E13 319.542-1/2008-14E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau PRAHER über die Beschwerde des A.A., geb. am 00.00.1995, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.05.2008, FZ. 07 08.725-BAG, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 21.09.2007 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde diese erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte sie im Wesentlichen vor, unmittelbar von der Verfolgung ihres Mannes betroffen zu sein und ihr Sohn ebenso die gleichen Gründe habe. Der Gatte brachte im Wesentlichen vor, er sei Mitarbeiter des Bürgermeisters in G. und als Finanzprüfer tätig gewesen. Außerdem sei er bei den Wahlen 2003 als Vertrauensperson des Bürgermeisters tätig gewesen. Er habe als Finanzprüfer Listen mit Namen von Abgeordneten gefunden, welchen Firmen gehört hätten, welche nicht auf deren Namen angemeldet gewesen seien. Er habe diese namentlich genannten Personen aufgefordert Steuern zu bezahlen, was diese abgelehnt hätten. In weiterer Folge sei seine Tochter entführt und sein Geschäft angezündet worden. Er habe seine Tochter gegen Bezahlung von 10.000 $ frei gekauft. Sie sei dann ins Krankenhaus gekommen und sei seither verschwunden. Am 00.00.2007 sei ein Attentat auf den Bürgermeister verübt worden. An diesem Tag habe er sich in einem anderen Fahrzeug im Konvoi des Bürgermeisters befunden, dabei sei er knapp dem Tod entkommen. Am 00.00.2007 sei versucht worden ihn mit einem Plastiksack zu töten. Dieser Mordanschlag stehe in Verbindung mit dem Anschlag auf den Bürgermeister. Sie hätten ihn jedoch nicht gänzlich umbringen wollen, weil sie eine Kassette von ihm hätten haben wollen, auf welcher ein Gespräch des Bürgermeisters aufgenommen worden sei, welches er vor dem Attentat geführt habe. Sein Sohn sei mitgenommen worden. Die Leute des Bürgermeisters hätten den Sohn im Hof einer Mietwohnung gefunden.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 15.05.2008, Zahl: 07 08.725-BAG, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Kernvorbringen des Vaters mit umfangreicher Begründung als nicht glaubwürdig. Die Tätigkeit als Wahlbeobachter wurde als nicht asylrelevant erachtet, da sich diese Vorfälle bereits im Jahr 2003 ereignet hätten und dieser erst im September 2007 nach Österreich gelangt sei. Weiters wurde festgestellt, dass selbst bei Zugrundelegung des Wahrheitsgehaltes der Angaben des Vaters die behauptete Verfolgung von Privatpersonen nicht auf Gründen der GFK, sondern auf kriminellen Motiven beruhen würde. Dass die staatlichen Behörden nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, ihm Schutz vor Verfolgung zu gewähren, sei aus dem Vorbringen nicht zu entnehmen und stehe auch mit den getroffenen Feststellungen zu seinem Heimatland nicht im Einklang. Weiters wurden seitens des BAA Unplausibilitäten beim Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin aufgegriffen, diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 26.05.2008 innerhalb offener Frist Berufung [jetzt Beschwerde] erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen auf das bisherige Vorbringen verwiesen. Wesentliche Neuerungen wurden nicht vorgebracht. Es wurde das erstinstanzliche Verfahren moniert.
Mit Telefax vom 02.09.2008 wurde eine Beschwerdeergänzung eingebracht und das Vertretungsverhältnis zu RA Dr. Wolfgang Vacarescu bekannt gegeben. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Mit Schreiben des AsylGH vom 03.09.2008 erfolgten eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und die Aufforderung zur Konkretisierung von Beschwerdeangaben. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Mit Telefax vom 26.09.2008 erfolgte seitens des BF eine Stellungnahme zu o. a. Aufforderung. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.
III. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:
(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:
Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.
Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates sind von diesen mit der Maßgabe weiterzuführen, dass als belangte Behörde der Asylgerichtshof gilt.
Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. [.....]
(2) [.....]
