TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/03 B2 267612-2/2008

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Veröffentlicht am 03.11.2008
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Spruch

B2 267.612-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) iVm § 66 Abs. 4 AVG 1991 durch die Richterin Mag. Magele als Vorsitzende und den Richter Dr. Ruso als Beisitzer über die Beschwerde der S.M., geb. 00.00.1959, Staatsangehörigkeit: Republik Serbien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.08.2008, Zahl: 04 23.279/2-BAE, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde der S.M. vom 19.08.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.08.2008, Zahl: 04 23.279/2-BAE, wird gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 101/2003 abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz iVm § 50 FPG BGBl. I Nr. 100/2005, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der S.M. in die Republik Serbien zulässig ist.

 

Gemäß § 8 Abs 2 AsylG wird die S.M. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Serbien ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Gang des Verfahrens:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin, zum Zeitpunkt ihrer Einreise eine Staatsangehörige der Republik Serbien und Montenegro und Angehörige der Volksgruppe der Roma, reiste am 16.11.2004 gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihrem minderjährigen Sohn in das Bundesgebiet ein. Am 19.11.2004 brachte sie einen Antrag auf Asylgewährung ein, zu dem sie am 29.11.2004 im Rahmen ihrer Ersteinvernahme vor dem Bundesasylamt angab, sie habe ihr Heimatdorf, nahe Novi Sad, am 15.11.2004 schlepperunterstützt gemeinsam mit ihrer Familie verlassen und sei am 16.11.2004 illegal in das Bundesgebiet eingereist und in Wien angekommen.

 

Als Ausreisegrund gab sie an, als Roma in Serbien und Montenegro keine Rechte zu haben und aufgrund der Tatsache, dass Roma keine Arbeit bekommen, kaum überleben zu können. Ihr Mann habe seit dem Jahr 2000 bei jenem Mann gearbeitet, der ihnen die Ausreise ermöglicht hätte. Der konkrete Anlassfall für das Verlassen des Heimatlandes sei ein Vorfall im Oktober 2003 gewesen, als sie drei ihr unbekannte Männer vergewaltigen hätten wollen; den Angaben der Beschwerdeführerin zufolge hätten "ihr Mann und sie jedoch vor Gericht keine Chance gehabt". Als sie und ihr Gatte dann am 13.11.2004 beim Nachhausekommen entdeckt hätten, dass der Hund und ein paar Schweine umgebracht worden seien und auf die Hauswand geschrieben worden sei, dass "sie die Nächsten" wären, seien sie geflüchtet.

 

Zu ihrer Person gab die Beschwerdeführerin, die ihre Identität mit ihrem am 04.08.2004 ausgestellten jugoslawischen Personalausweis belegte, an, sie habe in D. gemeinsam mit ihrem Gatten und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn an der Adresse XX gelebt. Die achtjährige Grundschule habe sie in Novi Sad besucht. Im Jahre 1990 hätte die Familie bereits einmal in Österreich gelebt, wo auch ihr Sohn geboren worden sei, sie seien aber im selben Jahr wieder nach Jugoslawien zurückgekehrt. Ihr Vater sei bereits verstorben und den Aufenthaltsort ihrer Mutter kenne sie nicht. Innerhalb der EU habe sie keine Verwandten.

 

1.2. In der ergänzenden Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22.09.2005 legte die Beschwerdeführerin eine Kopie ihrer Geburtsurkunde und ihrer Heiratsbestätigung, sowie zwei Kuverts einer gerichtlichen Ladung, mit Poststempel vom 05.11.2004, adressiert an sie und ihren Gatten, vor, wobei die Adresse auf dem an sie versandten Kuvert XX und die Zustelladresse auf dem Kuvert ihres Gatten XY lautet. Weiters legte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den zwischenzeitlichen Tod ihres Gatten im April 2005 in Österreich eine ärztliche Bestätigung ihres Hausarztes vom 05.09.2005 vor, wonach sie und ihr Sohn aufgrund des tragischen Todes ihres Mannes mit seelischen Problemen zu kämpfen hätten und beide Patienten aufgrund chronischer Erkrankungen regelmäßig in dessen Behandlung stünden.

 

In der Einvernahme hielt die Beschwerdeführerin ihren am 29.11.2004 vorgebrachten Fluchtgrund aufrecht und führte diesen nach Aufforderung näher aus. Demzufolge sei sie im Oktober 2003 gegen

17.30 Uhr zehn Meter vor ihrem Haus auf der Straße plötzlich von drei Männern attackiert und als Zigeunerin beschimpft worden, die überdies gemeint hätten, sie wollten ihr es "auf serbisch zeigen", wobei sie ihr auch die Kleider vom Leib gerissen hätten. Sie habe zu schreien begonnen. Ihr Gatte habe dies gehört und sei ihr in Folge zu Hilfe gekommen. Im Zuge der dann folgenden Auseinandersetzung sei er von den Männern geschlagen worden und hätten diese ihn an beiden Beinen verletzt, wobei er am rechten Bein schwerwiegende Verletzungen erlitten habe. Danach seien die Männer weggelaufen; es sei alles sehr schnell gegangen und habe zirka 15 Minuten gedauert.

 

1.3. In einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 19.10.2005 bestätigte die Beschwerdeführerin eingangs die Richtigkeit ihrer am 29.11.2004 und am 22.09.2005 getätigten Angaben und führte auf Befragung hinsichtlich ihres Fluchtvorbringens ergänzend aus, sie habe ihr Heimatland auch deshalb verlassen, weil ihr Sohn in der Schule geschlagen und als Zigeuner beschimpft und malträtiert worden sei. Als sie Brot hätte kaufen wollen, wäre ihr außerdem gesagt worden, dass es für Zigeuner kein Brot gebe, woraufhin eine alte Frau auf ihre Bitte hin für sie Brot gekauft habe. Die Polizei habe gegen all dies nichts unternommen und man könne sich als Roma bei dieser gegen solche Angriffe auch nicht beschweren. Sie und ihr Mann hätten, als sie die Tötung ihrer Tiere entdeckt hätten, auch einen Zettel gefunden, auf welchem gestanden sei, dass sie die "Nächsten wären". Zwar hätten sie versucht, die beiden geschilderten Vorfälle vor ihrem Sohn zu verbergen, doch habe er diesen beobachtet und gesehen, wie die Männer seinen Vater zusammengeschlagen hätten. Außerdem bat die Beschwerdeführerin in Österreich bleiben zu können, damit ihr Sohn hier die Schule abschließen könne.

