TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/31 S3 401927-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.10.2008
beobachten
merken
Spruch

S3 401.927-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von Y.A. alias K., geb. 00.00.1971, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.2008, GZ 08 02.049 EAST-Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 5 und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Die Beschwerdeführerin brachte nach ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.02.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.02.2008 führte die Beschwerdeführerin zu ihrer Reiseroute aus, sie sei vor etwa sechs Monaten gemeinsam mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn auf der Ladefläche eines LKWs von Istanbul weggefahren. Im Zuge der Fahrt habe der Fahrer ihnen Lebensmittel gegeben und mitgeteilt, dass sie sich in Rumänien befänden. Während der Weiterfahrt habe es noch drei Pausen gegeben. In Ungarn habe der Fahrer angehalten und gesagt, sie seien in Österreich. Sie seien dann eineinhalb Stunden zu Fuß gegangen, bis sie von der Polizei aufgegriffen worden seien. Auf der Polizeistation hätten sie dann durch einen Dolmetscher erfahren, dass sie sich in Györ in Ungarn befänden. Dort hätten sie Asylanträge gestellt und seien hierauf ins Gefängnis gekommen. Zwei Tage vor dem Jahreswechsel seien sie entlassen worden. Sie sei gemeinsam mit dem zukünftigen Schwiegersohn mit dem Zug nach Budapest gefahren. Am 28.02.2008 seien sie dann direkt nach Wien gereist, wo sie ihre Kinder getroffen habe und mit diesen nach Traiskirchen gefahren sei. Auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin ein Visum für einen Mitgliedstaat gehabt habe, gab sie an, es sei möglich, dass es ein Visum für Rumänien gebe. Die Beschwerdeführerin gab weiters an, in Ungarn in der Schubhaft zwei Selbstmordversuche unternommen zu haben.

 

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerin am 09.10.2007 in Ungarn einen Asylantrag stellte.

 

Bei einer weiteren Einvernahme am 28.02.2008 änderte die Beschwerdeführerin ihr bisheriges Vorbringen insofern ab, als sie nunmehr angab, bereits seit einer Woche in Österreich zu sein. Ein Bekannter in der Türkei habe ihr gesagt, er könne ihr ein rumänisches Visum besorgen. Gegen Bestechung habe sie einen Reisepass erhalten und diesen auf das rumänische Konsulat geschickt, um das Visum zu beantragen. Die rumänische Botschaft habe ihr sodann ein Visum ausgestellt. Von Istanbul aus sei sie dann mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn mit dem Bus in Richtung Bulgarien gefahren. Trotz Problemen bei der Grenze habe sie es geschafft, in Rumänien einzureisen, und sei dann mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn mit dem Taxi nach Bukarest gefahren. In Rumänien seien sie circa zwölf Tage gewesen. In Bukarest habe sie einen nahen Verwandten, welcher als LKW-Fahrer arbeite, gebeten, sie nach Österreich zu bringen. Sie seien dann zu Fuß durch Wälder gegangen und in Ungarn habe sie der Verwandte mit einem PKW abgeholt. Er habe sie jedoch nicht über die Grenze bringen wollen und so seien sie in Ungarn von der Polizei festgenommen worden und hätten dort um Asyl angesucht. Am 29.12.2007 seien sie aus der Haft entlassen worden. Anstatt sich in einem Lager zu melden, habe ihr zukünftiger Schwiegersohn eine Schleppung nach Österreich organisiert. In einem schwarzen Mercedes seien sie sodann über die Grenze gebracht worden. Auf die Frage, weshalb sie erst jetzt einen Asylantrag gestellt habe, gab sie an, dass sie der Aufenthalt im Gefängnis sehr mitgenommen habe und dass es ihr nicht gut gehe. Sie habe Angst gehabt, wieder in Schubhaft genommen zu werden.

 

Das Bundesasylamt richtete am 29.02.2008 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien. Mit Schreiben vom 06.03.2008, eingelangt am 06.03.2008, stimmte Rumänien dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung ausdrücklich zu.

 

Am 04.03.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass Konsultationen mit Rumänien geführt würden und aus diesem Grund beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.

 

Am 24.04.2008 langte ein Bericht des Polizeikommissariats Simmering ein, wonach es sich bei der gemeldeten Wohnadresse des Sohnes der Beschwerdeführerin eindeutig um eine Scheinanschrift handle, nämlich um einen Abstellraum ohne Möbel. Da die Beschwerdeführerin an der gleichen Adresse gemeldet war und somit der Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin wegen Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht weder bekannt noch sonst leicht feststellbar war, wurde am 27.05.2008 das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt.