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
[......]
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu Ende zu führen war.
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes in Verbindung mit der Beweisaufnahme des AslyGH ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559;
8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005;
21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde];
31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Sofern in der Beschwerde seitens der gesetzlichen Vertreterin das erstinstanzliche Verfahren moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dieser ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Von ihr wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der gesetzlichen Vertreterin ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
Zu den Beschwerdeangaben des Vaters, es sei ihm nicht möglich gewesen effektive Hilfe von der Polizei zu erhalten, weil ein ihm bekannter Polizist, nachdem er diesen angerufen habe, Angst gehabt hätte in diese Geschichte verstrickt zu werden und seine Arbeit verlieren würde und dies der Grund gewesen sei, weshalb er die Entführung seines Sohne nicht angezeigt habe, wird festgestellt, dass es nach Ansicht des AsylGH nicht plausibel und nachvollziehbar ist, im Falle der Entführung des eigenen Sohnes lediglich wegen der Aussagen eines bekannten Polizisten aufgrund eines Anrufes, auf eine Anzeigeerstattung zu verzichten und nicht offiziell die Sicherheitsbehörden einzuschalten, was ein weiteres Indiz für die bereits seitens des BAA getätigten Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit des Vorbringens seitens des Vaters darstellt.
Ebenso unplausibel stellen sich die Beschwerdeangaben des Vaters hinsichtlich seines alleinigen Aufenthaltes in seiner Wohnung dar. Einerseits wird ausgeführt, er habe Angst gehabt alleine in der Wohnung zu bleiben, es sei ihm jedoch wichtiger gewesen seine Frau und sein Kind in Sicherheit zu wissen, obwohl er ebenso wie seine Familie bei seinem Schwager hätte bleiben können. Daran vermag auch die Begründung, er habe in dieser Zeit oft den Bürgermeister besucht, da dieser krank war und er ihn als Freund nicht alleine habe lassen wollen, nichts zu ändern, sondern erscheint gerade diese Angabe als äußerst unglaubwürdig, berücksichtigt man die Tatsache, dass der Vater angeblich Angst um sein Leben gehabt habe. Weiters im Widerspruch dazu steht die Beschwerdeangabe, er sei mit dem Bürgermeister oft nach Jerewan und zu seiner Frau gefahren, wäre dies doch im Falle einer erheblichen Krankheit des Bürgermeisters nicht möglich gewesen. Auch die Beschwerdeangabe, er habe seine Frau und seinen Sohn in die Wohnung zurückgebracht, als der Präsident im Fernsehen verlautet habe, dass es keine Probleme mehr gebe, ist absolut nicht nachvollziehbar, kann sich doch eine solche Aussage in keinster Weise auf die konkreten persönlichen Probleme des Vaters beziehen.
Zu den Beschwerdeangaben die Videokassette betreffend wird festgestellt, dass der Vater in der Beschwerde erstmals angibt, die Kassette tatsächlich in den Händen gehabt zu haben und sie dem Bruder des Bürgermeisters übergeben zu haben. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 23.01.2008 (AS 159) gab dieser hingegen an, sie seien am 01.09 um 10.00 Uhr in der Nacht gekommen und hätten die Tür aufgebrochen. Sie hätten gesagt er habe nichts verstanden und würde die Kassette verstecken. Er habe jedoch nicht gewusst welche Kassette gemeint gewesen wäre. Der Bürgermeister hätte in den Medien erwähnt, dass es Kassetten gebe. Auf konkrete Nachfrage des Verhandlungsleiters, ob es tatsächlich so eine Kassette gebe, antwortete der Vater, er habe davon gehört. Auf der Kassette solle ein Gespräch aufgenommen worden sein, welches der Bürgermeister vor dem Attentat bei einem Treffen geführt habe. Auch die in der Beschwerde getätigte gänzliche Abweichung vom bisherigen Vorbringen kann nur zu Lasten des Vaters gewertet werden und bestätigt wiederum die Feststellung der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Vaters durch das BAA.