 

Auf Befragen gab sie zu den näheren Details der versuchten Vergewaltigung an, dass sie sich an das genaue Datum nicht mehr erinnern könne, diese dürfte aber zirka vier oder fünf Monate vor der Ausreise stattgefunden haben, wobei sie am 5. oder 6. Oktober 2004 ausgereist seien. Der Vorfall sei zirka zwanzig Meter von ihrem Haus entfernt geschehen. Als ihr Mann ihr zu Hilfe gekommen sei, sei sie im Zuge der dann folgenden Auseinandersetzung mit den Füßen getreten und seien ihr dabei zwei Rippen gebrochen worden. Ihr Mann sei ebenfalls geschlagen worden, wobei er wahrscheinlich an den Folgen der damals erlittenen Verletzungen gestorben sei. Ihr Dorf sei ziemlich groß mit zirka 1000 Häusern und umfasse die dortige "Roma-Gemeinde" etwa zehn Familien. Ihr Mann und sie hätten den Vorfall angezeigt und habe die Polizei gemeint, dass sie die Täter ausforschen werden. Sie hätten auch ein oder zwei Monate vor ihrer Ausreise einer gerichtlichen Ladung Folge geleistet, wo sie zu den Vorfällen einvernommen worden seien; die diesbezüglichen Ladungen selbst seien ihnen bei der Einvernahme abgenommen und nicht mehr ausgehändigt worden.

 

Auf Befragen gab die Beschwerdeführerin weiters an, dass sie nach diesem Vorfall in Serbien nicht ärztlich behandelt worden seien, sondern nur in Österreich. So sei sie im Wilhelminenspital vor drei Wochen geröntgt worden und hätten die Ärzte geglaubt, dass die dabei entdeckten Narben von einer TBC stammen würden. Derzeit sei sie geheilt und stehe "wegen ihrer Nerven" in Behandlung.

 

Bezüglich der Tötung ihrer Tiere ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sich dieser Vorfall am Vortag ihrer Ausreise zugetragen habe und sie daraufhin aus Furcht in einer Baracke geschlafen hätten. Ob ihr Mann diesen Vorfall angezeigt habe, wisse sie nicht, da er sie und ihren Sohn sofort weggebracht hätte.

 

Auf Vorhalt der unterschiedlichen zeitlichen Angaben hinsichtlich der behaupteten Vergewaltigung sowie ihrer Einreise nach Österreich meinte die Beschwerdeführerin, dass vielleicht ihr Sohn oder ihr Anwalt in Wien den genauen Zeitpunkt kennen würden. Ihr Mann hätte diesen Vorfall bei seiner Einvernahme ohnehin erwähnt, sie kenne sich mit den Daten nicht aus; jedenfalls wisse sie nicht, wann der Vorfall war. Nach Österreich seien sie deshalb erst im Jahr 2004 gekommen, weil sie zuvor auf Besserung gehofft hätten. Sie sei nie von der Polizei verfolgt worden und habe im Herkunftsstaat nur deshalb Probleme gehabt, weil sie Zigeunerin sei.

 

2. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 24.10.2005, Zahl: 04 23.279-BAE, den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Serbien und Montenegro gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II). Unter Spruchpunkt III wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien und Montenegro ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs mit 12.11.2005 in Rechtskraft.

 

Begründend wird dazu zusammenfassend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte und ihr im Übrigen aufgrund der unterschiedlichen Zeitangaben unglaubwürdiges Vorbringen bezüglich der Bedrohung im Heimatdorf lediglich eine Verfolgungshandlung durch private Dritte darstelle, die den getroffenen Feststellungen zufolge von den Behörden des Herkunftsstaates nicht gebilligt werde, und schon alleine deshalb das Vorbringen der Beschwerdeführerin keine Asylrelevanz habe. So hätte die Beschwerdeführerin selbst dann, wenn sie den dargestellten Rahmenbedingungen ausgesetzt gewesen wäre, Schutz bei den serbischen Sicherheitsbehörden finden können, zumal im Ermittlungsverfahren nicht hervorgetreten ist, dass im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin von einer Gruppenverfolgung der Roma ausgegangen werden kann bzw. der Staat Serbien und Montenegro in der Lage und willens ist, derartige Übergriffe hintanzuhalten bzw. seinen Bürgern, auch den Roma, davor Schutz zu bieten.

 

Die Behörde führte weiters aus, die Beschwerdeführerin würde im Fall ihrer Rückkehr keiner unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen werden. Insbesondere liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände iSd Art 3 EMRK vor, die einer Rückkehr entgegenstünden, zumal auch die Beschwerdeführerin selbst keine entsprechenden Abschiebehindernisse geltend machte.

 

Die Ausweisung sei zulässig, da kein Familienbezug zu einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person vorliege und das einzige in Österreich aufhältige Familienmitglied (ihr Sohn) so wie sie selbst nur über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Sinne des Asylgesetzes verfügen würden; auch werde in das Privatleben der Beschwerdeführerin durch eine Ausweisung nicht in unzulässiger Weise eingegriffen.

 

3. Am 30.11.2005 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.10.2005 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie das Rechtsmittel der Berufung. Dabei hielt sie ihren im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Verfolgungsgrund im Wesentlichen aufrecht und verwies noch einmal darauf, dass Roma in Serbien und Montenegro "keine Rechte" hätten und diskriminiert werden würden. Auch sei die von ihr betriebene Landwirtschaft von den Serben zerstört worden, weshalb es ihr an einer Existenzgrundlage mangle. Sie stamme aus dem Dorf D., aus dem auch die anderen Roma-Familien vertrieben worden seien. Ihr Gatte sei zwischenzeitlich verstorben und ihr Sohn sei im Heimatdorf regelmäßig geschlagen worden; sie selbst leide an TBC und psychischen Störungen.

 

Auch sei die rechtliche Beurteilung insofern falsch, als die Begründung der belangten Behörde, der Asylantrag finde keine Deckung in den Fluchtgründen der GFK und habe sie keine gegen ihre Person gerichtete staatliche oder quasi staatliche Verfolgung geltend gemacht, nicht zutreffe. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Verfolgungshandlungen und Diskriminierungen seien sehr konkret und gegen sie selbst gerichtet und seien die Diskriminierungen, Misshandlungen sowie auch die Vergewaltigung Fluchtgründe iSd GFK.

 

Der Wiedereinsetzungsantrag wurde damit begründet, dass die Berufung zwar fristgerecht am 07.11.2005 von einer Mitarbeiterin des Vertreters der Beschwerdeführerin verfasst und zur Post gegeben worden sei, jedoch diese aufgrund eines Versehens an eine falsche Faxnummer gesendet worden sei; diese Mitarbeiterin verfasse jedoch täglich zirka 10-20 Berufungen und gebe diese zur Post oder faxe diese, weshalb in der Tatsache, dass ausgerechnet die Berufung der Beschwerdeführerin nicht fristgerecht bei der zuständigen Behörde eingelangt sei, ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle, an dem die Beschwerdeführerin kein Verschulden treffe.

