führen vietnamesische Staatsangehörige, die keinen Aufenthaltstitel besitzen oder straffällig geworden sind, zwangsweise zurück. Dazu zählen in der EU Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Finnland. Andere Mitgliedstaaten wie die Niederlande halten die Abschiebung abgelehnter Asylwerber nach Vietnam für möglich, haben dies aber aus praktischen Gründen (zB Fehlen gültiger Reisedokumente, Zugriffsentzug) noch nicht durchsetzen können. Bilaterale Rückführungsregelungen mit EU-Mitgliedstaaten bestehen mit Deutschland, Großbritannien, Polen und der Slowakei.
So unterliegen beispielsweise Rückführungen vietnamesischer Staatsangehöriger von der Bundesrepublik Deutschland in die Sozialistische Republik Vietnam dem zwischen beiden Staaten abgeschlossenen Rückübernahmeabkommen von 1995, das am 21.09.1995 in Kraft trat (dBGBl. II S. 743 ff). In einem Briefwechsel vom 21.07.1995 zum deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommen hat Vietnam ausdrücklich in völkerrechtlich verbindlicher Weise zugesichert, auf eine Strafverfolgung von Rückkehrern wegen ihrer unerlaubten Ausreise und ihres unerlaubten Aufenthalts in Deutschland zu verzichten.
Es verbleibt in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass ein entsprechendes bilaterales Rückübernahmeabkommen zwischen der Sozialistischen Republik Vietnam und der Republik Österreich bislang nicht abgeschlossen wurde.
6. Sonstige Strafverfolgung im Falle der Rückkehr:
Rückkehrer unterstehen allgemein dem vietnamesischen Strafrecht. Sollten vor der Ausreise aus Vietnam Straftaten begangen worden sein, muss - wegen sehr restriktiver Verjährungsregelungen - mit einer Strafverfolgung nach der Rückkehr gerechnet werden. Der Grundsatz "ne bis in idem" ist in Art. 28 Abs. 3 vStGB enthalten (DAA, Bericht 2008, 19).
Das Dekret Nr. 31-CP vom 14.04.1997 betreffend "Vorschriften über die administrative Haft" ("Regulation on Administrative Probation"), mit dem bei Vergehen gegen die nationale Sicherheit, die als nicht so schwerwiegend genug erscheinen, um ein Strafverfahren einzuleiten, eine administrative Haftstrafe verhängt werden konnten (vgl. DAA, Bericht 2008, 7), wurde im März 2007 aufgehoben (USDS, Vietnam 2007, 3).
Im Jahr 2002 wurde bereits mit der Ordinance Nr. 44/2002/PL-UBTVQH10 betreffend Sanktionen gegen Verwaltungsvergehen ("Sanctions against Administrative Violations") eine - im Vergleich zum Dekret Nr. 31-CP noch restriktivere - Rechtsvorschrift erlassen, mit der Personen, die verdächtigt werden, eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darzustellen, nicht nur in Verwaltungshaft genommen, sondern unter Hausarrest gestellt oder ohne weiteres Verfahren in sog. "Social Protection Centres", "Rehabilitation Camps" oder psychiatrischen Anstalten angehalten werden können (vgl. DAA, Bericht 2008, 7). Ein Dekret aus dem Jahr 2001 sieht zudem die Möglichkeit eines bis zu fünfjährigen Hausarrests im Anschluss an die Verbüßung einer Haftstrafe vor. Es handelt sich dabei um ein Mittel, von dem gegenüber entlassenen politischen Häftlingen häufig Gebrauch gemacht wird (DAA, Bericht 2008, 7 f).
7. Exilpolitische Betätigung im Ausland vor der Rückkehr:
Auch eine oppositionelle Betätigung im Ausland führt nach beständigen Ausführungen des deutschen Auswärtigen Amtes in seinen Lageberichten über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Vietnam und in seinen Auskünften an deutsche Verwaltungsgerichte grundsätzlich zu keinen asylrelevanten Konsequenzen im Falle einer Rückkehr nach Vietnam. Dem deutschen Auswärtigen Amt sind demnach bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen Rückkehrer wegen exilpolitischer Aktivitäten Repressalien der vietnamesischen Behörden ausgesetzt gewesen wären. Es seien weiterhin auch keine Fälle bekannt, in denen in Vietnam lebende Angehörige exilpolitisch tätiger Vietnamesen durch die dortigen Behörden unter Druck gesetzt worden wären (Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.06.2006, 9 LB 104/06). Rückkehrern kann allerdings im Einzelfall eine Bestrafung wegen Propaganda gegen die sozialistische Gesellschaftsordnung drohen (zB Art. 88 vStGB). Dies hänge vom Inhalt der jeweiligen politischen Aktivitäten ab. Sollte der Betreffende auf Grund seiner Tätigkeit im Ausland Bekanntheit in Vietnam erlangt haben, sei allerdings eine Einreiseverweigerung wahrscheinlicher als eine strafrechtliche Verfolgung nach ihrer Rückkehr (DAA, Bericht 2008, 19).