 

Mit Schreiben vom 20.05.2008 wurde den rumänischen Behörden die Aussetzung der Überstellung wegen unbekannten Aufenthaltes mitgeteilt, weshalb sich die Frist für die Überstellung nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung auf 18 Monate verlängere.

 

Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 13.06.2008 zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 29 Abs. 5 AsylG 2005 legte die Beschwerdeführerin mehrere Arztbestätigungen vor und gab an, dass eine Abschiebung ihr Ende bedeuten würde und dass sie nochmals um Überprüfung ihres Falles ersuche.

 

Am 08.07.2008 langte bei der Erstbehörde eine Urkundenvorlage der Beschwerdeführerin, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Unterweger und Mag. Einwallner, ein. Vorgelegt wurde ein psychotherapeutischer Befundbericht von H. vom 21.06.2008, aus welchem hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin an einem schweren posttraumatischen Belastungssyndrom leide. Ferner wurde vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführerin stationär in einer Nervenklinik in Linz befinde. Eine Zurückweisung des Antrages und Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Rumänien erweise sich daher schon aus diesem Grund als unzulässig.

 

Am 28.07.2008 langte ein Kurzarztbericht der Landes-Nervenklinik vom 24.07.2008 ein, aus welchem ein stationärer Aufenthalt der Beschwerdeführerin vom 27.06. bis 24.07.2008 hervorgeht. Darin werden die Hauptdiagnose Posttraumatische Belastungsstörung F43.1 und die Nebendiagnosen Zustand nach Selbstverletzung U31.9, Obstipation K59.0 und sekundäre Amenorrhoe N91.1 angeführt.

 

Am 12.08.2008 langte eine weitere Urkundenvorlage ein, nämlich ein Befundbericht eines Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 05.08.2008.

 

Laut der gutachterlichen Stellungnahme eines Arztes für Psychiatrie vom 15.08.2008 liegt bei der Beschwerdeführerin eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vor. Jedoch stehen einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Rumänien keine schweren psychischen Störungen entgegen, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig ist. Dieser Bescheid wurde umfassend begründet.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der unter anderem vorgebracht wird, es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass allenfalls nach Ausstellung des Visums eine betrügerische Handlung durch den Schlepper vorgenommen worden sein könnte und daher Art. 9 Abs. 5 Dublin-Verordnung zur Anwendung komme, sodass der Mitgliedstaat, der das Visum ausgestellt habe, womöglich nicht zuständig sei. Die Erstbehörde habe dahingehend jegliche Feststellungen unterlassen, sodass diese Frage nicht abschließend beantwortet werden könne. Ferner wurde ausgeführt, die Erstbehörde sei unrichtigerweise davon ausgegangen, dass der Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin vorübergehend unbekannt gewesen sei. Vielmehr habe die Polizei an der falschen Adresse Nachschau gehalten. Die Beschwerdeführerin sei an der Meldeadresse wohnhaft gewesen, sodass eine Aussetzung zu Unrecht erfolgt und die Zuständigkeit auch aus diesem Grund auf Österreich übergangen sei. Weiters wurde - zusammengefasst - vorgebracht, dass Rumänien kein sicherer Drittstaat sei. Es sei davon auszugehen, dass die rumänischen Behörden mit den türkischen Behörden kooperierten. Sehr häufig kämen türkische Polizisten nach Rumänien, um nach politisch aktiven kurdischen Personen zu suchen. Es wurde nochmals wiederholt, dass die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und deshalb eine Therapie benötige. Die medizinische Versorgung sei in Rumänien keinesfalls gewährleistet. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin lasse eine Ausreise aus Österreich nicht zu. Es liege sohin ein "real risk" im Sinn des Art. 3 EMRK vor. Außerdem würde eine Ausweisung der Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen, weil die Tochter, der Sohn und noch weitere - nicht näher genannte - Verwandte der Beschwerdeführerin in Österreich leben. Aufgrund ihrer posttraumatischen Belastungsstörung bedürfe die Beschwerdeführerin in besonderer Weise eines ruhigen Umfelds im Kreis ihrer Angehörigen.