 

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.01.2006, Zl. 04 23.279/1-BAE, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG stattgegeben.

 

5. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.01.2008, Zl. 267.612/0/3E-XIV/16/06, wurde der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.10.2005 ersatzlos behoben und gem. § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. In seiner Begründung führte der Unabhängige Bundesasylsenat zusammenfassend aus, dass insbesondere hinsichtlich der Situation der Roma in Serbien laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aktuelle Lageberichte als Grundlage der Entscheidung über eine Asylgewährung heranzuziehen seien, wobei im Falle der Beschwerdeführerin diese jedoch durchwegs aus dem Jahr 2002 und der ersten Hälfte des Jahres 2004 stammen würden.

 

Weiters habe es die belangte Behörde unterlassen, das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Erkrankung an TBC sowie ihrer psychischen Probleme hinreichend zu würdigen und die Möglichkeit der Behandlung im Herkunftsstaat zu prüfen.

 

Nach dem Tod des Mannes der Berufungswerberin wären auch die Möglichkeiten der Existenzsicherung der Beschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter eines minderjährigen Kindes zu klären gewesen.

 

Schließlich habe es die belangte Behörde gänzlich unterlassen, sich mit den von der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22.09.2005 dem Bundesasylamt vorgelegten serbischen gerichtlichen Ladungen auseinanderzusetzen.

 

6. Am 18.02.2008 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt ergänzend befragt. Demzufolge sei sie nunmehr bei Dr. med. univ. M.S. in Behandlung und sei ihr zur Behandlung ihrer Nerven ein Medikament gegen Schlafstörungen und Vergesslichkeit sowie von ihrem Lungenfacharzt eines wegen ihrer früheren TBC-Erkrankung verordnet worden; sie müsse auch zirka alle drei Monate zu Letzterem zur Kontrolle; eine Psychotherapie mache sie nicht.

 

In Serbien habe die Beschwerdeführerin zwar eine Schwester und eine Tante, die in der Nähe von Novi Sad in Z. bzw. in S. leben würden, sie habe mit diesen jedoch derzeit keinen Kontakt. Vor ihrer Ausreise habe ihr Mann gearbeitet und sie sei Hausfrau gewesen. Ihren Informationen zufolge würden in ihrem früheren Haus nun möglicherweise Flüchtlinge wohnen; sie wisse das deshalb, weil sie ihre alte Telefonnummer (003821839129) angerufen und sich dort jemand gemeldet hätte. D. sei ein kleines Dorf in der Nähe von Novi Sad und seien auch die zuvor genannten Orte in dieser Umgebung. In Österreich besuche sie keine Kurse und betätige sich auch nicht bei Vereinen oder anderen Organisationen.

 

Hinsichtlich der Ladung des Gerichtes in Z. gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr Ehegatte und sie mit der Ladung zum Gericht gegangen seien, diese ihnen dort abgenommen und ihnen mitgeteilt worden sei, dass sie neuerlich eine Ladung erhalten würden. Sie hätten aber keine Ladung mehr bekommen. Warum ihr Mann und sie selbst die Ladung an unterschiedliche Adressen zugestellt bekommen hätten, könne sie sich nicht erklären, zumal ihr die Adresse der Ladung ihres Mannes nichts sage.

 

7. Am 21.02.2008 stellte das Bundesasylamt eine Anfrage an die Österreichische Botschaft in Belgrad.

 

8. Am 26.05.2008 langte beim Bundesasylamt eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation samt Ergebnis der Recherchen der Österreichischen Botschaft Belgrad sowie samt aktuellen Berichten zur Lage der Minderheiten im Allgemeinen und der Roma im Besonderen in Serbien sowie der wirtschaftlichen und medizinischen Versorgung ein (vgl. AS 313 bis 419). Aus den aktuellen Länderberichten geht unzweifelhaft hervor, dass sich die Situation einer alleinerziehenden Mutter eines minderjährigen Kindes aus der Volksgruppe der Roma in Serbien zusammengefasst sicherlich nicht von jener anderer Angehöriger dieser Volksgruppe unterscheidet. Für die Roma sei in der Regierungsagentur für Menschen- und Minderheitenrechte ein eigenes Sekretariat eingerichtet worden und würden sich die im Rahmen der "2005-2015 Roma Initiative" aufgestellten Aktionspläne zur Verbesserung der allgemeinen Situation dieser Volksgruppe in allen gesellschaftlichen Bereichen im beginnenden Stadium der Umsetzung befinden. In vier Ministerien seien eigene Arbeitsgruppen eingerichtet worden, die sich mit den spezifischen Problemen der Roma befassen würden. Trotzdem sehen sich die Roma weiterhin schwierigen Lebensbedingungen und verschiedenen Formen von Diskriminierung und sogar physischer Angriffe gegenüber. Ein Problem stelle der Umstand dar, dass eine hohe Anzahl an Roma über keine persönlichen Dokumente verfügen und ihnen daher der Zugang zum Sozialversicherungssystem sowie zu Bildung, Beschäftigung und anderen Dienstleistungen verwehrt bleibe. Roma, die mit einem ständigen Wohnsitz registriert seien, hätten grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Sozialleistungen.

 

Der Zugang zu Wohnraum sei für Roma v.a. in Städten schwierig, da Sozialwohnungen überfüllt seien und dem Staat für neue Wohnungen die Mittel fehlen. In ländlichen Gegenden würden vergleichsweise viele Roma immer schon in festen Gebäuden leben, die aber ebenfalls oft ohne Genehmigung errichtet worden seien; die Behörden würden gegen diese illegalen Siedlungen jedoch in der Regel nicht einschreiten.

 

Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt sei für Roma grundsätzlich schwierig, dies nicht nur wegen der weit verbreiteten Vorurteile, sondern vor allem wegen des niedrigen Bildungs- und Qualifikationsniveaus. Roma würden deshalb vorwiegend als ungelernte Arbeiter ihr Geld verdienen.

 

Für die medizinische Versorgung gebe es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung die gesetzliche Pflichtversicherung, die für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Familienangehörigen gelte. Eine Registrierung sei für die Inanspruchnahme derselben notwendig. Eine ärztliche Notfallversorgung sei jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung würden in Serbien u.a. Personen über 65 Jahre, gemeldete Arbeitslose, die Arbeitslosenhilfe beziehen, und deren Familienmitglieder behandelt werden. Kostenfrei behandelt würden weiters, unabhängig vom Status des Patienten, u.a. Psychosen sowie progressive Nerven- und Muskelerkrankungen. Schließlich erscheint diesen Länderberichten zufolge auch die medikamentöse Versorgung sowohl von TBC als auch von Nervenerkrankungen gewährleistet und seien solche verschreibepflichtigen Medikamente für serbische Verhältnisse auch generell günstig.