8. Strafverfolgung und Haftbedingungen:
In Vietnam ist bei der Strafverfolgung und bei der Strafzumessungspraxis keine Diskriminierung nach bestimmten Merkmalen (Rasse, Religion usw.) feststellbar. Die Haftbedingungen für politische Straftäter sind härter als bei anderen Inhaftierten. Es gibt Fälle von jahrelanger Isolationshaft. Besuche bei politischen Straftätern sind limitiert, Briefe werden zensiert (DAA, Bericht 2008, 13). Die Haftbedingungen in vietnamesischen Gefängnissen entsprechen im Allgemeinen dem niedrigen Lebensstandard des Landes (einfache, ungekühlte bzw. ungeheizte Gebäude, in denen bis zu 60 Gefangene in einem Raum auf Strohmatten schlafen, niedrige Hygienestandards). Eine ärztliche Versorgung in den Haftanstalten ist grundsätzlich gegeben, aber mangelhaft. Alarmierend ist die hohe Rate der mit HIV- bzw. AIDS-infizierten Häftlinge. Die Strafvollzugsverordnung von 1992 führt die Rechte und Pflichten der Häftlinge auf und garantiert insbesondere auch Grundrechte der Häftlinge. Es liegen jedoch Berichte vor, dass die Wirklichkeit in den Gefängnissen anders aussieht, insbesondere in Haftanstalten und Umerziehungslagern außerhalb der Hauptstadt Hanoi, wo die Verhältnisse noch deutlich hinter diesen Standards zurückbleiben (DAA, Bericht 2008, 17; USDS, Vietnam 2007, 2).
9. Todesstrafe:
Das vietnamesische Strafrecht enthält als schwerste Art der Bestrafung die Todesstrafe. Das seit 01.07.2000 gültige vietnamesische Strafgesetzbuch (vStGB) reduzierte die mit der Todesstrafe bedrohten Straftaten von 45 auf 29. Dabei handelt es sich um besonders schwere Straftaten wie Mord, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Spionage, Rebellion, Terrorismus, Sabotage, Geldfälschung u.a. Des Weiteren sind auch sog. "white-collar-crimes" (zB Bestechung, Bestechlichkeit, Veruntreuung und Betrug ab einer bestimmten Größenordnung) und Drogendelikte mit der Todesstrafe bedroht. Von der Todesstrafe ausgenommen sind jugendliche Straftäter bis 18 Jahre, Schwangere und Mütter, die Kinder im Alter von ein bis drei Jahren versorgen (Art. 35 vStGB). Nach Medienberichten wurde im Jahr 2006 in 72 Fällen die Todesstrafe verhängt und in 49 Fällen vollstreckt). Es handelt sich dabei um die veröffentlichten Fälle, die tatsächliche Zahl dürfte aber erheblich höher sein. Genaue Angaben über die Zahl der tatsächlich Hingerichteten liegen nicht mehr vor, seit Informationen dieser Art im Jänner 2004 als Staatsgeheimnis eingestuft wurden (ai, Vietnam 2006, 3). Jedoch wurden laut dem vietnamesischen Justizministerium im Jahr 2007 206 Todesurteile verhängt. Medienberichten zufolge wurden mindestens 25 Urteile tatsächlich vollstreckt. Die diesbezügliche Berichterstattung beschränkt sich auf Hinrichtungen wegen Drogenbesitzes bzw. Drogenhandels (DAA, Bericht 2008, 16).
Zusicherungen, die Todesstrafe nicht zu verhängen oder zu vollstrecken, hat die vietnamesische Regierung mit Verbalnote des Außenministeriums in Einzelfällen abgegeben (DAA, Bericht 2008, 16; FH, Vietnam 2008, 5).
