TE AsylGH Beschluss 2008/10/31 B11 312607-2/2008

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Veröffentlicht am 31.10.2008
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Spruch

B11 312607-2/2008/2Z

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Moritz als Einzelrichter über den Antrag auf Wiedereinsetzung von Frau B. G., geb. 00. 00.1989, StA. Kosovo, beschlossen:

 

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Frau B. G. vom 24.09.2008 gegen den mündlich verkündeten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 02.11.2007, Zl. 312.607-1/8Z-I/02/07, wird gemäß § 71 Abs. 1 AVG stattgegeben und der Bescheid vom 02.11.2007, Zl. 312.607-1/8Z-I/02/07, behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.05.2007 wurde der Asylantrag der Wiedereinsetzungswerberin gemäß § 7 AsylG abgewiesen und ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt. Gegen diesen Bescheid erhob die Wiedereinsetzungswerberin firstgerecht das Rechtmittel der Berufung.

 

Für den 02.11.2007 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat, Außenstelle Linz, anberaumt, zu der die Wiedereinsetzungswerberin per am 18.09.2007 hinterlegten RSa-Brief geladen wurde. Mit Schreiben vom 31.10.2007 ließ die Wiedereinsetzungswerberin den unabhängigen Bundesasylsenat wissen, dass sie sich infolge ihres schlechten Gesundheitszustandes außer Stande sehe, den Verhandlungstermin am 02.11.2007 wahrzunehmen. Sie sei im dritten Monat schwanger und im Moment grippeerkrankt (siehe UBAS-Akt, OZ 7).

 

Die Verhandlung am 02.11.2007 fand sodann in Abwesenheit der Wiedereinsetzungswerberin statt, wobei in der Niederschrift dieser Verhandlung vermerkt wurde, dass die Wiedereinsetzungswerberin "unentschuldigt" nicht erschienen sei (UBAS-Akt OZ 8, S. 2). Nach Schluss der Verhandlung wurde sogleich mündlich ein Bescheid verkündet, mit dem die Berufung der Wiedereinsetzungswerberin gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen wurde.

 

Am 24.09.2008 brachte die Wiedereinsetzungswerberin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Sie habe von dem verkündeten Bescheid erstmalig durch Schreiben der Fremdenpolizeibehörde vom 12.09.2008, zugestellt am 16.09.2008, erfahren. Die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheids des unabhängigen Bundesasylsenats erging am 31.10.2008.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Verfahrensgang und entscheidungswesentlicher Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt der Wiedereinsetzungswerberin.

 

2.1. Auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, BGBl I Nr. 2/2008, wurde das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (Bundesgesetz, mit dem ein Asylgerichtshofgesetz erlassen wird und das Asylgesetz 2005, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesministeriengesetz 1986, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Grundversorgungsgesetz-Bund 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz und das Waffengesetz 1996 geändert werden), erlassen. Die Verfassungsnovelle und das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind mit 1. Juli 2008 in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

§ 61 AsylG 2005 i.d.F. BGBl. I Nr. 4/2008 lautet wie folgt:

 

"(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende."

 

Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen: Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen (§ 75 Abs 7 Z 1 leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen (§ 75 Abs 7 Z 2 leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen (§ 75 Abs 7 Z 3 leg. cit.).

 

Die Bestimmung des § 61 AsylG 2005 zählt in Absatz 3 taxativ jene Fälle auf, in welchen der Asylgerichtshof durch Einzelrichter zu entscheiden hat. Die Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist darunter nicht genannt. Da im konkreten Fall bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, wäre im Falle der Stattgebung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Verfahren gemäß § 75 Abs. 7 Z. 1 AsylG von jenem Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates, welches zu einem Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde, als Einzelrichter weiterzuführen. Damit käme man hier zu dem systemwidrigen Ergebnis, dass die Entscheidung über den das Verfahren allfällig wieder öffnenden Wiedereinsetzungsantrag im Senat zu fällen wäre, jedoch die Entscheidung in der Sache selbst einem Einzelrichter zufiele. Wie sich aus den Materialien ergibt, hat offenbar der Gesetzgeber nicht an eine derartige Fallkonstellation gedacht (s. AB 371 XXIII. GP). Es wird daher die Bestimmung des § 75 Abs. 7 Z. 1 AsylG systemkonform so zu interpretieren sein, dass jener Richter, der für ein als Einzelrichter zu führendes Verfahren zuständig ist, auch über einen ein solches Verfahren allfällig wieder öffnenden Wiedereinsetzungsantrag als Einzelrichter zu entscheiden hat.

 

Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Da der Wiedereinsetzungsantrag am 29.09.2008 eingebracht wurde, war von der im Spruch angeführten Rechtslage auszugehen.

 

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist

 

einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur einen minderer Grad des Versehens trifft, oder die Partei die Rechtmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschliche Angaben enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der

 

Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat die Partei die versäumte Handlung im Falle der Versäumung einer Frist gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. ist zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Handlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

 

Hinsichtlich der Anwendung der Bestimmung des § 71 AVG ist festzuhalten, dass bereits das AsylG 2005 in § 22 Abs. 5 davon ausgeht, dass für Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 71 AVG heranzuziehen ist.

 

2.2. Im vorliegenden Fall war der Wiedereinsetzungswerberin seit dem 16.09.2008 bekannt, dass ein Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates in ihrem Asylverfahren ergangen ist. Am 24.09.2008 brachte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Dieser war daher fristgerecht.

 

Die Wiedereinsetzungswerberin hat die mündliche Verhandlung versäumt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle der Anwesenheit der Wiedereinsetzungswerberin ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre. Die Partei war mit ihrer Grippeerkrankung durch ein unabwendbares Ereignis verhindert, zur Verhandlung zu erscheinen. Daran trifft sie kein Verschulden, zumal sie den unabhängigen Bundesasylsenat von ihrer Erkrankung 3 Tage vor der Verhandlung rechtzeitig davon in Kenntnis setzte. Dass ihr nicht erfolgtes Erscheinen zur Verhandlung des unabhängigen Bundesasylsenates am 02.11.2007 sohin als "unentschuldigt" gewertet und sodann ein ihre Berufung abweisender Bescheid unter Würdigung ihres Fernbleibens von der Verhandlung mündlich verkündet wurde, beruht auf einem Versehen des unabhängigen Bundesasylsenates und wurde nicht durch die Wiedereinsetzungswerberin verschuldet.

 

Der öffentlich verkündete Bescheid vom 02.11.2007, Zl. 312.607-1/8Z-I/02/07 wird daher behoben bzw. ist dessen schriftliche Ausfertigung vom 31.10.2008, GZ. B11 312.607-1/2008/16E folglich gegenstandslos geworden. Die Wiedereinsetzungswerberin sowie das Bundesasylamt werden zu einer neuerlichen Verhandlung geladen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
gesundheitliche Beeinträchtigung, Wiedereinsetzung, Zuständigkeit
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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