 

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der Beschwerde wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Türkei und gehört der kurdischen Volksgruppe an. Sie war im Besitz eines rumänischen Visums und reiste über einen Drittstaat nach Rumänien ein. Am 09.10.2007 stellte sie in Ungarn einen Asylantrag und gelangte in weiterer Folge illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo sie am 28.02.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte. Es wird weiters festgestellt, dass das Bundesasylamt am 29.02.2008 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien richtete und Rumänien mit Schreiben vom 06.03.2008, eingelangt am 06.03.2008, der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung ausdrücklich zustimmte. Mit Schreiben vom 20.05.2008 wurde den rumänischen Behörden die Aussetzung der Überstellung wegen unbekannten Aufenthaltes und die Verlängerung der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung auf 18 Monate mitgeteilt.

 

Von den Verwandten der Beschwerdeführerin leben eine Tochter und ein Sohn als Asylwerber in Österreich.

 

Besondere, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Rumänien sprechen, sind nicht glaubhaft. Dazu wird auf die ausführlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Insbesondere geht dieser Bescheid detailliert auf das rumänische Asylverfahren, den subsidiären Schutz, die Versorgungs- sowie die Sicherheitslage in Rumänien ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Nach § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Laut Art. 3 Abs. 2 erster Satz Dublin-Verordnung kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

 

In den Art. 5ff Dublin-Verordnung werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.

 

Art. 9 Abs. 2 Dublin-Verordnung lautet: "Besitzt der Asylbewerber ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, es sei denn, dass das Visum in Vertretung oder mit schriftlicher Zustimmung eines anderen Mitgliedstaats erteilt wurde. In diesem Fall ist der letztgenannte Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Konsultiert ein Mitgliedstaat insbesondere aus Sicherheitsgründen zuvor die zentralen Behörden eines anderen Mitgliedstaats, so ist dessen Antwort auf die Konsultation nicht gleich bedeutend mit einer schriftlichen Genehmigung im Sinne dieser Bestimmung."

 

In Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung wird Folgendes angeordnet:

"Besitzt der Asylbewerber nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, so sind die Abs. 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Besitzt der Asylbewerber einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag gestellt wird."

 

Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, dass die Beschwerde zu beiden Spruchpunkten abzuweisen ist:

 

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Rumäniens ergibt, und zwar gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung. Auf eine betrügerische Handlung nach Ausstellung des Visums im Sinn des Art. 9 Abs. 5 letzter Satz Dublin-Verordnung gibt es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keinen Hinweis. Unbestritten blieb der Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit dem 06.03.2008 gemeldet war und dass es sich laut Bericht des Polizeikommissariats Simmering bei dieser Adresse eindeutig um eine Scheinanschrift handelt, nämlich um einen Abstellraum ohne Möbel, weshalb die Voraussetzungen für die Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung vorlagen. Die Beschwerdebehauptung, dass die Beschwerdeführerin an dieser Adresse wohnhaft gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht näher ausgeführt.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise darauf ersichtlich, dass die Durchführung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, dass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates aus diesem Grund wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte. Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0444; Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff).

 

Zu einer Verpflichtung Österreichs, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung Gebrauch zu machen, wird bemerkt:

 

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, XXII. GP):

 

"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.2.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Im Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk" - Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."

 

Nach der - zur Vorläuferbestimmung im Asylgesetz 1997 ergangenen - Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 15.10.2004, G 237/03; 17.6.2005, B 336/05) sehe die Dublin-Verordnung vor, dass jeder Mitgliedstaat - auch wenn ein anderer Mitgliedstaat nach den Kriterien der Verordnung zuständig wäre - einen von einem Drittstaatsangehörigen eingebrachten Asylantrag selbst prüfen könne (Art. 3 Abs. 2). Er werde damit zum zuständigen Mitgliedstaat (sog. Selbsteintrittsrecht). Ein solches Selbsteintrittsrecht sei schon im - noch heute für das Verhältnis zu Dänemark geltenden - Dubliner Übereinkommen vorgesehen gewesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe zum Dubliner Übereinkommen ausgesprochen, dass derartige Vereinbarungen die Mitgliedstaaten nicht von ihren Verpflichtungen aus der Konvention entbinden (7.3.2000, 3844/98 - T. I. gegen Vereinigtes Königreich; 12.1.1998, 32829/96 - Iruretagoyena gegen Frankreich; 5.2.2002, 51564/99 - Conka gegen Belgien). Im Erkenntnis VfSlg. 16.122/2001 hatte der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Anfechtung des § 5 AsylG in der Stammfassung im Hinblick auf das Dubliner Übereinkommen ausgeführt, dass das dort "in Art. 3 Abs. 4 festgelegte Eintrittsrecht Österreichs als Mitgliedstaat des Dubliner Übereinkommens zwingend zu berücksichtigen" sei. Dieses Eintrittsrecht schaffe "nicht etwa ein durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ausschaltbares Recht österreichischer Staatsorgane, die betreffende Asylsache an sich zu ziehen, sondern verpflichtet die zuständige Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung i. S. d. § 5 vorzunehmen und von der Annahme einer negativen Prozessvoraussetzung in der Asylsache abzusehen." Eine "strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 [sei] durch die Heranziehung des Art. 3 Abs. 4 des Dubliner Übereinkommens von der Asylbehörde zu vermeiden". Der Verfassungsgerichtshof ging im Hinblick auf die inhaltlich gleiche Regelung in der Dublin-Verordnung davon aus, dass diese zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung zutreffen.