10. Folter:
Folter ist nach Art. 71 der vietnamesischen Verfassung verboten, ihre Anwendung ist jedoch strafrechtlich nicht mit Strafe bewehrt. Es gibt Berichte über vereinzelte Übergriffe von Sicherheitsorganen bei der Festnahme, in der Untersuchungshaft und während der Vernehmung. Jedoch liegen über eine systematische oder weit verbreitete Anwendung von Folter keine Informationen vor. Die vietnamesische Regierung bemüht sich, die Angehörigen der Sicherheitsbehörden im korrekten Umgang etwa mit Straftätern zu schulen. Vietnam ist der Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen bislang nicht beigetreten. Deren Unterzeichnung wurde von der vietnamesischen Regierung zwar wiederholt angekündigt, aber bisher nicht vollzogen (DAA, Bericht 2008, 15 f).
11. Grundversorgung, soziale Sicherheit und medizinische Versorgung:
Der allgemeine Lebensstandard, insbesondere in den ländlichen Gebieten, ist sehr niedrig. Vietnam zählt zu den ärmsten Staaten der Welt (Pro-Kopf-Einkommen 2007: 835 US-Dollar). Die Arbeitslosigkeit in ländlichen Gebieten ist sehr hoch und es herrscht eine hohe, insbesondere saisonale Unterbeschäftigung. Das Angebot an Grundnahrungsmitteln ist gesichert. Seit 2005 sind Arbeitnehmer mit festen Verträgen von mindestens drei Monaten, Pensionäre, Kriegsveteranen, Kinder unter sechs Jahren und Mitglieder des Gesundheitsfonds für Arme pflichtversichert in der Krankenversicherung. Bis 2010 soll die allgemeine Krankenversicherungspflicht eingeführt werden. Eine staatliche Sozialhilfe oder eine Arbeitslosenversicherung existiert hingegen nicht. Rückkehrer sind auf eigene finanzielle Mittel oder subsidiäre Unterstützung durch Familie, Verwandtschaft oder Freunde angewiesen, da eine staatliche Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis fehlt. Der medizinische Standard entspricht nicht dem europäischen Niveau, ist aber gemessen am Entwicklungsstand des Landes relativ hoch. Die Gesundheitsversorgung hat sich in den letzten Jahren verbessert, die Lebenserwartung liegt elf Jahre über der von Staaten mit vergleichbarem Pro-Kopf-Einkommen. Für bedürftige ältere Menschen sowie für Kriegsversehrte besteht die Möglichkeit, bei den örtlichen Volkskomitees einen Antrag auf eine Bescheinigung zu stellen, die den Inhaber zu einer günstigen, gegebenenfalls auch kostenlosen Krankenbehandlung berechtigt. Generell ist in Vietnam die Behandlung der meisten Krankheitsbilder möglich. Manche Behandlungen sind jedoch nur in Hanoi oder anderen größeren Städten durchführbar. Das Ausbildungsniveau der vietnamesischen Ärzte ist recht hoch (DAA, Bericht 2008, 17 f).
I.3. Beweiswürdigung
I.3.1.
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur ggst. Rechtssache vorliegenden Akten des BAS und des Asylgerichtshofes.
I.3.2.
1. Die Feststellungen zum Namen, Geburtsdatum und Geburtsort ergeben sich aus den Angaben des Bf. im Verfahren vor dem BAS und in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof. Dokumente, die diese Angaben bestätigen konnten nicht vorgelegt werden. Die Feststellungen zum persönlichen Umfeld und zu den Lebensbedingungen des Bf. ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Verfahren vor dem BAS und in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof. Die Feststellungen zum Reiseweg des Bf. aus Vietnam stützen sich auf die eigenen glaubwürdigen Angaben des Bf. in der Einvernahme vor dem BAS und in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof.
Im Übrigen ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass an der Richtigkeit der Aussagen des Bf. zu seiner Person Zweifel aufkommen lies.
2. Zu den Fluchtgründen des Bf.: Die Feststellungen zum Grund der Ausreise stützen sich auf die Ergebnisse der Einvernahmen vor dem BAS und der Aussage des Bf. in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008 vor dem Asylgerichtshof.