 

Hinsichltich der persönlichen Existenzgrundlage der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ergebe sich aus den vorgelegten Botschaftsantworten, dass zumindest zum Erhebungszeitpunkt ein gewisser Herr Z.L. sowie die Beschwerdeführerin und ihr Sohn an der von ihr angegeben Adresse in deren Heimatdorf gemeldet sei. Der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Beschwerdeführerin sei weiterhin an der Adresse XY aufrecht gemeldet, wobei auch die Beschwerdeführerin früher an dieser Adresse gemeldet gewesen sei.

 

Weiters konnte die Österreichische Botschaft in Belgrad nicht überprüfen, ob die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann tatsächlich Opfer des von ihr behaupteten Übergriffs durch drei unbekannte Männer gewesen seien. Allerdings könne anhand der Geschäftszahl der von ihr vorgelegten gerichtlichen Ladung mit Sicherheit gesagt werden, dass es sich hierbei nicht um ein Straf-, sondern vielmehr um ein Außerstreitverfahren handele.

 

Im Falle einer Rückkehr würde sich die Lage der Beschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter eines minderjährigen Kindes sicherlich nicht wesentlich von jener anderer Angehöriger der Volksgruppe der Roma unterscheiden. Da sie zudem im Besitz eines Personalausweises sei und damit bei den Behörden registriert sein müsse, habe diese im Falle der Mittellosigkeit Anspruch auf Sozialhilfe und könnte diese auch beantragen.

 

9. In der niederschriftlichen Einvernahme am 05.08.2008 durch das Bundesasylamt wurden der Beschwerdeführerin die oben dargelegten Ergebnisse der Botschaftsanfrage vom 21.02.2008 bzw. die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Kenntnis gebracht und konnte sie dazu Stellung nehmen. Diesbezüglich meinte die Beschwerdeführerin, dass die Informationen zwar stimmen mögen, jedoch Roma sich anstellen müssten, wenn sie Brot kaufen wollten und sich wieder hinten einreihen müssten, wenn ein Serbe komme. Auch würden Zigeuner nicht einmal Kopfschmerzmittel bekommen.

 

Zu der der Beschwerdeführerin vorgehaltenen allgemeinen Situation der Minderheiten und speziell der Roma, der medizinischen und wirtschaftlichen Grundversorgung sowie der Rückkehrfragen, konnte sie nichts angeben.

 

Zu ihrer am 18.02.2008 vor dem Bundesasylamt getätigten Aussage, wonach ihr die Adresse auf der gerichtlichen Ladung ihres Mannes (XY) nichts sage, führte sie ergänzend aus, dass dies ihre vorige Wohnadresse gewesen sei und sich ihr Mann im Gegensatz zu ihr und ihrem Sohn offensichtlich nicht an die Adresse XX umgemeldet hätte. Sie habe dies am 18.02.2008 nicht angegeben, weil sie heute nicht mehr wisse, ob die Straße, wo ihre Wohnung gewesen sei, noch (immer) XY Straße heiße.

 

Hinsichtlich des Widerspruches ihrer Aussagen zum Grund der gerichtlichen Ladung mit den Erhebungen der Österreichischen Botschaft, wonach es sich bei dem Verfahren sicher um kein Straf-, sondern um ein Außerstreitverfahren handle, meinte sie, "die Polizei reagiert gar nicht bei uns bei etwaigen Vorfällen. Für mich ist die Polizei und auch das Gericht dasselbe."

 

10. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 13.08.2008, Zahl: 04 23.279/2-BAE, den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Asylgesetz neuerlich abgewiesen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Serbien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II). Unter Spruchpunkt III wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen.

 

Das Bundesasylamt wiederholte dabei im Wesentlichen seine im Erstbescheid ausgeführte Begründung und rechtliche Beurteilung, wobei es dafür die aktuellen Feststellungen der Staatendokumentation vom 26.05.2008 zu Serbien sowie die Ergebnisse der Botschaftsanfrage heranzog.

 

Das Bundesasylamt wertete die im Ermittlungsverfahren des fortgesetzten Verfahren resultierenden widersprüchlichen Aussagen der Beschwerdeführerin bzgl. der unterschiedlichen Adressen auf den gerichtlichen Ladungen sowie die Begründung für diese als zusätzliches Indiz für die Unglaubwürdigkeit ihrer Verfolgungsbehauptung.

 

Hervorgehoben wird insbesondere, dass vom serbischen Staat Verfolgungen gegen Roma von privater Seite laut den neuen Länderformationen nicht (mehr) billigend geduldet werden würden und auch die Beschwerdeführerin solche nicht glaubhaft darlegen habe können. Außerdem gelte ein Nachteil nicht als Verfolgung, der sich aus der allgemeinen Situation bzw. Lage ergebe und von dem jeder in Serbien lebende Roma jederzeit betroffen sein könne.

 

Auch habe das fortgesetzte Ermittlungsverfahren, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung der medizinischen und wirtschaftlichen Grundversorgung der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Umstände iSd § 50 FPG (vormals § 57 FrG) hervorgebracht, die einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entgegenstehen würden, und stelle weiters eine Ausweisung der Beschwerdeführerin keinen unzulässigen Eingriff iSd Art 8 EMRK dar.

 

11. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

So habe es die belangte Behörde zunächst unterlassen, "in geeigneter Weise auf die Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen".

 

Die von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen bezeichnete die Beschwerdeführerin sinngemäß als offensichtlichen Zweckoptimismus, eine Art von sich selbsterfüllender Prophezeiung, die im Bereich der Religion ihre Berechtigung hätte, nicht jedoch im Bereich nüchterner Länderanalyse, die eher die pure Wirklichkeit darstellen müsste. Weiters wird vorgebracht, dass in Serbien auch heute noch die allgemeine Situation für Roma von unterschiedlichsten Diskriminierungen, permanenten Erniedrigungen sowie fehlender Chancengleichheit gekennzeichnet sei. Die Beschwerdeführerin führte dazu mehrere allgemeine, alle Roma betreffende und teilweise notorisch bekannte Beispiele solcher Diskriminierungen an. Zu ihrer eigenen Person und jener ihres Sohnes machte die Beschwerdeführerin keine ergänzenden Angaben, die geeignet gewesen wären, die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Verfolgungsbehauptungen näher zu substantiieren. Vielmehr schilderte sie die sich aufgrund der oben erwähnten Probleme der Volksgruppe der Roma in Serbien ergebende schwierige Lebenssituation derselben und gab zusammenfassend an, dass ihr in Serbien jegliche Zukunftsperspektive fehle und die Behandlung der Roma einem ständigen Auf und Ab unterlegen sei und ihnen oftmals seitens der serbischen Behörden Versprechungen über eine Verbesserung ihrer Situation gemacht worden seien, die sie dann aber nicht eingehalten hätten; aus diesem Grunde bezweifle die Beschwerdeführerin auch die Ausführungen über zukünftige Förderung der Minderheiten im Länderbericht.