Auch deckt sich die Beschwerdeangabe, die Erpresser hätten seinen Sohn 12 Sunden lang entführt und bei ihm per Telefon angerufen, dass diese Entführung nur eine Warnung sei, beim nächsten Mal werde er mit seiner gesamten Familie umgebracht werden, nicht mit den Angaben bei den bisherigen Einvernahmen, wo dieser am 23.01.2008 anführte, dass sein Sohn mitgenommen worden sei, ihm ein befreundeter Polizist, welchen er angerufen habe, nicht habe helfen können und er dann zum Bürgermeister gegangen sei, dessen Leute den Sohn im Hof einer Mietwohnung gefunden hätten (AS 159).
Zur Angabe in der Beschwerdeergänzung, dass die belangte Behörde das Vorbringen vor allem hinsichtlich des Anschlages in G. nicht entsprechend ernst gewertete habe, da tatsächlich in zahlreichen Medien von diesem Anschlag die Rede gewesen sei, wird festgestellt, dass das BAA diese Ereignis aufgrund des breiten Niederschlages in den Medien als für armenische Staatsangehörige als notorisch und öffentlich bekannt wertete, weshalb diese Beschwerdeangabe ins Leere geht.
Zu der Beschwerdeangabe, der Vater gehöre zur sozialen Gruppe der nicht korrupten Beamten, wird festgestellt, dass der Ausdruck "soziale Gruppe", der als Auffangtatbestand in die Genfer Flüchtlingskonvention eingefügt wurde, in Lehre und Rechtsprechung durchaus unterschiedlich definiert wurde. In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde einerseits auf die Definition des UNHCR abgestellt, der zufolge eine soziale Gruppe in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialen Status umfasst (vgl. Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 219, aber auch den Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 04.03.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffes des "Flüchtlings" in Art. 1 des Genfer Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge), wobei aber - unter Hinweis auf das genannte Handbuch des UNHCR - darauf hingewiesen wird, dass hinter der angesprochenen Regelung die Erwägung stehe, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Anlass zu Verfolgung sein kann, wenn kein Vertrauen in die Loyalität der Gruppe der Regierung gegenüber bestehe oder wenn die politische Ausrichtung, das Vorleben oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder der Gruppe oder auch schon allein die Existenz der Gruppe an sich als Hindernisse für die Politik der Regierung angesehen werden (vgl. VwGH 18.12.1996, 96/20/0793).
Andererseits wies der Verwaltungsgerichtshof auf die Definition des kanadischen Obersten Gerichtshofes (Supreme Court) hin, nach der eine soziale Gruppe iSd GFK folgende drei Personenkreise umfasse:
Personen, die ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches Merkmal wie Geschlecht, sprachliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung aufweisen; Personen, die freiwillig aus Gründen verbunden sind, die für ihre Menschenwürde derart fundamental sind, dass sie nicht gezwungen werden sollten, diese Verbindung aufzugeben und schließlich Personen, die durch einen früheren freiwilligen Zustand verbunden sind, der aufgrund seiner historischen Dauer nicht geändert werden kann (vgl. die in Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 1996, p. 359 f., wiedergegebenen Fälle, insbesondere den Fall Canada v. Ward).
Auf diese Definitionen nimmt - zumindest zum Teil - auch Art. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 ("Statusrichtlinie") - auf den im Übrigen § 2 Abs. 1 Z 12 Asylgesetz 2005 verweist - Bezug, wenn er in seiner lit. d eine bestimmte soziale Gruppe folgendermaßen umschreibt:
"Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe wenn
-
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
-
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet. Als sexuelle Ausrichtung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten als strafbar gelten; geschlechterbezogene Aspekte können berücksichtigt werden, rechtfertigen aber für sich allein genommen noch nicht die Annahme, dass dieser Artikel anwendbar ist."
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von nicht korrupten Beamten in Armenien gibt, weshalb auch nicht von einer diesbezüglichen homogenen "Gruppe" von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, gesprochen werden kann; eine derartig extensive Interpretation würde die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK getroffene Beschränkung der für die Asylgewährung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen und würde dazu führen, dass sämtlichen nicht korrupten Beamten in Armenien Asyl zu gewähren wäre, was zweifelsfrei mit dem Charakter der sozialen Gruppe als Auffangtatbestand nicht vereinbar wäre und diesen in weiterer Folge ad absurdum führen würde (vgl dazu den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.01.2007, 307.280-C1/3E-XIX/62/07).
Hinsichtlich des Berichtes von W.A., dass physische Übergriffe gegen öffentliche Personen nicht nur im Jahr 2006, sondern auch im Jahr 2007 zugenommen haben und somit die Kriminalisierung der armenischen Gesellschaft gestärkt und gezeigt haben, dass die Gesetze nicht entsprechend etabliert sind um einen wirksamen Schutzmechanismus darzustellen, wird festgestellt, dass darin in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für den BF ergeben soll. Gleiches gilt für die Angaben in der Stellungnahme vom 26.09.2008 und den darin angeführten Länderfeststellungen, welche ebenfalls nur ganz allgemein gehalten sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der Konventionsbestimmung (gemeint: Art 1 Abschn A Z 2 GFK) geforderte Furcht ableitbar ist. Der Hinweis auf die allgemeine Lage genügt dazu nicht (vgl Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1989, Zl 89/01/0362, und vom 19. September 1990, Zl 90/01/0113). (VwGH 7. 11. 1990, 90/01/0171).
Zum Beweisantrag, einen länderkundlichen Sachverständigen beizuziehen um festzustellen, dass sich die menschenrechtliche Situation in Armenien stark verschlechtert hat, wird festgestellt, dass dieser Beweisantrag keine konkreten Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand hat und sich somit auf einen Erkundungsbeweis bezieht. Erkundungsbeweise dienen jedoch nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig. Daher ist die Behörde nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN) und diesem Beweisantrag im gegenständlichen Fall aus o. a. Erwägungen nicht gefolgt wird.
Zu den Diagnosen einer mittelgradig depressiven Episode und einer posttraumatischen Belastungsstörung seitens des BF wird festgestellt, dass der Berufungswerber dadurch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.
Der Berufungswerber leidet sohin unter keiner Erkrankung, welche ein Abschiebehindernis im Sinne von Artikel 3 EMRK darstellen würde.
Dass die im Verfahren angesprochenen Erkrankungen in Armenien behandelt werden, ergibt sich aus den Länderfeststellungen.
Dass die medizinischen Einrichtungen in Armenien gegeben sind ergibt sich somit aus den getroffenen Feststellungen.
Im Hinblick auf die Judikatur des VwGH vom 20.2.2001, Zl. 98/18/0291 Beweisanträge dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt wurden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist.
Insoweit war auch der Beweisantrag (Schreiben vom 10.10.2008), Beiziehung eines kinderpsychiatrischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass die posttraumatische Belastungsstörung im Falle der Rückkehr in das Heimatland des BF zu weiteren Schäden führen könnte, abzulehnen, kommt es doch auf diese Beweistatsache angesichts der oa. Ausführungen sowie der unten dargelegten Judikatur des EGMR nicht an.
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armenien nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte.
Hiezu ist zunächst klarzustellen, dass eine schwere Krankheit des Berufungswerbers im Verfahren keinesfalls hervorgekommen ist.
Diesbezüglich geht die relevante Judikatur des EGMR insgesamt von folgenden Grundsätzen aus:
Das einzige Urteil, in dem eine Abschiebung (nach St. Kitts) aus medizinischen Gründen für unzulässig erklärt wurde, ist D. v United Kingdom Urteil vom 2 Mai 1997, Reports 1997-III, § 49. In diesem Fall litt der Antragsteller an AIDS im Endstadium und war eine adäquate Behandlung nicht garantiert. An dieser hohen Anforderung werden vergleichbare Fälle mit regelmäßig negativem Ausgang gemessen.
Im psychiatrischen Bereich kann als Leitentscheidung weiterhin Bensaid v. the United Kingdom, no. 44599/98, § 38, ECHR 2001-I, angesehen werden, in dem die Abschiebung einer an Schizophrenie leidenden Person nach Algerien mehrheitlich für zulässig erklärt wurde.
Abschiebungen trotz Krankheitszuständen können sowohl in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK als auch jenen des Art. 8 EMRK (psychiatrische Integrität als Teil des Rechts auf Persönlichkeitsentfaltung) fallen. Nach EGMR (vgl auch VwGH 28.06.2005, Zl. 2005/01/0080) hat sich die Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung auf die allgemeine Situation im Zielland als auch auf die persönlichen Umstände des Antragstellers zu erstrecken.
Für die Prüfung der allgemeinen Situation wurden Berichte anerkannter Organisationen (zB der WHO), aus denen jedenfalls eine medizinische erreichbare Grundversorgung, wenn auch nicht kostenfrei, hervorgeht, als ausreichend angesehen.
Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend.
Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend; Selbstmordgefahr kann ausschlaggebend sein, wenn Person in psychiatrischer Spitalsbehandlung; vgl KALDIK v Deutschland, 22.09.2005, Rs 28526/05; Einzelfallprüfung erforderlich) ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. Auch Selbstmordabsichten hindern eine Abschiebung für sich genommen nicht. In der Beschwerdesache OVDIENKO v Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes ¿real risk'.
In AYEGH v Schweden vom 07.11.2006 betonte der EGMR auch den Umstand, dass ein schlechter Gesundheitszustand durch die unsichere Lage im Aufenthaltsstaat und die Angst vor Abschiebung in den Iran bedingt sei; die (damit in Zusammenhang stehende) erklärte Selbstmordabsicht hindert die Abschiebung nicht (anderes kann gelten, wenn der/die Betreffende bereits längerer Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung ist. Die zuständigen Behörden müssen sich vor dem unmittelbaren Vollzug noch einmal von der Überstellungsfähigkeit überzeugen und geeignete Maßnahmen treffen, um einen Suizid zu verhindern (siehe auch KARIM v Schweden).
In KARIM v Schweden, 04.07.2006, Rs 24171/05, erkannte der EGMR, dass in Bangladesch ausreichende Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Personen, respektive Opfer von Folter bestünden. Bei erheblichen finanziellen Kosten solcher Behandlungen kann es darauf ankommen, ob diesbezüglich Unterstützung durch den Familienverband möglich ist.
In der Beschwerdesache AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.
Schließlich sprach der EGMR in der Beschwerdesache NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Nr. 17868/03, aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers möglich ist; es sind auch familiäre Bezüge gegeben, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.
Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo, für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina und schwere psychische Krankheiten in Bangladesh) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.
Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl PARAMSOTHY v Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; Mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach 9jährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht den selben Standard haben sollten wie in den Niederlanden.)
In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI v Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt wurde, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.
Bei körperlichen Erkrankungen sind im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03 und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina - HUKIC v Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant (vgl auch OVDIENKO v Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04).
Im Lichte dieser Rechtsprechung des EGMR (siehe auch jüngst in einer teilweise vergleichbaren Konstellation wie im vorliegenden Fall EGMR GONCHAROVA/ALEKSEYTSEV v Schweden vom 03.05.2007, Rs 31246/&06) ist zusammenfassend festzuhalten, dass es nicht erforderlich ist, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten in Armneien denselben Standard haben müssen wie in Österreich.
Durch eine Abschiebung des BF wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was in Armenien jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung in Armenien den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.
Selbst wenn der BF aufgrund einer allfälligen Behandlung aufgrund der Ausgestaltung des Gesundheitswesens in Armenien mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen hätte - was im gegenständlichen Fall grundsätzlich nicht anzunehmen ist -, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK kein wesentlicher Aspekt erblickt werden.
Im gegenständlichen Fall mag es zwar sein, dass die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat hinter denen in Österreich zurückbleiben, aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist jedoch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen festzustellen, dass hierdurch im gegenständlichen Fall die vom EGMR verlangten außerordentlichen Umstände nicht gegeben sind (vgl. hierzu insbesondere auch weiters Urteil des EGMR vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599, Case of Bensaid v. The United Kingdom oder auch VwGH v. 7.10.2003, 2002/01/0379).
Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.
Aus dem Vorbringen der BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in deren Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.
Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde.
Dazu wird festgestellt, dass das Bundesasylamt richtigerweise davon ausgegangen ist, dass im gegenständlichen Fall durch die Ausweisungsentscheidung nicht von einem Eingriff in das Recht auf Familienleben auszugehen ist. Jedoch beabsichtigt der BF mit seiner Familie sein weiteres Leben in Österreich zu verbringen, weshalb ein Eingriff in das Recht auf Privatleben nicht gänzlich verneint werden kann und davon ausgegangen wird, dass die Ausweisung somit einen Eingriff in das Recht auf Privatleben darstellt, wobei jedoch der Eingriff in das Privatleben schon durch den relativ erst kurzen Aufenthalt und dem niedrigen Integrationsgrad, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.
Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesasylamt als auch beim AsylGH um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 8 Abs. 2 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist daher in weitere Folge zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens der BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein dort genanntes, in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv Art 8 (2) EMRK, verfolgt.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Dem Asylantragsteller buw. Dessen gesetzlicher Vertreterin musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein Vorübergehender ist.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip).
Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den BF grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der BF somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Es bleibt ihm aber trotz Ausweisung unbenommen -wie anderen Fremden auch- danach vom Ausland aus einen Aufenthaltstitel zu beantragen und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen so auf legale Art und Weise einzureisen bzw. hier zu leben.
Der Ausspruch einer Ausweisung bedeutet mit deren Durchsetzbarkeit für den Fremden die Verpflichtung Österreich unverzüglich zu verlassen. Nur im Falle der Verhängung einer Ausweisung kann die Sicherheitsbehörde diese, im Interesse eines geordneten Fremdenwesens notwendige, Ausreiseverpflichtung erforderlichenfalls -dh. mangels Freiwilligkeit des Fremden- auch durch eine behördliche Maßnahme durchsetzen.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Weiters wird angeführt, dass der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem jüngsten Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Forbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der BF getroffen, weil es BF 1 grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater von BF2 , einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall BF 1 trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiters wird hier auf das jüngste Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Es ist nicht erforderlich, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
In den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 entwickelten diese unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR folgende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog"):
Folgende Faktoren sind im Rahmen der Interessensabwägung zu berücksichtigen:
-
Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046),
-
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271)
-
und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00),
-
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
-
den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;
9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;
16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124),
-
die Bindungen zum Heimatstaat,
-
die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch
-
Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und
-
Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch
-
die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).
Legt man die vorangeführten Überlegungen auf den hier vorhandenen Fall um, so kann der BF aufgrund der bloßen Konfrontation der Behörden mit seinem Aufenthalt nicht mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels rechnen. Es könnte eine Ausweisung allenfalls insbesondere dann eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen, wenn der BF zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich vernünftiger Weise erwarten konnte, sein Privatleben in Österreich weiterzuführen. Konnte er zum Zeitpunkt der Einreise hiervon vernünftiger Weise nicht ausgehen, so erscheint der BF im Sinne des Art. 8 EMRK grundsätzlich nicht schützenswert.
Ebenso steht fest, dass die weitere verwandtschaftliche Bande sich in Armenien befindet und nichts darauf hindeutet, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort im hohen Maße mit Desintegration zu rechnen hätte. Ebenso steht es dem BF frei, sich in Armenien in die Zivilgesellschaft zu integrieren, sodass auch ein Vergleich der Verhältnisse in Österreich verglichen mit den Verhältnissen in Armenien im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK keine gewichtigen Argumente zu Gunsten der privaten Interessen des BF hervorbringt.
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten der (abgeleh