S3 401.928-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von Y. I., geb. 00.00.1988, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.09.2008, GZ 07 09.446 EAST-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 5 und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.10.2007 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.10.2007 führte der Beschwerdeführer zu seiner Reiseroute aus, er habe mit seiner Schwester in der ersten Septemberwoche G. verlassen und dann seien sie gemeinsam nach Istanbul gefahren. Dort habe sich ein LKW-Fahrer bereit erklärt, die Geschwister mitzunehmen, wobei sie in die Schweiz gewollt hätten. Am 08.10.2007 habe er mit seiner Schwester, versteckt auf einer LKW-Ladefläche, Istanbul verlassen. Es habe zwei bis drei Tage gedauert, bis sie in Österreich angekommen seien. Dort habe man sie einem türkisch sprechenden Mann übergeben. Dieser habe sie in eine Wohnung gebracht, wo sie sich circa einen Monat lang aufgehalten hätten. Am 10.10.2007 habe sie der Mann in die Schweiz bringen wollen. Der Beschwerdeführer habe daher seinen in der Schweiz lebenden Vater angerufen, um ihm mitzuteilen, dass er und die Schwester in die Schweiz kommen würden. Dieser sei jedoch nicht begeistert gewesen und so habe der Beschwerdeführer beschlossen, sich bei seiner in Wien wohnhaften Tante zu melden. Sodann seien sie mit dem Taxi zur Tante gefahren. Ein Bekannter der Tante habe sie schließlich nach Traiskirchen gebracht.
Am 12.10.2007 wurden Konsultationsverfahren gemäß Art. 21 Dublin-Verordnung mit Ungarn, Rumänien, der Slowakei und Tschechien eingeleitet.
Am 16.10.2007 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich die Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG 2005 ausgehändigt, dass Konsultationen nach der Dublin-Verordnung geführt würden und daher die 20-Tagesfrist nicht gelte.
Mit Schreiben vom 31.10.2007, eingelangt am gleichen Tag, gaben die rumänischen Behörden bekannt, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines Visums, gültig von 06.07.2007 bis 01.08.2007, gewesen sei.
Das Bundesasylamt richtete sodann am 22.11.2007 ein Aufnahmeersuchen nach Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung an Rumänien. Mit Schreiben vom 05.12.2007, eingelangt am 05.12.2007, stimmte Rumänien dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung ausdrücklich zu.
Am 24.04.2008 langte ein Bericht des Polizeikommissariats Simmering ein, wonach es sich bei der gemeldeten Wohnadresse des Beschwerdeführers eindeutig um eine Scheinanschrift handle, nämlich um einen Abstellraum ohne Möbel.
Mit Schreiben vom 09.05.2008 wurde den rumänischen Behörden die Aussetzung der Überstellung wegen unbekannten Aufenthaltes mitgeteilt, weshalb sich die Frist für die Überstellung nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung auf 18 Monate verlängere.
Mit Aktenvermerk vom 27.05.2008 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, weil der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflicht weder bekannt noch sonst leicht feststellbar war.
Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 13.06.2008 zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 29 Abs. 5 AsylG 2005 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass Rumänien sehr gute Beziehungen zur Türkei habe und er den Rumänen nicht vertraue. Weiters gab er an, dass sein Vater in der Schweiz lebe und seine Tante als anerkannter Flüchtling in Österreich lebe, er jedoch nicht viel Kontakt zu ihr habe. Seine Mutter und seine Schwester seien ebenfalls Asylwerber in Österreich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien gemäß Art. 9 Abs. 2 und Abs. 4 Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig ist. Dieser Bescheid wurde umfassend begründet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der unter anderem vorgebracht wird, es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass allenfalls nach Ausstellung des Visums eine betrügerische Handlung durch den Schlepper vorgenommen worden sein könnte und daher Art. 9 Abs. 5 Dublin-Verordnung zur Anwendung komme, sodass der Mitgliedstaat, der das Visum ausgestellt habe, womöglich nicht zuständig sei. Die Erstbehörde habe dahingehend jegliche Feststellungen unterlassen, sodass diese Frage nicht abschließend beantwortet werden könne. Es sei weiters festzuhalten, dass eine nachweisliche Mitteilung an den Beschwerdeführer im Sinn des § 28 Abs. 2 AsylG 2005 innerhalb der 20-Tagesfrist nicht erfolgt sei. Somit sei die Zuständigkeit zur Entscheidung wegen Fristüberschreitung auf Österreich übergegangen. Ferner wurde ausgeführt, die Erstbehörde sei unrichtigerweise davon ausgegangen, dass der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers vorübergehend unbekannt gewesen sei. Vielmehr habe die Polizei an der falschen Adresse Nachschau gehalten. Der Beschwerdeführer sei an der Meldeadresse wohnhaft gewesen, sodass eine Aussetzung zu Unrecht erfolgt und die Zuständigkeit auch aus diesem Grund auf Österreich übergangen sei. Weiters wurde - zusammengefasst - vorgebracht, dass Rumänien kein sicherer Drittstaat sei. Es sei davon auszugehen, dass die rumänischen Behörden mit den türkischen Behörden kooperierten. Sehr häufig kämen türkische Polizisten nach Rumänien, um nach politisch aktiven kurdischen Personen zu suchen. Es liege somit ein "real risk" im Sinn des Art. 3 EMRK vor. Außerdem würde eine Ausweisung des Beschwerdeführers eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen, weil die Mutter, die Schwester und deren Ehemann und noch weitere - nicht näher genannte - Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich leben.
2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der Beschwerde wird folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei und gehört der kurdischen Volksgruppe an. Er war im Besitz eines rumänischen Visums und reiste über einen Drittstaat nach Rumänien ein. In weiterer Folge gelangte er illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 10.10.2007 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte. Es wird weiters festgestellt, dass das Bundesasylamt am 22.11.2007 ein Aufnahmeersuchen nach Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung an Rumänien richtete und Rumänien mit Schreiben vom 05.12.2007, eingelangt am 05.12.2007, der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 9 Abs. 2 und 4 Dublin-Verordnung ausdrücklich zustimmte. Mit Schreiben vom 09.05.2008 wurde den rumänischen Behörden die Aussetzung der Überstellung wegen unbekannten Aufenthaltes und die Verlängerung der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung auf 18 Monate mitgeteilt.
Von den Verwandten des Beschwerdeführers leben eine Schwester und seine Mutter als Asylwerber in Österreich.
Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Rumänien sprechen, sind nicht glaubhaft. Dazu wird auf die ausführlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Insbesondere geht dieser Bescheid detailliert auf das rumänische Asylverfahren, den subsidiären Schutz, die Versorgungs- sowie die Sicherheitslage in Rumänien ein.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Nach § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
Nach § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Laut Art. 3 Abs. 2 erster Satz Dublin-Verordnung kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
In den Art. 5ff Dublin-Verordnung werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Art. 9 Abs. 2 Dublin-Verordnung lautet: "Besitzt der Asylbewerber ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, es sei denn, dass das Visum in Vertretung oder mit schriftlicher Zustimmung eines anderen Mitgliedstaats erteilt wurde. In diesem Fall ist der letztgenannte Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Konsultiert ein Mitgliedstaat insbesondere aus Sicherheitsgründen zuvor die zentralen Behörden eines anderen Mitgliedstaats, so ist dessen Antwort auf die Konsultation nicht gleich bedeutend mit einer schriftlichen Genehmigung im Sinne dieser Bestimmung."
In Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung wird Folgendes angeordnet:
"Besitzt der Asylbewerber nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, so sind die Abs. 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Besitzt der Asylbewerber einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag gestellt wird."
Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, dass die Beschwerde zu beiden Spruchpunkten abzuweisen ist:
Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Rumäniens ergibt, und zwar gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin-Verordnung. Auf eine betrügerische Handlung nach Ausstellung des Visums im Sinn des Art. 9 Abs. 5 letzter Satz Dublin-Verordnung gibt es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keinen Hinweis. Unbestritten blieb der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit dem 06.03.2008 gemeldet war und dass es sich laut Bericht des Polizeikommissariats Simmering bei dieser Adresse eindeutig um eine Scheinanschrift handelt, nämlich um einen Abstellraum ohne Möbel, weshalb die Voraussetzungen für die Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-Verordnung vorlagen. Die Beschwerdebehauptung, dass der Beschwerdeführer an dieser Adresse wohnhaft gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht näher ausgeführt.
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise darauf ersichtlich, dass die Durchführung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, dass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates aus diesem Grund wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte. Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0444; Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff).
Zu einer Verpflichtung Österreichs, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung Gebrauch zu machen, wird bemerkt:
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, XXII. GP):
"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.2.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Im Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk" - Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."
Nach der - zur Vorläuferbestimmung im Asylgesetz 1997 ergangenen - Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 15.10.2004, G 237/03; 17.6.2005, B 336/05) sehe die Dublin-Verordnung vor, dass jeder Mitgliedstaat - auch wenn ein anderer Mitgliedstaat nach den Kriterien der Verordnung zuständig wäre - einen von einem Drittstaatsangehörigen eingebrachten Asylantrag selbst prüfen könne (Art. 3 Abs. 2). Er werde damit zum zuständigen Mitgliedstaat (sog. Selbsteintrittsrecht). Ein solches Selbsteintrittsrecht sei schon im - noch heute für das Verhältnis zu Dänemark geltenden - Dubliner Übereinkommen vorgesehen gewesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe zum Dubliner Übereinkommen ausgesprochen, dass derartige Vereinbarungen die Mitgliedstaaten nicht von ihren Verpflichtungen aus der Konvention entbinden (7.3.2000, 3844/98 - T. I. gegen Vereinigtes Königreich; 12.1.1998, 32829/96 - Iruretagoyena gegen Frankreich; 5.2.2002, 51564/99 - Conka gegen Belgien). Im Erkenntnis VfSlg. 16.122/2001 hatte der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Anfechtung des § 5 AsylG in der Stammfassung im Hinblick auf das Dubliner Übereinkommen ausgeführt, dass das dort "in Art. 3 Abs. 4 festgelegte Eintrittsrecht Österreichs als Mitgliedstaat des Dubliner Übereinkommens zwingend zu berücksichtigen" sei. Dieses Eintrittsrecht schaffe "nicht etwa ein durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ausschaltbares Recht österreichischer Staatsorgane, die betreffende Asylsache an sich zu ziehen, sondern verpflichtet die zuständige Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung i. S. d. § 5 vorzunehmen und von der Annahme einer negativen Prozessvoraussetzung in der Asylsache abzusehen." Eine "strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 [sei] durch die Heranziehung des Art. 3 Abs. 4 des Dubliner Übereinkommens von der Asylbehörde zu vermeiden". Der Verfassungsgerichtshof ging im Hinblick auf die inhaltlich gleiche Regelung in der Dublin-Verordnung davon aus, dass diese zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung zutreffen.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 26.7.2005, 2005/20/0224) zeigten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, dass sich die zur verfassungskonformen Auslegung des § 5 AsylG ergangene Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auch auf die neue Rechtslage übertragen lasse. So habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05, bereits festgehalten, dass eine Nachprüfung durch die österreichischen Behörden, ob ein der Dublin-Verordnung unterliegender Mitgliedstaat für Asylwerber aus Drittstaaten generell sicher sei, nicht zu erfolgen habe, weil die entsprechende Vergewisserung durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften ohnedies erfolgt sei. Insofern sei auch der Verfassungsgerichtshof an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gebunden. Indem die Dublin-Verordnung den Asylbehörden der Mitgliedstaaten aber ein Eintrittsrecht einräume, sei eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall auch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, so sei aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben. Die grundrechtskonforme Interpretation des Asylgesetzes mache eine Bedachtnahme auf die - in Österreich in Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig. Die Asylbehörden müssten bei Entscheidungen nach § 5 AsylG auch Art. 3 EMRK berücksichtigen, aus dieser Bestimmung ergebe sich - unbeschadet internationaler Vereinbarungen oder gemeinschaftsrechtlicher Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen - das Erfordernis, auf ein allfälliges Risiko einer Kettenabschiebung bei Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat Rücksicht zu nehmen. Maßgeblich für die Wahrnehmung des Eintrittsrechtes sei, ob eine Gefahrenprognose zu treffen ist, der zufolge ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substanziiertes "real risk" besteht, der auf Grund der Dublin-Verordnung in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber werde trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes im Zielstaat, der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt sein. Diese Grundsätze hätten auch für die Auslegung des § 5 AsylG 2005 weiterhin Beachtung zu finden (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.03.2005, 2002/20/0582). Dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine "Beweisregel" zu schaffen, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig mache, die Sicherheit des Asylwerbers vor "Verfolgung" in dem nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat (insbesondere gemeint im Sinne der Achtung der Grundsätze des Non-Refoulements durch diesen Staat) von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung sei jedoch widerlegt, wenn besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen seien, glaubhaft gemacht würden oder bei der Behörde offenkundig seien, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in diesem Mitgliedstaat sprächen. Die Wendung "in der Person des Asylwerbers gelegene besondere Gründe" gleiche schon ihrem Wortlaut nach dem § 4 Abs. 2 AsylG. Zu dieser Bestimmung habe der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 15.10.2004, G 237/03, ausgeführt, die Regelung dürfe nicht eng ausgelegt werden und erfasse alle Umstände, die sich auf die besondere Situation des einzelnen Asylwerbers auswirken, daher auch solche, die durch die Änderung der Rechtslage oder der Behördenpraxis bewirkt werden. Der Verwaltungsgerichtshof gehe - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in den Materialien zum AsylG 2005 - davon aus, dass diese Auslegung auch für § 5 Abs. 3 AsylG 2005 maßgeblich sei. Was die Frage der "Beweislast" anbelange, so sei vorweg klarzustellen, dass bei Vorliegen "offenkundiger" Gründe (vgl. § 45 Abs. 1 AVG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², 1998, E 27 zu § 45 AVG) eine Mitwirkung des Asylwerbers zur Widerlegung der in § 5 Abs. 3 AsylG 2005 implizit aufgestellten Vermutung nicht erforderlich sei. Davon abgesehen liege es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu werde es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstatte, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeuge, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist. Es verstehe sich von selbst, dass bei der Beurteilung, ob die geforderte "Glaubhaftmachung" gelungen ist, der besonderen Situation von Asylwerbern, die häufig keine Möglichkeit der Beischaffung von entsprechenden Beweisen hätten, Rechnung getragen werden müsse. Habe der Asylwerber die oben angesprochenen besonderen Gründe glaubhaft gemacht, sei die dem § 5 Abs. 3 AsylG 2005 immanente Vermutung der im zuständigen Mitgliedstaat gegebenen Sicherheit vor Verfolgung widerlegt. In diesem Fall seien die Asylbehörden gehalten, allenfalls erforderliche weitere Erhebungen (auch) von Amts wegen durchzuführen, um die (nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes erforderliche) Prognose, der Asylwerber werde bei Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat der realen Gefahr ("real risk") einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein, erstellen zu können. Diese Ermittlungspflicht ergebe sich aus § 18 AsylG 2005, die insoweit von § 5 Abs. 3 AsylG 2005 unberührt bleibe.
Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Zu den Behauptungen des Beschwerdeführers, Rumänien sei kein sicherer Drittstaat, wird auf die im angefochtenen Bescheid zitierten aktuellen Länderberichte verwiesen, die auch mit der Dokumentation des Asylgerichtshofes im Einklang stehen. Der Asylgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die allgemeine Lage für nach Rumänien überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Insbesondere sind die asylrechtliche Praxis, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage in Rumänien unbedenklich.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219; 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194).
Im vorliegenden Fall liegt kein Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Aber auch im Fall eines Eingriffs in das Grundrecht ergäbe eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 08.09.2000, 2000/19/0043), dass dieser notwendig und verhältnismäßig ist. Die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers wurden ebenfalls nach Rumänien ausgewiesen, sodass der Beschwerdeführer im Kreis seiner Angehörigen bleiben kann. Vor allem reiste der Beschwerdeführer erst am 10.10.2007 als 19-jähriger Erwachsener illegal in das Bundesgebiet ein und stützte sich sein Aufenthalt in Österreich von Anfang an nur auf seinen unzulässigen Asylantrag.
Der Asylgerichtshof gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.
Es sind auch keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinn des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ersichtlich, zumal weder ein - nicht auf das Asylgesetz 2005 gestütztes - Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch die Ausweisung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Darüber hinaus liegen auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 vor.
Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Die öffentliche Verkündung des Erkenntnisses hatte gemäß § 41 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 zu entfallen.