 

Zu der von der belangten Behörde angenommenen Unglaubwürdigkeit hinsichtlich ihres Fluchtvorbringens äußerte sich die Beschwerdeführerin insofern, als sie ihrer Meinung nach alles getan habe, um ihre Erlebnisse glaubhaft darzustellen und vorhandene Widersprüche aufzuklären. In diesem Lichte erscheine ihr der von der belangten Behörde, ihrer Meinung nach, angewandte strenge Beurteilungsmaßstab im subjektiven Empfinden durchaus als Voreingenommenheit.

 

Schließlich vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass ihr aufgrund der von ihr geschilderten Verfolgung die Flüchtlingseigenschaft zustehe, da ihre Flucht aus Furcht vor politischer und ethnischer Verfolgung erfolgte, wobei ihr bei der Beurteilung der belangten Behörde die unerlässliche Gesamtbetrachtung ihrer Asylgründe unter Einbeziehung vor allem subjektiver und objektiver Elemente fehlte.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den amtswegigen Ermittlungen gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsbürger der Republik Serbien (vormals Serbien und Montenegro). Ihre Staatsangehörigkeit und Identität stehen fest. Sie wurde am 00.00.1959 in Novi Sad geboren und besuchte in den Jahren 1966 bis 1974 die die Grundschule in Novi Sad. Sie war im Jahre 1990 in Wien gemeinsam mit ihrem Mann aufhältig, wo auch ihr Sohn zur Welt kam, und kehrte noch im selben Jahr nach Jugoslawien zurück. Bis zur erneuten Ausreise nach Österreich lebte die Familie der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haus in D. und hatte mehrere Tiere, die sie wirtschaftlich nutzten. Der in Österreich im April 2005 verstorbene Mann der Beschwerdeführerin arbeitete zusätzlich noch als Landarbeiter, die Beschwerdeführerin selbst war Hausfrau. Im Februar 2008 war neben der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn noch ein Mann namens Z.L. an ihrer Wohnadresse im Herkunftsstaat gemeldet. Im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin leben zum Entscheidungszeitpunkt in der Nähe von Novi Sad noch eine Schwester in Z. und eine Tante in S., zu denen sie derzeit keinen Kontakt hat.

 

In Österreich lebt die Beschwerdeführerin von der Sozialhilfe und arbeitet gelegentlich. Sie hat weder Kurse besucht, noch ist sie in irgendwelchen Vereinen oder sonstigen Organisationen tätig. Zurzeit steht sie in ärztlicher Behandlung und bekommt das Medikament Sertralin Stada 50mg hinsichtlich ihrer psychischen Erkrankung und Tarivid 400mg wegen ihrer früheren TBC-Erkrankung und muss quartalsweise zur Kontrolle zum Lungenfacharzt; die Beschwerdeführerin unterzieht sich keiner Psychotherapie. Die Beschwerdeführerin war niemals politisch tätig und hatte bis zu ihrer Ausreise eigenen Angaben zufolge nie Probleme mit den serbischen Sicherheitsbehörden.

 

Die von der Beschwerdeführerin im Verfahren behauptete Bedrohung durch drei ihr unbekannte Männer in ihrer Herkunftsregion sowie die von ihr behaupteten Drohungen mit dem Umbringen gegen ihre Familie durch nicht näher genannte Unbekannte mittels schriftlicher Nachricht sowie das Töten ihrer Nutztiere ist der Entscheidung nicht zugrunde zulegen; das entsprechende Vorbringen im Verfahren hat nicht den Tatsachen entsprochen.

 

Es wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien einer Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 oder 2 FPG ausgesetzt wäre. Ebenso ergeben sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte, die eine Ausweisung im Lichte des Art 8 EMRK als unzulässig erscheinen lassen.

 

1.2. Zur allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Situation in Serbien und zur spezifischen Situation von Angehörigen der Volksgruppe der Roma im Heimatgebiet der Beschwerdeführerin wird auf die umfassenden und im fortgesetzten Ermittlungsverfahren mit aktuellen, aus dem Jahre 2008 stammenden Berichten ergänzten Länderfeststellungen des Bundesasylamtes verwiesen und werden diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben (vgl. S 14 bis 21 des angefochtenen Bescheides).

 

Ergänzend wird festgestellt:

 

Aktuelle Situation der Roma in Serbien:

 

Bei dem im Frühjahr 2002 durchgeführten Zensus haben sich in Serbien gut 100.000 Personen als Angehörige der Roma-Minderheit erklärt. Die tatsächliche Zahl kann nur grob geschätzt werden und dürfte über 500.000 liegen (Schätzungen von Roma-Verbänden und internationalen NROen, denen von offizieller Seite nicht widersprochen wird).

 

Roma sind nicht systematischen staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Die Regierung bemühte sich, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Allerdings mangelt es insbesondere im Hinblick auf diese Gruppe noch an der praktischen Implementierung der neuen Regelungen zum Minderheitenschutz. Laut Berichten von NROen und Zeitungen sollen Roma weiterhin von den (nicht seltenen) Übergriffen auf Personen im Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein.

 

Nach langen und heftigen internen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Roma- Gruppen konnte im Frühjahr 2003 der im Minderheitengesetz vorgesehene Nationalrat der Roma gewählt werden. Die Repräsentativität des Rates ist unter den Roma jedoch umstritten, da zahlreiche der untereinander verfeindeten Gruppen nicht an seiner Etablierung teilgenommen hatten.

 

Roma haben, sofern sie mit einem ständigen Wohnsitz registriert sind, grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen. Allerdings stellt die Registrierung in der Praxis ein ernsthaftes Hindernis bei dem Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtungen und Wohnraum dar: Eine Registrierung setzt voraus, dass die Antragsteller eine Reihe von Identitätsunterlagen (z.B. Geburtsurkunden) vorlegen können. Dies stellt im Falle der in (Inner-)Serbien geborenen und dort weiter ansässigen Roma üblicherweise kein Problem dar. Hingegen müssen Roma aus anderen Regionen zwischen 13 und 16 verschiedene Dokumenten als Voraussetzung für eine Registrierung vorlegen. Viele der aus anderen Teilen Ex-Jugoslawiens zugewanderten sowie der aus dem Kosovo geflüchteten Roma (Internally Displaced Persons, IDP) verfügen nicht über die notwendigen Dokumente und konnten deshalb bisher auch nicht registriert werden. Das Problem der Registrierung zeigt sich vor allem in Belgrad als wichtiger Anlaufstelle von binnen vertriebenen Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien.