Den Angaben des Bf. in Bezug auf seinen Fluchtgrund war - wie auch von der Erstbehörde zu Recht festgestellt - teilweise die Glaubwürdigkeit zu versagen. Bei seiner Einvernahme vor dem BAS am 21.05.2003 gab der Bf. zu den Gründen, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe im Wesentlichen an, das er auf der Suche nach einem Glauben gewesen sei und das ihm dieser Glaube schon von seinem Elternhaus verwehrt worden sei. Auch in seinen weiteren Aussagen sieht er seine Suche nach einem Glauben als Ursache dafür, von seiner Freundin verlassen worden zu sein und keine Arbeit gefunden zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof gab der Bf. an, von seinen Pflegeeltern wie eine Haushaltshilfe behandelt worden zu sein. Als er erwachsen wurde hätten ihn seine Adoptiveltern aus der Wohnung haben wollen, da sie fürchteten, dass ihr Vermögen nach ihrem Tod auf den Bf. übergegangen wäre. Er sei sehr traurig gewesen und habe in dieser schlechten Stimmungslage jemanden kennengelernt, der durch den römisch-katholischen Glauben gestärkt worden wäre. Der Bf. sei von seinem Pflegevater mit dem Umbringen bedroht worden, wenn er seine Religion weiter ausübe. Auf nähere Befragung gab der Bf. dazu an, dass die nächste Kirche ca. 20 km entfernt gewesen sei und er 1 - 2 Mal im Monat die Kirche besucht habe. Um die Kirche besuchen zu können habe er jedes Mal eine gute Ausrede benötigt um von seinen Pflegeeltern wegzukommen. In weiterer Folge gab der Bf. in der mündlichen Verhandlung an, als Erwachsener seine Pflegeeltern verlassen zu haben und in einer Computerfabrik, die ca. 500 - 600 km vom Elternhaus entfernt gewesen sei, eine aus seiner Sicht gute Arbeit gefunden zu haben. Diese Arbeitsstelle habe er verloren, da die Pflegeeltern seinen Firmenchef aufgesucht hätten und der Bf. wegen der Angaben seiner Pflegeeltern, dass er ein schlechter Mensch sei, seinen Arbeitsplatz verloren hätte. Hier ist der der Bf. nicht glaubwürdig, da er einerseits angibt seine Pflegeeltern hätten ihn aus der Wohnung haben wollen, damit er nicht das Vermögen erbe, andererseits hätten sie später dafür gesorgt, dass er seine Arbeitsplatz verliere und ihm befohlen wieder nach Hause zurückzukehren.
Zurecht hat die Erstbehörde in ihrem Bescheid auch die Angaben, er hätte auf seiner Suche nach einem Glauben keine Arbeit bekommen als unglaubwürdig bewertet, da er später angibt, einen guten Arbeitsplatz gefunden zu haben.
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass der Bf. für sich keine Lebensperspektive in Vietnam sah. Dies äußert sich in seiner schriftlichen Beschwerdeergänzung vom 04.08.2003, in der er auf Seite 5 anführt, nicht nach Vietnam zurückkehren zu wollen, da ihm dort ein elendes Leben bevorstünde und er in Vietnam Qual, Schmach, Elend und Mangel an Liebe usw. erleben müsste.
Die erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 behauptete Bedrohung durch seinen Pflegevater erscheint wenig glaubwürdig, da der Bf. erst nach mehrmaligen Nachfragen die genauen Umstände und Wortlaut dieser Drohung in der Verhandlung bekannt gab und der Bf. darüber keine Anzeige bei den Behörden vornahm.
Die vom Bf. behaupteten Probleme seine Religion frei auszuüben, scheinen in Zusammenschau seiner Angaben ausschließlich im Verhältnis zu seinen Pflegeeltern zu liegen und nicht von behördlicher oder staatlicher Seite verursacht.
3. Schließlich wurden seitens des Bf. im Verfahren andere Fluchtgründe nicht behauptet.
I.3.3.
1. Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Bf. ergeben sich aus den angeführten und in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.
Hierbei wurden Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des deutschen Auswärtigen Amtes, des britischen UK Home Office (Border Agency) und des US Department of State, ebenso herangezogen, wie auch von internationalen Organisationen wie dem UNHCR oder allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie Human Rights Watch, amnesty international oder Freedom House.
Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der übereinstimmenden Aussagen darin, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
2. Die in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden den Parteien zur Akteneinsicht angeboten. Die den Parteien eingeräumte Möglichkeit zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme wurde nicht in Anspruch genommen. Die Parteien sind weder den in das Verfahren eingeführten Quellen noch den auf diesen beruhenden und in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen substanziiert entgegengetreten.
3. Im Übrigen hat der Bf. im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage in seinem Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Anzuwendendes Recht
1. In der ggst. Rechtssache sind gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, iVm. § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 idF der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) anzuwenden, zumal der Asylantrag des Bf. am 03.11.2002 und damit vor dem relevanten Stichtag 01.05.2004 gestellt wurde.
Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF der AsylG-Novelle 2003 auch auf Verfahren gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, anzuwenden.
2. Weiters anzuwenden sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, und des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, in der jeweils geltenden Fassung.
3. Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF BGBl. I Nr. 2/2008, ab 01.07.2008 die beim UBAS anhängigen Verfahren weiterzuführen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01.07.2008 der Begriff "Beschwerde". Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Einrichtung des Asylgerichtshofes finden sich in den Art. 129c ff. B-VG.
4. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 idF des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 01.07.2008 beim UBAS anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des UBAS, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des UBAS geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Die ggst. Rechtssache wurde bis 30.06.2008 von einem zum Richter des Asylgerichtshofes ernannten Mitglied des UBAS geführt. Eine mündliche Verhandlung in der ggst. Rechtssache fand bis 30.06.2008 nicht statt. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes war das Verfahren daher von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat C9 weiterzuführen.
5. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 23 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Der Asylgerichtshof ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamtes zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
II.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides
1. Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Als Flüchtling iSd. der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet.
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine sog. inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein.
3. Als glaubhaften Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates gab der Bf. vor dem BAS an, auf der Suche nach seinem Glauben gewesen zu sein. Dass diese Suche nach seinem Glauben zu Verfolgungshandlungen staatlicher Seite geführt hätte, hat der Bf. nie behauptet. In der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 führte der Bf. aus, dass in 20 km Entfernung von seinem Wohnort eine Kirche gegeben habe, die er 1 - 2 Mal im Monat besuchen konnte. Aus der Einvernahme vor dem BAS und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof zeigte sich vielmehr, dass der Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates in seinem Verhältnis zu seinen Pflegeeltern bestand, die in erster Linie daran interessiert schienen, ihn als billige Arbeitskraft zu behalten und ihm aus diesem Grund seine Zuwendung zum römisch-katholischen Glauben erschwerten.
4. Weder aus den erörterten herkunftsstaatlichen Erkenntnisquellen noch aus dem Vorbringen des Bf. im gesamten Verfahren sind irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Bf. als vietnamesischer Staatsangehöriger im Falle ihrer Rückkehr nach Vietnam mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen würde, strafrechtlich verfolgt zu werden. Eine mögliche Bestrafung nach Art. 274 vStGB setzt ihrerseits voraus, dass wegen illegaler Ausreise oder illegalem Aufenthalt im Ausland bereits eine administrative Sanktion verhängt worden wäre. Im Fall eines erstmaligen Verstoßes findet die Strafbestimmung des Art. 274 vStGB keine Anwendung. Auf Grund des im Verfahren vor dem Asylgerichtshof geäußerten Vorbringens des Bf. ist daher davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit iSd. Art. 274 vStGB im Falle der Rückkehr des Bf. nach Vietnam nicht gegeben sind.
5. Der Bf. konnte somit keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen, eine solche wurde auch vom Bf. nicht behauptet und ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
II.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides
1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 (gilt gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 auch in Verfahren nach § 44 Abs. 1) von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrages - von Amts wegen vorzunehmen. Dabei verweist § 8 Abs. 1 AsylG 1997 auf § 57 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, wonach gemäß Abs. 1 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
2. Auf die Frage in der Einvernahme vor dem BAS und in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof, was passieren würde, wenn der Bf. jetzt nach Hause zurückkehren müsste, antwortete der Bf., dass er von vorne beginnen müsste sich sein Leben aufzubauen und nicht wüsste in welcher Existenzform er überleben kann.
3. Der Bf. ist arbeitsfähig und gesund und wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit seiner bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Im Übrigen besteht im Herkunftsstaat des Bf. eine hinreichende Existenzsicherung für nicht selbsterhaltungsfähige Menschen.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.
4. Dass der Bf. im Falle der Rückkehr ins seinen Herkunftsstaat einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, wurde vom Bf. nicht behauptet und konnte auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
5. Hinsichtlich der Frage, ob eine Strafe nach Art. 274 vStGB eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung oder Strafe darstellen könnte, wird auf die oben bereits getroffenen Ausführungen verwiesen.
6. Selbst wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe als gesetzliche Strafsanktion für besonders schwere Straftaten vorgesehen ist, so hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens für den Bf. kein reales Risiko ergeben, dass er in seinem Herkunftsstaat einer dem 6. bzw. 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen werden würde. Der Bf. selbst gab glaubwürdig an, dass es keine Verfolgungshandlungen gegen seine Person gäbe.
7. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Bf. somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Eine solche Gefahr hat der Bf. weder behauptet, noch ist diese im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
II.4.
Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.