TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/31 A4 222204-0/2008

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Veröffentlicht am 31.10.2008
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Spruch

A4 222.204-0/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin VB Wilhelm über die Beschwerde der U.U., geb. 00.00.1978, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.04.2001, FZ. 01 08.449-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Die (nunmehrige) Beschwerdeführerin, ihren Angaben nach eine nigerianische Staatsangehörige, reiste am 07.04.2001 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 09.04.2001 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Sie wurde am 10.04.2001 im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache niederschriftlich einvernommen.

 

Im Wesentlichen brachte sie hiebei vor, am 00.00.1978 in Benin City (Nigeria) geboren worden zu sein. Sie wäre nach dem Besuch der Volksschule zu ihrem Onkel nach Benin City gezogen und hätte bei ihm gewohnt. Als sie 19 Jahre alt geworden wäre, hätte sie einen Burschen aus Lagos kennen gelernt, mit dem sie ein Verhältnis eingegangen wäre. Zeitweise hätte sie bei ihm in Lagos gewohnt, ansonsten bei ihrem Onkel. Eines Tages hätte sie ihr Vater sprechen wollen. Dieser habe ihr mitgeteilt, dass sie als Kleinkind sehr krank gewesen wäre. Ein Mann habe ihm für die Behandlung Geld gegeben und der Vater habe ihm versprechen müssen, dass dieser Mann die Beschwerdeführerin später heiraten dürfe. Sie habe diesen Mann in der Folge traditionell heiraten müssen. Sie habe dann vom Bad aus gesehen, dass fünf schwarz-weiß gekleidete Männer gekommen wären. Sie hätte gehört, dass diese Männer gesagt hätten, dass sie geopfert werden sollte. Sie hätten mit den Fingern sonderbare Zeichen gemacht und hätte sie gewusst, dass diese einem Kult - dessen Namen sie nicht wüsste - angehörten. Dann sei sie aus dem Haus in den Wald geflüchtet. Sie wäre zu einer Straße gekommen und habe ein Taxi nach Benin City genommen. Sie wäre zu ihrem Onkel gefahren und hätte diesem alles erzählt. Der Onkel hätte Angst bekommen und ihr mitgeteilt, dass sie nicht mehr bei ihm wohnen könnte. Sie habe sich dann ein Busticket nach Lagos gekauft und wäre zu ihrem Freund gefahren. Von Lagos aus habe sie dann Nigeria verlassen. Sie befürchte, dass sie die Angehörigen der Sekte bei einer Rückkehr überall in Nigeria finden könnten. Sie habe den Vorfall nicht der Polizei gemeldet.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.04.2001, FZ.: 01 08.449-BAW, wurde der am 09.04.2001 gestellte Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II).

 

Das Bundesasylamt verwies darauf, dass die Beschwerdeführerin keine Verfolgung durch den nigerianischen Staat, sondern nur eine Verfolgung durch Angehörige eines Geheimkultes, sohin durch eine private Vereinigung, behauptet. Es könne ihrem Vorbringen nicht entnommen werden, dass sie auf Grund eines bei ihr vorliegenden asylrelevanten Merkmales von den Mitgliedern der Sekte bedroht worden wäre. Weiters ergab sich aus den Sachverhaltsfeststellungen kein hinreichender Anhaltspunkt, dass der nigerianische Staat grundsätzlich außer Stande oder nicht willens sei, der Beschwerdeführerin Schutz vor allfälligen Übergriffen durch die Sekte zu gewähren.

 

Das Bundesasylamt kam zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung drohe und wäre der Asylantrag daher abzuweisen gewesen.

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 26.04.2001 fristgerecht und zulässig Berufung (nunmehr Beschwerde).

 

II. Am 02.10.2008 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentlich mündliche Verhandlung anberaumt. Im Zuge der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteieinvernahme der Beschwerdeführerin, sowie durch Verlesung und Erörterung folgender vom Verhandlungsleiter beigeschaffter Berichte zur politischen und menschenrechtlichen Lage in Nigeria:

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Auswärtiges Amt Berlin, 06. November 2007 (Beilage A);

 

Bericht des US Department of State, Nigeria, 11. März 2008 (Beilage B);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, 13. November 2007 (Beilage C);

 

ACCORD, Länderbericht vom August 2004, Nigeria (Beilage D);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, Jänner 2007 (Beilage E).

 

Auf Grundlage der vom Bundesasylamt durchgeführten Ermittlungen und des dargestellten ergänzenden Ermittlungsverfahrens des Asylgerichtshofes wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Das Asylgerichtshof geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Nigeria ist. Ihre Identität und familiäre Situation kann nicht festgestellt werden. Es kann auch nicht festgestellt werden, wo sie vor ihrer Ausreise gelebt hat. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe, Verfolgung durch die Geheimorganisation der Ogboni-Sekte werden der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt. Es kann weiters nicht festgestellt werden, wie die Beschwerdeführerin ihr Heimatland verlassen hat.

 

Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z.B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen.

 

In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu Unruhen, es herrscht jedoch kein Bürgerkriegszustand.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diese zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Bundesstaaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z.B. Verhaftung( von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleitstet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegebnen. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Grundsätzlich kann örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedung in einen anderen Ladesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegen begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten"§ können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.

 

Zu traditionellen Religionen und Geheimkulten werden folgende Feststellungen getroffen:

 

In Nigeria wird vielfach an Magie (Zauberei, Juju) geglaubt. Viele Volksgruppen Nigerias bekennen sich auch zu - regional unterschiedlichen - traditionellen Religionen. Diese werden teilweise neben der christlichen oder der islamischen Religion praktiziert. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein. Heute sollen Menschenopfer im Zuge von religiösen Zeremonien hingegen nicht mehr vorkommen. Jedoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es auch heute noch in Nigeria zu Gewalttaten mit religiöser oder ritueller Komponente kommt. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass solche Straftaten von den staatlichen Organen geduldet bzw. nicht verfolgt werden. Beispielsweise wurden im Jahr 2003 vom nigerianischen Höchstgericht Todesurteile gegen sieben Personen, denen Beteiligung an einem so genannten Ritualmord vorgeworfen wird, bestätigt. Ritualmord oder der Besitz von Leichen, Leichenteilen oder menschlichem Blut ohne entsprechendes medizinisches Zertifikat ist in manchen Bundesstaaten sogar ein eigener Straftatbestand.

 

In Nigeria existieren Geheimkulte, deren bekanntester die Ogboni-Gesellschaft ist. Die Bedeutung der Geheimkulte liegt darin, dass die Mitgliedschaft häufig Recourcen, Einfluss und Arbeit sichert und Bestandteil der sozialen Integration ist und damit über Leben und Status der jeweiligen Familie bestimmt. Normalerweise liegt keine Zwangsmitgliedschaft vor, doch fühlen sich viele Personen - in der Regel von der eigenen Familie - auf Grund der Vorteile, die ein Beitritt zu einem Geheimkult mit sch bringt, unter Druck gesetzt. Die Geheimgesellschaften akzeptieren nicht jedermann, sondern laden Mitglieder angesehener Familien zum Beitritt ein. Auf Unwillige, nur durch Zwang rekrutierte Mitglieder wird in der Regel kein Wert gelegt. Allenfalls kann derjenige, der sich weigert beizutreten, sein Eigentum und Erbe verlieren, muss aber nicht um sein Leben fürchten. Verfolgung durch einen Geheimkult ist allerdings dann zu befürchten, wenn jemand seine Geheimnisse preisgibt. Diese Geheimnisse sollen sich nicht auf die Namen der Mitglieder beziehen, da diese in der Regel ohnehin allgemein bekannt sind, sondern auf die Entscheidungen und Interna der Geheimgesellschaft. Wenn ein Mitglied des Geheimkultes diesen verlassen will, dann führt dies nicht zu zwangsläufig nachteiligen Auswirkungen oder einer Verfolgung, Geheimkulte beziehen einen Teil ihrer Macht aus dem verbreiteten Glauben daran, dass ihnen übernatürliche Kräfte zukommen.

 

Der Kult mit der Bezeichnung Ogboni wird der Volksgruppe der Yoruba zugeordnet, deren Siedlungsgebiet in den Bundesstaaten Oyo, Ogun, Ondo, Osun, Kwara und Lagos sowie im westlichen Teil von Kogi Stat gelegen ist. Auch Unterstämme der Yoruba können involviert sein. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kult der Ogboni bei anderen nigerianischen Volksgruppen, etwa bei den Edo, der Volksgruppe der Beschwerdeführerin, praktiziert wird. Zu unterscheiden ist zwischen der so genannten "Reformed Ogboni Fraternity (ROF)", die im Jahr 1914 gegründet wurde und sonstigen Vereinigungen mit der Bezeichnung "Ogboni". Hinsichtlich der ROF liegen keine Berichte vor, dass diese an Verbrechen oder sonstigen gesetzwidrigen Handlungen beteiligt wären. Diese Vereinigung hat Vereinscharakter; es ist öffentlich bekannt, wer Mitglied dieser Vereinigung ist, deren statutenmäßiger Zweck in der wechselseitigen Unterstützung der Mitglieder gelegen ist. Hinsichtlich der sonstigen Vereinigungen mit der Bezeichnung "Ogboni" können - u.a. wegen des Charakters als Geheimgesellschaften - kaum verlässliche Informationen erlangt werden. Nach vorliegenden Berichten können nur ältere Gemeindemitglieder der Ogboni angehören und sollen diese nach wie vor über gesellschaftlichen Einfluss verfügen. Es bestehen Gerüchte, dass der Verrat von Geheimnissen der Ogboni-Gesellschaft mit dem Tod bestraft werden kann. Es kann nicht festgestellt werden, dass Personen zum Beitritt zu den Ogboni gezwungen werden.

 

Die Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Das Vorbringen zu den Fluchtgründen war den Feststellungen aus folgenden Erwägungen nicht zu Grunde zu legen:

 

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass bei der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in entscheidungswesentlichen Punkten nur unbestimmte bzw. allgemein gehaltene Angaben zu der Bedrohungssituation bzw. der sie angeblich bedrohende Geheimgesellschaft gemacht hat.

 

Es fällt eingangs auf, dass sie den Namen ihres Vaters nicht exakt benennen konnte. So brachte sie anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 10.04.2001, Aktenseite 25, vor, dass er Wilfred heiße. Am 02.10.2008, anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof (siehe Seite 3 des Protokolls), führte sie aus, dass er William heiße. Obwohl eine mündliche Verhandlung bei einem Beschwerdeführer mit Stress und Aufregung verbunden ist, kann es einem Beschwerdeführer jedenfalls zugemutet werden, sich an den Namen des eigenen Vaters zu erinnern.

 

Völlig auffällig ist weiter, dass sich die Beschwerdeführerin nicht an ihre letzte Adresse in Lagos erinnern konnte. Des Weiteren konnte sie auch das Datum, an dem sie angeblich ihr Heimatland verlassen hat, nicht angeben. Dies ist umso auffälliger, als der Zeitpunkt, an dem man das eigene Heimatland verlässt, doch wohl im Gedächtnis verankert sein müsste. Völlig unverständlich ist weiter, dass sich die Beschwerdeführerin auch nicht an die Dauer ihres Aufenthaltes in Lagos erinnern konnte. Auch auf die Frage, bei wem sie in Lagos gewesen wäre, gab sie nur unklare Antworten. So gab sie an, dass sie glaube nach Lagos mit einem Freund "gegangen" zu sein, wisse aber nicht, ob sie mit diesem in Lagos zusammen gewesen sei. Völlig unverständlich ist auch dass sie sich nicht mehr an den Namen des Mannes, den sie geheiratet hatte, erinnern konnte. Auch an das Haus und den Ort, an dem sie bei dem Besuch der Sektenmitglieder gewohnt hatte, konnte sie sich nicht mehr erinnern.

 

Die Beschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Niederschrift an, bei einem Onkel in Benin City gelebt zu haben. Dies, bis sie das 19. Lebensjahr erreicht hätte. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang, dass sie den Namen des Onkels nicht angeben konnte.

 

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, wonach sie in Nigeria überall gefunden werden könne, handelt es sich - unbeschadet allfälliger Befürchtungen und Ängste der Beschwerdeführerin - um realitätsfremde Behauptungen.

 

Es kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die angebliche Ogboni-Gesellschaft in ganz Nigeria verbreitet ist. Aus den h.o. Unterlagen ergibt sich nämlich, dass die Ogboni-Gesellschaft nur im Südosten Nigerias (Yorouba-Gebiet) verbreitet ist.

 

Zusammenfassend ist die erkennende Behöre zur Auffassung gelangt, dass dem Vorbringen der Beschwerdeführein zur behaupteten Verfolgung und drohenden Ermordung durch Mitglieder der Ogboni-Gesellschaft die Glaubwürdigkeit zu versagen ist.

 

Aus den dargestellten Gründen war dem Vorbringen der Beschwerdeführerin insgesamt die Glaubwürdigkeit zu versagen. Die Beschwerdeführerin, die keinerlei Identitätsdokumente vorlegen kann, macht zu ihrer Situation in Nigeria offensichtlich unrichtige Angaben, weshalb davon auszugehen ist, dass auch die Angaben zur familiären Situation nicht zutreffen. Der Reiseweg von Nigeria nach Österreich konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, weil die Beschwerdeführerin diesbezüglich nur unbestimmte nicht verifizierbare Angaben macht.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria gründen sich auf die Berichte Beilagen A bis E. Aus den Beilagen ergibt sich, dass die nigerianische Staatsgewalt - abgesehen von zeitlich und lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen verfeindeter ethnischer oder religiöser Gruppen - funktionsfähig ist. Die Feststellungen zur Gesundheitsversorgung und zur Lebensmittelversorgung, wonach die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmittel im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet ist, gründen sich auf die Beilage A.

 

Die Feststellung, wonach abgelehnte Asylwerber bei Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land keine staatlichen Repressionen zu befürchten hätten, gründen sich ebenfalls auf den Bericht Beilage A.

 

Die Feststellung zur internen Fluchtmöglichkeit innerhalb Nigerias gründen sich auf die Beilage A, Abschnitt II. 3., sowie auf Beilage E. In Beilage E wird im Einzelnen ausgeführt, dass es grundsätzlich möglich ist, in anderen Landesteilen vor Verfolgungsmaßnahmen Zuflucht zu suchen, wobei Betreffende Unterstützung und Solidarität von Personen bzw. desselben Glaubensbekenntnisses oder derselben Ethnie erlangen können.

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005) sind "[A]lle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 (in der Folge: AsylG) i. d. F. der AsylG-Nov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG in der jeweils geltenden Fassung, di. nunmehr die Fassung der AsylG - Nov. 2003, zu führen.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999 Zl. 98/01/0318).

 

Da in vorliegendem Fall - infolge der Erkennung der Angaben der Antragstellerin als nicht glaubhaft - keine maßgeblich wahrscheinlich vorliegende Verfolgungsgefahr aus asylrechtlich relevantem Grunde festgestellt werden konnte, kann auch die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden.

 

Gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint. Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289). Eine diesbezügliche Glaubhaftmachung bzw. das stimmige Aufzeigen objektivierbarer Gründe ist der Beschwerdeführerin im durchgeführten Verfahren nicht gelungen und wird diesbezüglich auf die obige Beweiswürdigung zur Glaubhaftmachung seiner Fluchtgründe verwiesen.

 

Weiters wird ausgeführt, dass in Nigeria überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe bzw. Hungersnot) besteht, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
12.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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