 

Der Zugang zu Wohnraum ist für Roma v.a. in den Städten schwierig. Sozialwohnungen sind überfüllt, für neue Wohnungen fehlen dem Staat die Mittel. Roma wohnen daher häufig in illegal errichteten Ziegelhäuser-, Blech- und Pappkartonsiedlungen am Stadtrand. In ländlichen Gegenden leben vergleichsweise viele Roma immer schon in festen Gebäuden (auch Sozialwohnungen), die aber ebenfalls oft ohne Genehmigung errichtet worden sind. Die Behörden schreiten gegen diese illegalen Siedlungen i.d.R. nicht ein. Einzelfälle von Räumungen kommen allerdings vor, insbesondere wenn sich die Siedlungen auf Privatgelände befinden.

 

Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Roma grundsätzlich schwierig. Ursächlich hierfür sind nicht nur die weit verbreiteten gesellschaftlichen Vorurteile, sondern vor allem das niedrige Bildungs- und Qualifikationsniveau. Roma arbeiten vorwiegend als ungelernte Arbeiter in Fabriken, als Wertstoffsammler (Glas, Altpapier), Straßenreiniger oder üben ähnliche gering qualifizierte Arbeiten aus.

 

(Quelle: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien, Stand März 2007)

 

Eine in englischer Sprache im Internet veröffentlichte Meldung des serbischen überregionalen TV- und Radiosenders B 92 vom 02.08.2008 zur Asylbeantragung von 60 ethnischen Roma in Rumänien ist beigefügt. In serbischer Sprache berichtete "B 92" im Zeitraum Juli/August 2008 weiter, insgesamt hätten über 100 aus der Wojwodina stammende ethnische Roma auf diese Weise Asyl beantragt und dabei z. T. angegeben, in Serbien staatlich verursachter/ geduldeter Diskriminierung und in Einzelfällen körperlicher Gewaltanwendung durch Amtsträger ausgesetzt zu sein. "B 92" zitierte den Präsidenten der Romapartei, Srjdjan Sajn, er glaube nicht, dass die Behauptungen einiger Asylantragsteller, die serbische Polizei oder andere Serben hätten sie geschlagen, zuträfen. Einem Sprecher der Grenzpolizei in Temesvar zufolge seien Asylanträge serbischer Staatsangehöriger in Rumänien ein neues Phänomen. Die serbische Tageszeitung Danas berichtete in diesem Zusammenhang, anlässlich einer Pressekonferenz am 05.08.2007 habe Emil Stan, einer der nach Rumänien geflüchteten ethnischen Roma aus dem Ort Srpski Itebej (ca. 60 km von Novi Milosevo und in unmittelbarer Nähe zur rumänischen Grenze gelegen), erklärt, er habe in Serbien keine Mittel zum Leben; in Deutschland, wo er von 1991 bis 2005 gewohnt habe, habe er von Sozialhilfe gelebt. Obwohl ihm in Rumänien, wo er ein "besseres Leben" beginnen wollte, kein Asyl gewährt worden sei, plane er, nach Berlin zurückzukehren, weil er es dort besser habe.

 

(Quelle: Auszug aus der Anfragebeantwortung des Auswärtigen Amtes an das an das

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 09.05.2008)

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergibt sich aufgrund des in Vorlage gebrachten unbedenklichen jugoslawischen Personalausweises, ihre Identität konnte die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer übereinstimmenden Angaben im Verfahren sowie den damit in Einklang stehenden vorgelegten Dokumenten und ihren Sprach- und Ortskenntnissen unzweifelhaft dartun. Die Feststellungen zu ihrem Aufenthaltsort vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat, ihre familiären Verhältnisse in der Heimatregion sowie die persönliche Lebenssituation der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin, die mit jenen ihres Mannes und Sohnes im Laufe deren Asylverfahren übereinstimmen, sowie aus den vorgelegten Dokumenten.

 

2.2. Die Feststellungen zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation sowie zur spezifischen Situation der Roma in Serbien stützen sich im Wesentlichen auf jene Quellen, die der Beschwerdeführerin bereits seitens des Bundesasylamtes im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 12.08.2008 vorgehalten wurden, die auch im angefochtenen Bescheid enthalten sind und denen die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren (insbesondere auch in der Beschwerde) nicht in jener ausreichend konkretisierenden Weise entgegengetreten ist, die eine Änderung dieser Beurteilung aus objektiv nachvollziehbaren Gründen als gerechtfertigt erscheinen lassen.

 

Dies auch deshalb, da sie ein mit den bereits im Erstbescheid des Bundesasylamtes sowie den eigenen vom Asylgerichtshof getroffenen Feststellungen zur (zweifelsohne schwierigen) allgemeinen Lage der Volksgruppe der Roma übereinstimmendes Bild der Lage in Serbien für den Zeitraum zwischen 2002 und 2008 zeichnen und insbesondere eine systematische asylrelevante Verfolgung der Roma durch die serbischen Behörden bzw. eine Duldung einer solchen von privater Seite eindeutig widerlegen und sich aus diesen auch hinreichende Anhaltspunkte für die Gewährung eines wirksamen Schutzes der serbischen Behörden für die Roma ableiten lassen. Ebenso erweist sich, dass aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine Bedrohung von vitalen Interessen der Beschwerdeführerin gegeben ist.

 

2.3. Die Beschwerdeführerin hat die vorgebrachten Bedrohungen im Herkunftsstaat, insbesondere auch die behauptete Vergewaltigung nicht glaubhaft gemacht; diesbezüglich wird auf die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides verwiesen und diese zum Inhalt des vorliegenden Erkenntnisses erhoben.

 

Insbesondere ist dabei hervorzuheben, dass der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes insofern zu folgen ist, als die Beschwerdeführerin hinsichtlich des genauen Zeitpunktes der behaupteten Vergewaltigung in den jeweiligen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt deutlich abweichende Angaben machte. So hätte die behauptete Vergewaltigung der Beschwerdeführerin laut ihren Aussagen vor dem Bundesasylamt am 29.11.2004 und 22.09.2005 im Oktober des Jahres 2003 stattgefunden. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 19.10.2005 führte sie wiederum an, dass sich dieser Vorfall vier bis fünf Monate vor ihre Ausreise, also in den Sommermonaten 2004 ereignet hätte. Der Versuch, diese Abweichungen mittels einer oberflächigen Begründung (sie kenne sich mit Daten nicht aus und im Übrigen habe den genauen Zeitpunkt schon ihr Mann angegeben) war nicht überzeugend. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin angab, dass der Vorfall erst drei bis vier Wochen vor der Ausreise gewesen wäre.

 

Die Unglaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin zeigt sich weiters darin, dass der im Akt der Beschwerdeführerin befindlichen Niederschrift der Einvernahme des Mannes durch das Bundesasylamt am 29.11.2004 zu entnehmen ist, dass dieser während der angeblich versuchten Vergewaltigung Schreie seiner Frau aus dem gemeinsamen Haus gehört habe. Er hat nicht erwähnt, dass der gemeinsame Sohn dies mit ansehen musste und sich dann hinter dem Sofa versteckt hätte. Laut Aussagen der Beschwerdeführerin wäre dieser Angriff auf sie jedoch etwa zehn (in der Einvernahme am 29.11.2004) bzw. 20 Meter (in der Einvernahme am 19.10.2005) vor dem Haus geschehen, und habe sich ihr Sohn im Haus hinter dem Sofa versteckt, weil er diesen Angriff auf seine Mutter nicht länger hätte sehen können.

 

Die Darstellung der Ehegatten weicht aber auch im Punkt der medizinischen Versorgung und der Verletzungen der beiden in entscheidungsrelevanter Weise ab: So führte die Beschwerdeführerin an, dass ihr Gatte schlimme Verletzungen an beiden Beinen gehabt habe und bei ihr zwei Rippen gebrochen wären, wobei sie sich nicht im Spital behandeln hätte lassen. Der Gatte hingegen führte an, er wäre beim Versuch, seiner Gattin zu helfen, verletzt worden, wobei er die angeblichen Rippenbrüche seiner Gattin überhaupt nicht erwähnte, und zusätzlich ausführte, dass sie von den Ärzten keine Bestätigung über die Verletzungen erhalten hätten, da sie Roma seien. Dies spricht jedoch dafür, dass sie offensichtlich doch in ärztlicher Behandlung gewesen sind.

 

In diesem Zusammenhang ist es auch nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin ihre bei der angeblichen versuchten Vergewaltigung erlittenen Rippenbrüche erst in der dritten Einvernahme vor dem Bundesasylamt zum ersten Mal erwähnte bzw. warum der Gatte seine von der Beschwerdeführerin erwähnten erheblichen Verletzungen in seiner Einvernahme überhaupt nicht vorbrachte.

 

In einer Gesamtbetrachtung der Aussagen aller beteiligten Familienangehörigen kann nicht zuletzt aufgrund dieser fundamentalen und nicht schlüssig aufgeklärten Unterschiede und Widersprüche im Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten nur geschlossen werden, dass die Familie diesen Vorfall tatsächlich nicht erlebt hat.

 

Zur Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens ist auch zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin auf Vorhalt der unterschiedlichen Adressen auf den gerichtlichen Ladungen in der Einvernahme am 18.02.2008 gemeint hat, dass ihr diese Adresse (XY) nichts sage. Erst auf Vorhalt der diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse durch die Österreichische Botschaft Belgrad, wonach ihr Mann an dieser Adresse gemeldet sei, gab sie am 05.08.2008 nunmehr an, dass dies der frühere gemeinsame Wohnsitz der Familie gewesen sei. Die diesbezügliche Aussage der Beschwerdeführerin, sie wisse heute nicht mehr, ob die Straße, in der sie früher gewohnt hätten, auch heute noch XY hieße, da sich nämlich die Straßennamen ändern würden, war als Erklärung nicht nachvollziehbar und so erweckte die Beschwerdeführerin eher den Eindruck, sie versuche Tatsachen, die in ihrer Einschätzung nachteilige Auswirkungen auf ihr Vorbringen haben, unerwähnt zu lassen. Vielmehr wäre nämlich zu erwarten gewesen, dass die Beschwerdeführerin diese Aussagen bereits am 18.02.2008 getätigt hätte und nicht erst zu einem Zeitpunkt, als die Adresse eindeutig mittels objektiver Beweise mit ihrer Familie in Zusammenhang gebracht wurde.

 

Denselben Eindruck erweckte sie hinsichtlich ihrer Angaben zu dem in ihrem Haus lebenden Mann Z.L.. Im Gegensatz zu ihrem minderjährigen Sohn, der von sich aus sofort angab, dass der Vater der Beschwerdeführerin L. heiße, verheimlichte sie diesen Umstand in ihrem Verfahren.

 

Weiters legte die Beschwerdeführerin dem Bundesasylamt zwei gerichtliche Ladungen vor, mit denen sie zu beweisen versuchte, dass ihr Mann zwar die angebliche versuchte Vergewaltigung bei er Polizei zur Anzeige brachte und sie auch vorgeladen wurden, jedoch in der Folge die Polizei keine weiteren Verfolgungshandlungen mehr setzten. Mit der Tatsache konfrontiert, dass es sich hierbei entgegen dem von ihr im Verfahren erweckten Anschein um ein Außerstreitverfahren handle, konnte sie ebenso wenig schlüssig erklären, warum ihr dies nicht bekannt ist bzw. um welches Verfahren es sich dabei gehandelt hatte, noch glaubhaft eine Begründung dafür geben, warum sie diese Ladungen als Beweis vorlegte. Die Beschwerdeführerin antwortete lediglich ausweichend, dass "die Polizei (entgegen ihrem früheren Vorbringen) gar nicht bei solchen Vorfällen mit Zigeunern reagiere und für sie Polizei und Gericht dasselbe seien". Diese Aussagen stehen jedoch im wesentlichen Widerspruch mit ihren zu Beginn des Verfahrens getätigten Aussagen, wonach sie zum behaupteten Vergewaltigungsversuch auch tatsächlich vom Gericht einvernommen worden sei.

 

Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach am Tage vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat ihr Hund und einige ihrer Schweine umgebracht und sie selbst mit dem Umbringen bedroht worden seien, ist für den Asylgerichtshof nicht glaubwürdig, da die Beschwerdeführerin zunächst am 29.11.2004 vor dem Bundesasylamt angab, dass auf der Hauswand gestanden sei, dass sie "die Nächsten" seien, während sie zu Beginn der Einvernahme am 19.10.2005 anführte, sie hätten beim Nachhausekommen einen Zettel gefunden, auf dem gestanden sei, dass sie "die Nächsten" seien. Gegen Ende dieser Einvernahme gab die Beschwerdeführerin wiederum an, dass es doch keinen Zettel mit einer Drohung gegeben habe.