 

Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 26.7.2005, 2005/20/0224) zeigten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, dass sich die zur verfassungskonformen Auslegung des § 5 AsylG ergangene Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auch auf die neue Rechtslage übertragen lasse. So habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05, bereits festgehalten, dass eine Nachprüfung durch die österreichischen Behörden, ob ein der Dublin-Verordnung unterliegender Mitgliedstaat für Asylwerber aus Drittstaaten generell sicher sei, nicht zu erfolgen habe, weil die entsprechende Vergewisserung durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften ohnedies erfolgt sei. Insofern sei auch der Verfassungsgerichtshof an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gebunden. Indem die Dublin-Verordnung den Asylbehörden der Mitgliedstaaten aber ein Eintrittsrecht einräume, sei eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall auch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, so sei aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben. Die grundrechtskonforme Interpretation des Asylgesetzes mache eine Bedachtnahme auf die - in Österreich in Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig. Die Asylbehörden müssten bei Entscheidungen nach § 5 AsylG auch Art. 3 EMRK berücksichtigen, aus dieser Bestimmung ergebe sich - unbeschadet internationaler Vereinbarungen oder gemeinschaftsrechtlicher Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen - das Erfordernis, auf ein allfälliges Risiko einer Kettenabschiebung bei Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat Rücksicht zu nehmen. Maßgeblich für die Wahrnehmung des Eintrittsrechtes sei, ob eine Gefahrenprognose zu treffen ist, der zufolge ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substanziiertes "real risk" besteht, der auf Grund der Dublin-Verordnung in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber werde trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes im Zielstaat, der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt sein. Diese Grundsätze hätten auch für die Auslegung des § 5 AsylG 2005 weiterhin Beachtung zu finden (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.03.2005, 2002/20/0582). Dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine "Beweisregel" zu schaffen, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig mache, die Sicherheit des Asylwerbers vor "Verfolgung" in dem nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat (insbesondere gemeint im Sinne der Achtung der Grundsätze des Non-Refoulements durch diesen Staat) von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung sei jedoch widerlegt, wenn besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen seien, glaubhaft gemacht würden oder bei der Behörde offenkundig seien, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in diesem Mitgliedstaat sprächen. Die Wendung "in der Person des Asylwerbers gelegene besondere Gründe" gleiche schon ihrem Wortlaut nach dem § 4 Abs. 2 AsylG. Zu dieser Bestimmung habe der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 15.10.2004, G 237/03, ausgeführt, die Regelung dürfe nicht eng ausgelegt werden und erfasse alle Umstände, die sich auf die besondere Situation des einzelnen Asylwerbers auswirken, daher auch solche, die durch die Änderung der Rechtslage oder der Behördenpraxis bewirkt werden. Der Verwaltungsgerichtshof gehe - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in den Materialien zum AsylG 2005 - davon aus, dass diese Auslegung auch für § 5 Abs. 3 AsylG 2005 maßgeblich sei. Was die Frage der "Beweislast" anbelange, so sei vorweg klarzustellen, dass bei Vorliegen "offenkundiger" Gründe (vgl. § 45 Abs. 1 AVG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², 1998, E 27 zu § 45 AVG) eine Mitwirkung des Asylwerbers zur Widerlegung der in § 5 Abs. 3 AsylG 2005 implizit aufgestellten Vermutung nicht erforderlich sei. Davon abgesehen liege es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu werde es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstatte, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeuge, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist. Es verstehe sich von selbst, dass bei der Beurteilung, ob die geforderte "Glaubhaftmachung" gelungen ist, der besonderen Situation von Asylwerbern, die häufig keine Möglichkeit der Beischaffung von entsprechenden Beweisen hätten, Rechnung getragen werden müsse. Habe der Asylwerber die oben angesprochenen besonderen Gründe glaubhaft gemacht, sei die dem § 5 Abs. 3 AsylG 2005 immanente Vermutung der im zuständigen Mitgliedstaat gegebenen Sicherheit vor Verfolgung widerlegt. In diesem Fall seien die Asylbehörden gehalten, allenfalls erforderliche weitere Erhebungen (auch) von Amts wegen durchzuführen, um die (nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes erforderliche) Prognose, der Asylwerber werde bei Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat der realen Gefahr ("real risk") einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein, erstellen zu können. Diese Ermittlungspflicht ergebe sich aus § 18 AsylG 2005, die insoweit von § 5 Abs. 3 AsylG 2005 unberührt bleibe.

