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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Klaus Voithofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Esslinggasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 9. März 2000, Zl. 421.778/1- II/B/8/2000, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 4. November 1998 (bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangt am 5. November 1998) beantragte der Beschwerdeführer die Eintragung "bedingt geeignet" in seinen Führerschein. Die vorzunehmende ärztliche Untersuchung möge wegen seiner schweren Gehbehinderung in seiner Wohnung durchgeführt werden.
Zwei Vorladungen zu amtsärztlichen Untersuchungen (für 30. November 1998 und für 21. Dezember 1998) beantwortete der Beschwerdeführer jeweils mit dem Hinweis auf seine schwere Gehbehinderung und dem Ersuchen um Durchführung der Untersuchung in seiner Wohnung.
Mit Schreiben vom 21. Juli 1999 an das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr übermittelte mit Schreiben vom 30. Juli 1999 die Eingabe an den Landeshauptmann von Wien.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht in Ansehung des Antrages vom 4. November 1998 gemäß § 73 Abs. 2 AVG ab und führte begründend aus, die amtsärztliche Untersuchung in der Wohnung des Beschwerdeführers sei weder vorgesehen noch möglich. Die Verzögerung sei auf ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen. Da ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Verzögerung nicht vorliege, sei der Antrag abzuweisen.
Dieser Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen ihn binnen zwei Wochen Berufung erhoben werden könne.
Mit Schreiben vom 26. November 1999 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1999.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 73 AVG und § 35 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG als unzulässig zurück.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, im vorliegenden Fall seien materiell-rechtliche Bestimmungen des FSG betroffen, weshalb eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung nicht gegeben sei. Dies ergebe sich schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. August 1999, Zlen. 99/11/0092, 0175, wonach auf Grund der durch das FSG gegebenen Rechtslage dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr "- abgesehen davon, dass er als Berufungsbehörde bei erstinstanzlichen Bescheiden von (im Devolutionsweg zuständig gewordenen) Landeshauptmännern sowie als deren sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu entscheiden hat -" keine Zuständigkeit zur Erlassung von Berufungsbescheiden in Angelegenheiten betreffend Entziehung von Lenkberechtigungen zukomme. Die Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht gegen die bescheidmäßige Ablehnung (Abweisung, Zurückweisung) eines Devolutionsantrages durch die Oberbehörde - ungeachtet eines eingeschränkten Instanzenzuges in der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verwaltungsangelegenheit - der Rechtszug an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde offen (siehe dazu u.a. die hg. Beschlüsse vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0261, vom 28. September 1995, Zl. 95/18/1237, vom 17. März 1998, Zl. 97/04/0236, vom 17. April 1998, Zl. 98/04/0054, vom 29. September 1998, Zl. 96/09/0377, und vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0038, sowie das Erkenntnis vom 15. November 1999, Zl. 95/18/0200).
Von dieser ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof, wie sich auch aus der von der belangten Behörde zutreffend wiedergegebenen oben genannten Einschränkung ergibt, mit dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 24. August 1999, Zlen. 99/11/0092, 0175, nicht abgegangen. In diesem Erkenntnis wird auf die zitierte ständige Rechtsprechung nicht Bezug genommen. In dem diesem Beschwerdefall zu Grunde liegenden Verfahren ging es auch nicht um die Zulässigkeit der Berufung gegen die bescheidmäßige Ablehnung eines Devolutionsantrages, sondern um die Zulässigkeit der Berufung gegen einen vom Landeshauptmann in einem Berufungsverfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz erlassenen Aussetzungsbescheid gemäß § 38 AVG. Hinsichtlich derartiger verfahrensrechtlicher Bescheide wurde eine Berufung an den Bundesminister für unzulässig erachtet. Solche verfahrensrechtliche Bescheide sind mit der bescheidmäßigen Ablehnung eines Devolutionsantrages nicht vergleichbar. Da durch einen derartigen Bescheid - ebenso wie im Falle der Nichterfüllung der Entscheidungspflicht - eine Sachentscheidung verweigert wird, wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Rechtszug an eine allfällige weitere sachlich in Betracht kommende Oberbehörde für zulässig erachtet (so ausdrücklich u.a. der oben zitierte Beschluss vom 28. September 1995 sowie das zitierte Erkenntnis vom 15. November 1999). Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung bietet das FSG keinen Grund. Die Tatsache, dass der administrative Instanzenzug (zufolge § 35 Abs. 1 FSG i.V.m. Art. 103 Abs. 4 B-VG) in Angelegenheiten nach diesem Gesetz, für die in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde (Bundespolizeibehörde) zuständig ist, beim Landeshauptmann endet, unterscheidet den vorliegenden Fall nicht von den der oben zitierten Rechtsprechung zu Grunde liegenden. Der eingeschränkte Instanzenzug in der den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Verwaltungsangelegenheit ist nämlich nach der genannten Rechtsprechung im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung.
Die Zurückweisung der Berufung erweist sich nach dem Gesagten als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer zufolge der ihm mit hg. Beschluss vom 28. Juli 2000, Zl. VH 2000/11/0032, bewilligten Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG befreit ist.
Wien, am 24. April 2001
Schlagworte
Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Instanzenzug Zuständigkeit AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110255.X00Im RIS seit
26.06.2001