 

Schlussendlich ist noch anzumerken, dass die Beschwerdeführerin selbst vor dem Bundesasylamt am 19.10.2005 angab, keine weiteren Fluchtgründe zu haben und bat vor allem deshalb in Österreich bleiben zu können, damit ihr Sohn die Schule besuchen könne. Auch begründet die Beschwerdeführerin ihren Asylantrag in der Beschwerde nicht so sehr mit einer konkreten gegen sie gerichteten aktuellen Bedrohung, als vielmehr damit, dass die allgemeine Integration der Volksgruppe der Roma in die serbische Gesellschaft sehr Konflikt beladen sei und ihnen als Roma nicht dieselben gesellschaftlichen Möglichkeiten und Chancen offenstehen würden. Auch führte sie aus, dass sie in Serbien keine Zukunftsperspektiven habe und sich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma mit zahlreichen ethnisch bedingten Diskriminierungen konfrontiert sehe.

 

Vor diesem Hintergrund ist daher eher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ihre Heimat deshalb verlassen hat, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern und über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für ihre Familie einen legalen Aufenthalt in einem besser entwickelten Land und damit verbunden eine verbesserte Lebenssituation zu erreichen.

 

Letztlich würde sich selbst bei Wahrunterstellung der Angaben der Beschwerdeführerin kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit einer Bedrohung ihres Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit rechnen müsste, zumal sich aus der Gesamtheit der Feststellungen über die Situation der Roma im Herkunftsstaat unzweifelhaft ergibt, dass die serbischen Behörden (bereits zum Zeitpunkt der behaupteten Angriffe gegen die Familie der Beschwerdeführerin) ein wirksames und auch zum Entscheidungszeitpunkt des Asylgerichtshofes aufrechtes effizientes System der polizeilichen Gefahrenabwehr und der Verbrechensbekämpfung gegen Bedrohungen/Diskriminierungen von Roma eingerichtet haben und etwa schon seit dem Jahr 2000 Fälle strafrechtliche Verfolgung von Gewaltakten gegen Roma bekannt waren (AS 105f), weshalb davon auszugehen ist, dass es auch der Beschwerdeführerin zumutbar ist, gegen eine Bedrohung der dargestellten Art den Schutz der Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Das dies möglich ist, wird auch insofern bestätigt, als sowohl die Beschwerdeführerin selbst als auch ihr Gatte in ihrer Ersteinvernahme davon sprachen, dass sie eine Anzeige erstatten hätten können und auch tatsächlich gerichtlich einvernommen worden seien.

 

Auch ergibt sich aus den aktuellen Länderberichten eindeutig, dass eine Diskriminierung von Roma illegal ist und die serbischen Behörden willens sind, diesen ausreichenden und wirksamen Schutz zu bieten und Personen, die Akte der Diskriminierung und/oder Gewalt gegen Roma setzen, strafrechtlich zu verfolgen (AS 471) und hat auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet und es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür, dass die serbischen Behörden zum Zeitpunkt der Entscheidung des Asylgerichtshofes die Schutzgewährung aus Gründen im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ablehnen würden.

 

3. In rechtlicher Hinsicht ist dazu Folgendes auszuführen:

 

3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen. Nach § 44 Abs. 3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

Die Beschwerdeführerin hat ihren Asylantrag nach dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; das Verfahren ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 101/2003 zu führen.

 

3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

3.3. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 AsylG 1997 (bzw. § 23 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002) ist auf Verfahren nach diesem Bundesgesetz, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.4. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht) und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0034). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241 sowie VwGH vom 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 19.04.2001, Zl. 99/20/0273 sowie VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233 sowie VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, und ist ihm dort die Inanspruchnahme inländischen Schutzes auch zumutbar, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0134 sowie VwGH vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0036). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. VwGH vom 08.09.1999, Zl. 98/01/0614 sowie VwGH vom 29.03.2001, Zl. 2000/20/0539).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht hat. Auch ist den oben zitierten Länderfeststellungen keine generelle (staatliche) Verfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Roma in Serbien zu entnehmen. Des Weiteren vermag die von der Beschwerdeführerin geschilderte schwierige (wirtschaftliche) Lage der Roma zu keinem anderen Ergebnis des Verfahrens zu führen. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann zwar ein wirtschaftlicher Nachteil unter bestimmten Voraussetzungen als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention qualifiziert werden, im Ergebnis jedoch nur dann, wenn durch den Nachteil die Lebensgrundlage massiv bedroht ist und der Nachteil in einem Zusammenhang mit den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention steht, was im Falle der Beschwerdeführerin jedoch nicht zutrifft.

 

Weiters sei noch ergänzend erwähnt, dass Diskriminierungen nur dann asylrelevant sind, wenn diese Konsequenzen mit sich brächten, welche die betroffene Person in hohem Maße benachteiligen würde, zB. eine ernstliche Einschränkung des Rechts, ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder des Zugangs zu den normalerweise verfügbaren Bildungseinrichtungen. Zwar ist es möglich, dass Diskriminierungen, die an sich in Summe noch nicht allzu schwer wiegen, trotzdem auf Grund von kumulativen Gründen begründete Furcht vor Verfolgung auslösen. Im Falle der Beschwerdeführerin wurde ein derartiger Zusammenhang einer systematischen rechtlichen oder gesellschaftlichen Diskriminierung mit einer hinreichenden und dafür erforderlichen Intensität durch die serbischen Behörden, die überdies die Lebensgrundlage der Beschwerdeführerin aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention massiv bedroht, weder von der Beschwerdeführerin behauptet noch ist dies aus den dem Verfahren zugrunde gelegten Länderberichten (rechtliche Gleichstellung der Roma mit der Bevölkerungsmehrheit der Serben) und vor dem Hintergrund der allgemeinen traditionell schwierige Lebenssituation der Roma in den überwiegenden europäischen Staaten ersichtlich, sodass der Asylgerichtshof nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht gelangt, dass die Beschwerdeführerin nicht aus einem der im Asylgesetz 1997 genannten Gründe einer Verfolgung ausgesetzt war oder eine solche zu befürchten gehabt bzw. derzeit bei einer allfälligen Rückkehr zu gewärtigen hätte und ist der Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen.

 

Selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Beschwerdeführerin könnte aber auf den behaupteten Sachverhalt keine günstige Entscheidung über ihren Asylantrag gestützt werden, da sie, wie oben ausgeführt, nach den getroffenen Feststellungen über den Herkunftsstaat durch die dortigen Behörden wirksam Schutz vor der behaupteten Bedrohung finden kann.

 

3.5. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder

 

Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG 1997 verweist auf § 57 Fremdengesetz, jetzt § 50 FPG 2005 (gemäß der Verweisungsnorm des § 124 Abs. 2 FPG 2005, wobei § 57 FrG 1997 durch § 50 FPG ersetzt wurde), wonach die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Überdies ist nach § 50 Abs. 2 FPG 2005 (vormals § 57 Abs. 2 FrG 1997, Verweisungsnorm gemäß § 124 Abs. 2 FPG 2005) die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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