 

Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken habe im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, 31246/06;

Ayegh, 07.11.2006, 4701/05; Karim, 04.07.2006, 24171/05;

Paramasothy, 10.11.2005, 14492/03; Ramadan & Ahjredini, 10.11.2005, 35989/03; Hukic, 27.09.2005, 17416/05; Kaldik, 22.09.2005, 28526/05;

Ovdienko, 31.05.2005, 1383/04; Amegnigan, 25.11.2004, 25629/04; VfGH 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

 

Im vorliegenden Fall ist zu den gesundheitlichen Problemen der Beschwerdeführerin zu sagen, dass diese insgesamt gesehen keinesfalls jene besondere Schwere aufweisen, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Überstellung nach Rumänien als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe, zumal eine Krankenbehandlung erforderlichenfalls auch in diesem Mitgliedstaat möglich ist. Der Asylgerichtshof folgt in dieser Frage dem detaillierten, aktuellen und schlüssigen Gutachten eines Arztes für Psychiatrie vom 15.08.2008, wonach bei der Beschwerdeführerin eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliegt, jedoch einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Rumänien keine schweren psychischen Störungen entgegenstehen, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden. Dieses Gutachten basiert auf einer 90-minütigen Untersuchung unter Beiziehung eines Dolmetschers und enthält detaillierte Angaben zu Anamnese, medizinischer Vorgeschichte, aktuellem Befund mit Aufzählung der Symptome sowie Schlussfolgerungen samt Begründung. Es stellt daher eine ausreichende Entscheidungsgrundlage dar, zumal ihm auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde.

 

Zu den Behauptungen der Beschwerdeführerin, Rumänien sei kein sicherer Drittstaat, wird auf die im angefochtenen Bescheid zitierten aktuellen Länderberichte verwiesen, die auch mit der Dokumentation des Asylgerichtshofes im Einklang stehen. Der Asylgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die allgemeine Lage für nach Rumänien überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Insbesondere sind die asylrechtliche Praxis, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage in Rumänien unbedenklich.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219; 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194).

 

Im vorliegenden Fall liegt kein Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Aber auch im Fall eines Eingriffs in das Grundrecht ergäbe eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 08.09.2000, 2000/19/0043), dass dieser notwendig und verhältnismäßig ist. Die Tochter und der Sohn der Beschwerdeführerin wurden ebenfalls nach Rumänien ausgewiesen, sodass die Beschwerdeführerin im Kreis ihrer Angehörigen bleiben kann. Vor allem reiste die Beschwerdeführerin erst im Februar 2008 als 37-jährige Erwachsene illegal in das Bundesgebiet ein und stützte sich ihr Aufenthalt in Österreich von Anfang an nur auf ihren unzulässigen Asylantrag.

 

Der Asylgerichtshof gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung vorgesehenem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

 

Es sind auch keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinn des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ersichtlich, zumal weder ein - nicht auf das Asylgesetz 2005 gestütztes - Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch die Ausweisung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Darüber hinaus liegen auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 vor.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Die öffentliche Verkündung des Erkenntnisses hatte gemäß § 41 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 zu entfallen.

Schlagworte
Ausweisung, gesundheitliche Beeinträchtigung, real risk, Überstellungsrisiko (ab 08.04.2008)
Zuletzt aktualisiert am
06.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten