TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/31 C7 306625-2/2008

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Veröffentlicht am 31.10.2008
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Spruch

C7 306625-2/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des C.E., geb. 00.00.2005, StA. Bosnien, vertreten durch die Mutter C.T., gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.03.2007, FZ. 06 09.556-BAT nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2007 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, wird C.E. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, wird C.E. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.10.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der minderjährige Beschwerdeführer stellte am 11.09.2006 im Wege seiner Mutter (GZ. 268430) einen Antrag auf internationalen Schutz. Seine Mutter wurde hierzu am 09.10.2006 niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen. Sie gab an, dass der Beschwerdeführer dieselben Asylgründe wie sie habe. Er würde in Bosnien von niemandem akzeptiert werden, da sein Vater Mazedonier sei und unehelich auf die Welt gekommen sei. Weiters gab sie an, dass der Beschwerdeführer an einer Milchallergie leide.

 

Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.10.2006 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt wird (Spruchteil II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien-Herzegowina ausgewiesen (Spruchteil III).

 

Dagegen richtete sich die rechtzeitig erhobene Berufung.

 

In Erledigung der Berufung vom 24.02.2006 hat die damalige Berufungsinstanz den Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Am 26.02.2007 wurde die Mutter des Beschwerdeführers neuerlich einer Einvernahme vor dem Bundesasylamt unterzogen und aufgefordert, ihre Fluchtgründe nochmals zu schildern.

 

Sie gab an, zwei Mal von zwei oder drei serbischen Männern, welche sie nicht persönlich kannte, in ihrem Wohnhaus überfallen und geschlagen worden zu sein. Sie sei aber nicht vergewaltigt worden. Der Großmutter des Beschwerdeführers hätten sie die Pistole an den Hals gehalten. Die Serben hätten Geld verlangt, jedoch hätte die Mutter des Beschwerdeführers keines gehabt. Daraufhin seien die Männer wieder verschwunden. Befragt, ob sie diese Vorfälle der Polizei gemeldet habe, brachte die Mutter des Beschwerdeführers vor, dass sie das nicht getan habe, weil es nichts genutzt hätte, da serbisches Gesetz herrschen würde. Weiters gab die Mutter des Beschwerdeführers an, dass der Beschwerdeführer eine Milchallergie habe und deshalb nur glutenfreie Produkte vertragen würde. Im Anschluss an die Einvernahme wurden der Mutter des Beschwerdeführers die eingeholten Feststellungen über die Lage in Bosnien zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

 

Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit angefochtenem Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 3 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und festgestellt, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herunftsstaat Bosnien und Herzegowina gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt wird (Spruchteil II). Gemäß § 10 AsylG wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina ausgewiesen (Spruchteil III).

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).

 

Am 09.07.2007 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher die Mutter des Beschwerdeführers teilnahm und zu der das Bundesasylamt keinen Vertreter entsandt hat.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seins Bruders unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Mutter des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde und dem Asylgerichtshof.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Es werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und gehört der bosnischen Volksgruppe an.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers lebte bis zu ihrer Ausreise im November 2003 in ihrer Heimatstadt B. und reiste dann mit einem österreichischen Visum, welches von 23.11.2003 bis 07.12.2003 gültig war, zu ihrem in Österreich lebenden Bruder und lebte bei ihm und dessen Familie. In ihrem Heimatland verrichtete die Mutter des Beschwerdeführers Gelegenheitsarbeiten und arbeitete manchmal als Bedienerin. In Österreich ist die Mutter des Beschwerdeführers mit ihrem Bruder in Streit geraten, da dieser den Freund der Mutter des Beschwerdeführers, welcher mazedonischer Abstammung ist, nicht akzeptierte. Die Mutter des Beschwerdeführers ist daraufhin zu ihrer Freundin gezogen und wurde bald darauf von ihrem mazedonischen Freund schwanger. Sie wohnte dann einige Zeit mit ihrem Freund, jedoch verließ sie dieser noch vor der Geburt des Beschwerdeführers. Im Oktober 2005 stellte die Mutter des Beschwerdeführers einen Asylantrag. Im Dezember 2005 kam der Beschwerdeführer auf die Welt. Der Vater des Beschwerdeführers nahm den Kontakt mit der Mutter des Beschwerdeführers nach der Geburt des Beschwerdeführers wieder auf und sie gingen neuerlich eine Beziehung ein, in welcher die Mutter des Beschwerdeführers erneut schwanger wurde. Die Beziehung ging noch vor der Geburt des zweiten Kindes neuerlich in die Brüche und die Mutter des Beschwerdeführers hat nunmehr keinen Kontakt mehr mit dem Vater ihrer Kinder und erhält von diesem auch keinerlei Unterstützung für die gemeinsamen Kinder. Weiters hat die Mutter des Beschwerdeführers weder Kontakt mit ihrem in Österreich lebenden Bruder, welcher nichts mehr mit ihr zu tun haben möchte, noch mit ihren in Bosnien lebenden Familienangehörigen (Mutter, Schwestern).

 

1.2 Die Mutter des Beschwerdeführers machte Probleme, großteils schon zu Beginn des Krieges, mit unbekannten Serben geltend. Eigene Gründe, welche für die Gewährung von Asyl sprechen würden, sind für den Beschwerdeführer im Verfahren nicht hervorgekommen. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers und seiner Familie in Bosnien festgestellt werden.

 

1.3. Der Beschwerdeführer leidet an einer massiven atopischen Dermatitis begleitet von wiederholten obstruktiven Atemwegsinfekten und einer Empfindlichkeit auf Milcheiweiß und Eiklar, welche eine kuhmilcheiweißfreie Diät erfordert.

 

1.4. Zur Lage in Bosnien-Herzegowina werden aufgrund der in der Folge genannten dem Parteiengehör unterworfenen Quellen nachfolgende Feststellungen getroffen:

 

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Bosnien und Herzegowina, Mai 2008

 

U.S. Department of State, Bosnia and Herzegovina, Country Reports on Human Rights Practices, März 2008

 

SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006

 

SFH, Registrierung und medizinische Versorgungsmöglichkeiten nach der Rückkehr, März 2007

 

Den heutigen Staat Bosnien und Herzegowina (BIH) gibt es seit Dezember 1995. Nach dreieinhalbjährigem Krieg wurden im "Rahmenabkommen für den Frieden (Dayton-Abkommen" (General Framework Agreement for Peace, GFAP) zwei Landesteile (Entitäten), die Serbische Republik (Republika Srpska; RS) mit der Hauptstadt Banja Luka und die Föderation BIH (FBIH) mit der Hauptstadt Sarajewo unter das Dach eines (institutionell noch schwachen) Gesamtstaats mit Sitz in Sarajewo gestellt. Ein Sonderstatus kommt dem Distrikt Brcko zu.

 

Die Republika Srpska (RS) ist zentral organisiert und in Gemeinden gegliedert. Über 90% der RS-Bevölkerung sind heute serbischer Herkunft. Die Föderation (FBIH) gliedert sich in zehn Kantone; jeder Kanton setzt sich aus mehreren Gemeinden zusammen. Der südwestliche Teil der FBIH wird mehrheitlich von Kroaten bewohnt (Kantone 8 und 10: Westherzegowina und Livno), ebenso im Norden der FBIH der Kanton 2 (Posavina). In Mittel- und Nordbosnien (Kantone 1, 3, 4, 5, 9: Una-Sana, Tuzla, Zenica-Doboj, Podrinje, Sarajewo) überwiegen die Bosniaken. In Zentralbosnien (Kanton 6) gibt es kroatische Enklaven (z.B. Busovaca, Kiseljak, Vitez) in mehrheitlich bosniakischem Gebiet, auch der Kanton 7 (Herzegowina-Neretva) ist gemischt (kroatisch/bosniakisch).

 

Die Lage in Bosnien und Herzegowina hat sich langsam aber stetig konsolidiert. Auch wenn die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den Gebietskörperschaften noch durch die ethnische Fragmentierung geprägt sind und dringender Reformen bedürfen, hat sich die Sicherheitslage so gefestigt, dass seit Ende des Konflikts über eine Million Flüchtlinge zurückkehren konnten.

 

Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz sind mit einigen Einschränkungen gewährleistet. Das Justizsystem wurde 2004 umfassend reformiert. Die Todesstrafe ist abgeschafft.

 

Polizeimethoden sind mitunter von Härte und Willkür gekennzeichnet, insbesondere gegenüber Minderheiten. Insgesamt ist jedoch eine Verringerung von illegalen und repressiven Polizeimaßnahmen zu verzeichnen, wobei es Unterschiede in FBIH, RS und dem Distrikt District Brcko gibt. Nach vielen Schwierigkeiten und Verzögerungen wurden positive Entwicklungen bei der Polizeireform festgestellt.

 

Frauen und Männer sind der Verfassung nach gleichgestellt. In der Praxis sind Frauen jedoch häufig geschlechtsspezifischen Diskriminierungen ausgesetzt, insbesondere wenn sie der Minderheitsbevölkerung angehören. Allein erziehende Frauen zählen zu den "verletzlichen Personen".

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, insbesondere Grundnahrungsmitteln, aber auch mit Kleidung und Heizmaterial, ist landesweit sichergestellt.

 

Humanitäre Hilfsprogramme aus dem Ausland, z.B. in Form von einkommensschaffenden Maßnahmen für Rückkehrer, spielen nach wie vor eine Rolle.

 

Die Behandlung von Rückkehrern:

 

Die Behandlung der Rückkehrer hat sich tendenziell verbessert, auch wenn dies lokal sehr unterschiedlich zu beurteilen ist und die Verteilung von Identitätsdokumenten noch zu langsam erfolgt. Einige RS-Gemeinden haben sog. "Wohnraumausschüsse" eingerichtet, die Rückkehrern bei der Suche nach einer Unterkunft behilflich sind. In einzelnen Kantonen wird

 

die Möglichkeit der Registrierung daran geknüpft, dass die Antragsteller Wohnraum in der betreffenden Gemeinde haben, wobei es teilweise auch ausreicht, bei Verwandten oder Bekannten zu wohnen. Trotzdem wird die Registrierung von einigen Gemeinden gelegentlich verweigert. Nach Auskunft verschiedener Kantone, u.a. Sarajewo, besteht eine Anweisung der

 

Kantonsregierungen an die Gemeinden, die Registrierung bei Vorliegen der Voraussetzungen

 

vorzunehmen.

 

Ist die verlassene Wohnung beziehbar, ist eine Registrierung an einem anderen Ort als dem Wohnort nicht möglich. Wer an seinen Heimatort zurückkehrt, bleibt ab dem Tag der Rückkehr noch für eine Frist von sechs Monaten als Rückkehrer registriert, dann erlischt der Status. Registriert die Gemeinde eine Person nicht (etwa aus Geldmangel der Gemeinde oder wegen fehlender Unterkünfte), dann unterliegen die Rückkehrer lediglich der polizeilichen Meldepflicht und haben Anspruch auf Registrierung durch das zuständige Flüchtlingsministerium, von dem sie in eine Sammelunterkunft gebracht werden. Wer dies ablehnt, ist darauf angewiesen, sich selbst mit eigenen Mitteln zu versorgen.

 

Sozial besonders schutzbedürftige Personen unter den Rückkehrern wie allein stehende Frauen mit Kindern oder ältere Menschen, die ohne familiären Anhang und mittellos sind, müssen - soweit sie nicht auf Hilfe weiter entfernter Verwandter oder Bekannter zählen können - in alternativen Unterkünften untergebracht werden, meist in privat angemieteten Wohnungen.

 

Tätliche Übergriffe auf Rückkehrer sind seltener geworden, es gibt aber vielfältige Benachteiligungen. In Minderheitengebieten kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Rückkehrer oder zur Zerstörung ihrer Wohnungen und Häuser. Die Situation in vormals umstrittenen Städten hat sich jedoch verbessert. In der Republika Srpska kommt es auch heute fallweise noch zu ernsten Übergriffen. Die Schlechterstellung von Minderheitenrückkehrern durch öffentliche Stellen hat überall abgenommen.

 

Medizinische Versorgung:

 

Nach einem Abkommen zwischen den Gesundheitsministerien von FBIH, RS und Brcko-Distrikt soll die medizinische Versorgung für alle Rückkehrer in ihrem aktuellen Wohnort gewährleistet werden. Der gesetzliche Gesundheitsschutz in BIH gliedert sich in drei Bereiche:

Der primäre Gesundheitsschutz umfasst medizinische Vorsorge, Notfallmedizin, Schul- u. Arbeitsmedizin, Vorsorge für Mutter und Kind, hausärztliche, allgemeinärztliche und zahnärztliche Behandlung sowie Arzneimittelversorgung. Er wird durch sog. Gesundheitshäuser ("Domovi zdravlja"), Erste-Hilfe-Stationen (in der Regel angegliedert an Ambulanzen und Krankenhäuser), Zahnarztpraxen und Apotheken sichergestellt. Sekundärer (fachärztlich-konsultativer) Gesundheitsschutz umfasst Diagnostik, Behandlungs- u. Reha-Maßnahmen in Fällen, in denen keine stationäre Behandlung notwendig ist. Er wird durch Gesundheitshäuser, ärztliche Privatpraxen und Krankenhäuser/Kliniken sichergestellt. Im tertiären Bereich findet man alle medizinischen Anwendungen in stationären Einrichtungen, also Krankenhäusern und Kliniken, die noch ganz überwiegend staatlich organisiert und finanziert sind.

 

Es gibt über 300 Ambulanzen, die zwischen 2.000 und 10.000 Einwohner versorgen. Grundsätzlich existiert in jeder größeren Gemeinde (ca. 120 in BIH) ein Gesundheitshaus, das eine medizinische Versorgung für 20.000 bis 50.000 Einwohner sicherstellen soll. Mittlerweile weisen die FBIH und die RS jeweils 15 staatliche Krankenhäuser auf. Dazu kommt ein privates Krankenhaus, eine Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe in Milici (RS), drei private Polikliniken in Sarajewo, die jedoch nur ambulante Behandlungen anbieten, und eine private (deutsche) Fachklinik für Kardiologie und Herzchirurgie in Fojnica. Es gibt in den größeren Städten eine Reihe von privatärztlichen Praxen (genaue Anzahl nicht bekannt).

 

Generell sind gängige Medikamente auf dem örtlichen Markt erhältlich. Spezialarzneimittel können auf dem Importweg oder privat aus dem Ausland beschafft werden. Sie sind jedoch nicht für jeden erschwinglich, da oftmals sehr teuer.

 

Generell ist festzuhalten, dass es bei der medizinischen Versorgung noch Lücken gibt.

 

Soweit es sich bei den Betroffenen um Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgruppen handelt, können sie sich in einen anderen Teil des Staatsgebiets begeben. Die Rückkehr in Mehrheitsgebiete ist für alle drei Ethnien möglich. Der UNHCR weist aber darauf hin, dass sich die Lage für Einzelfälle, z.B. Zeug(inn)en aus Kriegsverbrecherprozessen, Kriegstraumatisierte und intern Vertriebene, anders darstellen kann.

 

Die Ausweichmöglichkeiten werden, sofern sie bestehen, nur teilweise wahrgenommen. Wer sich als Angehöriger einer konstitutiven Volksgruppe - also als Bosniake, Kroate oder Serbe - aus einem sog. "Minderheitsgebiet" in ein "Mehrheitsgebiet" begibt, findet dort "seine" Verwaltung vor. Diese Ausweichmöglichkeiten sind attraktiv für diejenigen, die in die kroatisch dominierten und wirtschaftlich besser gestellten Gegenden ausweichen, sie sind unattraktiv hinsichtlich der wirtschaftlich am Boden liegenden Gegenden der RS, v. a. im Osten des Landes.

 

1.5. Es wird festgestellt, dass für den Beschwerdeführer und seine Familie eine Rückkehr nach Bosnien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikels 3 EMRK bedeuten könnte.

 

2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Identität der Mutter des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage ihres Reisepasses, ihres Personalausweises und weiterer Personaldokumente fest. An dem Verwandtschaftsverhältnis des Beschwerdeführers zu seiner Mutter bestehen keine Zweifel und wurde auch eine Geburtsurkunde des Beschwerdeführers vorgelegt.

 

2.2. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben der Mutter des Beschwerdeführers und dem vorgelegten ärztlichen Befund.

 

2.3. Die Feststellungen über das Herkunftsland des Beschwerdeführers ergeben sich aus den zitierten Quellen. Die Mutter des Beschwerdeführers ist diesen nicht substantiiert entgegengetreten.

 

2.4. Die von der Mutter des Beschwerdeführers vorgebrachten Streitereien und Vorfälle mit Serben, teils schon zu Beginn des Krieges, sind nicht geeignet, eine hinreichend intensive individuelle Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

Der Asylgerichtshof verkennt nicht, dass es in Bosnien-Herzegowina immer noch Spannungen zwischen den einzelnen Volksgruppen gibt und es zu ethnisch motivierten Übergriffen, gegenüber der jeweiligen Volksgruppenminderheit, kommen kann, auch dass in der Republika Srpska in einzelnen Fällen immer noch ernste tätliche Angriffe auf bosniakische Rückkehrer vorkommen. Eine generelle Verfolgung und Diskriminierung von asylrechtlicher Intensität von Bosniaken in der Republika Srpska kann aber aus den Länderfeststellungen und -berichten nicht geschlossen werden, insbesondere angesichts der aus den Feststellungen klar ersichtlichen Verbesserung der Lage gegenüber früheren Jahren.

 

Im Übrigen ist notorisch, dass Bosnien-Herzegowina derzeit alle Anstrengungen unternimmt, sich als Mitglied der europäischen Staaten- und Wertegemeinschaft zu etablieren, insbesondere auch der Europäischen Union beizutreten; es geht aus der Berichtslage auch keinesfalls hervor, dass sich die Situation der Minderheiten in den Mehrheitsgebieten wie die der bosniakischen Volksgruppe in der Republika Srpska in letzter Zeit verschlechtert hätte oder dass diesbezüglich ein besonderes Gefährdungspotential oder eine krisenhafte Situation in naher Zukunft mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre.

 

Außerdem besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich in Teilen der Föderation BIH mit bosniakischen Mehrheitsgebieten niederzulassen. So geht aus den Länderfeststellungen hervor, dass sich Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgruppen in einen anderen Teil des Staatsgebiets, in ihr jeweiliges "Mehrheitsgebiet", begeben können.

 

2.5. Betrachtet man die getroffenen Feststellungen zur medizinischen Versorgungslage in Bosnien geht daraus eindeutig hervor, dass eine medizinische Versorgung besteht, welche auch die meisten Krankheitsbilder abdeckt. Generell sind gängige Medikamente auf dem örtlichen Markt erhältlich. Spezialarzneimittel können auf dem Importweg oder privat aus dem Ausland beschafft werden. Sie sind jedoch nicht für jeden erschwinglich, da oftmals sehr teuer. Generell ist festzustellen, dass es bei der medizinischen Versorgung noch Lücken gibt.

 

Aus den Feststellungen für den Beschwerdeführer ergibt sich, dass dieser aufgrund einer Kuhmilchintoleranz eine spezielle Ernährung benötigt, welche auch in Österreich zum Teil nur in Spezialgeschäften erhältlich ist. Soweit die Behandlungen bzw. die speziellen Nahrungsmittel zur Einhaltung der Diätvorschriften in Bosnien überhaupt gewährleistet bzw. verfügbar sind, würden die Kosten die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr zusätzlich belasten. Im Falle der Nichteinhaltung der Diätvorschriften ist mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu rechnen.

 

Was die wirtschaftliche Lage in Bosnien anbelangt, so ist aus den Länderfeststellungen ersichtlich, dass diese im Allgemeinen schwierig ist, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, aber auch mit Kleidung und Heizmaterial, jedoch gewährleistet ist und zudem ein Sozialhilfesystem existiert, welches in der Regel für eine Grundversorgung auf sehr niedrigem Niveau ausreicht. Insofern geht aus den Feststellungen hervor, dass trotz der vergleichsweise schlechten wirtschaftlichen Lage in Bosnien in der Regel keine existenzbedrohenden Situationen entstehen.

 

Im gegenständlichen Fall ist jedoch eine Gesamtschau der persönlichen Situation der Familie und der allgemeinen Lage vorzunehmen. Für die Mutter des Beschwerdeführers, welche aus der Republika Srpska stammt und der bosnischen Volksgruppe angehört, acht Jahre die Grundschule absolviert hat, jedoch nicht über eine Berufsausbildung verfügt, sondern lediglich Gelegenheitsarbeiten als Reinigungshilfe durchgeführt hat, wird sich die Arbeitssuche in Bosnien, auch in Anbetracht der notorisch hohen Arbeitslosigkeit, als sehr schwierig gestalten, wobei auch die beiden Kinder betreut werden müssen. Die in Bosnien lebende Großmutter des Beschwerdeführers ist krank und die beiden in Bosnien lebenden Schwestern der Mutter des Beschwerdeführers sind bereits verheiratet und leben mit ihren Familien in einer anderen Stadt in Bosnien. Aufgrund der von der Mutter des Beschwerdeführers dargelegten Situation mit ihrem Bruder, dem nun das Elternhaus gehört, sowie mit ihren Schwestern, welche eigene Familien haben und zu denen sie überdies keinen Kontakt hat, kann weder mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers mit ihren Kindern im ehemaligen Elternhaus Aufnahme finden würde, noch dass ihnen von den Familien ihrer Schwestern Unterkunft gewährt werden würde und sie von diesen finanziell unterstützt werden würden, dies unter Berücksichtigung der Kosten für die Kinder einschließlich der Kosten für die speziellen Nahrungsmittel für den Beschwerdeführer. Somit kann im konkreten Fall mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland auf sich allein gestellt wäre und nicht mit (hinreichender) familiärer Unterstützung rechnen könnte. In Folge wäre die Mutter des Beschwerdeführers wohl auf die Gewährung von Sozialhilfe angewiesen. Die Kosten von medizinischen Untersuchungen und Behandlungen sowie der speziellen Ernährung des Beschwerdeführers würden die finanzielle Situation der Familie im Falle einer Rückkehr zusätzlich belasten. Unter diesem Gesichtspunkt ist davon auszugehen, dass die Sozialhilfe oder bestenfalls der Verdienst als Reinigungskraft bzw. aus sonstigen Gelegenheitsarbeiten zur Bestreitung der lokalen Lebenserhaltungskosten und der zusätzlichen medizinischen Kosten bzw. der zusätzlichen Kosten für die speziellen Lebensmittel nicht ausreichen würde. Weiters ist zu berücksichtigen, dass in Bosnien Frauen und Männer der Verfassung nach zwar gleichgestellt sind, Frauen jedoch in der Praxis geschlechtsspezifischen Diskriminierungen ausgesetzt sein können, wobei die Mutter des Beschwerdeführers als muslimische allein erziehende Mutter von zwei Kindern zudem zu den "verletzlichen Personen" zu zählen ist. Der in Österreich lebende Vater des Beschwerdeführers hat die Mutter des Beschwerdeführers in Österreich weder finanziell noch bezüglich der Kinderbetreuung unterstützt, weshalb nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, dass die Mutter des Beschwerdeführers zukünftig (finanzielle) Hilfe ihres ehemaligen Lebensgefährten bezüglich ihrer zwei Kinder erwarten kann.

 

Eine Gesamtschau der persönlichen Situation der Familie und der allgemeinen Lage ergibt sohin eindeutig, dass die Situation der Familie eine außergewöhnliche ist, die durch verschiedene auf erhöhte Vulnerabilität deutende Risikofaktoren gekennzeichnet ist (unverheiratete alleinerziehende muslimische Frau, ein krankes minderjähriges Kind, allgemein schlechte wirtschaftliche Lage der Familie, keine Ausbildung der Mutter des Beschwerdeführers, kein gesichertes familiäres Bezugsnetz in Bosnien); unter diesen Umständen kann daher aus den Feststellungen zum Entscheidungszeitpunkt jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, eine Rückkehr sei zumutbar.

 

3. Rechtlich folgt daraus:

 

Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz idF BGBL. I Nr. 100/2005 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling i.S.d. AsylG ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.

Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).

 

Wie erwähnt, haben sich für den Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe im Sinne einer politischen oder ethnischen Verfolgung oder der Zugehörigkeit zu einer allfälligen sozialen Gruppe der Familie eines nach der GFK verfolgten Familienmitgliedes ergeben.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers hat keine Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht. Den von ihr vorgebrachten Schwierigkeiten mit unbekannten Serben kann keine asylrechtlich relevante Intensität beigemessen werden. Die geschilderten Vorfälle, welche sich zum überwiegenden Teil zu Beginn des Krieges ereigneten, somit zur Ausreise in keinem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, reichen nicht aus, um pro futuro von einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung auszugehen.

 

Es bestehen aus Sicht des Asylgerichtshofes auch keine Anhaltspunkte dafür, dass alle bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen der bosnischen Volksgruppenzugehörigkeit in der Republika Srpska im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen gegenwärtig in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würden.

 

Zudem ist auf die Möglichkeit, sich in Teilen der Föderation BIH mit bosniakischen Mehrheitsgebieten niederzulassen, hinzuweisen.

 

Die Beschwerde war daher gemäß § 3 AsylG abzuweisen

 

3.2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung erforderlich. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG idF BGBL I 2003/101 zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind.

 

Wie bereits oben ausgeführt, liegt keine Verfolgung im Sinne der GFK vor, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in Bosnien und Herzegowina einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers hat gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers als Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG vorgebracht.

 

Im Einklang mit der Judikatur des EGMR geht der Asylgerichtshof davon aus, dass im Zusammenhang mit Krankheitsgründen eine Abschiebung grundsätzlich nur bei einer existenzbedrohenden Erkrankung und bei Fehlen jeglicher Behandlungsmöglichkeiten im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig wäre. Dies kann, wie oben dargelegt, auf Basis der aktenkundigen Beweislage weder im Allgemeinen in Bosnien angenommen werden noch bei dem vorgebrachten Krankheitsbild.

 

Im konkreten Fall liegt aber, wie unter 2.5. ausgeführt, eine exzeptionelle Situation vor. In Zusammenschau der gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers, der dadurch bedingten Kostenbelastung und der wirtschaftlichen Situation der Mutter des Beschwerdeführers (als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern weitgehend ohne soziales Netz) und ihrer Familie, welche für sich genommen aufgrund der Länderfeststellungen keine existenzbedrohende Situation im Falle einer Rückkehr auslösen würde, ist unter Berücksichtigung der Erwägungen zu 2.5. genau ein Fall gegeben, in welchem - im Sinne einer Gesamtschau der Situation unter dem Blickwinkel der EMRK betrachtet - außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht wurden.

 

Die Gesamtbetrachtung all dieser Umstände legt nahe, dass im konkreten Fall zum Entscheidungszeitpunkt die Schwelle der Unzumutbarkeit im Lichte der einschlägigen Regelungen der EMRK im Falle der Rückkehr überschritten ist und eine Rückkehr nach Bosnien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bedeuten würde.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der erkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr.

 

Der Asylgerichtshof hat dem Beschwerdeführer mit gegenständlicher Entscheidung den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, sodass eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG zu erteilen war.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung, innerstaatliche Fluchtalternative, medizinische Versorgung, subsidiärer Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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