TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/31 A4 220292-0/2008

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Veröffentlicht am 31.10.2008
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Spruch

A4 220.292-0/2008/10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. LAMMER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. HOLZSCHUSTER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin VB WILHELM über die Beschwerde des O.V., geb. 00.00.1976, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2000, FZ. 00 11.455-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste am 28.08.2000 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag einen Antrag auf Asylgewährung. Im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache wurde er am 21.11.2000 niederschriftlich einvernommen.

 

Zur Begründung seines Asylantrages brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er Christ wäre. Die Moslems hätten gegen die Christen gekämpft, um die Scharia einzuführen. Am 21.20.2000, einem Montag, wollte er in Kaduna zu seiner Arbeit und hätten christliche Brüder eine friedliche Demonstration organisiert. Die Demonstration der Christen wäre von Moslems, die mit Stöcken und Macheten bewaffnet gewesen wären, angegriffen und viele der Christen seien getötet und verfolgt worden. Als er daraufhin nach Hause gelaufen wäre, hätte er gesehen, dass das Haus abgebrannt und seine Freundin getötet worden wäre. Daraufhin habe er auch mit der christlichen Jugend begonnen, einige Moscheen und Fahrzeuge von Moslems anzuzünden. Als daraufhin Polizisten gekommen wären, die auf sie zu schießen begannen, sei er in den Busch gelaufen. Nach Beendigung der Auseinandersetzungen, hätten christliche Brüder in der Nacht nach Überlebenden gesucht. Er wäre aufgegriffen und nach Benin City gebracht worden. Dort, im Hause des Vaters, wäre ihm gesagt worden, dass die Polizei schon nach ihm gesucht hätte. Er hätte sich in eine Kirche begeben, um dort zu schlafen. Wenn die Polizei ihn erwische, würde er getötet werden. Am 23.02.2000 hätten ihn christliche Brüder nach Lagos gebracht und wäre er dort bis zum 14.08.2000 versteckt gewesen. Befragt, wie seine Freundin umgebracht worden wäre gab er an, dass er sie nur am Boden liegen gesehen hätte. Er wisse nicht, wie sie umgebracht worden wäre (siehe Niederschrift vor dem Bundesasylamt am 21.11.2000, AS 25). In ganz Nigeria arbeite die Polizei zusammen, sie hätte schon in Kaduna nach ihm gesucht. In ihrer Kirche wären sie namentlich in einer Jugendorganisation registriert. So wäre der Polizei die Namensliste in die Hände gefallen. Auch in Lagos hätte er nicht überleben können, da ihm christliche Brüder gefragt hätten, dass die Polizei ernsthaft nach ihm suche. Zu seinem Fluchtweg führte er an, dass er Lagos am 14.08. verlassen hätte. Zuvor sei er von Moslems am 21.02.2000 dorthin verbracht worden (siehe Niederschrift vom 21.11.2000, AS 31). Bei dieser Niederschrift gab er in der Folge hingegen an, von Kaduna aus nach Benin verbracht und dann erst nach Lagos gefahren zu sein. Diesen Widerspruch vermochte er nicht aufzuklären. Bei einer Rückkehr habe er nunmehr Angst, getötet zu werden.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2000, FZ. 00 11.455-BAG, wurde der am 29.08.2000 erstellte Antrag gem. § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gem. § 8 Asylgesetz 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.).

 

Das Bundesasylamt versagte dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit und führte aus, dass die widersprüchlichen und nach Vorhalten immer wieder revidierten Angaben nicht geeignet waren, eine asylrechtlich relevante Verfolgung glaubhaft zu machen.

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht und zulässig Berufung, nunmehr Beschwerde.

 

II. Am 16.10.2008 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Im Zuge der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei sowie durch Verlesung und Erörterung folgender vom vorsitzenden Richter beigeschafften Bericht zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria:

 

Nigeria, Auswärtiges Amt Berlin, 06. November 2007 (Beilage A);

 

Bericht des US Department of State, Nigeria, 2007/2008 (Beilage B, C);

 

ACCORD, Länderbericht vom August 2004, Nigeria (Beilage D);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, Jänner 2007 (Beilage E);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, 13.11.2007 (Beilage F);

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, April 2006 (Beilage G);

 

Freedom House, Nigeria, 2008 (Beilage H).

 

Auf Grundlage des vom Bundesasylamtes durchgeführten Beweisverfahrens und des dargestellten ergänzenden Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die erkennende Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Nigeria ist. Darüber hinaus konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Der vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtgrund (Flucht vor Nachstellung durch die Polizei wegen des Anzündens von Autos und Moscheen in Kaduna) wird der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Der Reiseweg des Beschwerdeführers (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z.B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzunge zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Bundesstaaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Nach Einführung der Scharia in 12 nördlichen Bundesstaaten ist es verschiedentlich zu schweren Unruhen zwischen Angehörigen unterschiedlicher religiöser bzw. ethnischer Gruppen gekommen. In der gemischt-religiösen Stadt Kaduna im gleichnamigen Bundesstaat kam es bei ethnisch-religiösen Auseinandersetzungen im März und Mai 2000 zu mehr als 1000 Toten und schließlich zur Spaltung des Stadtgebietes in einen christlichen und einen muslimischen Teil. Im November 2002 wurden bei gewaltsamen Ausschreitungen in Kaduna wegen eines umstrittenen Zeitungsartikels über die Wahlen zur Miss World ca. 220 Menschen getötet, 30.000 flüchteten. Jugendliche setzten aus Protest gegen den Artikel, in dem es hieß, Prophet Mohammed könnte möglicherweise selbst eine Schönheitskönigin zu seiner Frau gewählt haben, mehrere Gebäude, darunter auch Kirchen und Moscheen, in Brand.

 

Grundsätzlich kann örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden. Während der religiös motivierten Auseinandersetzungen in nordnigerianischen Städten sind Zehntausende Personen christlichen Bekenntnisses zumindest vorübergehend in ihre ursprünglichen christlich dominierten Bundesstaaten in Südnigeria geflüchtet. Nach Beendigung der Auseinandersetzungen kehrte der Großteil wieder nach Nordnigeria zurück.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z.B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basis Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Die Haftbedingungen in nigerianischen Gefängnissen sind - auch nach Eingeständnis von Regierungsstellen - sehr schlecht. Die Gefängnisse sind schlecht ausgestattet, überfüllt und zum großen Teil alt. Einige Gefängnisse sind zwischen 200 und 300 % überbelegt. Gefangene verfügen nicht immer über ausreichend Trankwasser. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist mangelhaft und kann oft nur mit Unterstützung durch Familienangehörige sichergestellt werden.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Die Identität des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden, zumal er weder ein Identitätsdokument vorgelegt noch Personen namhaft gemacht hat, die seine Identität und Herkunft bestätigen könnten.

 

Das Vorbringen zu den Fluchtgründen war den Feststellungen aus folgenden Erwägungen nicht zugrunde zu legen:

 

Die erkennende Behörde ist der Ansicht, dass das Bundesasylamt dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Recht die Glaubwürdigkeit versagt hat. Im angefochtenen Bescheid wird zu Recht ausgeführt, dass völlig vage, unpräzise als auch widersprüchliche Angaben als Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers herangezogen werden können. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid werden durch die ergänzende Einvernahme vor dem Asylgerichtshof bestätigt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof schildert der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe allgemein und ohne Details. So fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtweg angibt, von Kaduna aus nach Benin City verbracht worden zu sein. Bei erneutem Nachfragen führt der Beschwerdeführer aber aus, von Kaduna nach Lagos gefahren zu sein. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof befragt führt er aus, dass er die Behörde aufmerksam gemacht hätte, dass dies falsch protokolliert worden sei. Es war ihm dadurch aber nicht möglich, den Widerspruch aufzuklären. Völlig unverständlich sind auch seine Angaben zum angeblichen Tod seiner Freundin. Gibt er anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21.11.2000, AS 25, an, dass er nur ihren Körper am Boden liegend gesehen habe und nicht wisse, wie sie getötet worden wäre, führte er anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof aus, dass er sie im Haus erstochen vorgefunden hätte. Auch dies macht augenscheinlich, dass sich der Beschwerdeführer eine konstruierte Geschichte ausgedacht hat, denn solch ein einschneidendes Erlebnis müsste wohl lebhaft im Gedächtnis abrufbar verankert sein.

 

Wenig plausibel erscheint auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer für ca. ein halbes Jahr in Lago aufgehalten hat und er auch dort von der Polizei gesucht worden wäre. In Nigeria gibt es kein Meldesystem wie in westeuropäischen Staaten und dürfte es dafür auch für die dortige Polizei unmöglich zu sein, den Beschwerdeführer in einer Millionenstadt zu finden.

 

Da der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof keine näheren und präziseren Angaben gemacht hat, ist die erkennende Behörde der Ansicht, dass das Bundesasylamt dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Recht die Glaubwürdigkeit versagt hat. Der Beschwerdeführer stützt sich offenbar auf durch Medienberichte oder dergleichen (Unruhen in Kaduna Anfang 2000) bekannt gewordene Ereignisse und versucht - wahrheitswidrig - einen Zusammenhang zwischen seiner Person und diesen Ereignissen herzustellen.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen politischen Situation in Nigeria gründen sich auf die Berichte A, B, C, E und F. Diesen Berichten geht hervor, dass die nigerianische Staatsgewalt - abgesehen von zeitlich und lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen verfeindeter ethnischer oder religiöser Gruppierungen grundsätzlich funktionsfähig ist.

 

Die Feststellungen zur Grund- und zur Lebensmittelversorgung, wonach die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet ist, gründen sich auf den Bericht Beilage A, Punkt IV, Seite 23 (Abschnitt betreffend Grundversorgung und Rückkehrfragen).

 

Die Feststellungen zur Einführung der Scharia und den Unruhen in Kaduna im Jahre 2000 gründen sich auf die Beilage A. Die Feststellungen zu internen Fluchtmöglichkeiten gründen sich ebenfalls auf die Beilage A, Punkt II, 3 Seite 18. So ist grundsätzlich möglich, in anderen Landesteilen vor Verfolgung Zuflucht zu finden, wobei Betreffenden Unterstützung und Solidarität von Personen z.B. desselben Glaubensbekenntnisses oder derselben Ethnie erlangen kann.

 

III. Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 (Art. 2 BG BGBl. I 100/2005) sind "[A]lle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 (in der Folge: AsylG) i. d. F. der AsylG-Nov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG in der jeweils geltenden Fassung, di. nunmehr die Fassung der AsylG - Nov. 2003, zu führen.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter (1.) über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und (2.) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Soweit sich aus dem B-VG, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind gemäß § 22 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999 Zl. 98/01/0318).

 

Da in vorliegendem Fall - infolge der Erkennung der Angaben des Antragstellers als nicht glaubhaft - keine maßgeblich wahrscheinlich vorliegende Verfolgungsgefahr aus asylrechtlich relevantem Grunde festgestellt werden konnte, kann auch die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

 

Gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint. Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).Eine diesbezügliche Glaubhaftmachung bzw. das stimmige Aufzeigen objektivierbarer Gründe ist dem Beschwerdeführer im durchgeführten Verfahren nicht gelungen und wird diesbezüglich auf die obige Beweiswürdigung zur Glaubhaftmachung seiner Fluchtgründe verwiesen.

 

Weiters wird ausgeführt, dass in Nigeria überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe bzw. Hungersnot) besteht, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
12.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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